Nr. 24
Mittwoch, 23. Jänner 1936
Seite 5
Zu seinem siebzigsten Geburtstag am 29. Jänner 1936
Krieg flammte in Europa , als dem Notar Rolland in dem burgundischen Städtchen Clamech am 29. Jänner 1866 ein Sohn geboren wurde. Krieg tobte durch die Welt, als der Lehrer der Musikgeschichte an der Universität Paris , der
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Die Krise des Welthandels
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Biograph, Dramatiker und Romancier Ro= main Rolland, durch seine Manifeste an die Bölfer, seine Taten im Geist der Menschlichkeit eine international berühmte, von Millionen Menschen geliebte Gestalt wurde. Krieg droht an allen Ecken und Enden der Erde, als der greise Dichter den Westen, der seine Stimme nicht mehr hört, verläßt und in Sowjetrußland eine neue Heimat findet.
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Goldwert******* Goldpreise
Dieser graphischen Darstellung entnimmt man, daß zwar der Menge nach der Rückgang des Welthandels einigermaßen aufgehört hat, daß aber der Welthandel dem Werte nach auf einer tatastrcphal- niedrigen Stufe sich befindet. Die ganze Größe der Krise wird aus dem obigen Diagramm offenbar.
der kein Plazz. Und nicht für einen Kämpfer, dem Bolt" nie ein nebelhafter Begriff zur nationalistischen Sinnesverwirrung, sondern immer nur die Bezeichnung für die friedliche, arbeitende unsere Brüder sind".
,, Wir kennen nicht einzelne Völker, sondern nur das Volf, das eine unmittelbare Bolt, das leidet und kämpft, fällt und sich wieder erhebt und dabei doch immer vorwärts schreitet auf einem schweren Weg in Blut und Schweiß dieses Volk aller Menschen, die alle, alle Brüder sind". unsere
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Das Leben und das Werk Romain Rollands find eine gewaltige dramatische Symphonie, im Geist der Musik gelebt und nur aus dem Geist der Musik voll zu berstehen. Jedes Land Europas ist ein Instrument in dem gewaltigen Orchester, das die ungeheure Komposition dieses heroischen erwuchs ihm seine dichterisch schönste Erzählung| wähnte, der Ungeist des Kriegs, die Tollwut des Menschendaseins spielt. Im Hause des Baters Peter und Luz", die Geschichte zweier jun- Chauvinismus, sind wieder auferstanden und auch lebt noch das Feuer der französischen Revolution. ger Menschen, die bei einem Luftangriff aus Rolland mag erkannt haben, daß es auf die Dauer Die Dramen Shakespeares entflammen den jun Paris in einer einstürzenden Kirche getötet nicht möglich ist, sich mit Worten der Schwerter gen Rolland . Die Mujit Beethovens wird und werden. zu erwehren. So ist er, der oftmals in seinen bleibt sein höchstes künstlerisches Erlebnis. Rom Die Welt ist Menschenwerk, und wer sie be- Manifesten die ,, Sozialisten aller Länder" aufschenkt ihm in der Bestalt der weisen, gütigen greifen will, muß in die Seele des Menschen drin- gerufen hat, nach Sowjetrußland übersiedelt; Malvida von Mensenburg die beste, gen. In einer Reihe biographischer Werke hat dem Land, das der Erfüllung seiner Ideale näher mütterlichste Freundin. Und aus Rußland , aus Romain Rolland das Leben Michelangelos , Tol- ist als die übrige Welt. Er hat damit fundgetan, Jasnaja Poljana , kommt, als Antwort auf einen stojs, Beethovens gezeichnet. Die Größten des daß er, wie kurz vor ihm Thomas Mann , zu der verzweifelten Brief, von der Hand Leo Tol Geistes, die Meister der Stunst, sie sind bei Rol Ueberzeugung gelangt ist: auch der bürgerliche sto is jenes Schreiben an den lieben Bruder", land nicht Giganten, sondern nur leidende Men Mensch, der für Frieden und Humanität kämpft, das den am Sinn der Kunst irre gewordenen jun- fchen. Nicht aus heroischem Selbstbewußtsein, tann heute nur im Sozialismus seine geistige gen Rolland wieder aufrichtet und seinem ganzen nichts aus Weltherrscherpose, sondern nur aus Heimat finden. Daß das Dritte Reich die Bücher Schaffen die Richtung gibt mit der Forderung, Leid wächst jene menschliche Größe, die den Weg Romain Rollands auf den Scheiterhaufen gewordaß Werke der Kunst nicht um der Kunst, sondern des Lebens bestimmt. Um Frucht zu tragen, muß fen hat, ist nur selbstverständlich. Für einen um des Menschen willen geschaffen werden mögen. auch das Herz des Menschen, wie der Leib der Dichter der Menschlichkeit ist in den Bücher Zwei Themen beherrschen diese Lebenssym- Erde, von der Pflugschar des Schmerzes aufgeschränken und Gehirnen faschistisch regierter Länphonie. Sie flingen immer wieder auf, bekämpfen rissen werden. einander, übertönen einander: die flirrende Fan- Zwischen diesen Büchern, Intermezzo zivis fare des Krieges, der Zerstörung alles Geschaffe- schen zwei Schlachten, liegt der heitere Roman nen in Blutrausch und Kanonendonner, und die me i ster Breugnon", ein Buch, das in machtvolle Melodie friedlicher Zusammenarbeit seiner überströmenden Lebensfülle an de Costers und fruchtbarer Gemeinschaft aller Völker. Alle Till Uilenspiegel" erinnert. Konflikte, die in den Dramen und Romanen RoWie eine Kuppel über einem Dom, ein main Rollands gestaltet werden, sind nur Variationen des urweltlichen Gegensazes zwischen bruschneeleuchtender Gipfel über einem Meer von tionen des urweltlichen Gegensatzes zwischen brus Bergen, ragt über dieses Wert ein Roman, der taler Gewalt und Herrschaft des Geistes. Zwischen nichts anderes unternimmt, als die Geschichte allen Begriffen und Erscheinungen, die einander einer guten Seele zu sein und die Synthese im Werk Romain Rollands ringend entgegen= treten, besteht dieselbe Spannung: Nationalis- Europas : der Johann Christ o f". In drei Bänden flingen die Stimmen dreier Länder Internationalismus; Triumph der Macht Menschlichkeit; Kapitalismus- So- Seld ist, es wäre sonst kein Buch von Rolland , auf: Deutschlands , Frankreichs , Italiens . Der Musiker; er ist Beethoven , er ist Mozart , er ist Es liegt in der musikalischen Struktur des Hugo Wolf . Auch dieses Buch ist eine Symphonie: Werkes Romain Rollands , daß es weniger analy- drei Themen werden angeschlagen, drei Melodien tisch , als synthetisch, weniger kritisch, als weg in heiterer Verklärung zu einem gewaltigen weisend und aufbauend ist. Es will Manifest sein, Afford geeint: Europa . es scheut den Vorwurf der Lehrhaftigkeit nicht, Dem ,, Johann Christof" hat Rolland später denn es gilt in diesem Werk ja die Menschheit das Höchste zu lehren: die Menschlichkeit. Um die in einem Zyklus von Frauenromanen ,, Die verIdee möglichst deutlich in Erscheinung treten zu zauberte Seele" ein Gegenstüd folgen lassen. Er lassen, wächst es manchmal ins Allegorische. Die hat ihn nicht mehr erreicht. Wer den Namen Dichtung, in der Romain Rolland seine Gedan- Rolland ausspricht, denkt dabei an Johann fen über Krieg und Frieden, Kapitalismus und Christof; wenigen Dichtern ist das Glüd beProletariat, Egoismus und Menschheitsintereffe fchieden geivesen, in einem großen Werk den gan am Klarsten und sinnfälligsten ausgesprochen hat, 3en Umfang ihrer Welt, den ganzen Inhalt ihrer Liluli", ist ein symbolisches Ideendrama, das Ideen, die ganze Fülle ihrer Seele zu gestalten. ..Johann Christof ist der Roman Europas ; ſei= sich dem Theater der Wirklichkeit entzieht. und Biograph Dem Theater der Wirklichkeit hat Romain nen Dichter hat der Freund Rolland eine lange Reihe von Stüden geschenkt, Rollands , Stefan 3 weig, das Gewissen die zum größten Teil Themen aus der französi- Europas " genannt. Der Brief aus Jasnaja Poljana hat nicht schen Revolution behandeln:„ Die Wölfe", " Danton"," Der 14. Juli",„ Spiel von Tod nur dem Dichter Rolland , er hat auch dem Menund Liebe", Der Triumph der Vernunft". Sie ichen für immer die Richtung gewiesen. Neben sollten das Repertoire eines Theaters des dem schriftstellerischen Werk Romain Rollands Wolfe 3" aufbauen helfen. Das Theater des steht ein unübersehbares lebendiges Werk mensch= Voltes blieb, wie viele andere edle Pläne Rolands, licher Hilfsbereitschaft. Nicht nur im Krieg, als ein unerfüllter Traum. Als das Grauen des Rolland den Briefwechsel der Gefangenen aller Weltkriegsgewitters vorübergezogen war, ging Länder mit ihren Angehörigen in der Heimat Romain Rollands pazifistisches Drama aus dem vermittelte, auch vorher und nachher, immer ist er Burenkrieg„ Die Zeit wird kommen" helfender Freund, besorgter Berater aller derer über alle Bühnen: Flammender Appell an die gewesen, die in ihrer Not und ihrem Summer Menschheit, die Zeit, da das Schwert regiert, nie zu ihm gekommen sind. Panait Istrati , den wiederkehren zu lassen. rumänischen Dichter, hat er der Welt entdeckt, Die vernichtenden Gewissenszweifel des und als Mittler großer Gedanken hat er als erster menschlichen Menschen in den Zeiten des Krieges oen Namen Mahatma Ghandis in Europa hat Rolland in seinem Elerambault" mit bekannt gemacht. einer Beispielhaftigkeit gezeichnet, die diesem
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zialismus.
In den letzten Jahren ist es still geworden Buch zeitlose Bedeutung sichert. Aus dem Krieg um Romain Rolland . Der Feind, den er besiegt
Noch starrt die Welt in Kanonen. Wieder das Haus in Flammen zu setzen, das das große sind an allen Enden Brandstifter am Wert, um Volk der Menschen sich errichtet hat. Aber über ihre Stöpfe hinweg fliegt, als ewige Fahne, donnernde Fanfare, das Wort des Menschen, dem Leben Kampf für die größte Idee der Menschheit bedeutet: Das Wort vom Frieden. Die Zeit wird kommen. Friz Rosenfeld.
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Japan schürt weiter Aggressivität Mandschukuos gegen die Mongolei
Hfingking. Der Außenminister des mandschu rischen Staates hat der mongolischen Regierung telegraphisch die Forderung nach sofortiger Entfernung der mongolischen Truppen von der Grenze übermittelt. Begründet wird dieses Verlangen mit angeblich bewußten Grenzverletzungen in drei Fällen.
Meldungen aus der mongolischen Stadt Manbator, die in Moskau eingelaufen sind, melden jedoch umgekehrt neue provokatorische Grenzner legungen seitens mandschurischer Truppen, hinter denen die Japaner stehen. Am 22. Jänner traf eine japanisch- mandschurische Abteilung cuf drei Lastautos mit fünf Reserveautos beim mon= golischen Grenzposten Tschingischan am See Charanchur, 25 kilometer von der Grenze entfernt, ein, eröffnete Geschüßfeuer(!) und begann sich unter dem Schuß dieser Beschie= Bung dem Grenzposten zu nähern. Infolge des energischen Widerstandes der mongolischen Grenzwache zog sich die mandschurische Abteilung in der Richtung der Grenze zurück, wobei sie einen Toten und ein leichtes Geschüß zurückließ. Auf ihrem Rückzug nahm die mandschurische Abteilung zwei mongolische Soldaten mit, über deren Verbleib nichts bekannt ist.
Wie die Polen in Deutschland behandelt werden
Warschau . In einer in Kattowi stattgefundenen Beratung des Verbandes zum Schuße der Westmarken Polens wurde festgestellt, daß die Schikanen, der deutschen Behörden gegenüber den Polen hauptsächlich auf dem Gebiete des Oppelner Schlesien in der letzten Zeit an Umfang z u genommen haben.
Das Erbhofgesetz und das Gesetz über die allgemeine Arbeitsdienstpflicht drohen die gänzliche Entnationalisie= rung der polnischen Bevölke= rung in Deutschland herbeizuführen.
Der Kongreß nahm eine Resolution an, in der die polnische Regierung zur energischen Intervention in Ber I in zwecks Bes= ferung der tragischen Situation der Polen in Deutschland aufgefordert wird.
Delfieber in Amerika. ( E. B.) Die Neutralitätsbill hat den Kongreß noch nicht passiert, die Regierung hat jedoch bereits den Oelstrusts zu verstehen gegeben, daß sie die Ausfuhr nach den kriegsführenden Ländern, mit anderen Worten nach Italien , nicht gern sieht. Die Delmagnaten fümmern sich jedoch vorläufig ziem lich wenig um diese Regierungsempfehlung. In den Delgebieten der Vereinigten Staaten herrscht gegenwärtig ein förmliches Fieber. Del wird in gewaltigen Mengen eingekauft, was be reits zu einer Preishausse auf dem Inlandsmartf geführt hat. Italien zahlt mit Bargeld, und die Deltonjunktur hat Tusmaße erreicht, die an die Beit der Prosperity erinnern. Das Del wird meistens auf norwegischen Schiffen transportiert. Im Zusammenhang mit dieser Stonjunttur ist die Stimmung in Pittsburg und anderen Delgebieten gegenüber der Neutralitätsbill und insbesondere gegenüber eine strengen Fassung ziemlich fühl. Diese Stimmung hat sich bereits in die Kongreßausschüsse, die sich gegenwärtig mit der Bill beschäftigen, übertragen.
nische Bresse beschäftigt sich sehr lebhaft mit der Frage der Delsanktionen. Die faschistischen Blätter führen eine heftige Kampagne gegen das Pe troleumembargo, mit der Begründung, daß das Land unter der Einstellung dieser Lieferungen machen demgegenüber geltend, daß Italien zah schier leiden müßte. Die demokratischen Blätter lungsunfähig sei und an Rumänien bereits 800 Millionen Lei schulde. Die" Dimineata" spricht sich für die Anwendung der Sanktionen aus, wenn die Opfer auch noch so groß seien, weil dies eine wertvolle Sicherung gegen einen eventuellen spä= teren Krieg bedeute.
Beinahe ,, ausgestiegen"