Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB  . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

16. Jahrgang

Dienstag, 4. Feber 1936

Diplomatische Hochkonjunktur

Balkan   und Donauraum

in Paris  

Sowjetgarantie für Oesterreichs   Unabhängigkeit?

Paris  . Die am Samstag begonnenen slowakischen Ministerpräsidenten Dr. Hodža an= biplomatischen Unterredungen fanden am Sonn- fangs nächster Woche und dessen mehrtägigen tag und Montag ihre Fortsetzung. Aufenthalt in Paris   aufmerksam. Alle stimmen in der Annahme überein, daß dieser Besuch im Rahmen der gegenwärtigen Pariser   Besprechun­gen über Mitteleuropa   einen wichtigen Platz ein­

Die Unterredungen Litwinows in Paris  , die der auffallend freundlichen Auf­nahme in London   folgten, sind Gegenstand gro­ßer Aufmerksamkeit und verschiedener Ver- nehmen wird. mutungen. Man behauptet, daß Sowjetrußland

bereit sei, gleichzeitig mit den übrigen Groß­

mächten die Garantie für die Unab­hängigkeit Desterreichs im Rahmen des Bölkerbundes zu gewähren, und daß England in diese Sache vollkommen eingeweiht sei.

Am Sonntag standen die Unterredungen des französischen   Außenministers land i'n mit König Carol von Rumänien   und dessen Außen­minister Titulescu, die insgesamt drei Stunden dauerten, im Mittelpunkt des Inter­effes. König Carol   hatte auch eine längere Unter­

Gamelin.

W

nicht beabsichtige, Europa   in neue Schwierig­feiten zu stürzen.

Ungarn   außer Spiel

Der ungarische Außenminister Kanya hielt sich nur kurze Zeit in Paris   auf und setzte Mon­tag die Reise nach Budapest   fort. Er hatte keine Zusammenkunft mit irgendeinem französischen  Politiker.

Deutschland  

gegen einen Luftpakt?

Der Matin" veröffentlicht eine Mel­dung seines Londoner   Berichterstatters, in der behauptet wird, daß bei den Unterredungen des Ministers Eden mit dem deutschen   Außen­minister von Neurath   aufs neue die Frage des Flugpattes im Westen besprochen wurde. Neurath   soll hiebei angedeutet haben, daß Deutschland   den gegenwärtigen Augenblick als nicht geeignet für Verhandlungen über diese

Starhemberg läßt sich überreden Der österreichische Vizekanzler Starhem­ berg   hatte Montag eine Zusammenkunft mit Staatsminister Paul Boncour   und wurde vormittags von König Carol   empfangen. Star­ hemberg   erklärte, daß die Restaurierung der Habsburger   fein aktuelles Problem sei und daß Desterreich insbesondere nach dem kürzlichen Pra­ ger   Besuch des Bundeskanzlers Dr. Schuschnigg Frage ansehe..

redung mit dem Generalstabschef General Rußlands   Beteiligung in Rom   unerwünscht Rom  . Die amtliche italienische   Nachrichten-| vollkommen vorbereitet ist, sondern deshalb, weil Der Montag war vorwiegend Balkanbe­fprechungen gewidmet, zu denen neben dem tür- Agentur Stefani teilt mit: Zu den Nachrichten die Sanktionen zwischen den Ländern, die fischen Außenminister Tewfik Ruchdi Aras vor Problem des Donaubeckens und die Beteiligung hervorgerufen haben. über die Pariser   Besprechungen betreffend das an dem Patte mitwirken sollten, eine Spaltung allem auch der bulgarische König Boris und der Sowjetrußlands an einem mitteleuropäischen jugoslawische Prinzregent Paul in der fran- Batte, die den Zwed verfolgen, Oesterreich zösischen Hauptstadt eingetroffen sind. König und Ungarndemitalienischen Ein= Boris stattete dem Präsidenten der Republik fIuß zu entziehen, einen Besuch ab und empfing den Außenminister befonderes um Nachrichten, die von der Balfans es handelt sich Flandin und den Ministerpräsidenten Sarrant  . besonders um Nachrichten, die von der Balfan­An einigen politischen Stellen wird angedeutet, prese veröffentlicht werden wird an römischen daß ein baldiger Beitritt Bulgariens   politischen Stellen hervorgehoben, daß der Do­zur Ballan- Entente nicht ausgeschlos- naupaft derzeit nicht durchgeführt werden kann, da die zur Beteiligung an dem Bakte berufenen u. ziv. nicht deshalb, weil Italien   durch den abes- Staaten diejenigen sind, welche Nachbarn Dester­sinischen Konflitt gebunden ist, da Italien   in reichs sind, oder mit ihm gemeinsame Interessen gleicher Weise auf seine europäischen Aufgaben haben.

fen ist.

Der Verbündete wird orientiert

König Carol   empfing Sonntag abends nach seiner Unterredung mit Außenminister FI an din den tschechoslowakischen Gesandten Dr. Ofusty in Audienz, den er über die Ein­drücke seiner Unterredungen in London   und in Paris   informierte.

Nach einem Kommentar des Berichterstat­ters des Tschechoslowakischen Pressebüros haben die diplomatischen Verhandlungen, die aktuelle Fragen der gegenwärtigen internationalen Poli­tik betreffen, unstreitig eine hohe Bedeu­

iung.

-

Was die Beteiligung Sowjetrußlands betrifft, ist an zuständigen italienischen Stellen davon nichts bekannt. In keinem Fall würde ein Eingreifen Sowjetrußlands in das Programm falien, bemgemäß ber Donaupalt vorgefchia gen wurde,

Wie England aufrüsten muß

In den Schiffswerften werden die Arbeiten für den Bau ven elf Linienschiffen, 36 Kreuzern und jährlich 18 Torpedobovtjägern in Angriff ge­nommen. Es werden jährlich 2000 Flug­

500.000 Mann stehendes Heer- Flottenbauten- Jährlich 2000 Flugzeuge London  . Der diplomatische Redakteur des) erfordert und in kürzester Zeit der Regie Blattes Observer" behauptet, die britische   Re- rung vorgelegt werden wird. Der Plan ist für gierung hätte die Absicht, den Effektivstand der sechs I ahre berechnet und der erforderliche Heeresangehörigen zu erhöhen. Diese Absicht wird kommen. Armee auf 500.000 Mann voll ausgebildeter Kredit wird zu zwei Dritteln der Marine zugute­mit den kürzlichen Londoner   Beratungen in Zu­sammenhang gebracht, deren Ergebnis nach über­Alle, ob Staatsoberhäupter oder Außen- einstimmendem Urteil die Auffaffung brachte, daß minister, betonen den ungewöhnlich starken Ein- die ungenügende Verteidigungsfähigkeit Englands druck, den das Interesse Englands für die eine der Ursachen der Unsicherheit in Europa   ist. se uge gebaut werden. Entwicklung der politischen Dinge in Europa  , und ,, Sunday Chronicle" zufolge befaßt sich der Zur Finanzierung dieses Planes wird eine zwar nicht bloß im europäischen   Westen, sondern Regierungsausschuß für Nationalverteidigung mit 2 bis 2.5 Prozent verzinsliche Anleihe auf auch in Mitteleuropa  , auf dem Balkan   und in mit einem Plan zur Neorganisierung der Lan- 20 Jahre abgeschlossen werden und die Staats­Osteuropa, auf sie gemacht hat. Dieses Interesse desverteidigung, der einen Aufwand von 360 kaffa wird zu diesem Zwecke nach und nach drei­König Eduards VIII  . sowie der englischen   Re- Millionen Pfund Sterling( ca. 43 Milliarden monatige Kassenbons zur Ausgabe bringen. gierung rief auch in Paris   starken Widerhall hervor.

Bei den Unterredungen, die König Carol und insbesondere Außenminister Titulescu mit dem neuen französischen   Außenminister Flandin hatten, wurde konstatiert, daß es nicht die Schuld

der Kleinen Entente   ist, wenn es bisher nicht ge=

Prüfung

der Petroleum- Sanktionen

Genf  . Mittivoch vormittags trat in Genf  

Vor neuen Kämpfen

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Perte

W sid

13b

Nr. 29

Getrübte Freundschaft

zwischen Deutschland   und Polen  

-m. Warschau  , Anfang Feber. rühmte Wort gesprochen, in jedem Bündnis zwi Ein alter französischer Diplomat hat das bes schen zwei Staaten sei der eine der Reiter, der andere das Pferd. Das Dritte Reich Adolf Hit­ lers   und die polnische Halbdiktatur der Pilsudskis Offiziere haben zwar kein Bündnis miteinander. Aber durch die Isolierung des nationalsozialistis schen Deutschland in der Welt und durch die wachs senden Gegensäße, in die Polen   während der letz ten Jahre gegenüber seinen anderen Nachbarn und zeitweise sogar gegenüber seinen Verbündeten geriet, ist die junge Freundschaft zwischen Ber= lin und Warschau   eine anormale Erscheinung ges worden, welche ringsum in Europa   begreifliches Mißtrauen erweckte. Der polnischen Regierung ist dieses Mißtrauen bereits recht unbequem gewors den. Sie hatte nichts dagegen, sich von Hitler   einen langfristigen Verzicht auf jede Aenderung ihrer Grenzen im Weichsel  - Korridor und in Oberschle= sien bestätigen zu lassen. Aber sie will auch nicht

die Rückversicherung ihrer Unabhängigkeit von Deutschland   durch ihr Militärbündnis mit Frants reich und die Mitgliedschaft im Völkerbunde ents behren. Mit zwei Eisen im Feuer hofft Polen   tros seiner kleineren Armee und schwäche= ren Wirtschaft im Verhältnis mit Deutschland   der Reiter zu bleiben.

Die wendige Diplomatie, mit der der pol nische Außenminister Oberst Beck diesem schwieris gen Ziele zustrebt, hatte sich zuletzt im Falle der Freien Stadt Danzig   zu erproben. Der Völ­ferbund, vorweg die Engländer unter der Füh rung Edens, berlangten Wiederherstellung des von den dortigen Nationalsozialisten gebrochenen, unter internationalem Schuß stehenden Verfass fungsrechts. Polen   hatte mit den Danziger   Hit ler- Leuten gute Geschäfte gemacht, die feinem eigenen Hafen Gdingen   zu Nußen   kommen. Den einzigen Versuch des nationalsozialistischen Se­nats der Freien Stadt, sich gegen die wirtschaft­liche Vorherrschaft des polnischen Staates durch einen törichten Handelskrieg aufzulehnen, hat die Warschauer   Regierung im vorigen Jahr erfolg= reich abgewehrt. Dafür hat sie die politische Gleichschaltung Danzigs   mit dem Reich hingenom­men. Aber mit dem Völkerbund will Oberst Beck es doch auch nicht verderben, zumal jetzt, nachdem sich Genf   im Fall des abessinischen Konflikts im­merhin zu den ersten Sanktionsmaßnahmen auf­gerafft hat. So brachte die polnische Vermittlung das Kompromiß zustande, welches den Rechts­standpunkt wahrt, aber schärfere Maßnahmen wie die Entsendung eines Untersuchungsausschusses an Ort und Stelle bermeidet. Die Stellung Becks gegenüber Danzig   wird jetzt trotzdem wieder schwierig, weil der nationalsozialistische Senats= präsident nachträglich offen erklärt, daß er die Genfer   Empfehlungen nur so weit ausführen wird, wie es ihm paßt, und im übrigen eine Boltsabstimmung" nach Hitlerschem Muster, das heißt mit Nachhilfe der SA und der SS, gegen die Völkerbundskontrolle ankündigt. Mit der gesam ten polnischen Opposition verlangt daraufhin nun auch die polnische Minderheit in Danzig   ein schärferes Auftreten von Warschau  .

Auch die polnische Minderheit an der Nordfront? im Deutschen Reich ist von den bisherigen Er­gebnissen der Freundschaft zwischen Hitler   und London.  ( Reuter.) An der Nordfront mel- Beck wenig erbaut und gibt das offen zu erken= lungen ist, das Verhältnis zwischen Desterreich der Sonderausschuß der Sachverständigen zu den die Abessinier im Abschnitt Matale   eine nen. Man hat ihr zwar erklärt, daß die national­und Ungarn   einerseits und der Kleinen Entente   sammen, der von der Sanktionskonferenz mit der große Sch I acht und fügen hinzu, daß vor- sozialiſtiſche Raſſenlehre jede weitere Germanisie= andererseits fester zu gestalten. Im Gegenteil Prüfung der Frage der Petroleumjant läufig weder die eine noch die andere Partei be- Praris werden die Polen   in den preußischen Ost­rung von Nichtgermanen ausschließe. Aber in der werde sich in dem Augenblick, da Oesterreich und tionen betraut wurde. Der Ausschuß beriet Ungarn   bereit sein werden, die Grundsätze über alle Bedingungen des Handels mit Betro- merkenswerte Erfolge zu verzeichnen hat. Es ist provinzen ebenso wie alle anderen Einwohner mit des Völkerbund   paktes wirklich leum und berücksichtigte dabei, ob es unter den möglich, daß die in der Nähe der Straße Auda- mehr oder weniger sanfter Gewalt in die Hitler­anzuerkennen, dieser Umstand natürlich gegenwärtigen Umständen tunlich und technisch Matale gemeldeten Kämpfe der Vorhuten jugend, in den Arbeitsdienst, in die nationalsozia für das Verhältnis und die Annäherung der für das listischen Wirtschaftsverbände und Propaganda­Donaustaaten im Genfer   Rahmen und unter der möglich sei, Petroleumſanttionen gegen Stalien die Einleitung zu einer neuen großen Schlacht Organisationen hineingezwungen. Alle ihre Bes Donaustaaten im Genfer   Rahmen und unter der durchzuführen. Der Ausschuß wird seine Arbei­Aegide der Großmächte günstig auswirken. ten Ende dieser Woche beendigen. Ein besonderes zwecks Eroberung der Straße sind, die über das schwerden dagegen haben nichts geholfen, wie ja Das sezze selbstverständlich voraus, daß die Subkomitee behandelt die Frage der Petroleum Schicksal Mafales entscheidet. Inzwischen handelt auch im polnischen Staat nach dem Paft zwischen es sich jedoch bloß um nebensächliche Zusammen- Warschau   und Berlin   die deutsche   Minderheit mit französische   Außenpolitik, die fest auf der Tra- beförderung. dition ihrer Vorgänger und auf der Treue zu Vom politischen Standpunkt wird die stöße zwischen den abessinischen Kolonnen, die auf ihrer Behandlung noch weniger zufrieden ist als den Verbündeten Frankreichs   beharrt, weder Frage der Petroleumsanktionen vorläufig in Genf   dieser Straße Ausfälle unternehmen und den Solche Erfahrungen tragen dazu bei, daß zu einer territorialen Revision noch zur Re- nicht behandelt werden, obwohl man allgemein italienischen Abteilungen, welche die Straße ber- der Flirt der Pilsuditi- Offiziere mit dem deut­staurierung der Habsburger   ihre Zustimmung geben wird. In diesem Sinne werde die Ant- der Meinung ist, daß die Entscheidung über die teidigen. Die Italiener rechnen offenbar mit schen Nationalsozialismus   außer den Gegnern wort an den österreichischen Vizekanzler Anivendung der Sanktionen jezt nur noch davon einem weiteren Angriff der Abessinier im Ab- jeder Diktatur auch die polnischen Nationalisten Starhem berg gehalten sein. abhängig ist, in welcher Weise die Regierung der schnitt bei Matale  . Sie befestigen noch mehr ihre verstimmt. Noch abschreckender sind die bisherigen Ergebnisse der wirtschaftlichen Zusam= Zahlreiche Pariser   Blätter machen bei dieser Vereinigten Staaten   das Problem des Petro- Positionen und bauen Forts an allen Bunften, menarbeit zwischen Volen und dem Deutschen  Gelegenheit auf den Pariser   Besuch des tschecho leumembargos, regeln wird. Reich. Das erste umfassende Handelsabkommen,

die das umliegende Terrain beherrschen.

vorher.