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Die Wahltaktik der

französischen   Genossen

Im ersten Wahlgang selbständig,

im zweiten mit der Linksfront

Paris  . Die sozialistische Partei, welche zu Wochenende in der Pariser Vorstadt Boulogne einen außerordentlichen Kongreß über die einzu­schlagende Wahltaktik abhielt, hat fast einstimmig beschlossen, daß im ersten Wahlgang die soziali­ stischen   Kandidaten überall selbständig auf­treten, sich jedoch im zweiten Wahlgang über einen gemeinsamen Kandidaten mit jenen der Barteien einigen werden, welche die gemeinsame Linksfront bilden, also ebenso mit den kom= munisten wie den Radikalen.

Dienstag, 4. Feber 1936

Nr. 29

,, Arbeiten wir an einer gemeinsamen Sationalitates, ferben que fiele und feite Wire­

Kultur im gemeinsamen Staat"

fassung ist geradezu für solche Arbeit die geeignetefte Grundlage. Tert kennt nicht die Theorie des sondern nur gleiche Bür­ger ohne Rücksicht auf Sprache, Glaube und Rasse. Ihre Einleitung spricht zwar von der tschechoslowa­fischen Nation, aber gerade daran liegt es, welchen

Stimme der Verständigung eines tschechischen Publizisteu Sinn wir dem Worte ,, tschechoslowakisch" geben.

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Gewerkschaften

Nach Deutschland   gelockt

In der ,, Naše Doba", der angesehenen| slowakischer Nation zu schaffen, welche alle Nationali tschechischen Zeitschrift, die vor dem Welt- täten umfassen würde, ohne ihnen die sprachlichen und für Roosevelts Wiederwahl friege von Masaryk   redigiert worden ist, und fulturellen Freiheiten zu nehmen. Und schon werden Washington. Die Vertreter sämtlicher deren gegenwärtiger Redakteur Abgeordneter diese Stimmen auch bei Deutschen   nicht immer mit Prof. Dr. Macet ist, veröffentlicht der be- Abneigung und Schrecken aufgenommen. Wir amerikanischer Bergarbeitergewerkschaften sind in müssen auf beiden Seiten den Washington   zu einer längeren Tagung zusam tannte Publizist Zdeněk Smetáčet einen Gebanten einer selbst genügsamengetreten. Die Tagung beschloß einstimmig, längeren Artikel über die Frage der men und reinen Nationalkultur für Roosevelt   einzutreten und seine Wie­deutsch tschechischen Verstän uns aus dem Kopfe fchlagen. Schon derivahl mit Geldmitteln zu unterstüßen. Man digung, in welchem nicht so sehr konkrete historisch ist das ein vollkommener Unsinn. Kein Bolt erwartet allgemein, daß weitere Arbeitergruppen Vorschläge erstattet, als vielmehr die geist i- ist in der Isolierung gewachsen und jede nationale dem Beispiel der Bergarbeitergewerkschaften fol­gen Voraussetzungen einer solchen Stultur ist eine Zusammensetzung der verschiedensten gen werden. Verständigung gezeichnet werden. Wenn es Elemente. Es gibt allerdings lokale Besonderheiten, auch schade ist, daß der Verfasser nicht zu fon. aber die wachsen auf dem Boden einer gemeinsamen freten politischen Schlüssen gelangt, ist der europäisch- amerikanischen Zivilisation, welche in ihren Anfängen wieder starke Einflüsse aus dem Artikel wegen der vornehmen Gesinnung, die Often aufgenommen hat. Wieso fommt es, daß die aus ihm spricht, bemerkenswert. Smetáček ge- Schwärmer von der nationalen Autartie sich nicht langt zu folgenden Schlußfolgerungen: einer so primitiven Sache bewußt werden, wie die, daß die Mehrheit der zivilisierten Nationen eine Schrift schreiben, eine Bibel lesen, die gleichen Dich ter berehren, von derselben Wissenschaft und den selben technischen Erfindungen leben? Saben wir diese gemeinsamen Grundlagen im Sinne, dann können sich jene lokalen Besonderheiten, welche wir unbedingt verabsolutieren wollen, leicht nebeneinan­der vergleichen. Und sie verlieren gleichzeitig an Be deutung und an Ueberwertung.

das die Warschauer Regierung nach langjährigem Zollfrieg mit Deutschland   im November 1935 ab­schloß, ist bereits nach zwei Monaten praktisch wieder außer Kraft gesetzt worden. Da Doktor Schacht Devisen für die polnischen Agrarprodukte nicht zur Verfügung stellen will, erklärte sich die Warschauer   Regierung bereit, als Gegenleistung Wer an die Bedürfnisse des Staates denkt, wer deutsche Waren im Verrechnungsverkehr zum Ab­satz in ihrem Lande zuzulassen. Aber infolge der wünscht, daß er in seinen heutigen Grenzen erhalten hohen deutschen   Preise und der Abneigung so- werde, und wer weiß, daß er zu diesem Zwecke inner­wohl des in Polen   vorwiegend jüdischen Handels lich möglichst einheitlich sein müsse, muß sich die wie auch sozialistischer und katholisch- kirchlicher Frage stellen, wie der Abgrund überbrückt werden Kreise gegen den Verkehr mit den Hitler  - Leuten könne, den zwischen uns und den Deutschen   die ging die deutsche Ausfuhr noch weiter zurück als Theorie des Nationalstaat es in der Zeit des Zollfrieges. Der polnische Export aufgerissen hat. Es wird ihm klar sein, daß, falls nach Deutschland   mußte daher aufeinfünf beide Parteien auf dieser Theorie bestehen und sie bis in die Konsequenz verfolgen, es nur drei Möglich­tel der vereinbarten Kontingente zurück ge= schraubt werden! Selbst die Zahlungen für feiten gibt, wie die Frage zu lösen ist: Entweder die Transporte der polnischen Bahn durch den wir entnationalisieren die Deutschen  , oder die Deut­Weichsel- Korridor hat die Deutsche Reichsbahn   seit schen uns, oder der Staat wird in seine nationalen einem Jahr nicht mehr überwiesen. Das War- Teile zerrissen. Diejenigen, welche bei uns auf der Theorie des schauer Verkehrsministerium, dessen Haushalt da­durch in Bedrängnis tam, mußte geradezu mit der nationalen Staates beharren und die irgendwie die Sperrung aller Durchgang 3- Schwierigkeit erklären wollen, daß den tschechoslowa­transporte zwischen Ostpreutischen Deutschen   die Zugehörigkeit zum deutschen  ßen und dem Reich drohen und das Justiz- nationalen Staat dauernd vorenthalten werden solle, ministerium Vergeltungsmaßnahmen für die verweisen auf die Eristenz Deutschlands   und Dester­Schädigung privater polnischer Gläubiger durch reichs. Sie sagen: die Deutschen   haben zwei natio­die deutsche   Zahlungssperre antündigen. Ob es nale Staaten, in denen sie sich voll ,, ausleben" fön­tatsächlich zu diesen polnischen Wirtschafts- Sant- nen und deswegen können sie einen Teil ihrer Na­tionen" gegen das Dritte Reich kommen wird, tionszugehörigen opfern, damit der Nationalstaat bleibt abzuwarten. Berlin   hat die Druckmaßnah- auch für die Tschechoslowaken ermöglicht werde. Die men durch neue Verhandlungsangebote beantwor- deutschen   Minderheiten im Tschechoslowakischen tet. Immerhin mußten vorher im Sejm   selbst die Staate haben ihren Nationalſtaat sozusagen jenseits nächsten Freunde des Außenministers Bed so der Grenzen. scharfe Töne gegen Herrn Dr. Schacht anschla gen, wie man sie zwischen wirklichen Freunden nicht zu gebrauchen pflegt.

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Keine der Nationalitäten unseres Staates fann von ihrer ausschließlichen und besonderen Kultur leben. Einen großen Teil der heutigen tschechischen Städte haben Deutsche   gegründet, einen großen Teil anderer Dinge haben wieder die Deutschen   von den Tschechen übernommen. Wir haben tausende gemein­samer Gedanken, welche wir nur durch eine verschie­dene Sprache ausdrücken. Deswegen darf unsere Parole nicht Autarkie und Isolation sein, sondern Synthese im Geiste und in der Wahrheit. Arbeiten wir an einer gemeinsamen Kultur im gemeinsamen Staat. Finden wir uns in einem Geiste, wenn auch durch verschiedene Sprachen verdolmetscht.

Man fann vorläufig nicht alle organisatorischen

und administrativen Einzelheiten anführen, durch welche die Staatseinheit durchgeführt werden kann. Sie werden von Fall zu Fall gesucht und gefunden werden. Es handelt sich vorläufig um die allgemeine Richtung, in der über die Frage der Staatseinheit gedacht werden soll. Alle Versuche des nationalen Ausgleiches und Friedens, welche bisher in Böhmen  gemacht wurden, sind von der unrichtigen Auffas jung ausgegangen, daß es hier verschiedene und nicht vergleichbare Elemente gibt, die man vereini­gen und vergleichen muß. Gehen wir vom gegenteili­gen Gedanken aus! Haben wir im Sinne, daß wir eines sind und daß wir nur einige untergeordnete Besonderheiten haben, denen man ihren Plak zu­weisen muß. Kehren wir wieder zur territorialen Vaterlandsliebe zurück. Lernen wir, daß dieses Land mit allen, was dar= auf ist und lebt, unsere Mutter wir sie lieben und ist und daß schützen müssen mit allem, wa 3 dazu gehört, mit ihrer Natur, mit ihren Städten, mit ihren Menschen, mit ihren Sprachen. Man muß alle diejenigen beruhigen, welche be­

Dieser Ausweg aus der Schwierigkeit hat zwei schwere Fehler. Vor allem verweist er die deutschen  Minderheiten geistig und fulturell geradezu jenseits Wenn nach der Ablösung von Hoare   und der Grenzen und entfremdet sie so dem eigenen Laval   durch Eden und Flandin die Sowjetpolitik Staat. Er bereitet eine Art Jrrendenta mit behörd­von neuem eine Annäherung an die Westmächte licher Genehmigung vor. Und zum zweiten begeht er versucht und den französisch- russischen Hilfspakt einen Fehler durch kollektivistisches Denken, das ist endlich unter Dach und Fach bringen will, so wer- eine Auffassung von Deutschtum" und Tschechen­den Berlin   und Warschau   vorübergehend wieder tum" und keineswegs von konkret lebenden Deutschen  einmal eine gemeinsame Abwehrlinie gegen solche und Tschechen. Was hat es für die hiesigen Deutschen  Paftpläne beziehen, da sowohl Hitler wie Beck für einen Wert, daß es irgendwo einen deutschen  ihre diplomatische Aktionsfreiheit dadurch beengt Staat gibt, wenn sie in unserem Staate leben müss sehen. Aber über solche rein negativen Einstel- fen? Ihr Vorteil aus jenem fremden Staat be­lungen kommt die deutsch  - polnische Zusammen- schränkt sich etwa darauf, daß sie sich dort leicht ber­arbeit nicht mehr hinaus. Wenn es zur Entschei- ständigen und daß sie von dort Bücher kaufen oder dung kommt, wird auch Polen   wie bereits bei sie dort herausgeben können. Auf diesem Wege kom­der Verurteilung der deutschen   Aufrüstung durch men wir nirgends hin. den Völkerbund durch seine wirtschaftlichen und Der einzige Weg, der uns zum Ziele führen kann, politischen Interessen in die europäische ist der Weg zu einer kulturellen und politischen Syn­Einheitsfront gegen das Dritte these. Schon regen sich da und dort Stimmen, daß fürchten, daß eine solche Arbeit den Weg zu irgend Reich hineingezwungen werden. es notwendig ist, eine Art neuer politischer tschecho-| einem Verfassungsumsturz bedeutet. Unsere Ver­

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DAS LEBEN IM LICHT

NOVELLE VON OSKAR BAUM

Bertl mußte nun von Lore erfahren, wie sie das Anerbieten des Arztes aufnahm. Aber was wußte denn das weltfremde Stind? Sie durfte nicht in die Hände dieses Menschen geraten. Man durfte sie ihm nicht auf Gnade und Ungnade aus­liefern. Wenn sie einmal in seiner Gewalt wäre,

hülfe ihr niemand mehr.

Berkl überwand alles, was ihn hemmte, und flog die Stufen zum ersten Stockwerk empor. Vielleicht saß Lorchen noch in seinem Zimmer und

ivartete.

Jedes Gesicht, dem Lore in dieser Zeit be­gegnete, hatte ihr in irgendeiner Hinsicht eine leberraschung gebracht. Anfangs, als das viele Neue von überallher auf sie einstürmte, war sie besonders neugierig darauf gewesen, wie Berfl sich vor ihren Augen enthüren würde. Um die

los, kein Bild an der Wand, nur ein Stunden-| mit dem Auge kennen zu lernen. Da fühlte sie plan, und überall auf dem Tisch, dem Schreib- seinen Blick im Rücken. Ihr schien, daß er es so tisch  , selbst auf dem Bett Bücher. Sie konnte deuten könnte, als wollte sie von seinem Gesicht schon Schwarzdruck mit einiger Mühe langsam fortsehen. Sie wandte sich um und überraschte lesen. Es waren ja fast die gleichen Buchstaben seinen Blick, der eilig von ihr fortglitt. wie im veralteten Reliefdruck der ersten Blinden­bibel. Aber sie legte das Buch wieder fort, nach dem sie gegriffen hatte. Wäre es, wenn sie die Titel untersuchte, nicht so, als wollte sie ohne sein Wissen in sein Leben eindringen?

" Sieh' mal, Lorchen!" Berk! trat ein. Darf auch ich dich endlich beglückwünschen?" Sie sprang auf, wie es sich beim Erscheinen des Herrn Lehrers gehörte. Er ergriff ihre beiden Hände und ertrug ihren begierigen forschenden, ein wenig erschreckten Blick." Fabelhaft ist die Welt, wie?" sagte er hastig.

Sie lachte: Ich habe mir sie eigentlich noch fabelhafter vorgestellt".

,, Raum zu begreifen", dachte er, welche Verwandlung ein beseeltes lebendes Auge in einem Gesicht zutvege bringt! Aber jetzt nur sprechen!" Es ist jedenfalls alles ein Stück wirk­licher, nicht wahr?"

Es war immer noch so, daß eine kleine

kommen pflegte, hatte sie ein Gefühl wie auf dem sprach sie mit ihrer leiſen Stimme ein wenig Stunde, da er alle Tage zu ihr ins Spital zu Bause entstand, che sie antwortete und dann Höhepunkt einer spannenden Erzählung. Aber überſtürzt:" Nein, es kommt mir alles jetzt er kam nicht. Wie war das zu erklären? Sie eigentlich noch unwirklicher vor, vielleicht nur im vergaß alle die übrigen Beunruhigungen dieser Anfang." Aber das schöne Leben, das beginnt, ist erregenden Zeit über dieser Frage. Als sie end­lichkeiten!" Es fügten sich ihm ganz andere Worte als die, die ihm auf dem eiligen Weg über die Treppe durch den Kopf liefen.

" Freust du dich auf deinen neuen Beruf", fragte er unvermittelt.

"

Ist das etwas, worauf man sich freuen fann," Herr Lehrer?"

Warum ergreifst du ihn dann aber?" Was soll ich denn sonst tun?" Sie sah ihn erstaunt an. Noch hatten die Pupillen einen röt­lichen Hof, der sich wohl allmählich verlieren

würde.

Ich finde den Beruf auch nicht übermäßig anziehend", meinte er. Als lebendes Reklame­schild in der Sprechstunde des Dr. Lötz zu fun­gieren; denn das ist doch der tiefere Sinn!"

Gott  , es ist sein gutes Recht, Herr Lehrer. hat er nicht etwas Großes geleistet?"

sein."

Ein Sportverein als Köder

Der dänische Atlethenverein ,, Alfia" in dem ehemals zu Deutschland   gehörenden Sönder borg verhandelte mit einem Sportklub in Flensburg  , Schleswig- Holstein  , über ein Treffen in der erstgenannten Stadt. Eines Tages schrie­ben die Flensburger  , man müsse doch mündlich verhandeln und die Gönderburger zwei Dele gierte schicken, darunter den Kassierer Peter Christensen, weil dieser in der Sache am besten informiert sei. So machte sich denn dieser Tage Christensen, ein Arbeiter, mit seinem Sol­legen auf den Weg. In der deutschen   Grenzfon­trolle Krusaa verschwand Christensen spur­los.

Seine Frau wandte sich an das dänische Konsulat in Flensburg   und erhielt die Antwort. ihr Mann sei verhaftet, mehr aber könne das Konsulat von den deutschen   Behörden nicht erfahren. Christensen soll früher irgendwie am Transport antifaschistischer Literatur nach Deutsch­ land   beteiligt gewesen sein. Die Gestapo   bediente sich einfach des gleichgeschalteten Sportklubs, um den Dänen ins Dritte Reich zu locken. Hoffent lich wird dieser traurige Fall die Nachbarn Hit­lerdeutschlands endlich vorsichtig machen! Britische Arbeitslosenziffern

London  . Die Zahl der Arbeitslosen in

Großbritannien   betrug zum 20. Jänner d. 3. 2,159.722, d. 1. um 291.157 mehr als am 16. Dezember v. 3., aber um 165.651 weniger als am 28. Jänner des Jahres 1935.

Neue Wirtschaftsverhandlungen mit Wien Wien  

. Die tschechoslowakische Handelsver­tragsdelegation ist Montag abends unter Füh­rung des bebollmächtigten Ministers Dr. Fried­mann in Wien   eingetroffen und wird Diens­tag um 5 Uhr nachmittags im Bundeskanzleramt  die Besprechungen mit der österreichischen Bun­desregierung aufnehmen.

Macdonald

erhält ein Universitäts  - Mandat

London  . Bei den Nachwahlen der schotti­schen Universitäten zum Unterhaus wurde der Präsident des geheimen Staatsrates und frühere Ministerpräsident Ramsay Macdonaldmit einer Mehrheit von 7359 Stimmen gewählt. Ramsay Macdonald   erzielte insgesamt 16.393 Stimmen.

Sie war mit eins an seiner Seite und legte die Hand auf seinen Arm. Es glühte über ihr Gesicht hin. Bitte nicht!" Es hat doch keinen Sinn!"

,, Warum nicht?" fragte er erregt. Du kannst nicht ahnen, Lore..."

Doch ja, Herr Lehrer! Ich ahne!" Sie blickte zu Boden, und das gab ihrem Gesicht wie­der fast den Ausdruck von früher." Fürchten Sie nichts. Es bleibt mir ja doch nichts anderes übrig..."

Und dann

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ist er doch jemand, der Inter­eſſe an mir nimmt. Hier gehöre ich nicht mehr her. Nirgendwohin gehöre ich, seit ich unter die Gesunden eingereiht bin. Selbst Sie, Herr Leh­rer, der Sie doch immer so freundlichen Anteil an mir nahmen, kamen von dem Augenblick an, da es sich entschieden hatte, nicht ein einziges Mal mehr zu mir. Nun ja, Sie haben viel zu tun, ich weiß. Ich bin keine Ihrer Obliegenheiten mehr. Es ist vielleicht schon ein anderes, bedauerns werteres Geschöpf als Zögling an meiner Stelle hier."

,, Man hat die Nachricht nicht verschwiegen, und sie würde auch ohne solche Mittel wirksam Das ist: 3 nicht, Lore, ganz und gar nicht!" Es scheint mir das Mindeste, was er ver- Er begann mit unregelmäßigen Schritten in dem mit in den Kauf, die ihm keine Unbeholfenheit nicht doch kommen würden, mir einen Rat zu ge= langen kann. Es ist ja auch schließlich für mich kleinen Zimmer hin- und herzugehen. Von Tag zu Tag hab ich gewartet, ob Sie Sie wissen ja, ich habe niemand, der mich auf Schritt und Tritt bereiten wird, im Anfang ben wenigstens. Es ist eben eine ein wenig komische beraten fönnte." ..Wie hätte ich daran denken sollen, daß man Lage, wenn man so als beinahe erwachsener Aber ich hätte es ja wissen können. Ich wollte nicht, ich wollte nicht" Er schlug sich vor die Stirn. Wie fonnte ich nur so vernagelt sein" Sie haben eben zu viele Pflichten, Herr Lehrer."

lich das Spital verlassen konnte und das Haus doch wirklich mit seinen unabsehbraen Mög- Mensch plößlich nochmals auf die Welt kommt!" jetzt schon über Deine Zukunft entscheiden wird?

wieder betrat, in dem sie vom Kind zum Menschen erwacht war und alle Gedanken ihrer Jugend er= lebt hatte, traf sie niemand in der Vorhalle. Sie ging durch den Morridor der Knabenabteilung, den sie als Zögling nie betreten hatte. Sie wußte, daß Herr Berkl um diese Zeit immer auf seinem immer war. Es schien mit zu seiner un begreiflichen fühlen Abkehr zu gehören, daß sie das Zimmer leer fand. Sollte sie wieder gehen? Sie sah sich im Zimmer um. Es war ganz schmuck­

Als Befreiung empfindest du es wohl schon, von hier fortzukommen in die Welt ohne Stun denplan hinaus..." Es würgte ihn in der Kehle. Sie trat ans Fenster, die vertraute Gegend, den Garten, den Turnplay, die Bank im Birkeniväld chen da hinten, auf der sie an Sommerabenden so gern bis zum Glockenzeichen gesessen hatte, nun

Wie sollte er ihr flarmachen, welche Gefah­ren ihr von diesem unberechenbaren Menschen drohten? Lore", begann er sehr ernst, du bist kein Kind mehr..."

Sie lächelte: Ich glaube, ich war es auch früher schon lange nicht mehr, Herr Lehrer. Sie haben es nur nicht gemerkt."

Wenn ein Mann", sagte er und räusperte sich, wie Dr. Lötz gewohnt ist, den Frauen zu gefallen..."

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Aber das ist es doch nicht!" schrie er sie an. Und dann beherrscht:., Es war ein anderer Grund, ein ganz lächerlicher. Du kannst ihn nicht ahnen.

( Schluß folgt.)