Sonntag, 9. Feber 1936 Nr. 34 16. Jahrgang Dnzelprefs 70 Heller (•InichlitBlich 5 Heller Forlo) IENTRALORGAH DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRÜH, Redaktion und Verwaltung mag mufochova«r. Telefon E. HERAUSGEBERI SIEGFRIED TAUB. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS. FRAG. Russisch-Japanlsdic Krlcgsrorbcrcliungcn Sowjetführung außerordentlich von Wlädi- der Defensive macht diese Olympiade zu etwa- ganz anderem als einem einfachen internationalen Sportfeste, eS macht sie zu einer Manifestation des sittlichen Niederbruches der bürgerlichen Welt. Olympiade inrDritten Reich— das ist eine Weltschandel Konferenzen mit Dr. Hodia z Ratifizierung des Sowjetpaktes Verhandlungen mit England über die entmilitarisierte Zone lischeArmee besonders stark sein soll. Der neueste strategische Plan der SÄ scheint darin zu bestehen, das stark befestigte Festungsgebiet Wostok als den Hauptpunkt zu benutzen, um vom rechten Flügel aus, also der Mongolei her, mit starken motorisierten Abteilungen offensive Vorstöße gegen die strategischen Verbindungen zwischen der Mandschurei und Novdchina zu unternehmen. In diesem Zusammenhang gewinnen alle Versuche der Sowjetregierung, sich in dem Gebiete Baikal-Burjatien« Mongolei militärisch und politisch stark zu machen, besondere Bedeutung. Am 27. Jänner ist im Kreml von Stalin , Molotow und Wo- r o s ch i l o w. wie die Moskauer „Prawda" (vom 30. Jänner) mitteilt, eine burjatisch-mongolische Delegation empfangen Wörden, an der auch einige Militärs teilnahmen. Die Delegation erklärte, das ganze burjatisch-mougolische Boll sei bereit, gegebenenfalls sich in den Kampf für die Sowjetunion zu stürzen. Es sollen einige burjatisch-mongolische Brigaden organisiert werden. Ein Delegierter überbrachte Stalin die Kundgebung von 1060 KolchosenderB u r j a- tisch-Mon gälischen Re publik, in der die Sowjetregierung gleichfalls versichert wird, daß die dortige Bevöllerung bereit ist, ihre patriotische Pflicht zu erfüllen. leit der italienischen Erkundungsflugzeuge in den i letzten Tagen besonders eifrig war, obzwar den Flugzeugen das ungünstige Wetter sehr hinderlich ist. Die italienischen Flugzeuge haben fast ganz Südabesiinien bis zur Eisenbahnstrecke Dschibuti—Addis Abeba erkundet. In den letzten Tagen ist die Spannung an der mongolisch-mandschurischen Grenze wieder akuter geworden. Wie man dem Londoner „Daily Telegraph " aus der Mandschurei drahtet, sind alle Eisenbahnen an der russisch -mandschurischen Grenze von beiden Seiten für den Privatverkehr gesperrt. Ebenso unmöglich ist es, von der Man dschurei aus an die mongolische Grenze zu gelangen.. T r uppenverschiebungen hüben und trüben sind offenbar im Ganges Nach einer früheren Meldung des Peipinger Korrespondenten des„Daily Telegraph ", die allerdings etwas tendenziös gefärbt ist, findet in der Umgebung von Urga(Ulan-Butor), im Norden der Aeußeren Mongolei , gegenwärtig eine große T r u p p enkonzentration statt. Dort soll sich unter Führung von sowjetrufsischen Offizieren eine Art„Fr e m d e nl e g i o n" gebildet haben, die aus verschiedenen sibirisch-mongolischen Völlerschasten besteht. Die Urgaer Truppen selten etwa, zehntausend Bajonette stark sein und aus Infanterie-/ Bergartillerie- und Kamelreiterabteilungen bestehen. Die Ausrüstung ist vollkommen modern, einige Batterien Feldartillerie, eine große Anzahl von großen und kleinen Tanks, Panzerauws usw. vervollständigen das I Bild. Aehnliche Truppen befinden sich auch in länderen Zentren der Aeußeren Mongolei , beson- Tagen im Einvernehme n mit der britischen Regierung behandelt werden wird. Die auf Dienstag nachmittags angesetztr Aussprache der Kammer über die Ratifizierung deS französisch-sowjetrussischen Bei st andspaktes bildete ebenfalls Gegenstand der Darlegungen Flandins. Der Außenminister hob hervor, daß dieses Abkommen gegen niemanden gerichtet ist, allen offensteht, im Rahmen des Völkerbundes ab geschloffen wurde und die in den anderen Abmachungen zum Beispiel in den Lo carno -Verträgen enthaltenen Verpflichtungen Frankreichs in nichts, verletzt. Der ,,Temps" und der»Jntransi-' gönnt" erinnern daran, daß bereits der Vorgänger Wandins, Laval, dem Reichskanzler Hit ler diese ausdrückliche Versicherung gegeben hat. „Jntransigeant" fügt hinzu: Deutschland kann demnach nicht das Gegenteil verteidigen und sich auch nicht zwecks Verwirklichung seiner militärischen Forderungen am linken Rheinufer auf die Ratifizierung dieses Abkommens berufen. Deutschland kann nur verlangen, daß die franzö sische Regierung stets ihre gegenwärtige Auslegung des srunzöfisch-sowjetrussischen Abkommens aufrechterhalte. In politischen Linkskreise« wird insbesondere erwartet, daß dje Kammerdebatte über die Ratifizierung des französisch-sowjetrussischen Ab- Unerschrockene Predigt des Pfarrers Niemöller Berlin. Der ehemalige Unterseebootkommandant und jetzige Pfarrer Niemöller hielt in der, überfüllten Apostel-Paulus-Kirch« in Schöneberg einen öffentlichen Vortrag, in dem er unerschrocken den ganzen Zwiespalt zwischen Kirche und Nationalsozialismus schilderte. Er sagte u. a., jeder anständige Christ müsse sich hinter den Pfarrer Kruse stellen, der zu einem Jahr Gefängnis verurteilt wurde, weil er gesagt hab«, das Dritte Reich werde untergehen, wenn sich der Nationalsozialismus mit dem Mythos von Rosenberg verbünde. Ebenso müsse man sich hinter den Vikar von Dortmund stellen, der vor kurzer. Zeit zu Gefängnis verurteilt wurde, weil er erklärt hatte, er könne nicht um 6 Uhr früh zu einem Gefangenen gehen» der um 8 Uhr hingerichtet werde, wenn er ihm weiter nichts sagen dürfe, als eine verhaßte Religion von Blut und W>ee. In seinem Vortrage sagte dann Niemöller weiter: Minister Kerrl , das Kirchengesetz und die Ausschüsse sind gegen die BekenntniSkicche, weil sie verlangen, daß die Chriswn neben dem Bekenntnis zu Gott ein Bekenntnis zum Nationalsozialismus ablegen. Diese beiden Faktoren hätten nichts miteinander zu tun und wenn man sie vermenge, so sei das eben«ine Irrlehre, wie jede Einmengung des Staates in die Kirche. Ende Juni Wahlen In Belgien Brüssel . Dir Parlamentswahten wurden für den 21. und 28. Juni festgesetzt. Auf dem Kriegsschauplatz nichts Neues London . Der Kriegsberichterstatter des Reu terbüro meldet: Wie eS scheint, hat sich in den letzten Tagen weder an der Nord- noch an der Südfront irgendetwas Wichtiges ereignet. An der Südfront befestigen sich andauernd die Italiener in den von ihnen besetzten Stellungen. Nach einer Meldung aus Addis Abeba ver-'%’ü{r7n'ö'r.'tabä'K^e'Üet manWü» sichern die abessinischen Behörden, daß die Tätig, rischen Grenze. "“j Mögen diese englischen Nachrichten auch übertrieben sein, jedenfalls bleibt es eine Tatsache, daß die Sowjetunion bereits eine starke Truppenkonzentration im Fernen Osten durchgeführt hat —- nach zuverlässigen Informationen sollen die drei russischen Armeen im Fernen Osten nicht weniger als 200.000 zählen—, wobsi der rechte Flügel der R i e s e n f r o n t vom Baikalsee bis Wladiwostok — 2800 Kilometer, beiläufig drei- : mal so groß wie die französische Front int letzten - Krieo—. die ioaenannte Daik al- M o n go» Dr. Hodia nach Paris abgere'st Prag . Der Vorsitzende der Regierung und Minister des Aeußeren Dr. Milan HodZa hat mit Gemahlin Samstag um 11 Uhr 80 seine Reise nach Paris angetreten, wo er an der Ma- saryk-Feier an der Sorbonne teilnehmen wird. Zur Verabschiedung hatten sich auf dem Wilfonbahnhof u. a. der französische Gesandte P. E. Naggiar, Gesandter Dr. K. Krofta, Sektionschef Barros und Sektionschef Dr. K. KI u L i n a vom Ministerratspräsidium, Ministerialrat Dr. Dobiäs vom Preffedepartement des Ministerratspräsidiums mit. den Beamten des Pressedienstes, der Direkwr des Tschechoslo-. wökischen Pressebureaus Regierungsrat L. T v a- I USA -Luftmanöver New Mark. 31 Marineflugzeuge traten Frei tag von Coco solo(Panamakanalzone ) einen Ge-1 schwaderflug nach den 1200 Meilen entfernten man zu Kulturmenschen, Sportler aus aller Welt Galapagosinseln an. Sie nehmen an einwöchigen im. Dritten. Reich zusammengeströmt sind, das Luftmanövern teil.. Gleichzeitig gibt das Kriegs mat bekannt^ daß 24 Bomben- und Jagdflugzeuge am 21. Feber von Brouxville(TexaS ) aus zu einem 1900 Meilen langem Gcschwaderflug nach der Panamakanalzone starte«: werden. Pari-. Außenminister F l a n d i n erstat- . tete Samstag im Ministerrat eine« eingehenden Bericht über di« Besprechungen, die er in de» letzten Tagen hatte und die sich namentlich um di« mitteleuropäischen Fragen drehten. Diese Besprechungen werden anfangs nächster Woche beim Zusammentreffen des Außenministers Wandin mit dem Vorsitzenden der tschechoslowakischen Regierung und Minister des Aeutzern Dr. Milan H o d j a ergänzt und präzisiert werde«. t t, I Minister Wandin referierte auch über die rujek und andere offizielle Persönlichkeiten entmili t ar i sie r t e n eingefunden. Im Salonwagen, welchen der Bor-*1* sitzende der Regierung mit seiner Begleitung be-"~-------—— stieg, verabschiedeten sich von ihm Frau Doktor Alice Masarykovä und Frau Olga Revilliodovä. Den Vorsitzenden der Regierung begleiten auf seiner Reise nach Paris Obersekttonsrat Schmoranz, Oberminifterialkommiffär Dok tor C e r n h und sein Personalsekretär Doktor S r d i n k o. Paris . Der französische Außenminister Flan- din hatte Samstag nachmittags eine Unterredung mit dem Gesandten Dr. O s u s k h» welchen er eingehenB über die diplomattschen Unterredungen informierte, welche er in den letzten Tagen in Paris mit den ausländischen Swatsoberhäup- tern und mit den Außenministern hatte. Es wur den auch die Modalitäten des Pariser Aufent haltes Dr. Hodzas sowie dessen Unterredungen mit den Mitgliedern der französischen Regierung vereinbart. Handln geht an die Arbeit Welts<l,an<,e M E-•.| In der Zeit seiner schwersten auhenpontt- "" scheu Niederlagen hat daS„Dritte Reich* einen großen moralischen Erfolg errungen, indem es über die Moral siegte. Nicht nur innerhalb seiner Grenzen. Lm Lande Schickelgrubers I. wäre ja die Vernichtung alles dessen, was man bisher als moralische Grundsätze ansah, nichts Erwähnenswertes mehr. Aber daß eS dem Nazistaat gelang, über die Weltmoral zu siegen, das ist wahrlich bemerkenswert und charakteristischer für die nichtfaschistischen Völker als für Deutschland . Die Winterolympiade konnte unter Teilnahme der Sportler aus aller Welt eröffnet werden. Nicht nur die gesinnungsverwandten Japaner und Italiener, auch, die Franzosen und Engländer, Schweden und Tschechen, die Sportler aus vielen demokratischen Ländern haben den Gruß des Kameraden der Mörder von Potempa entgegengenommen. Und das ist zwar noch lange nicht Untergang des Abendlandes,. aber doch ein Symptom allgemeinen sittlichen Niederganges. Sport habe, so sagt man uns, nichts mit kommens Frankreichs Festhalte« an den Grundsätzen der kollekttven Sicherheit klären«nd fe- stigen wird. „Unter eilen Umständen" kann Frankreich auf Jugoslawien rechnen Paris.„Petit Parisien" meldet, daß der jugoflawische Prinzregent Paul in seinen Pariser politischen Verhandlungen erklärt habe, daß Jugoslawien sich mit aller Entschiedenheit g e g e n d i e R ü ck k e h r d er H abSburger auf den Thron stelle. Als Otto Habsburg im Laufe der Woche plötzlich in Paris erschien und so die Karten durcheinanderwarf, sei Prinz Paul von der Absicht einer direkten Unterredung mit dem allzu eifrigen Anhänger Ottos, dem Ersten I Starhemberg, wieder abgekommen. Die geplante Politik zu tun. Wäre es so, dann hätten die„un- Unterredung wurde n i ch t verwirklich». politischen" Sportler erst recht die Olympiade in Bor seiner Abreise empfing Prinzregent' einem Lande» in dem aller Sport nur Vorberei- Paul den Berichterstatter des„Temps", dem er j tung auf den Krieg und somit eine nurpolitische erklärte, die jugoslawische Außenpolitik setze, Sächeist, meiden müssen.,, nit traditionsgemäß die gerade Linie fort und be rühre sich sowohl durch ihr Ziel als auch durch ihre Methoden mit der französischen Außenpolitik, da die Polttik beider Staaten die Aufrecherhal- tung des Friedens/die Stärkung des Systems der kollektiven Sicherheit und die Wahrung der staat lich«» Unabhängigkeit an strebe. „Ich versicherte", erklärte der Prinz,«bei dieser Gelegenheit den führenden französischen Staatsmännern, daß Frankreich unter allen Umständen auf Jugoslawien und dessen tra ditionelle Loyalität rechnen kann." Starhemberg holt sieh Kat del Mussolini ? Paris. ,/Se Matin" will Aber Berlin aus Wien erfahren haben, daß Vizekanzler Starhem berg in der nächsten Zeit nach Rom zu fahren beabsichtigt, um dort nut dem Ministerpräsiden ten Mussolini eine Besprechung abzuhalten. Sport ist auch eine hygienische Angelegenheit, Aber es gibt auch eine Hygiene des Geistes und der.Seele, eine Sauberkeit deS Denkens und der Gesinnung. Mit ihr ist eS nicht vereinbar, Hände zu drücken, an denen unabwaschbares Blut Gemarterter und Gemordeter klebt. Mens sana in corpore sano 7 Für allzuviel« scheint der Sport zu geistiger Verödung zu führen, für viele Fußballer"die Welt bloß ein Spielfeld, für viele Wintersportler nur ein Skigelände, für Radler und Auwfahrer bloß noch eine Rennbahnzu sein und sonst nichts. Wo man spielt und springt und fährt' unb nttt welchen Partnern, ist gleichgültig geworden, und bedeutungslos, aus » welchen Händen man Siegeskränze empfängt. In Deuffchland kann nur noch Sport betreiben, wer auf alles selbständige Denken verzichtet und sein bißchen Gehirn gleichgeschaltet hat? In Deuffchland kann weder ein anständiger Arbeiter, noch ein Jude Sport treiben? Aber das ist doch eine politische Angelegenheit und Sport hat mit Politik nichts zu tun!' In Deutschland wird seit drei Jahren«in ganz besonderer Sport geübt: das systematische Quälen wehrloser Gefangener. Aber die Schreie der Geschimdenen dringen nicht zu den Ohren der Olympiade-Gäste und im übrigen hat ja Svort mit Politik nichts zu tun! Auch nichts-mtt Selbstachtung? Jeder Nazi-Sportter dünkt sich doch jedem anderen Sportler, aus welchem Lande er kommen und was er auch leisten mag, überlegen als Angehöriger einer„überlegenen" Rasse. Der Franzose gilt ihm weniger, weil er.bloß" Franzose ist, der Tscheche,, der Belgier, der Holländer aus dem gleichen Grund«. Macht nichts! Franzosen und Tschechen und Holländer und Amerikaner fühlen sich doch beglückt, im Schatten der Hakenkreuzfahnen»md unter den Augen derer, die in der Blutnacht. zum tz0. Juni so gewandt den Sport des. Killens ihrer Kameraden betrieben, laufen und spielen und ringen und fechten zu dürfen. Weg mit allen Ausreden! Sport— bürgerlicher Sport•— ist eine Sache um ihrer selbst willen geworden, die nichts, gar nichts zu tun hat mit irgendwelchen sittlichen Zielen. Nichts mit Moral. Nichts mit Sauberkeit. Nichts mit Selbstachtung. Si» würden, wenn man eS verlangte, auch mit einer nattonalsozia- lifttschen Mörder-Elf zu einem Match antreten, diese Edelsportler, und nichts auch nur einigermaßen Bedenkliches darin sehen. Wäre es anders— die Sprungschanzen, in l Bayern und die großen neuen Sportplätze, die für die Olympiade gebaut wurden, müßten den Nazi allein überlassen sein! Gäbe eS so etwäS, wie eine Weltmoral und ein Weltgewissen— kein ausländischer Sportler hätte in diesem Jahr den Boden des HillerlandeS betreten! Daß, als wäre nichts, geschehen, als käme
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16 (9.2.1936) 34
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