Sosialdemokrat
ZENTRALORGAN
DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK
ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRÜH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .
16. Jahrgang
12. Februar
Mittwoch, 12. Feber 1936
Frieden, teine Sicherheit, teine Ruhe in Europa geben, che nicht das Unrecht von 1934 wieder gut gemacht ist. Daß dies heute zur Weltmeinung wird, daß heute der Heute vor zwei Jahren begann der helden- heitskatastrophen führt. Europa mußte ein Kampf um die Befreiung Oesterreichs im Mit hafte Kampf der österreichischen Sozialisten um sehen, daß es an seiner verwundbarsten Stelle telpunkt der europäischen Politik steht, mag die Behauptung der demokratischen Grundrechte, getroffen wurde, als der Faschismus nach Wien denen eine Aufmunterung sein, die ausgeharrt um das rote Wien, um die Freiheit Desterreichs.| griff. haben im Kampf um ihr Recht und um unsere Kein Sozialist, hier oder anderswo, kann ohne Europa hat an den österreichischen Sozia- Sache, es ist ein Lorbeerkranz auch auf das Grab schmerzliche Erschütterung jener Tage gedenken, listen viel gut zu machen, es hat eine schwere der Opfer, die vor zwei Jahren für der die nach so vielen Provokationen der Arbeiter- Schuld abzutragen. In Wien haben vor zwei Gedanken eines neuen Europa schaft durch die Heimwehrbanditen der Herren Jahren Tausende rote Kämpfer für eine Sache gestorben sind, das sich ihnen im Rote: Fey und Starhemberg von Linz her das Signal gefochten, deren ganze Größe nur die wenigsten i en am finnfälligsten dar der blutigen Entscheidung brachten und die nach Zeitgenossen ahnten. Es wird keinen stellte! langem heroischen Kampf mit dem Märtyrertod der unvergeßlichen Vorkämpfer, der Wa I- lisch, Weiß I, Münnichreiter und ihrer Gefährten unterm Galgen endeten, aber auch mit dem Schwur der überlebenden Kämpfer, nicht zu rasten und zu ruhen, als bis Desterreich frei und das Recht des Volfes wieder her. gestellt sein würde.
An der westeuropäischen Demokratie hat es fich schwer gerächt, daß sie damals nicht a
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Kraft einsetzte, um Desterreich vor Mussolini zu retten, England, Frankreich , aber auch mit teleuropa, hätten sich manche Prüfung erspart, wenn sie in den Februartagen 1934 den Mut aufgebracht hätten, die Sache des Rechtes gegen die Gewalt zu verteidigen. Die Sorge um die ., Unabhängigkeit Oesterreichs " die es doch seit jenem Februar 1934 gar nicht mehr gibt die Sorge um die Fernhaltung der Habsburger , die Sorge um die militärische Sicherheit im Dona raum wären behoben oder wären doch winzig lein, wenn man zur rechten Zeit die Autorität des Völkerbundes und des internationalen Rechtes geltend gemacht hätte.
Den Siegern der Februarkämpfe, den Heimwehrchriften, die mit Kanonen auf Frauen und Kinder feuern ließen, die, selbst eidbrüchig, Verfassungskämpfer an den Galger lieferten, hat die blutige Gewalttat feinen dauernden Segen gebracht. Am 25. Juli desselben Jahres noch lag Do I I. fuß im Blute, gefällt durch die Nazi, aber
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mehr noch durch den Verrat und die Feigheit seiner Bundesgenossen aus den Februartagen, gefallen durch die Tüde eines Mannes, den er für den Arbeitermord dekoriert hatte. Musso lini, der Beschützer der Henker, ist durch den Erfolg von 1934 übermütig geworden, hat sich in Abenteuer gestürzt, die jetzt erst in Desterreich das Gebäude seiner Macht bedrohen. Den
daß der Effektivstand der Armee höchstens
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Nr. 36
Zwei Reden
Herr Konrad Henlein , der am Sonntag in Eger vor seinen Bauern" eine Rede gehalten hat, scheint seinen Ehrgeiz darein zu setzen, mit vielen Worten nichts zu sagen. Obzwar wir seine Gegner sind, müssen wir bekennen, daß es Kon rad Henlein darin zu einer gewissen Meister= schaft gebracht hat.
dieser Rede zunächst die Absicht, den Bauern zu Der sogenannte„ Stammesführer" hatte mit schmeicheln. Er erzählt ihnen nicht von ihren Lebensinteressen, sondern redet ihnen ein ,,, daß das ganze Blut desSudetendeutschtums Euer Bauernblut ist". Was die B u. n davon schon haben, daß auch ihr Blut, wie Henlein behauptet, in den Adern der Arbeiter oder Gewerbetreibenden fließt, scheinen nur die Gelehrten des Kameradschaftsbundes zu wissen. Ein gewöhnlicher Sterblicher versteht diese dunklen Worte des Herrn Konrad Henlein , die er der Blutmystik der Nationalsozia listen abgelauscht hat, nicht.
Wenn jemand in der Rede des Konrad Hen lein suchen wollte wie der Führer der Subetens deutschen Partei jenen im Sudetendeutschtum helfen will, die seit Jahren arbeitslos sind und in diesem strengen Winter Not und Elend erleiden, er kann diese Rede zehnmal lesen und wird
Im amerikanischen Senat kam es zu einer Debatte über das japanische Vorgehen in China , gegen das der Vorsitzende des Außenausschusses Bittman in den heftigsten Worten Stellung nahm. Pittman klagte die Japaner des wieder holten Bruches der Verträge und des Völkerrechts an und beschuldigte fie, China zu einer japanifchen Domäne machen zu wollen. Er wies in fcharfen Ausdrüden die Auffassungen des japanischen Botschafters Baron Saito surid, ber bon der asiatischen Monroe- Dottrin gesprochen abe. Japan schütze keineswegs wie die USA es im Sinne der Monroe- Doktrin mit den latein - willigte der Ausschuß über das verlangte Budget scheinen zu fühlen, daß dieses nebulose Gerede, amerikanischen Staaten getan hätten, die Unab hängigkeit Chinas , sondern es vernichte fie.
Der Attacke Pittmans schlossen sich andere Senatoren an. Einer von ihnen, Lewis sprach mit Rulandauf Kosten der USA die merkwürdige Ansicht aus, daß 3 a pan fich einigen wollen. Diese Meinung wirkte umso merkwürdiger, als sie zu einer Zeit erfolgt, da zwischen Moskau und Tokio die heftigste Pressefehde tobt und an den Grenzen täglich die Gewehre knallen.
Der Staatssekretär Hu II erklärte, er habe
147.000 Mann betrage, nahm der Budgetaus nicht die kleinste Stelle finden, die ihm darauf schuß des Repräsentantenhauses aus eigener Ini- Antwort sagen würde. Herr Konrad Henlein jicht, tiative für die Armee um 2,344.211 Dollar wie er sagt, nur ein Ziel:„ das Ziel der Volksmehr an als verlangt wurde, mit der Forde- gemeinschaft". Das ist die eintönige Antwort, die rung, den Effektivstand der Armee auf min er auf alle Fragen gibt. Nichts Programmati de itens 150.000 Mann Friesches, nichts Klares, nichts Bestimmtes ist in diedens stand zu erhöhen. Ferner nahm der Aus- sen Reden enthalten. Konrad Henlein tut nichts fchu 45.540.177 Dollar sum Bau einer anders als die gange politische Atmos neuen Luftflotte von 565 Kampf- fphäre bernebeln, damit feine Anhänger flugzeugen an, d. 1. um 58 Flugzeuge mehr als nicht sehen, was rings um sie herum vorgeht. im Budgetvoranschlag verlangt wurde. Dazu beKonrad Henlein und feine Hintermänner hinaus noch drei Millionen Dollar zur Verstär- das er nun zweieinholb Jahre berufsmäßig bekung der Verteidigung der Westküste der Ver- treibt, auf die Dauer seine Anhänger nicht beeinigten Staaten und weitere drei Millionen zum friedigen kann. Darum finden sich in seiner Rede Ausbau der Verteidigung der Hawaiischen Inseln ein paar radikale brafen, wie mas. Im vorläufigen Budget befindet sich ferner Partei Mittel und Wege finden werde.„ jedes sowie 725.000 Dollar zur Verteidigung Pana- die, daß er kompromisse nicht liebe und daß seine ein Besten zur Verstärkung der Nationalgarde um Recht, das uns gebührt, bis zum 3- Tüpfelchen" 5000 Offiziere und Soldaten. Hiemit erreicht die zu bekommen.( Bezeichnenderweise fehlt diese Garde einen Effektivstand von 200.000 Mann. Stelle in der Zeit", während sie in der„ Bohemia" angeführt ist!) Um unter seinen Anhän gern, welche die alten Illusionen zu durchschauen beginnen, neue zu erwecken, ging Senlein nach London , er geht jest nach München , um den Glauben zu eriveden, daß das judetendeutsche Problem außenpolitisch lösbar sei. Derartige Hoffnungen zu nähren ist ein schweres Vergehen am fudetendeutschen Volte, weil es dessen innerpolitische Kräfte lähmt.
mit Bittman über deffen Rebe nichts vereinbart, Tuchatschewskij habe aber auch keinen Grund, die Rede zu kom
mentieren.
Der japanische Botschafter Saito beanügte sich der Bresse gegenüber mit der Aeußerung, er halte einen Krieg zwischen Japan und den USA für ausgeschloffen.
Washington.( Reuter.) Im Reprä
der
verlängert seinen Aufenthalt in Frankreich
Paris . Sowjetmarschall Tuchatschewsfij, Montag den Ministern für Krieg, Marine und Flugwesen Besuche abstattete, interessierte sich Dienstag hauptsächlich hauptsächlich für das für das französische
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Regitimisten ist es nicht gelungen, die Habsbur- fentantenhaus wurde bei Behandlung des Ma-& Ingwefen. Er hatte eine Unterredung mit Führer unserer Partei. Abgeordneter Genoffe ger zurückzuführen, denen sie den Weg zum rinenbudgets vom Marineministerium ein weite- dem Generalstabschef für Flugwesen, besuchte die Taub auf der Brünner Bezirkskonferenz ges Thron über die Leichen der Schutzbündler öffnen rer mächtiger Ausbau der Kriegsflotte und eine militärischen Fliegerwerkstätten und vier Mili- sprochen. Man vergleiche die beiden Reden und wollten; die Kirche, die dem grausigen Werk Verstärkung der Verteidigung der Westküste Pa- tärflugplätze in der Pariser Umgebung. man wird den llnterschied zwifchen der Gründlichkeit und Sach= von Tod und Zerstörung ihren Segen gab, hat namas und der Hawaiischen Inseln empfohlen. Abend gaben die franzöfifchen Offiziere, die wählichkeit des sozialdemokratiDie Regierung verlangt zu diesem Zwecke die es oft zu bereuen gehabt, daß fie der Banden- Bewilligung einer Summe von 374,981.521 rend des Krieges mit Tuchatschewskij in der deutschen Polititers und der obis herrschaft zum Durchbruch verhalf. Der& ey Dollar für das mit dem 1. Juli d. 3. begin- fchen Festung Ingolstadt gefangen waren, dar- beit und Phrasenhaftigkeit ist heute ein ruhmlos abgedankter Putschist, nende Budgetjahr. Diese Ziffer bedeutet eine neue unter der Fliegergeneral Goys , ein Diner. Der des Stammesführers" erfen freilich noch im Bezuge eines fetten Sündenloh- Nekordforderung für die Friedenszeit, da sie das Marschall, der ursprünglich beabsichtigt hatte, ist, er schilderte, wie der kriegslüsterne Faschis nen. Taub sprach zunächst in Brünn aus, was nes, aber geschichtlich längst gerichtet; Star Budget für das laufende Fiskaljahr um 23 Mil Dienstag nachmittag Paris zu verlaffen, hat sich mus das Tempo der Kriegsrüstungen gesteigert bemberg bangt um seine Stellung und lionen 803.501 Dollar übersteigt. Das gesamte weiß, daß seine Tage gezählt find, Dollfuß ' Budget für die Armee beträgt 543,341.506 Dol- entschloffen, feinen Aufenthalt in Frankreich bis hat, wie aber dieser Faschismus in immer stärNachfolger Schuschnigg war selbst vom braunen lar. Obwohl dieses vorläufige Budget empfiehlt, Ende dieser Woche zu verlängern. Mord verfolgt und mußte jenen ein Blutopfer zollen, die bisher die einzigen Nutznießer der blutigen Konterrevolution in Desterreich waren: den Nazis.
Schon 150 katholische
Jugendfunktionäre in Haft
Angebliche Beziehungen zu den Kommunisten
ferem Maße auf die aktive Gegenwebr der friedliebenden Nationen stoße. Sowie der Faschismus die Gegenkräfte in der Außenpolitik hervorgerufen hat, so sind auch innenpolitisch die demokratischen Kräfte in den nichtfaschistischen Ländern wieder im Aufstiege. „ der Wahlerfolg der englischen Arbeiterpartei, der Vormarsch des standinavischen Sozialismus, das Wiedererwachen der spanischen Demokratie, die Stärkung der französischen Linken sind seine martantesten Anzeichen. Noch Iastet die Nacht der Dittatur über Europa . Berlin . Wie jetzt bekannt wird, find men zu sein, mit dem die katholische Jugendbe- aber schon kündigt sich ein neuer außer dem Vorsitzenden der katholischen Jugend- wegung in Verbindung getreten sei. Dieses Kom- Morgen der Demokratie an." Diese Entwicklung, fo fagte Genosse Taub bewegung in den Rheinlanden Wolter, 150 junge plott sei von kommunistischen Ele. Geistliche und Mitglieder der katholischen Zu- menten(?) angezettelt worden, um den na- weiter, kommt auch in der Tschechoslowakei immer gendbewegung von der politischen Polizei ver- tionalsozialistischen Staat ,, zu unterwühlen". mehr zum Ausdruck. Der Beweis dafür war die haftet worden. Sie werden der Verschwörung ge= In katholischen Kreisen ist man über diese Präsidentenwahl im Dezember und mit Recht Die historische Entwicklung seit dem Fe gen die Sicherheit des Staates beschuldigt. Da- Verhaftungen sehr erregt. Der Erzbischof von fonnte Genoffe Taub sagen: An der unerschüt bruar 1934 hat der Sozialdemokratie recht bei gehen die Verhaftungen in ganz Deutschland Köln , Schulte, hat dem Vernehmen nach ein terlichen Festigkeit der Parteien des demokrati gegeben. Sie hat bewiesen, daß der Faschismus noch weiter, weil die Polizei der Ansicht ist, einem Protest telegramman Hitler gefchen Sozialismus, an dem eindeutigen Bekennt nis der fatholischen Parteien zur Demokratie ist zum Kriege, daß er zu unabsehbaren Mensch- weitgehenden Somplott" auf die Spur gekom- richtet
An dem Heldenkampf der österreichischen Sozialisten ist der I a uben der europäischen Arbeiter wieder start geworden. Defterreich war eine Niederlage, von der die Kraft zu neuen Siegen ausging. Desterreich gab den Sozialisten den Mut und die Kraft zu neuem Einsatz, der heute in aller Welt sich zeigt. Unsere Genossen i Wien und Bruck und Steyr find nicht umson gestorben.