16. Jahrgang
Nr. 41
Dienstag, 18. Feber 1936
ElRttlWls 70 HtHlf (•inschliafilich 5 H.ll.r Porte)
IENTRALORGAN DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRÜH. Redaktion und Verwaltung mag xikeochova«. telefon swz. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, FRAG.
Spanische Linksfront beim Ministerpräsidenten erobert die Mehrheit Monarchistisch -klerikale Reaktion geschlagen ✓ Alarmzustand verhängt
Madrid . Die Wahlen ht Spanien habe« der Linksfront eine» entscheidenden Sieg gebracht. Schon die ersten Wahlergebnisse liehe« daraus schließen, daß die vereinigte Linksfront nicht nur in der Hauptstadt, sondern auch in viele» Provinzen große Erfolge errungen habe. Ze mehr Wahlergebnisse bekannt wurde«, desto klarer zeigte fich, daß die Linksfront knapp an die absolute Mehrheit im neuen Parlament herankommen oder fie sogar überschreiten werde. Montag nachmittags hat die bisherige Regierung offiziell verlautbaren lassen, daß die Linksfront die Mehrheit erreicht habe, und einen Aufruf veröffentticht, in dem zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Lande aufgefordert wird.
Gleichzeitig wurde über das ganze Land für acht Tage der A l a r m z« st a n d»erhängt und der Ministerpräsident ermächtigt, nötigenfalls de« Kriegszustand z« proklamieren. Der Ministerpräsident erklärte, daß der Wille des Lölkes unbedingt respektiert werde» würde? ebenso würde er aber dir Ordnung im Lande mit allen Mitteln aufrechterhalten. Rach Bekanntgabe der ersten Wahlresultatr kam eS in Madrid zu Demonstrationszügen der Arbeiter durch dis Straßen der Stadt. Bei den Zusammenstößen wären 2 Tote zu deNagen. Die ArbeiKk plaNM fstr DieklStag einen 24stündtgrn Generalstreik zur Feier des Wahlsieges. Di« Meldung, daß fich im Parlament ein r e v o l u- tipnürer Ausschuß konstituiert habe, wird dementiert.
Der Ministerpräfident berief die sozialisti schen Führer Largo Caballero und Alvarez D e l a y o zu sich. Als die Bolksmasten, die fich bei der Puerto des Tol angesammelt hatten, hievon erfuhren, brachen fie in Hochruf ranf ihre F ü h r e r aus. Delavo erschien auf dem Balkon und forderte die Menge auf, Ruh« zu bewahren. Auf Ersuchen Caballeros hat di« Regierung beschlossen, alle politische« Häftlinge freizulassen und ihr« Einwilligung zur R ü ck k e b r d e r p o l i t i s ch e n Em i g r a«- ten zu geben. Das fett der Oktoberrevolution gesperrte BolkShan» in Madrid ist sofort ge- öffnet worden. Einer der Führer der Linken, der ehemalige Ministerpräsident Azuna, erklärte, er hoffe auf die Bildung einer reinen Linksregie- r« n g. Es wäre dies eine Regierung der Wie
derbelebung der spanischen Demokratie«nd des Friedens im Lande und außerhalb der Grenzen. Unksregime in Barcelona eingesetzt Den größten Erfolg hat dir Linke in Kata lonien errungen. Wie amtlich im Rundfunk mitgetrilt wurde, hat in Barcelona der rechtsstehende Generalgouverneur in Anbetracht der überwältigenden Mehrheit der Linken sein Amt nirdergrlegt. An seinem Nachfolger wurde der Linkskatalanc Moldes ernannt. Der neue Generalgouverneur hat die Mitglieder deS nach dem Oktoberaufstand aufgelösten Stadtrates wieder in ihre Aemter eingesetzt. Der ehemalige Bürgermeister von Barcelona S u n h e r erschien auf dem Balkon des Rathauses und forderte das auf dem Rathausplatz versammelte Bolk auf, Ruhe zu bewahren. Er erklärte, er hoffe, daß bald eine gesetzliche katalanische Regierung gebildet sein werde. Die versammelte Menge brach in I u b e l r u f e aus. Bisher 238 Sitze Auf Grand der-iS Montag anr Ist Ahr ehegelaufenen Wahlberichte werden den vereinigten Parteien der Linken 238 Sitze zugeschritben, das ist um einen Sitz mehr, als die absolute Mehrheit beträgt.
Per King um Makalle gesprengt Badogllo schlägt den Ras Mulageta bei Enderta
Rom. Das Propagandaministerium hat am 16. ds. unter Rr. 126 folgenden weitere« Heeresbericht veröffentlicht:/ Die Schlacht von Enderta, die am 11. Feber begonnen wurde und am 18. Feber mit erbitterten Kämpfen südlich von Makalle ihren Höhepunkt erreichte, ist gewonnen. Das erst« und dritte Armeekorps haben unter Ueberwindung des zähesten Widerstandes des Heeres von Mulugeta all« ihnen zugewiesenrn Ziele erreicht. Auf dem Amba Aradom, dem Bollwerk der feindlichen Ber- teidigung, weht die italienische Flagge, die von einer Abteilung Schwarzhrmden der Division „23. März" gehißt worden ist. Asmara.(Reuter.) In der Schlacht bei Enderta.. die seit der Eroberung Makatles die erste größere italienische militärische Operation an der Nordfront darstellt, hatten die Italiener 500 Gefallene und 1000 Verwundete zu verzeichnen. Die Zahl bet gefallenen Abessinier wird auf 5000 geschätzt. Die italienischen Linien wurden um zehn Meilen nach Süden verschoben. ,■ An der Schlacht beteiligten sich 70.000 Italiener, die Reserve bestand aus einer Division Askari. 55.000 reguläre abessinische Truppen in Khakiuniform unter dem Kommando RaS Mulu- geias wurden durch den italienischen Angriff von dem Amha-Aradam-Masfiv vertrieben. In der Schlicht spielte die Artilleri e eine wesentliche Rolle. Die leichte Gebirgsartillerie folgte den stürmenden italienischen Truppen in geringer Entfernung, während die schwere Ar- t i l l« r i e die. abessinischen Positionen in einer Entfernung von zehn Meilen(ca. 16 Kilometer) beschütz. Abessinier rücken In den Ogaden vor Addis Abeba . Tie Truppen deS Generals Rasfibu machen am Fafanflutz wettere Fortschritte. Sir marschieren an beiden Ufern aus Warandab zu, nachdem fie sämtliche italienische Sprrrposten, die mristens aus Simalitruppen bestanden, zum Teil vernichtet, zum Teil gefangen genommen batten. Auch in der Wüste südlich C« r a l e rücken dir abesfinischrn Truppen vor,
wobei fie den Italienern starke Verluste beibrachten. Die Kampfhandlungen find srdoch vorläufig nur als Störungsversuche aufzufassen, um Unsicherheit in den italienischen Aufmarsch zu bringen."» Die Schlacht in Tembien hatte eine teilweise taktische Entlastung für die Garnison von Makalle gebracht,«her der neuerlicheVorstoß der Abeffjnier, der die Schwaczhemden-Division»28. Oktober" vernichtend traf,, hatte alle, italienischen Erfolge in Frage gestellt und die Bedrohung Makalles von neuem höchst akut gemacht. Marschall Badoglio mutzte sich über kurz oder lang entschließen, Makalle zu räumen, was einen schweren Prestigeverlust bedeutet hätte, oder aber alle Kraft zu sammeln, um den Ring zu sprengen, der Makalle umgab. Der Gewältstoß auf der Straße nach Amba Aladschi scheint sich aus rund/ zwei Drittel der italienischen Streitkräfte gestützt zu haben und ist anscheinend technisch sorgfältig vorbereitet worden. Er hatte, wie alle gut v o r b e r e i feien Operationen der Italiener im bisherigen Verlauf des Krieges, Erfolg. Die Front deS Ras Mulageta ist überrannt worden, wenn man auch die italienischen Meldungen mit Vorsicht aufnehmen muß und sich nicht einreden lasten darf, daß 30.000 Mann„zersprengt" wurden. Zersprengt zu werden ist für ein nur halb reguläres Militär wie das des NeguS ganz etwas anderes cklS für eine europäische Truppe. Daß die losen Förma- tionen der Amhara in der Panik auSeinandtrlau- fen. stimmt wahrscheinlich. Ebenso sicher aber ist, daß jeder versprengte Trupp von ein paar Dutzend Eingeborenen für die verfolgenden Italiener ein gefährlicher Feind istt• Der Fehler d e r a b e s s i n i s ch e n Generale ist es bisher immer gewesen, sich in festen Stellungen zur Schlacht sie lle n. oder feste. Stellungen angreifen zu wollen..Ätt beiden Fällen sind sie d e r it a lie- nis che n Waffe nie ch nII n i cht.ge- Wachsen. Ras Mulageta hätte vor dem Stoß Badoglios ausweichen müssen. Der Ehrgeiz der Unterführer, die„große Schlachten" gewinnen wollen, raubt dem Negus seine besten Armeen.
Makalle ist entlastet, die Lage des Ras Seyoum und des Ras Kassa ist im Tembien nicht erquicklich, da Bagdoglio ihre rückwärtigenVerbin« düngen bedroht. Dennoch dürfte mit einer tiefer vordringenden italienischen Offensive nicht zu rechnen sein. Der neue Vormarsch würde sofort wieder alle'Rachteile des Terrains für die Italiener, alle Vorteile für die Abessinier aktivieren. Während im Norden die Italiener siegten, entwickelt sich i m S ü d e n, die von uns vor Tagen angekündigte Operation des Ras Nasibu, bezw. seines Stabschefs, des Türken W e h i b P äs cha, gegen die rechte F l a n k e G r a z i a n i s. In kleinen Plänklertruppen dringen die Abessinier in den Ogaden vor,'heben die Vorposten Grazianis aus und dröseln sein^rechte Flanke systematisch auf, so daß er mindestens zu einer umständlichen Krästeverschie- bung hinter seiner 700 Kilometer langen Front genötigt sein wird..
Die Karte flizziert die ungefähre Situation, v ö r dem italienischen Sieg bei Enderta.
Sie kehrten reisiger wieder I Wenn wir in den letzten Jahren nach manchem schweren Schlag gegen die Arbeiterklasse und gegen die sozialisttsche Idee den Gegnern in ihrem lärmenden Triumph unseren alten Schwur„Trotz alledem!" entgegenhielten, wenn wir Freiligraths mutigen Fanfare von 1849 zitterten:„Bald reck' ich mich rasselnd in die Höh', bald kehr' ich reisiger wieder.. dann mochten die Sieger wohl meinen, es sei nur noch das Wort, das in uns lebt, die Tat aber werde auf sich warten lassen, denn sie meinten ja mit Kartätschen und Galgen, Konzentrationslagern und Standgerichten das unfehlbare Mittel zur Ueberwindung des Marxismus gefunden zu haben. Unterdessen haben manche Ereignisse der jüngsten Zeit das Gegenteil bewiesen. Nie aber hat sich seit den blutigen Schlägen der Konterrevolution die Wiederkehr der Vernunft, des Freiheitswillens, der gerechten Sache so herrlich manifestiert wie in diesen spanischen Wahlen, die nicht nur die blutigen Träume des Herrn Gil Nobles bedrohen, sondern der Reaktion in ganz Europaei nM em em to bedeuten. Vor nicht ganz eineinhalb Jahren hat die spanische Reaktion zum Schlage gegen die Demokratie, gegen den Sozialismus, gegen die Bauern und Arbeiter, zugleich auch gegen die nationalen Minderheiten ausgeholt. Barcewna wurde' on den schweren Geschützen der konterrevolutionären Armee beschossen, in Asturien wütete die Fremdenlegion, die ganze Bergwerke in Trümmer legte.dir Arbiter samt ihrdn Frauen reihenweise an dir Wand stellte und füsilierte, vor Kindermord nicht Halt machte, untz za all dem steuerte die reaktio- näre Weltpresse eine Begleitmusik von Greuelmär- chen bei, die jede Bluttat der Reaktion nur als.„gerechte Sühne roter Ausschreitungen" hinstcllte. Gil Nobles, der Führer der jesuitischei „Bolksaktion", glaubte sein Spiel gewonnen. Immer enger gestaltete sichfein Bündnis mit den Monarchisten, mit den kirchlichen und adeligen Großgrundbesitzern, immer frecher wurden sein: Forderungen. Die bürgerlichen Republikaner kapitulierten zum großen Teil vor den auftrumpfen- den Faschisten. Man warf den Jesuiten und den Grundherren Millionen in den Rachen, man baute die Errungenschaften der Revolutton im Eiltempo ab und als die bürgerliche Mitte des Herrn 2er- roux durch Korruptionsgeschichten bloßgestellt wurde, glaubte Gil Nobles freie Bahn zu haben. In diesem Augenblick durchkreuzte Alcala Za- m o r r a, der Präsident der Republik, em ehl- licher, wahrheitsliebender und gerechter Mann, kein Präsident aus dem Holz derer, die den Eid auf die Verfassung für einen Kasinowitz nehmen, die Pläne der Faschisten und Monarchisten. Za- morra berief ein Kabinett,, das die Durchführung anständiger Wahlen sicherzustellen schien und<?. löste die Cortes auf, die dem Volkswillen nicht mehr entsprachen. Gegen den Präsidenten und die Regierung führte GilRobleS nun den Kampf. Beiden drohte er mit einem hochnotpeinlichen Gerichtsverfahren durch die neuen Cortes. So sicher war er seiner Sache, daß er der Staatsgewalt bereits die Rach- der siegreichen» der endgültig siegreichen Reaktion prophezeite. Der Wahlkampf war ein ungleiches Ringen. Mit ungeheurem finanziellen Aufwand suchte die Recht« auf die ländlichen Wähler und die Frauen einzuwirken. Alle Berichte aus Spanien betonten, daß von einer Propaganda der Linken im Straßenhild eigentlich nichts zu sehen sei, daß die„Volksaktiou" Gil Nobles' gemästet mit den Geldern Her Latifundieubefitzrr, dee Jesuiten , der Bankiers und'der Grubrnbarone von Asturien , das Feld beherrsche. U n d n u n d o ch d i es er S i e gf Triumphiert hat, die gerechte Sache, triumphiert hat der Freiheitswillen der Arbeiter uud Bauern, triumphiert hat aber auch di« Disziplin der Linken, die alte Zwistigkeiten begraben hatte und der sich diesmal auch die Syndikalisten einordneten, deren Wahlenthaltung seinerzeit dir Niederlage verursacht hatte. Es war. eine w i r k- liche Kampfeinheit der Linken, keme „Einheitsfront", dazu bestimmt, daß verantwortungslose Lizitationspolitiker andern die Verantwortung überlassen und sie dabei demagogisch im Rücken anfallcn. Die K o m m u n i st e n haben- in > der Volksfront und im Wahlkampf so gut wie