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»Sozialdemokrat"
Dienstag, 18. Feber 1936 Nr. 11
. Skelett mit Medaillen. Gestern. vormittag- wurde, beinr Herrichten eines Linderspielplatzes in ,Koschixsch in der Tiefe von etwa einem Meter ein mälmliches Skelett gefmrden. Seine Hände uns Firste waren mit großen Steinen beschwert und neben, dqm.Kopf lag ein Medaillon mit dem Bildnis des bl. Franziskus von Assisi  . Das Gerippe wurde nach Besichtigung durch den Polizeiarzt, der feststellte, daß es etwa 12V Jahre in der Erde gelegen war, zur Bestattung freigegeben. Der Kellner Erlebach, dessen Abenteuer Freitag gemeldet worden war er war angeblich von einem Unbekannten angeschoffen und beraubt worde^ Hai nch, wie anzunehmen war, selbst angeschossen. D-: 3500 Kd, die er bei sich gehabt hatte, waren de- fraudiert. Filmoperateur vom Strom getötet. Im Film­atelier Grofofilm in Prag   II, Jäista Nr. 1, arbe.- txte gestern vormittags um 11 Uhr der 20jährige Jilmoperateur Ottokar Prochäzka aus Smichov   an der Reparatur derTonfiltnapparatur, als er vom 220 Bolt starken elektrischen Strom erfaßt, tot zusam- yrenbrach. Die Leiche wurde nach polizeiärztlich n Besichtigung ins Institut für gerichtliche Medizin ai der deutschen Universität gebracht. Büberei. Sonntag abends erschien der Parkett- Wichser Karl Prochäzka aus Prag  , Smeikagasse, auf her Polizeidirektion und gab an, daß ihm ein unbe» kqnnter Täter mit dem Projektil einer Sechs-Mill- meter-Flobertpistole zwei Fensterscheiben in der Wohnung zerschossen habe. Der Schutz, der von der Straße her abgefeuert worden war, habe Prochäzka am Kopf gestreift, aber nicht verletzt.
Jutftst und Mssew Präser Konzertsaal ..In den Prager   Konzertsälen herrscht wieder einmal sehr lebhafter Betrieb. Was beweist, daß sich weder die Konzertunternehmer noch die Konzert­künstler selbst durch die geringe Anteilnahme des Publikums an ihren Veranstaltungen abschrecken lassen.. Verhältnismäßig großem Interesse begeg­nen nur die Konzerte der Prager Tschechischen Philharmonie. Diese hat Heuer einen großen Mahler-Zh.klus ins Werk gesetzt, der sich der besonderen Teilnahme des Publikums erfreut. Im dritten dieser Mahler-Abende dirigierte K. B. Jiräk die sechste oder tragische Symphonie des großen sudetendeutschen   Meisters, im vierten Alex­ ander Zemlinsky   die..Neunte", dieses welt­ferne, so. ganz den Mahlerschen Sinn von der Ver-
gängksthkeit des Irdischen und der Hoffnung auf das Ueberirdische offenbarende, groß angelegte sympho­nische Genmlde. Beim Vergleich der reproduktiven Kunst dieser beiden Konzerte zeigte es sich deutlich, wie sehr Zemlinsky   gerade als Mahler-Dingen; Autorität ist. Ohne di« Verdienste Jiräks schmälern zu wollen, der an Mahlers Musik mit aller Sorg­falt und Liebe des echten Musikers herantritt und ihr Klangbild überzeugend ausbaut; aber bei Zem­ linsky   kommt zur peinlichsten Sorgfalt- und Gründ­lichkeit der Wiedergabe ihre unerhörte Verinner­lichung, ihre ekstatische Gefühlsstärke und zur wirk­lichen Offenbarung werdende Ausdruckstiefe. Beide Dirigenten leiteten ihre Mahler-Wende mit klas­sischer Musik«in; K. B. Jiräk mit der köstlichen Symphonie in D-Dur von Joseph Haydn  , die wegen ihres rhythmisch originellen Andante-Satzes den Na­menUhren"-Symphonie trägt, Zemlinsky   mit W. A. MozartsFigaro"-Ouvertüre und desselben Meisters entzückend leichtbeschwingtem, Klavier­konzert in A-Dur, das die Pariser Pianistin Germaine Leroux mit klarer Technik und delikatem Anschlag spielte. Ein sehr interessantes Kam­mermusik-Konzert hatte im Rahmen eines vom tschechoslowakisch-rumänischen Institut veran­stalteten Zyklus zeitgenössischer rumani­sch e r M u s i k die Musiksekttvn des Prager Tschechi­schen Kunswereins(Hudebni Matice llmelecke Be- sedy) in Szene gesetzt. Die Werke der zeitgenössischen rumänischen Koniponisten, die man bei diesem Kon­zerte hörte, zeigten die moderne rumänische Tonkunst im Lichte einer gemäßigt modernen Musikrichtung, die sich auf formale Strenge sticht und teilweise auch von den Elementen der Nationalmusik be­einflußt ist. Zur Aufführung gelangten: Ein drei- sätziges Streichquartett von M. I o r a, ein Trio für Violine, Viola   und Cello chon Mihalovici  , eine Sonatine für Klavier von M. N e g r e a, eine Sonatine für Flöte, und Klavier von S. G o- l e st a n und rumänische National- und Volks­lieder in der Bearbeitung von Sabin V. Dragoi. Die künstlerischen Mittler des Konzertes waren: Das Prager   Quartett der Herren Schwcyda, Ber­ger, Cerny und Veötomov, der Flötist Hertl, die Sängerin Pixova und der Pianist Sole. Daß die Klavierkonzerte de- genwärtig in den Prager   Konzertsälen vorherr­schend sind, bewiesen die mehr oder weniger künst­lerisch bedeutenden Klavierabende der Pianisten H. W. Süßkind(eines hochbegabten jungen Prager  Künstlers), Prof. Josef Wagner(eines mehrfach preisgekrönten Pianisten), Clifford Curzon   und der jungen französischen   Pianistin Lucienne D e l- forge. Schließlich ist diesmal noch zweier wertvoller Schülerkonzerte zu gedenken, die das fleißige Prager   Ts chechisch«Staats- konservatorium für Musik veranstaltet hatte; eines Klavierabends der Meisterschülerinnen
und Meisterschüler Prof. Wilhelm Kurz' und eines öffentlichen Musikabends verschiedener Instrumen­talisten. E. I.  Arbeitervorslcllimg." Guter Besuch und fröh­liche, fast übermütige Stimmung zeichneten die Ar­beitervorstellung am 16..Feber aus. Shakespeare-ec- wies sich als rechter Sorgenbrecher, als der unsterb­liche Zauberer, der so heitere Freude schenken kann, wie er zu erschüttern vermag, und wie in den erfreu­lich vielen allgemeinen Vorstellungen, dieWas i h r w o l l t" boten, weckte das lustige Spiel auch in der Arbeitervorstellung rechtes Ergötzen, schuf es jene behaglich-frohe Stimmung, die frei ist von jedem un­angenehmen Untert n, die keinen bösen Nachklang zurückläßt. Es gab viel Beifall, auch bei offener -Szene, und nach manchem auch heute zeitgemäß wir­kenden Wort. Die Darsteller waren dieselben wie bei den bisherigen Aufführungen, so daß ihre Lei­stungen nicht mehr besonders gewürdigt werden müs­sen und nur gesagt zu werden braucht, daß de?Loer- auS herzliche Beifall ebenso wie dem lieben anmutig­fröhlichen Werk Shakespeares auch ihnen galt fb Neunte Arbeitervorstellnng Sonntag, den 1. März, im Neuen Deutschen Theater: Katharina Ismailowa(Lady Macbeth in der Kleinstadt,. Oper in vier Akten und neun Szenen von Dimitri Schostatowitsch. Der allgemeine Vorverkauf beginn, Donnerstag, den 20. Feber, bei Optiker Deutsch. Graben, Koruna.* Wochenspielplan des Neuen Deutsche». Thea­ters. Heute, Dienstag, abends halb 8 Uhr: Ein Verbrechen, A 2. Mittwoch 7%: Der heiligeAntonius, BI. Donnerstag 7 KatharinaJssmailowa C 2. Freitag 7>/i:Unentschuldigte Stunde, D 2. Samstag Der Freis chü tz. neu­inszeniert, B 2. Sonntag 2'/i: Unentschul­digte Stunde, 7%: Der heilige Anto­ni u S. D 1. Wochenspielplan der Kleinen Bühne. Heute, Dienstags, abends 8 Uhr: Christian. Mittwoch 7%: Der goldene Kranz, Erstauf­führung, Gastspiel P. Kramer-Glöckner. Don­nerstag 8: Was Ihr wollt. Freitag 8: Christia n. Theatergemeinde des Kulturverbandes und" freier Verkauf. Samstag 8: Der gol­dene Kranz. Gastspiel Kramer-Glöckner. Sonntag 3: Christian. 8: Der goldene Kranz.
Der Ole Jugendsünde Ein tschechischer Avantgavdefilm, aber kein snobistischer, sondern ganz im Gegenteil ein einfach natürlicher, der sich in eine Wald- und Wiesenland­schaft verliebt hat, in eine Mühle am rauschenden
Bach und ein sommerliches Gartenhaus, in dem eine Sludentenschar ihr« Feiertage vorbringt. Ein Film aus Brünn  , wo es man möchte fast sagen: zum Glück keine Filmateliers gibt und wo man dcs- hall> in die Natur hinausgehen muß, wenn man Szenerien für lebende Bilder braucht. Der Regisseur Ales Podhorsky(vom Brünner Natumaltheater) hat mit dem Kameramann Josef Buzek stille und stim­mungsvolle, sonnige und heilere Szenen ausgenom­men, eine verfilmte Pastoral«, die mehr Eindruck macht als alle Kulissenherrlichkeiten, die uns, der tschechische Film bisher geboten hat. Nur einen, allerdings argen Fehler hat(wenq man von den Niängeln der Synchronisierung ab­sieht) das so glürlich begonnene Werk: es hat ein« HanAung von einer Müllerstochter, einem schurki­schen Verführer und einem schüchternen, aber"treuen Verehrer, der sich mit der verführten Müllerstochter am Ende verlobt, eine Handlung, die in ihrer primitiven Kontrastierung, ihrer billigen Moral und ihrer unfreiwilligen Komik den guten Eindruck des Film beinahe zerstört und ibn zu seinem Schaden dem. Verdacht aussetzt, ein Beitrag zur heutigen Jugend­problematik sein zu wollen. Die Hauptrollen spielen die in natürlicher Um­gebung besonders reizvoll wirkende Hana Vitovä, der Vater-Darsteller Valentin Sindler, der jugendliche Otto Ballon und der Bonvivant Viktor Ostry, der hier den Verführer mimt.eis
Oer Tod auf Urlaub In einem Bühnenwerk von Albert Canel, das diesem Hollywood  -Film zur Vorlage diente, tritt der Tod persönlich auf, ein origineller Einfall ohne Frage. Daß der Tod drei Tage Urlaub genommen hat, ist auch kein schlechter Einfall und es hätte sich manches daraus entwickeln lassen, wenn man etwa gezeigt hätte, wie schäbig die Machthaber dieser Erde dastäuden, wenn sie drei Tage lang ohite Todes-" drohung auskommen müßten. Hier aber, in dem verfilmten Bühnenstück, wird nur von derUeber- füllung" gesprochen, die bei einem Dauer-Urlaub des Todes eintreten würde, und im übrigen werden uns die wehleidigen" und romantischen Gefühle des Todes vorgeführt, der sich an der italienischen Riviera und in der Maske eines exotischen Operet­tenprinzen erst ins Leben und dann in eine junge Aristokratin verliebt, die ihm schließlich ins Schat­tenreich folgt, woraus gefolgert wird, daß die Liebe ebenso stark wie der Tod sei. Es wird überhaupt viel in Sentenzen gesprochen, aber das einzig Inter­essante bleibt nur die Darstellung der originellen Hauptrolle durch Fredric Morch, der die Allegorie in Uniform und Frack mit einem interessanten Nebeneinander von gespenstischen, melancholischen und noblen Zügen personifiziert.eis
Verlanget überall Volkszünder
Der Direktor unserer Gesellschaft
Herr Dr. Wilhelm Berliner
ist am 17. Februar 1936 den Folgen einer Mittelohrentzündung erlegen. Die Anstalt, der er in beispielloser Treue seit einem Menschenalter diente, jeder einzelne, der ihr ver­bunden ist, verdanken ihm unsagbar viel! Sein Werk war ihm alles! Langem, schweren Leiden trotzend, lebte er, geleitet vom Geiste unbegrenzter Selbstaufopferung, bis zum Tode nur seiner Arbeit. Ein wahrhaft Großer an Geist und Kraft, aber auch an Güte, ist dahingegangen; wer ihn kannte, weiß, was wir verlieren, und wird seiner nicht vergessen. Wir begraben unseren teueren Toten Donnerstag, den 20. Februar, 12 Uhr mittags.
Verwaltungsrat und Direktion der Lehensversicherungsgesellschaft Phönix
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