Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRÜH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .

16. Jahrgang

Geglückte Revolte

Mittwoch, 19. Feber 1936

In Paraguay Gibraltar von Flüchtlingen

in

Buenos Aires . Der Präsident der Republik Paraguay ist nach Ausbruch eines Aufstandes in das Marine- Arsenal und von dort auf ein Kanonenboot geflüchtet.

Die revolutionären Truppen sind nach schweren Kämpfen vollkommen Herren der Lage. Sie haben die Kontrolle des öffentlichen Dienstes übernommen. Präsident Ayala hat seinen Rück­tritt erklärt. Er erhielt seitens der Revolutio­näre volle Garantie für sein Leben und für seine Freiheit.

Fluggeschwader

nehmen die Verfolgung auf

London . Der Kriegsberichterstatter des Reu­ter- Büros meldet: Die Abessinier erklären zwar immer noch, daß sich bei Makalle nur kleinere Zusammenstöße ereignet hätten, doch ist es sicher, daß die Armee des Ras Mulugate eine blutiga Niederlage erlitten hat und daß sich der Kriegs­minister nur schwer in Antalo halten wird, wenn die Italiener ihre Offensive sogleich fortsetzen werden.

Der italienische Bericht meldet: Die Armee des Ras Mulugeta flieht weiterhin in völ­liger Unordnung. Italienische Flugzeuge verfol gen die Fliehenden.

Nach der Schlacht im Enderta- Gebiet war­fen italienische Flugzeuge in bloß zwei Tagen, ut. zwar am 16. und 17. Feber auf die der Flucht befindlichen Truppen Mulughetas über 100 Tons nen Erplosivstoffe ab.

Wie aus Asmara gemeldet wird, haben die Abessinier in der Nacht vom 16. auf den 17. Feber an der Front des ersten italienischen Armeekorps einen Gegenangriff unter­nommen, der jedoch von der italienischen Artil­lerie zurüdgeschlagen wurde.

Leon Blum am Krankenbett einvernommen

Paris . Der Untersuchungsrichter besuchte Montag abends den verletzten Deputierten Léon Yum, um ihn einzuvernehmen und seine Zeu­genschaft protokollarisch niederzulegen. Der Un­tersuchungsrichter blieb zwei Stunden bei dem Verlegten. Die Einvernahme wurde unterbrochen, da Deputierter Blum allzusehr ermüdet war.

Mussolini verhandelt

Der deutsche Botschafter nach Berlin abgereist

Rom . Ministerpräsident Mussolini empfing Dienstag den britischen Botschafter und hatte mit ihm eine längere Unterredung. Am selben Tage empfing Staatssekretär Suvich den deutschen Botschafter von Hassell zu einer Unter­redung. Von Hassel hat sich daraufhin auf eine furze Informationsreise nach Berlin begeben.

Die Rechte gibt das Spiel verloren

Madrid . Die Linkspreffe meldet, daß eine ganze Reihe von politisch exponierten Persönlich keiten der Rechten, die seit dem Oktoberaufstand des Jahres 1934 eine hervorragende Rolle spiel­

Caballero

der Führer der spanischen Sozialisten

ten, über die Grenze gegangen sind. So ist u. a. der ehemalige radikale Innenminister Vaguero, der den Oktoberaufstand nieder­schlug, in Gibraltar eingetroffen. Dort befinden sich bereits gegen hundert kompromittierte Ber­sönlichkeiten der Rechten aus Sevilla , Malaga , Xeres und Cadiz . Andere sind nach Portugal gegangen. Die Hotels von Gibraltar sind bis auf den letzten Platz besetzt, den ganzen Tag laufen hunderte telephonischer Anfragen nach weiteren Hotelzimmern ein.

Die Linksmehrheit gesichert

Die amtliche Zuteilung der Mandate ist noch nicht erfolgt. Der Ministerpräsident Balla­dares teilt mit, daß an einigen Orten die Wahl wiederholt werden müsse und daher das end­gültige Wahlergebnis nicht vor Donnerstag be= fannt sein wird. Das Sekretariat der Republi­fanischen Linken behauptet, daß die Linksparteien im neuen Parlament 274 Mandate gesichert haben, andere Schätzungen sprechen von 251. Selbst der spanische Innenminister, der sich bisher äußerste Reserve auferlegt hat, gibt jedoch zu, daß die Linke die absolute Mehrheit haben wird. Die Aufteilung der Mandate unter

Neuer Landesleiter wird nicht mehr geduldet

Die Schweiz gegen NSDAP - Propaganda

Bern . Der Bundesrat hat auf Grund eines Berichtes der Bundesanwaltschaft über die Tätigkeit nationalsozialistischer Organisationen in der Schweiz und auf Antrag des Justiz- und Polizeidepartements beschlossen, eine Landesleitung und Kreisleitungen der NSDAP in der Schweiz in irgendeiner Form fünftig nicht mehr zuzulassen.

Die grundsätzliche Frage der weiteren Zulassung von ausländischen politischen Vereini­gungen in der Schweiz wurde dem Justiz- und Polizeidepartement in Verbindung mit dem po= litischen Departement zur Prüfung und Berichterstattung überwiesen.

der

überfüllt

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

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Nr. 42

Wannenmacher trauert

Der Sieg der spanischen Linken ist so durch­schlagend, daß sogar die sudetendeutsche Proving presse, zu deren stolzer Tradition es gehört, sozia­listische Erfolge geschickt zu verkleinern, diesmal

die einzelnen Gruppen der Linksfront ist bisher den Ruck nach Links, der in dem einst zu den rück­ständigsten Ländern gehörenden Spanien erfolgt nicht bekannt. ist, zugeben muß. Auch die„ Deutsche Presse", welcher die Kunde von der Niederlage des Katho­lifenführers Gil Robles sehr unangenehm in die Ohren geklungen haben mag, berichtet,„ daß die linte Voltsfront nicht unbedeutende Erfolge er­rungen hat", wenn sich auch das christlichsoziale Blatt damit tröstet, daß ein Experiment mit der äußersten Linfen nicht erfolgen wird.

Man nimmt an, daß der bisherige Minister präsident Valladares spätestens Freitag zurück­treten und dem Führer der Sozialisten Az ant a Platz machen wird. Die Auslandskorresponden­ten schreiben den großen Erfolg der Linken zum großen Teil dem Umstand zu, daß die Anarchisten und die Mitglieder des Allgewerkschaftsverbandes der Arbeit, die sich ursprünglich der Abstimmung enthalten wollten, massenweise für die Linksfront gestimmt haben.

Ministerpräsident Vallarades teilte der Presse mit, daß im ganzen Lande Ruhe herrsche. Nur an einigen Orten hätten politische Ansamm lungen stattgefunden, die aber von der Polizei mühelos aufgelöst werden konnten. In Valen cia hätten die Gefangenen rebelliert, sie seien aber mit Hilfe von Polizeikräften wieder zur Ordnung gebracht worden. In Alicante habe die Menge ein Lepra- Hospital gestürmt und die Ausjäßigen freigelassen.

Aus zuverlässiger Quelle verlautbart, daß bei der Gefangenenrevolte in Valencia ein Po­

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Gil Robles Who

der Führer der spanischen Rechten lizeioffizier getötet und mehrere Personen ver­letzt wurden. Auch bei einer Revolte im Gefäng­nis von Cartagena , wo die Gefangenen bei dem Bekanntwerden des Wahlergebnisses ihre Freilassung forderten, gab es einen Toten und mehrere Verlezte. Der Aufruhr wurde auch hier unterdrückt.

stiert dagegen, daß man der Schweiz eine Mit­schuld an dem Mord anhänge; sie antwortet viel­mehr, daß der Schweizer Boden nur rein zu fällig der Schauplatz der Mordtat geworden sei, daß aber die Ursachen hiezu in Deutschland selbst geschaffen worden seien; dabei wird namentlich auf die lange Reihe von Morden an Feinden des Hitlersystems und auf den 30. Juni verwiesen.

Das Organ der freisinnigen Partei ,, Der Bund " schreibt zu dem Beschluß

Nur ein Blatt macht angesichts des soziali= stischen Wahlsieges krampfhaft beide Augen zu: das Organ des ehemaligen Börsenredakteurs Wanenmacher, zugleich Hauptorgan der ,, einden­tig sozialen" Sudetendeutschen Partei ,„ Die Beit". Sie sucht über den unangenehmen Tag hinwegzukommen und spendet ihren Lesern Trost, indem sie ihnen dreispaltig erzählt, daß, 150.000 beim letzten Olympia- Lauf" waren und ihnen dazu als köstliche Delikatesse das Bild des„ Füh­rers"( nicht des Stammes, sondern des obersten Führers) serviert und dazu allen, die an Hen­ lein glauben, die frohe Botschaft bringt, daiz Tokio Gott sei Dank, daß es noch die gelbe Rasse gibt Verhandlungen ablehnt und„ Lit­winows Reisewunsch brüst zurückgewiesen" wurde. Während also Henlein nach München ge­fahren ist, fährt Litwinow nicht nach Tokio , was wieder die Hoffnungen der Wotangläubigen höhersteigen lassen wird. Auch im Zeitaufsatz fin­det man lein Wort über die interessanteste und wichtigste Meldung des Tages, sondern aus Vers zweiflung hat die auf der Prager Effektenbörse geschulte Redaktionsleitung der Zeit" einen Ara tikel über die friedliebenden Absichten Deutsch = lands veröffentlicht. Lebhaft wird darüber ge­flagt, daß einer Welt, die, aus dem Kriege geboren, zum Kriege steuert und ständig nach einem Verantwortlichen sucht, dem sie die Schuld am eigenen schlechten Gewissen zuschieben könnte. ... eine flare und friedliebende Neutralität, wie die des Deutschen Reiches, unverständlich sein" müsse. So muß man also lange Zeit in der " Zeit" suchen, bevor man findet ja was denn? Daß in Spanien Alarmzustand ist und nur im Untertitel zu dieser Meldung wurde der Wahl­sieg der Linksparteien vermerkt. Dabei ist in dem Bericht fett und breit gedruckt, daß die Börse geschlossen wurde! Das hat den Herrn Wannenmacher an den Nachrichten aus Spanien am meisten getränkt. Die verfluchten Marristen, die einen solchen Wahlsieg errungen haben, daß sogar die Börse geschlossen wird! Dieses Interesse des Hauptblattes der Sudetendeutschen Partei für die Madrider Börse läßt uns einen tieferen Blick in die Brust der Henleinjünglinge in Prag tun als alle bisherigen Reden des Stammesführers oder wie die Abessinier sagen Raz- Konrad Henlein .

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Den Preis aber in der Information des sudetendeutschen Bürgertums muß jeder Inbors eingenommene der„ Bohemia" zuerkennen. Sie hat Donnerstag einen Artikel ihres spanischen Fachmannes Dr. F. Wahl gebracht, in welchem fie auseinandersetzt, daß in keinem spanischen Wahl­kampf so viel Geld ausgegeben wurde, wie dies­mal natürlich von jenen Kreisen, die über die nötigen Mittel verfügen, und das sind im allge= meinen die offenen oder heimlichen Gegner der Republik ". Dazu kommt noch, daß die Sozialisten in mehrere feindliche Gruppen zerrissen" sind, was die größte Schwäche der Linksfront" ist. So seien also die Aussichten Gil Robles günstige und der Artikel schließt mit der Fragestellung Aussichten hat, König von Spanien zu werden!

wer

des Bundesrates u. a.: Wenn der Bundesrat sich entschlossen hat, Die Wünsche, die der spanische Berichterstats die Leitungen der NSDAP . zu verbieten, so ist ter der ,, Bohemia" geäußert hat, sind für das der Ursprung für diese Maßnahme darin zu Denten gewisser Kreise unserer Landsleute ebenso Der Bundesrat beschloß ferner u. a. tie| Studentenorganisationen wenden. Schließlich suchen, daß der Mord in Davos und die nach charakteristisch wie der Versuch der Zeit" einfach Bundesrat die Schaffung von folgenden Ereignisse, wie namentlich der offi- nicht zu sehen, was in Spanien vorgeht. Aber der Ausweisung eines Studenten wegen verdächtiger lehnte Beziehungen zu einer deutschen Polizeibehörde. Wirtschaftsstellen der NSDAP tit gielle Charakter der Trauerfeier spanische Linkssieg ist doch so ausgiebig, daß er deutlich erkennen ließen, daß dem Landesleiter auch in den fudetendeutschen Städten und Dör­Er ordnete ferner verschiedene Maßnahmen( Ver- der Schweiz ab. warnung, Entzug der Aufenthaltsbewilligung, Diese Maßnahmen sind zum großen Teil von Deutschland aus eine ganz andere fern ein Echo finden wird. Er ist eine Warnung Grenzsperre) gegen mehrere Deutsche und einen wohl auf die entschlossene Haltung zurückzufüh- Bedeutung gegeben worden ist, als man auch für die sudetendeutsche Reaktion und eine Der Hoffnung der sudetendeutschen Linken. Aus einem Desterreicher an und stellte besondere Verhal- ren, die die Schweizer Presse nach dem in der Schiveiz hatte annehmen können. tungsmaßnahmen für die deutsche Stu Mord an Gustloff gegen das Uebergreifen reichs- Bundesrat ist der Auffassung, daß neben den offi- Befuch Konrad Henleins beim spanischen König dentenschaft in der Schweiz auf, deutscher Agitations- und Organisationsformen ziellen Stellen des Deutschen Reiches in der wird in der nächsten Zeit wohl nichts werden. Gesandtschaft und Konsulate Es wird nichts anderes übrig bleiben, als die sich insbesondere gegen einen an deutsche Stu- auf Schweizer Boden eingenommen hat. Die Schweiz denten verteilten Fragebogen und gegen die Mit- Presse weist scharf die Vorwürfe der reichsdents teine inoffiziellen Stellen zu dulden sind, denen daß die sudetendeutschen Arbeiter mit Herrn wirkung von Nichtstudenten an der Leitung der fchen gleichgeschalteten Breise zurück und prote- gewissermaßen öffentliche Funktionen zutommen. Stonrad spanisch reden.

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