Einzelpreis 70 Heller (eintchliaBlich S Haller Porto) DER^DEUTTCH^H^OZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN PER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRÜH. Redaktion und Verwaltung präg xii., fochova a. Telefon 0077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. VERANTWORTLICHER REDAKTEURi DR. EMIL STRAUSS, PRAG . 16. Zohrgang Samstag, 22. Feber 1936 Nr. 45 120.000 dänische Arbeiter ausgesperrt Kopenhagen . Nachdem die Schlich- tungsinstanb die weiteren Bemühungen um die Beilegung des Arbeitskonfliktes in einer ganzen Reihe dänischer Industrien als aussichtslos aufgrgeben hatte, beschäftigte sich die Regierung am Freitag in einer Sitzung mit der dadurch entstandene» Lage. Rach der Sitzung erklärte Staatsministrr Staun in g, daß die Regierung vorläufig keine Schritte zu, unternehmen gedenke. Er gab weiter! seinem Erstaunen über die Ablehnung von! Erhöhungen einer Reihe sehr niedriger Lohnsätze seitens der Unternehmer Ausdruck und äußerte die Hoffnung, daß sich bald die Urberzeugung Bahn brechen möge, wie schädlich dieser Kampf sei,! dessen Ausbruch nun« n v.e r m e id l i ch fei. Die Aussperrung, die am Samstag abends! mit Arbeitsschluß in Kraft tritt, umfaßt etwa! 120.000 Mann, und zwar die Arbeiter der! Eisen-, Holz- und Textilindustrie, Maurer , Tischler, Maler, Zimmerleute, Schuhmacher, Tape- zirrer, Sattler und eine lange Reihe anderer Arbeiter. Amnestiegesetz Im Rundfunk angekdndlgt Madrid . Die Regierungsstellen haben durch Rundfunk brkanntgegeben, daß dem Präsidenten der Republik Freitag ein Dekret nnter- breitet werden wird, in welchem eine A m n e- fti» für politische Delikte erlassen sowie die Freilassung der Mitglieder der bas kischen Gemeinderäte verfügt werden soll. Für Freitag und Samstag wurde der ständige Ausschuß der Cortes einberufen, um zu diesem Entwurf Stellung zu nehmen. Hierauf wird die Regierung dem Parlamente eine Reihe von Anträgen zur Borlage' bringen, die sich auf die Agrarreform be-! ziehen. Um mit der Durchführung des Program-1 mrs beginnen zu können, daS die Linksfront vor j den Wahlen verkündet hat, wurden die einzelnen Ministerien angewiesen, dem Kabinette eine Reihe entsprechend ausgearbriteter Gesetzentwürfe vorzulegen. Madrid . Der ständige Ausschuß der Cortes hat den Amnestie-Entwurf der Regierung angenommen. Man rechnet damit, daß die Häftlinge im Laufe des Sonntags auf freien Fuß gesetzt werden. Um deinen preis Habsburger- Pari-. Die mitteleuropäischen Problem« befinden sich neuerlich im Vordergründe des internationalen politischen Interesses, wie die di« Florenzer Zusammenkunft des österreichischen Außenministers Berger-Waldenegg mit S« v i ch, die Reise des Generals Göring nach Polen , die neue Annäherung zwischen Italien und Deutschland und di« Belgrader Reise Dr. Hodjas beweise». „Petit Parisien" veröffentlicht Donnerstag aus Belgrad einen Artikel seines diplomatischen Korrespondenten Bourguese„Wie Belgrad auf das Tonauproblem blickt". Der Artikel kommt zu dem Schluß, daß der Standpunft der Belgrader Regierung vorläufig ein z u r ii ck h a l t e n d e r sei une sich erst nach den Unterredungen Dr. HodHas nut dem Prinzregenten Paul und mit dem Ministerpräsident und Außenminister Dr. Stojadino- b i c klar abzeichnen dürste. Die Rückkehr der Habsburger auf den Thron würde Jugoslawien als Bedrohung des Friedens ansehm. Der Korrespondent schildert den elementaren»nd entschiedenen Widerstand Jugoslawiens gegen dir Rückkehr der Habsburger auf den Thron. Jugoslawien sei überzeugt, daß di« Rückkehr der Habsburger unmittelbar Revision und daher Krieg zur Folg« haben würde. Jugosiawien sei weiter überzeugt, daß die Habsburger statt einer Verhinderung des Anschlusses im Gegenteil sehr bald zu einem Wiederaufleben d eu: gemeinsamen Aktion kommen würde», di« früher Berlin mit Wien «nd Budapest aneinanderknüpftcn. Restauration Deshalb beabsichtige Jugoslawien nicht, sich nur mit vorläufigen Versprechungen in dieser Sache zufrieden zu geben und hält sogar gewissen politischen Kreisen Frankreichs vor, daß sie gegenüber den Plänen Otto Habsburgs„eine an Gun st grenzende Nachgiebigkeit" an den Tag legen. Dr. Hodia nach Belgrad abgereist Prag . Der Vorsitzende der Regierung und Minister für Auswärtige Angelegenheiten Dr. H o d Z a reiste Freitag m Begleitung des jugo- slawischen Gesandten P r o t i L zu einem offiziellen Besuch nach Belgrad ab. Im Salon des Masaryk -Bahnhofes hatten sich vor der Abfahrt des Balkan -Schnellzuges, an welchen ein Salonwagen angekoppelt wurde, zahlreiche Persönlichkeiten zur Verabschiedung eingefunden, darunter Gesandter Dr. K r o f t a, Sektionschef Bartos, Gesandter Dr. Wellner und das Personal der jugoslawischen Gesandtschaft mit Legattonsrat Dr. Bojiä und dem Militärattache Oberst BoZanoviä an der Spitze. *■» Budapest . Amtlich- wird gemeldet: Der Schnellzug, mit dem Ministerpräsident Dr. Hodzä in Budapest eintreffen sollte» wivd erst mit einer Verspätung von 42 Minuten eintreffen. In der Grenzstation Eop führ knapp vor Ankunft des Schnellzuges des Ministerpräsidenten ein Personenzug' in eine Zugsgarnitur, wobei zwei Waggons entgleisten. Der Schnellzug, in dem Ministerpräsident Dr. Hodja fuhr, mußte infolgedessen umgeleitet werden. Vie Kinderhilfsaktion des Gesundheitsministeriums 5000 bis 8000 gefährdete Kinder auf mindestens sechs Wochen in Erholungsheime « In zahlreichen spanischen Provinzen kam es am Donnerstag zu schweren Ausschreitungen gegen Angehörige der Rechtsparteien, deren Parteibüros und Versammlungslokale, ferner gegen Kirchen und Klöster. In verschiedenen Städten brachen die Gefangenen aus. Bei Amnestiekundgebungen fanden schwere Zusammenstöße zwischen Polizei und Linksradikalen statt, die insgesamt bisher fünf Tote und 31 zum Teil schwer Verletzte forderten. In Ferrol , Huelva , Malaga und anderen Orten wurden die Parteihäuser der Katholischen Bolkspartei und der Faschistischen Partei, ferner die nattonalen Versammlungslokale und ein theologisches Seminar gestürmt und in Brand gesteckt. Der Stadtrat von Madrid hat bekanntgegeben, daß die nach der Oktoberrevolution des Jahres 1934 entlassenen städtischen Angestellten wieder in die Dienste der Stadt ausgenommen werden. Die an ihrer Stelle seinerzeit aufgenommenen'Angestellten werden entlassen werden. Britische Kredite kür Abessinien? London . Wie verlautet, hegt man in britt- schen Kreisen die Absicht, beim Völkerbund die Wozu? Berlin . Der Oberbefehlshaber des Heeres hat eine Anordnung erlassen, derzufolge die Diensfftelle des Oberbefehlshabers des Heeres mit sofortiger Wirkung die neue Bezeichnung „Oberkommando des Heeres " führt. Prag . Schon am 28. November des Bor - : jahres hatte Gesundheitsminister Genosse Dr. ! C z e ch im Gesundheitsausschutz des Abgeordnetenhauses eine Hilfsaktion für die Kinder von Arbeitslosen in Aussicht gestellt, um dr» Gesundheitszustand der besonders gefährdeten(aber nicht kranken) Kinder durch Zufuhr ausreichender ! Nahrung«nd guter Lust und vor allem durch j gute Unterkunft zu heben. Nunmehr hat Genosse Dr. Czech sein Versprechen eingelöst. Die angekündigte Aktion wird nach der bereits erfolgten Sicherstellung der finanziellen Mittel in den nächsten Wochen zur Durchführung gelangen. Es handelt sich um Arbeitslosenkinder, bei welchen Unterernährung, Entbehrungen und drückende Schmälerung der Lebensbedingungen sich in einer Weise äußern, die nicht ohne Einfluß auf ihre Gesundheit und Gesamtentwicklung bleiben kann. In gründlicher Vor- arbett hatte die staatliche Gesundheitsverwaltung in den Nofftandsbezirken besondere sanitäre Erhebungen durchgeführt, die ein äußerst unerfreuliches Bild von dem Gesundheitszustand und der Entwicklung der Kinder in diesen Notstandsgebieten ergaben. Erhärtet wurden diese Feststellungen noch durch die Berichte der Amtsärzte aus diesen Bezirken» welche über erhöhte Krank- hsitsdisposition und.Sterblichkeit an anstecken- ! den Kinderkrankheiten berichteten, die eine Folge der Unterernährung, der schlechten Wohnungsverhältnisse und der Unerfüllbarkeft der fundamentalsten Anforderungen der Hygiene sind. Gestützt auf dieses erschütternde Tatsachenmaterial, wandte sich das Gesundheitsministe- ,.....! rium an den Ministerrat mit dem Antrag, daß Gewährung von Krediten für den Ankauf vm. für die Arbeitslosenkinder aus den Notstandsbe- Lebensmitteln an Abessinien anzuregen, dessen szirken—. besonders dort, wodasEl end a m Arnwe und Bevölkerung an Nahrungsmitteln g r ö ß t e-n.isst— eine außerordentliche Er- Rangel leiden. Abessinien habe selbst nicht die§ holüngsaftion veranstaltet werde, in deren Rah- Mittel, um Lebensmittel anzukaufen.-men einige tausend der am meisten gefährdeten Kinder in geeignete Erholungsheime, Rekonvaleszentenheime, Erholungskolonien und Heimstätten, u. zw. insbesondere soweit sie in der Nähe der Krisengebiete und Industriezentren gelegen sind, gesandt werden sollen. Der Ministerrat stimmte diesem Antrag in seiner Sitzung vom 7. Feber 1936 zu und bewilligte zur Bedeckung dieser Aktion 5 Millionen Kronen, die zur Bekämpfung der Folgen der Arbeitslosigkeit bestimmt sind. Die Aktion wird nach sorgfältiger Auswahl durch Vermittlung der Schul- und der staatlichen Distriktsärzte durchgeführt und es werden die am stärksten gefährd et en Kinder berücksichtigt werden, wie dies bei der Beschränkung der finanziellen Mittel und der großen Zahl von Arbeitslosenkindern«mch nicht anders möglich ist. Die Vorbereitungen zur Realisierung dieser Aktion sind in vollem Gange. Der zur Verfügung stehende Betrag reicht auS, um etwa 5000 bis 8000 Kinder auf mindestens sechs Wo ch« n hindurch in den erwähnten Erholungsheimen unterzubringen und entsprechend z« verpflegen. Auch die Jugendlichen einbezogen Wie wir erfahren, bereitet das Ministerium im Rahmen dieser Aktion auch noch eine besondere Mion für die vom Krisennotstand sozial und ge- sundheitlich besonders hart mitgenommenen Jugendlichen vor, die ebenfalls in einigen ausschließlich für diesen Zweck bestimmten. Heimstätten erfolgen soll. Auch hier soll ein Mindeftauf- enthalt von sechs Wochen gesichert werden, um eine entsprechende Kräftigung der in die Aktion einbezogenen Personen zu ermöglichen. Der spanische ML Von unserem Madrider Berichterstatter Am Vorabend der spanischen Wahlen hatte die Linksfront ihre Anhänger in das größte Madri der Theater geladen und an das Mikrophon des Rednerpults unzählige Lokale in der Hauptstadt und in allen Provinzen des Landes angeschlossen. Hunderttausende Menschen hörten A z a n a, den Führer der finken Republikaner , Largo Cabal lero und Jofl D i a z, die beiden Köpfe der Arbeiterparteien. Seltsam kontrastierte, die Stimmung der Redner mit der der Massen: die oaren trunken vor Begeisterung, tobten und schrien, ballten die Fäuste und warfen die Arme in die Lust, während ihnen ernste, nachdenkliche Worte zugerufen wurden, schwer von Sorge und bangen Vor-, gefiihls...' In den spanischen Wahlkampf, in den eine Regierung gezogen war, objektiv zwischen rechts und links zu schlichten, trat in letzter Minute eine neue Figur ein: Juan March , Großindustrieller, vielfacher Millionär, einflußreicher Politiker: damit allein ist der Mann nicht charakterisiert. Er ist der Prototyp des spanischen Kapitalisten, dem nichts gilt als die Parole:„Bereichert Euch", der über Leichen geht, kein Mittel scheut und keine Schwierigkeiten kennt, den Schmutz nicht meidet und die Korruptton noch weniger. Er ist kalt und berechnend und zugleich wagemutig und abenteuerlustig. Vaterland, Partei, Religion, Moral—- was kümmert ihn das alles? Sein Vermögen stammt aus riesigen Schmuggelaffären, zu denen willige Funkttonäre stillschwiegen, und Schiebungen mft Staatsvermögen, an denen hohe und.allerhöchste Kreise mitbeteiligt wurden. March-ist de» letzte Pirat des Mittelmeers. Die spanischen Rechten haben den Oktober* aufstand provoziert, und dann, auf die Bajonette der Truppen gestützt, fünfzehn Monate das Land ausgeplündert. Die spanischen Linken haben im Ottoberaufstand ihr Leben gegen den Faschismus in die Waagschale geworfen und Repression und Diktatur in eisernem Widerstand überwunden Dem Präsidenten blieb nichts mehr, als ihnen die Stimme wieder freizugeben. Dafür bedrohten ihn die tödlich getroffenen Rechten mit Staatsstreich und Absetzung. Bon den Linken aber hatte er dir Entmachtung seiner Klasse, das Ende der Feudalherrschaft über Spcksiien zu erwarten. Also sandte er seine Regierung, die Schiedsrichterin der Wahl, mit in den Kampf, links und rechts zugleich zu brechen. March erkannte das Gewagte solchen Beginnens. Tief bis in die Reihen der Mittelflasse ging der Abscheu vor den Faschisten, die das Land geknebelt und die Menschen entwürdigt hatten, di» Ncgerhorden auf Christen losließen, in Blut und Schrecken wateten und in Schmutz und Fäulnis Nicht mehr allein die Arbeiter waren die Unterdrückten: jeder freie Spanier war mit ihnen geknechtet und geknebelt. Die Linksfront der Proletarier und aufrechten Bürger mußte alle Dämme überrennen. Es. galt, sie zu verstärken, dem Einfluß des Kapitals und Großgrundbesitzes, dre Macht der Kirche und der Tradition auch noch die reale Gewalt des Staates zu leihen für dieser, schicksalsentscheidenden Kampf. Die Regierung war bereit. Die Faschisten waren es auch» SI? hatten einen Blankoscheck von March erhalten, m'j dem sie die schwindelnde Summe von acht Millionen Peseten einkassieren konnten, und vom Regierungschef die Zusicherung, er werde auS den Urnen Kandidaten in Ueberfülle für sie heraus- zaubern. Auf 42 Millionen Peseten schwoll der Wahl- fonds der Faschisten. Ein Trommelfeuer von Propaganda konnte sich über das Land ergießen. Centimosweise trugen die Arbeiter ihre Wahlbei- träge zusammen. Pistoleros und deren natürlich« Gegenpoden, die Schutzleute, verhinderten, daß d'e damit erworbenen Plakate geklebt würden. Redner wurden verhaftet, Versammlungen verboten. Wahlschwindel im großen systematisch vorbereitet. Die Regierung war nun offiziell ins Rechtslage! eingeschwenkt. Ihre Kandidaten figurierten in' den Rechtslisten. Ihre Gouverneure hatten die entsprechenden Instruktionen bekommen und bis zum letzten Dorfpofizisten weitergegeben. Da war vorgesehen, die Uhren in den Wahlkollegien vorzustcl- len, um den Landarbeitern, die kilometerweit anmarschiert kommen, ihr Stimmrecht zu raub?», und wer wider Exwarten doch rechtzeittg anlang--n i könne, den sollte die Guardia Civil als„verdäch-
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16 (22.2.1936) 45
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