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Dienstag, 25. Feber 1936
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losen Einfälle die Fassaden verhunzen. Henlein fordert,' daß reichsdeutsche Lehr« hücheran unseren Schulen ohne Einschränkung zugelassen werden, daß unsere Studenten nach Deutschland gehen, um sich dort wissenschaftlich vollwertig ausbilden zu lassen, daß deutsche, aus der Hitserschule hervorgegangene Profefforen hierher berufen werden. Henlein übernimmt von Hitler den Unsinn der„blutsmäßig unverdorbenen" Raffe als Ausgangspunkt der Kulturbetrachteung, er übernimmt von Hitler jene angeblich positive Stellungnahme zum Christentum, die zugleich den Totalitätsanspruch gegenüber allen religiös fundierten Pa r t e l e n bedeutet, er übernimmt den Bannfluch gegen jede übernationale Gesinnung, gegen das gesamte Kultur- und Gesinnungserbe des Liberalismus. Mit der gleichen Entschiedenheit, mit der Henlein sich zu Hitler bekennt, sondert er s i, ch v on d e n T s ch e ch e n. Nichts bleibt als ein kühles Betonen freundlicher Nachbargesinnung, aber jede Möglichkeit einer gemeinsamen kulturellen Zielsetzung, jede Betonung einer Schicksalsgemeinschaft, aus der auch gemeinsame Kultur wachsen könnte, werden peinlich vermieden. Das Sudetendeutschtum, soweit es in der SdP vertreten ist, wird von Henlein in Richtung aufPotsdam in Marsch gesetzt, Es gibt kein deutsches Kulturideal neben dem preußischen, es gibt keine deutsche Kultur vor Hitler und außer Hitlerdeutschland. Wer nicht von Henlein mit einem der absprechenden Worte erledigt werden will, die er für alle Andersdenkenden bereit hält, muß sich in die Kolonnen einreihen, die„Direktion Potsdam" marschieren. Was bedeutet das für die Sudetendeutschen? Nur ahnungslose Illusionisten, Profefforen- gemüter, wie sie uns z. B. im„Bereitschafts"- Prozeß gelegentlich begegnet sind, können glauben,. daß Henleins Bekenntnis zu Hitler nicht auch eine Kriegserklärung an di,e Kräfte im tschechischen Lager ist, die mit dem deutschen Problem ringen und die Brücken zu den Deutschen bauen wollen. Gerade jene Tschechen, denen an einer dauernden Verständigung liegt, werden vor den Kopf gestoßen und können verleitet werden, an dem Sinn ihres Wirkens zu zweifeln. Es ist ein Trauerspiel, das mit dem festlich prunkenden Akt im Prager Kasino eingeleitet wurde. Es zeigt die tragische Schuld verantwortlicher sudetendeutscher Politiker an der Entfremdung der Nationen des Staates, es zeigt die zielbewuhte Irreführung der deutschen Bevölkerung durch Politiker ohne eigenes Format, ohne den Mut zu eigener Weltanschauung, es zeigt zweiDrittelunseres Volkes in den Händen von Unteroffizier MüMeHtHettsideMl tS ist, eigen Besehl aus Berlin weirerzuschreien und nicht Nachdenken zu müssen. Man merkt es der Rede Henleins an, daß die'Männer, die sie verfaßt haben, nicht„faustisch gerungen" haben, sondern daß sie kadettenmäßig nachplappern, was die Kommandostill« in Berlin ihnen vorspricht, man merkt es dem oberflächlichen Gewäsch und den schnoddrigen Forderungen an, daß keiner der Autoren sich den Kopf zerbrochen hat über die ungeheuer schwierigen Fragen der tschechisch,deutschen Kulturgemeinschaft in den Sudetenländern. Die Rede leitet aber auch ein anderes Trauerspiel ein. Sie zeigt, daß die deutsche Kultur heute nicht nur im Hitlerreich, sondern auch bei zwei Dritteln derSude-
t e n d e u t s ch e n, die frei entscheiden dürften, keine Heimstätte hat. Henleins Rede ist derVerratderSdPaneinergesamt« d e u t s ch e n A u f g a b e, an der Aufgabe nämlich, gegenüber dem Feldwebel-Ideal der Gleichschaltung, gegenüber dem geisttötenden, mörderischen Druck der Diktatur das Recht der Nation auf eigenes Denken, auf eigene Kulturgesinnung zu erkämpfen. Henlein hat den rauschenden Beifall der Männer gefunden, die gekommen waren, um— eben zu applaudieren. Vor der Geschichte wird Henlein nicht bestehen. Das mag ihn und seine Hintermänner wenig kümmern; das sudetendeutsche Volk aber läuft Gefahr, die Irrtümer der SdP mit sei- ner Existenz zu bezahlen, denn es sind die verhängnisvollen Verirrungen, aus denen die politische Katastrophe geboren wird wie schon einmal in den Jahren 1914/18. Das sudetendeutsche Volk wird wählen müssen zwischen dexRolledesZuschauersoder desOpfersin dem Trauerspiel, das mit dem Marsch nach Potsdam beginnt! Der Vortrag Henleins über deutsche Kulturproblem«, den wir oben besprechen, fand am Sonntag vormittags im Prager Deutschen Haus statt. Das Rednerpult trug das SdP-Wappen, andere SdP- Ständarten waren im Saale angebracht. Erschienen waren u. a. die Vertreter der Gesandtschaften de ? Deutschen Reiches, Italiens , Polens , der Ver einigten Staaten von Nordamerika und des General, konsulateS von Norwegen . Zahlreich vertreten waren Hochschullehrer, darunter auch Vertreter der tschechischen Universität und der tschechischen Technik. Ebenso hatten Vertreter entsendet der Turnerverband, der Bund der Deutschen , der Deutsche Kulturverband, die LandestoMmiffion für Kinderschuh und Jugendfürsorge, die Pestalozzi-Gesellschaft und die Präge', Musik-Akademie. Nachdem das Vorspiel zu„Mei stersinger " verklungen war, wurde ein Vorspruch aufgesagt, worauf Konrad Henlein seine Rede hielt. Er sagte u. a.: Wenn wir überall die neuen Ansätze zur Entwicklung und Wirkung bringen wollen, so sei ein für alle Mal festgestellt, daß wir es ablehnen eine sudetendeutsche Sonderkultur zu züchten.... Line„tschechoslowakische Kultur" als Mischkultur aller Völker unseres Staates würde die Kulturfrage der einzelnen Völker schwächen... Nur in einem in seiner blutmäßigen Zusammensetzung unverdorbenen Volk werden die schöpferischen Kräfte lebendig... Das Dasein eigener christlicher Parteien mag einmal zur Zeit der Vorherrschaft des Liberalismus einige Berechtigung gehabt haben. Heute haben sie ihre Lebens- ^^ecktiaung verloren... Politisierende Meistiich« können zwar nicht unsere Politik, wöh. aber den Glauben erschüttern.-. Hohles Literatentum und dekadente Asphalt-Literatur haben sich gerade in der Dichtung unter Mißbrauch der deutschen Sprache breit gemacht und arbeiten unaufhörlich daran unser völkischer Leben in seinen reinsten Oue.- len zu vergiften... Was sich durchzusetzen wußte in der Welt, waren nicht die Schöpfungen volksent- wurzrlter Menschen, sondern Gipfelleistungen Volksbewußter... Das Theater hatte bei uns am Werden der Volksgemeinschaft so gut wie keinen Anteil ... Die deutsche Rundfunksendung ist in diesem Staate nicht Sprachrohr des Sudetendeutschtum-- ... vorwiegend setzt man uns eine„Prager Presse" deS AttherS vor. Unsere Forderung lautet: wie das Programm unserer Zeitung-n
von uns zu bestimmen ist, so muß auch der Rundfunk ein Organ unseres Kulturschaffens werden. Nur unter diesen Voraussetzungen hat ein eigener deutscher Sender im sud'etendeutschen Gebiet überhaupt einen Sinn... Alle Jugenderziehung mutz aber in der n»annschaftlichen Erziehung münden und-in ihr die Erfüllung finden. Dann wurde ein Sprechchor borgetragen und zum Abschluß der Feier der Aork'sche Marsch(Präsentiermarsch der Preußischen Garde) gespielt. Tschechische Blätterstimmen Raum noviny(soz.-dem.): Wenn Henlein bisher nur in Andeutungen gesprochen und sich gegen einen Vergleich seiner Bewegung mit der Hitlerbe- wegung gewehrt hat, so sprach er sich in dieser Rede mechr als deutlich für den Geist aus, den Hitler, Göring und Goebbels in das deutsche Kulturleben des Driften Reichs getragen haben. Lidove noviny.'.. Den Nationalsozialismus erwähnte er in seiner Rede mit keinem Wort und grenzte das Kulturprogramm seiner Partei in keiner Weise von ihm ab. Er vergaß vollkommen, daß seine Bewegung trotz ihrer zahlenmäßigen Stärke nur eine Partei ist und daß die Kiüturbedürf- niffe eines Volkes niemals nach den Wünschen einer poliftschen Partei gemessen werden können. A-Zet Pondöuik: inat.-soz.): Die ganze Rede Henleins war eine ungewöhnlich getvagte Kampf
ansage an alles Tschechoslowakische und nicht aus Deutschland kommende. Beörr(agr.): Sein Vortrag, den er vorlas, war eine teilweise Enttäuschung für jene, die erwartet haben, daß Henlein eine Synthese der deutschen und tschechoslowakischen kulturellen Standpunkte und Bestrebungen auf dem Boden des Staates versuchen wird. L. Eeske Slovo nat.-soz.): Kecke Reden Henleins. Das dienstägige„P r a v o L i d u": ES hätte keinen Sinn, bei der Kommentierung dieser aufreizenden Kundgebung Henleins und alles dessen, was sie begleitete, in Erregung zu verfallen, die sich, in scharfen Worten äußern würde. Aus dieser Ma-" nifestation und aus dem, was Henlein sich zu sagen getraut hat, müssen die poliftschen Konsequenzen gezogen werden. ÄaS wir hier schon einigemale geschrieben haben, ist richtig: Der Henleinismus bei uns ist nur eine Kundgebung desselben Gei- st e s, der das D r i t te Reich beherrscht. Henlein hat Hitlers Terminologie aus dessen Buch„M e i n Kampf" benützt und seine Auslegung der Kuliur- politik entspricht genau der hakenkreuzlerischen Ideologie... Henleins Forderungen bedeuten praktisch die völlige Selbständigkeit des„sudrtendeut- schkn" Gebietes bis zu seiner Losreißung und seinem Anschluss an Deutschland ... Auch die Teilnahme diplomatischer Vertreter muß politische Konsequenzen haben, ebenso die Teilnahme zweier Professoren tschechischer Hochschulen und von vierzehn Profefforen der deutschen Hochschulen....
Die Kerker leeren sich
Madrid .(Tsch. P.-B.) Die spanischen Behörden entlassen weiter die politischen Gefangenen. Aus dem Gefängnis von Bilbao wurden 300 Häftlinge, in Valladolid 146/ in Ciudad Real 62, in Pampeluna aus dem KreiszefängniS und aus der Festung 300 Häftlinge entlassen. Taufende Einwohner von Madrid gingen dem Sozialistenführer Gonzales Pena entgegen, der Ivegen Teilnahme an der Revolution im Oktober 1934 zum Tode verurteilt worden war und Samstag abends auf Grund des Amnestiedekrets in Freiheft gesetzt wurde. Die Menge trug Pena im Triumph auf den Schultern zum Rathaus. Der ehemalige Vorsitzende des katalanischen Gt- neralidad und die Mitglieder des Rates, die in Freiheit gesetzt wurden, wird demnächst in Bar- zelona eintreffen.
San Sebastian . Der Sekretär der asturischen Bergarbeiter-Gewerkschaft Belarmino Tomas ist nach Spanien zurückgekehrt. Tomas nahm an der Revolutionsbewegung im Oktober 1935 teil und hatte seinerzeit mit dem Kommandanten des gegen die Aufständischen entsandten Expeditionskorps die Bedingungen der Kapitulation der Aufständischen abgeschlossen. Tomas hatte sich nachher nach Frankreich begeben. Schmarotzer nach Biarritz Biarritz.(Havas.) Nach den letzten Wahlen sind hier an hunderte spanische Familien einge- troffen.Es befinden sich unter ihnen hervorragende Aristokraten, u. a. der Herzog von Alba, einige Mitglieder der früheren Regierung und Mitglieder des früheren Parlaments.(Biarritz ist eines der vornehmsten Seebäder Westeuropas .)
Erfolg des Ras Imru Im RUcken der Italiener Addis Abeba.(Reuter.) Amtlich wird gemeldet: Ras Imru, der abessinische Truppenführer an der Rordfront, meldet, daß seine Trup, pen anläßlich des Einfalles in den Rücken der Italiener 412 weiße Italiener getötet haben. Zu dieser Meldung teilt der Godschamer Gouverneur Ras Imru, der die Italiener über den Takazr-Fluß zurückgedrängt hat, mit: Freitag entsandte ich von meinem unweit von Aksum liegenden Hauptquartier in westlicher Richtung zwei Operationseinheiten zum Mareb- Fluß, der die Grenze zwischen Abessinien und Eritrea bildet. Diese Abteilungen Vernich- teten 15 Munitionslager, 30 Tank» und einige La st automobile. Rach einer Mitteilung des Reuter-Korrespondenten hat es den Anschein, daß dieser Ausfall sorgfältig vorbereitet war, da die abessinischen Verluste gering waren. Gefangene haben die Abessinier
nicht zurückgebracht. Bei diesem Ausfall handelt es sich um den ersten Vorstoß der Abessinier hinter die Linie Adua, Adigrad und Aksum.
vas Anwachsen der Sozialisten In Japan Tokio . DaS Blatt„Mijako" berichtet, daß dir proletarische Partei bei den ParlamentSwahlen 629.000 Stimmen auf sich vereinigt hatte, waS um 529.000 Stimmen mehr ist, als sie bei den letzte« Wahlen«reichen konnte.
Neuer Angriff auf mongolisches Gebiet? Moskau.(Laß.) Nach Berichten aus Ulan- bator werden neue japanische Abteilungen zum Marsch nach dem Gebiete des Buinoor-SeeS be« reitgestellt, so dtch in den nächsten Tagen ein neuer Angriff auf mongolisches Gebiet erwartet werden kann.
Mardrier redete sich seine Wut brutal herunter. Alles mit einer zarten, liebenswürdigen Stimme. DaS regte Schumann noch mehr auf. Eine Weile verstand er die Worte des Hellsehers nicht, bis diese ihn plötzlich jäh auffahren ließen: „Außerdem hat diese Dame mir eine Tasche gestohlen." „Machen Sie sich doch nicht lächerlich. Sie sind es schon genug." „Wenn ich es Ihnen sage, stimmt es. Eine Brieftasche. Sie wird zwar sehr enttäuscht sein, Geld ist kaum darin. Aber sehr wichtige Briefe. Ich habe eine Belohnung ausgesetzt, wenn ich die Tasche Wiedererhalte." „Sie haben es der Polizei gemeldet?" „Seien Sie unbesorgt I Im Gegenteil. Ich habe ein Inserat aufgegeben, in dem ich allein für die Wiedereinsendung der Brieftasche— ohne das Geld, versteht sich— fünftausend Schilling ausgesetzt habe. Ich hoffe, das wird die Dame locken!" „Ich glaube nicht. Wenn Sie durch das Inserat zeigen, wieviel Ihnen ein paar Briefe wert sind..." Mardrier stieß ein kurzes Knurren aus. Er gab offenbar zu, falsch gehandelt zu haben: „Wenn ich Ihr Gesicht sehe, glaube ich wirklich, daß Sie ein reiner Engel sind. Sie wissen ja wirklich nichts von der Sache. Und ich dachte. Sie arbeiten mit ihr zusammen." „Ich bin hergekommen, um mit Ihnen zu arbeiten, scheint mir. Wollen wir nicht anfangen?"
Schumann war entschlossen, sich nicht weiter mit Mardrier über Haydöe zu unterhalten. „Ich werde tun, was in meinen Kräften steht. Sie wissen, daß man in solchen Fällen nicW garantieren kann." „Selbstverständlich." Es dämmerte schon. Das Zimmer war bereits ziemlich tief mit Schatten gefüllt. Mardrier setzte sich zum Fenster, durch das noch ein schwaches Tageslichtdrang. Schumann nahm vor ihm Platz. Der Hellseher erhob die Hand einen Augenblick kurz zum Zeichen, daß er begann, sah Schumann in die Augen, dann vor sich hin auf den Tisch, schien die Muster der Decke darauf zu studieren, bog sich mit einem Male leicht nach rückwärts, warf den Kopf hoch, seine Augen verdrehten sich, rollten unter das obere Lid, blieben dann stehen, so daß fast, nur die weißliche Bläue des Augapfels zwischen den Wimpern stand. Die Stirnadern traten stark hervor, der Mund, halb geöffnet, war von der Nase bis zum Kinn versteift. Der Atem kam stoßweise. „Denken Sie wieder an daö Land, in dem Sie neulich waren, als ich mit Ihnen arbeitete," befahl Schumann. „Ich sehe es," kam es ziemlich mühsam aus Mardriers Kehle. „Sind Sie in einer Stadt?" „Ja." „Liegt sie am Meer oder innen im Land?" „Im Lande," „Wir fahren in den Bahnhof ein. Wir gehen die Hauptstraße entlang. Es muß doch irgendwo ein Gebäude sein, auf dem der Name der Stadt steht. Sehen Sie sich um." „Ich sehe mich um." „Können Sie denn nirgends ein Schild sehen?" „Doch, da auf der Polizeistation, immerzu gehen Leute hinein und heraus, ein kleines, weißes Haus mit flachein Dach, drei Worte stehen darauf."
„Also, also, lesen Siel" drängte Schumann. „Zwischenräume", röchelte Mardrier,„es ist so schwer." „Es ist gar nicht schwer, geben Sie sich nur Mühe. Lesen Siel." Mardrier buchstabierte: „Das letztere heißt: Sevilla ." Schumann erhob sich so rasch, daß sein Stuhl pollernd ümfiel. Mardrier rührte sich nicht. Er saß in seiner erstarrten Pose da, die Zunge kroch ihm wie der Kopf einer kleinen roten Schlange auf die Unterlippe und blieb dort liegen. Sie war feucht an der Spitze und sah ekelhaft aus. Schumann raffte sich zusammen. „Also Sie sind in Sevilla ? Jetzt suchen Sie die Frau, die Sie neulich gesehen haben. Sie erinnern sich, die Frau oder das Mädchen, das meine Tochter sein soll, die mit dem vernarbten kleinen Finger. Wissen Sie, wen ich meine?" „Ich weiß es."—„Alsol" Es folgte ein langes Stöhnen. Mardrier setzte mehrmals an, schluckte, sagte dann plötzlich: „Sie hat ein Buch unter dem Arm." „Was tut sie denn mit dem Buch?", „Sie trägt es7 Sie geht in ein Büro. Auf der Straße sind viele Menschen. In dem Büro ist nur ein Mann. Sie studiert Karten und Pläne. Der Mann steht neben ihr. Sie sehen auf eine Landkarte, die an der Wand hängt." „Was für eine Landkarte"" keuchte Schumann. „Ich glaube, sie wollen verreisen." „Was für Haare hat denn das Mädchen?" Keine Antwort. Schumann wiederholte die Frage. Der Mann im Trance schien hier starken Widerstand entgegenzusetzen. Aber Schumann trieb ihn so, daß er sich schließlich zu ergeben schien und, unter starkem Kärperzucken, hauchte:„Braun." Gabriele hatte blonde Haare gehabt. Schumann befahl:
„Irren Sie sich auch nicht? Sehen Sie genauer hin?" Zögernd kam die Auskunft:„Oder auch blond. Ich kann es nicht genau sehen, die Sonne blendet mich so." Dieser Irrtum schien den Mann im hypnotischen Schlaf renitent zu machen. Es war nichts mehr aus ihm herauSzukriegen. Auch auf Fragen nach den anderen beiden Kindern, Theffa und Rudolf, blieb er stumm. „Leben sie denn noch?" quälte ihn schließlich Schumann erschöpft. „Sehen Sie sie nirgends?" „Ein Kind lebt noch. Eines noch.." Schumann vergaß sich. Er rüttelte Mardrier: „So sprechen Sie doch!" Mardriers Kopf sank nach vorn. Sein Mund schloß sich. Schweiß rollte ihm von der Stirn, die Backen herunter, sein Atem ging schnell, jetzt schlug er die Augen aus: „Warum schütteln Sie mich denn? Das tut doch weh. So was darf man doch nicht tun!" Er blickte noch etwas verstört um sich, ging zum Tisch, goß sich ein Glas Kognak ein, trank es hastig leer und fragte, schon wieder völlig gesammelt: „Koimte ich Ihnen dienen?" „Etwas. Aber können wir nicht fortfahren?" „Dazu bin ich viel zu erschöpft. Was denken Sie, Ich bin doch keine Maschine. Außerdem — wenn ich Ihre Fragen beantwortet habe, sind wir quitt. Ich pflege stets mein Aeußerstes zu tun, aber ich bin überzeugt, daß Sie mich noch hundertmal mehr fragen könnten. Ich weiß aber dann bestimmt nicht mehr als heute, auch bin ich in der Arbeit wahrscheinlich sehr stark dadurch gestört, daß Sie mir unsympathisch sind." „Ich bin Ihnen unsympathisch?" (Fortsetzung folgt.)