1 I Nr. 50 Freitag, 28. Feber 1936 Seite 5 CLuitani Frankreich und das Problem der Rheinzonr. Ter gut informierte Pariser Mitarbeiter der Londoner Wochenschrift ,,Observer" telephoniert unterm 23. Feber: Die französische Regierung hat noch keinen endgültigenBeschluß darüber gefaßt, wie sie auf die eventuelle Ver­letzung der Bestimmungen über die demilitari­sierte seitens Deutschlands reagieren werde. Man wird jedenfalls sich zunächst an den Völ­kerbund wenden. Aber die französische Re­gierung soll angeblich nicht abgeneigt sein, unter, gewissen Umständen, nämlich wenn Berlin be­stimmte neue Garantien der Sicherheit bieten würde, den Einmarsch der deutschen Trup­pen in die Rheinzone zu bewilligen. Unter keinen Umständen werde jedoch Frank­ reich auf die Errichtung von Befestigun­gen in der Rheinzone durch Deutschland ein­gehen. Sollt« Deutschland solche Befestigungen er­richten, dann würde es imstande sein, mit einer Armee von 8 0 0.000 Kann jedem französischen Einfall zu trotzen. In diesem Falle könnten alle übrigen deutschen Truppen für einen Angriff im Osten verwendet werden. Die Errichtung von Befesti« - gungen in der demilitarisierten Rheinzone'würde also die Kriegsgefahr bedeutend erhöhen. Mussolinis«tudentenaufrus und der An­schlag auf Leon Blum . Im Zusammenhang mit der scharfen Zurückweisung, die der französische Hoch­schulverband gestern Mussolinis Aufruf vom 81. JännerAn die Studenten Europas " erteilt, publiziertPopulaire" folgende bemerkenswerte Zusammenstellung: Am 31. Jänner veröffentlich! Popolo d'Jtalia" einen von Mussolini selbst verfaßten Aufruf an die Studenten Europas , in dem eS heißt:Man muß mit den blutrünstigen Politikern aufräumen... Die Studenten von Paris , Brüssel und den anderen Großstädten werden in die Feueresse marschieren, die Blum werden eS vorziehen auf den Bänken der äußer­sten Linken in den Parlamenten, von Maschinen­gewehren geschützt, den sektiererischen Kreuzzug zu predigen." Auf diesen Aufruf erwiderte Lton Blum am 6. Feber imPopulaire":.Bon dem Mörder MatteottiS als der symbolische Vertreter alles dessen bezeichnet zu werden, was er haßt, beschimpft, bedroht und fürchtete ist die leuch- , tendste Ehrung, deren ich mich rühmen kann."-- Am 13/Feber Wurde Lkon Blum das Opfer eines Ueberfalls durch Gewalttäter der Action Fran- caise, deren Anhänger sich zumeist aus den Krei­sen der Studenten rekrutieren. Ein merkwürdiger 'S Zusammenhang zwischen den Worten Mussolinis £ und den Taten der faschistischen Studentengar­den in Paris .'.'»'/' Senator Borah gegen jede Einmischung m die Angelegenheiten der Alten Welt! Senator Borah, der einflußreiche. Führer der republikanischen Minderheit im amerikanischen Senat und der aussichtsreichste Kandidat der republikanischen Partei bei der im November be­vorstehenden Präsidentenwahl, hat Chaplin und diese Zeit Zur Uraufführung seines neuen Films Joh. H., London im Feber. Wenn wir Chaplin in seinem neuen Film, den erM o d e r n T i m e S" nennt, zum ersten­mal sehen, steht er neben anderen Arbeitern am laufenden Band einer Riesenfabrik; ganz arm, ganz erschöpft einen Schraubenschlüssel in jeder Hand, ruckweise dir Muttern an den Werkstücken festziehend, die das endlose Band ruckweise her­anfuhrt. Er muß sich Pardon kratzen. Das bringt ihn aus dem Takt, die Arbeitspartie am Laufband in Verwirrung. Dann summt ihm eine Fliege vor dem Gesicht; da er sie mit der Hand, die die Schraubenmutter festziehen soll, ver­scheucht, entsteht neuer Trubel am laufenden Band; Chaplin läuft seinem Werkstück nach, ge­rät seinem Arbeitskollegen ins Gehege, der Auf­seher macht ihm Vorwürfe die Mittagssirene entwirrt eine hoffnungslose Situation. Aber Chaplins Hände zucken immer noch im Takt des Lansbandes; sie verschütten seinen Teller Suppe. Als seine Frau den Arbeitssaal betritt, erinnern ihn die Knöpf« an ihrem Rock an die Schrauben­muttern, die er tagaus, tagein vor Augen hat, und er stürzt hin, um sie frstzuziehen. Schließlich beginnt er mit den Schraubenschlüsseln in den Händen einen zuckenden Tanz im Fabriksaal, reisst an den Hebeln der Kraftmaschinen und muß Iw Ambulanzwagen mit einem schweren Nerven­zusammenbruch fortgebracht werden. Das alles ist furchtbar traurig und, während man eS sieht, kommt man aus dein Lachen nicht heraus. So geht es den ganzen Film hindurch. Ge­fängnis, Arbeitslosigkeit, Aufruhr, Hunger, Zu­sammenstöße mit der Polizei, Streik. Chaplin hat sich nicht gescheut, alle die Wes nselemenie dieser Zeit der tiefgehenden Erschütterung des Kapi­talismus in seinen Film hineinzunehmen. Sie sind da, unverbogen, unverlogen, als grausame Tatsachen aber, da sie ein komischer kleiner Clown erlebt, den die ganze Welt am steifen Hüt­chen, wirbligen Stöckcken und kleinen Bärtchen er­kennt, werden sie zu sprudelnden Quellen unbän­diger Heiterkeit. soeben in einer Funkrede gegen jede Einmischung der Bereinigten Staaten in di«A n g e l e- genheitenund Streitigkeiten der A l t e n W e l t" in schärfster Weise Stellung genommen. Die Rede Borahs ist im wesentlichen gegen England gerichtet. Er klagte die britische Regierung an, daß es die Neutralität bewahrt habe, als das mächtige Ja­ pan China angegriffen hat. Jetzt versuche jedoch England die Bereinigten Staaten in den i i a» lienisch-abessinisch e n K ö n fl tkt zu verwickeln. Wir werden darauf nicht e i n g e h e n, meinte Borah. Wir haben keine Interessen in Aftika. Wir haben kein« Agitatoren nach England gesandt, uns sein« Ein­mischung in den chinesisch-japanischen Konflikt zu Diese Statisttk lehrt, daß die allgemein« Mei­nung, daß der Rohstoffreichtum im Kolonialbesitz liegt, nur bedingt richtig ist. Die Sowjetunion Daß man dennoch keinen Augenblick da­peinliche Gefühl hat, hier treibe einer mit Ent­setzen Scherz, hat seinen guten Grund. Der Scherz ist hier nicht Selbstzwecks Er ist nicht nur da, um uns lachen, sondern auch ym uns den­ken zu machen. Man fühlt: dem komischen klei­nen ClMvn, der diese Gcherze macht und ihnen immer wieder in der kläglichsten Weise zum Opfer fällt, ist es im Grunde bitter ernst. ES ist die Sache der armen Teufel dieser Welt» der Enterb­ten aller Länder, die er führt, gegen die Maschinen und Mächte, die sie bedrücken. Er tut eS auf die ihm gemäße Weise:er hat Gelächter angestellt", wie jener Zauberer bei Christian Morgenstern , der Humor ist seine Waffe. Nur Unverstand wird von ihm Parolen, rationale Analyse, einen konstruktiven Ausweg aus den Wirren dieser Zeit erwarten. Aber nie noch war Chaplin so d eu fit ch wie in diesem letzten Film. Immer hat er die armen Teufel verkörpert, ihre Bedrängnisse mit den Mitteln der komischen Kunst gestaltet. Nie noch hat er so unzweideutig das Proletarierschicksal zum In­halt seines Films gemacht, sich so mutig auf die Seite der Ausgebeuteten und Unterdrückten gestellt. Die Gesetze der bürgerlichen Moral ein Heiligtum für Hollywood werden in diesem Film bewußt entwertet. Stehlen ist verboten aber wenn man hungert und hungrige Kinder zu Hause warten, bleibt einem nichts übrig und unsere Sympathie gehört dem Dieb, nicht seinen Verfolgern. Gefängnis ist«ine Strafe aber in dieser auf den Kopf gestellten Welt geht es dem armen Teufel Chaplin im Gefängnis noch am besten. Wir freuen" uns von Herzen, wenn er sich dann,. ohne einen Groschen in der Tasche, in einem Restaurant einen guten Tag macht und statt dem Wirt dem Polizeimann winkt, um die Zeche abzusitzen. Wir freuen uns, wenn er und sein zerlumptes Mädel nächtlicherweile in den Herrlichkeiten eines Warenhauses schwelgen und haben selbst für die drei Einbrecher in diesem Warenhaus Verständnis, die brave Arbeit^: waren, bis sie die Krise aufs Pflaster geworfen hat. Äni klarsten offenbart sich Chaplins Absicht in der Frauen fig p r dieses Films. Das ist nicht mehr ein zgrt.es, romantisches Geschöpf wie das blinde Blumenmädchen in denGroßstadt­erzwingen,, wir wünschen aber auch nicht, daß die Engländer heute ihre Agitatoren'zu uns senden. Goerdeler gegen Schacht."(AP.) Ter Leip­ ziger Oberbürgermeister und ehemalige PreiSkoM- miffar Goerdeler hat in einir Teickschrift, die großes Aufsehen«regte, eine Abwertung der Mark um 40 Prozent gefordert. Gleichzeitig verlangte er Milderung der Dtvssengesetzgebung, strenge Kredit­restriktion;'Reinigung des BerwaltungsapparateS. Die Denkschrift richtet sich im Grunde gegen Schacht. Sie fand nicht die Billigung HttlerS, doch heißt es, daß Goerdeler gefragt worden fei, ob er ins Kabi­nett eintreten wolle. GoerdelerS Entscheidung steht noch auS. Dies würde bedeuten, daß man sich darum bemühe,«inen Gegenspieler gegen Schacht zu fin­den, um dessen Stellung zu ßhwächen. zum Beispiel, die mit hohen Prozentzahlen ver- treten ist, ist keine Kolonialmacht. Ihr Besitz au Rohstoffen befindet sich innerhalb des Landes, und lichtern", das ist diesmal ein wildes Gassenmädel in Lumpen, mit fliegenden Haaren «ine Ver­körperung proletarischen Rebellentrotzes. Wir sehen sie zum erstenmal, ein Messer zwischen den blanken Zähnen, auf einem Frachtkarren Bana­nen stehlend; ihr Batet ist ein Arbeitsloser, der bei einer Demonstration von der Polizei nieder­geschossen wird; sie stiehtt für ihre hungrigen kleinen Geschwister, entläuft dem drohenden Wai­senhaus, stößt mit Chaplin zum erstenmal auf der Flucht nach einem Brotdiebstahl zusammen, trifft ihn wieder im Gefangenenwagen. Sie er­füllt ihn mit Widerstand gegen alle Schicksalö- schlägepdie sie beide ereilen, und so gibt er dies­mal an Stelle der melancholischen Resignation, in der die letzten Filme Chaplins ausklangen, ein sehr charakteristisches gutes Ende: zwar sind sie beide wieder auf der Flucht, ohne Habe und Heim, auf der Landstraße, auf die der ewig« Landstreicher Chaplin immer wieder ge­stoßen wird, aber die Sonne geht auf und unser Charlie spricht ein paar Worte, wie man sie von ihm noch nie gehört hat:Kopf hoch!", sagt er zu seinem Mädel,wir gehen nicht unter, wir w e r d e n's schaffen!" Und festen Schrittes schreiten sie auf der Straße dahin, den lockenden Bergen zu, die im Hintergrund im ersten Son­nenglanz aufleuchten. Es ist,- als ick das Erlebnis der deprimieren­den kapitalistischen Krisenjahre, in denen diese» Film entstanden ist, dem skeptischen Künstler Chaplin Zukunftsglauben und die Zuversicht gegeben hätte, daß die Enterbten und Ausgebeu­teten, diese unmögliche Welt doch noch zurecht­krempeln werden. Auch rein filmkünstlerisch gesehen ist der neue Chaplinfilm ein wundervolles Werk. Stili­stisch setzt er die Tradition fort, dse aus den ur­alten Mac-Sennett-ÄroteSken seiner Frühzett .allmählich und ohne Bruch erwachsen ist. Chaplin hat seine guten Gründe, warum er an diesem Stil, den er sich als das künstlerische Medium sei­ner Persönlichkeit erarbeitet hat, festhält. Es wird darum auch in diesem Film nicht gespro­chen wenigstens nicht von Menschen; nur die mechanisierte menschliche Stimm- ist hörbar, aus dem Gramnwphon oder dem Fernsehapparat. Und, allerdings, an einer Stelle Chaplins S i n g st i m m e. Charlie singt ein Chanson mit Neuverteilung der Kolonien? Das Rohstofffproblem Die Unterhaussitzung vom 6/ d., in der eZ zunächst nur um die Frage der Verteilung der Rohstoffe ging, hat vor allem durch"Lloyd George eine Wendung genommen, die die ganze Frage der Kolonien in voller Breite zu behandeln notwendig macht. Es sind bereits für die nächste Sitzung des Unterhauses Anfragen an Eden und Thomas, den Chef des Foreign Office und den Kolonial­minister, eingebracht worden, die mit aller wün­schenswerten Deutlichkeit die verantwortlichen Männer Englands veranlassen werden, grundsätz­lich zur politischen Seite des Kolonialproblems Stellung zu nehmen. Die Anfrage des konserva­tiven Abgeordneten Sir Henry Page Trost hat folgenden Wortlaut: »Ist der Kolonialminister in der Lagt, dem Unterhaus die Versicherung abzugeben, daß die Regierung Seiner Majestätniemals die Abtretung einer britischen Kolonie an eine ftemde Macht in Betracht gezogen hat und auch in Betracht zieht? Kann er dem Unterhaus die Versicherung geben, daß rem einziges'Großbritannien gehöriges Ter- ritoriüm jemals auf einer Weltkonferenz Obje " -irgend welcher Verhandlungen sein wird?" Diese Anfrage gibt in voller Treue die Stim­mung der englischen Öffentlichkeit nach dem Vor­stoß von Lloyd-George und Lansbury wieder. Die Presse weist ausdrücklich darauf hin,, daß zwischen Rohftoffbesitz und dem-politischen Besitz von Kolo­nien ein himmelweiter Unterschied sei und daß di» Frage, die durch Samuel Hoare in Genf am 11. September aufgerollt wurde, nur das erste betrifft und unter allen Umständen nicht dazu führ-n dürfe, eine Neuverteilung von Mandaten hecbei- zuführen. Rein sachlich und abgesehen von der Politik fällt das Rohstoffproblem auch durchaus nicht mi. dem Kolonialproblem zusammen. Es genügt, dir Zahlen zu betrachten, di« die Verteilung der Rich» stoffe unter den verschiedenen Staaten angeben Für die wichtigsten Rohstoffe liefert die Statistik folgende Uebersicht: Braunkohle: Baumwolle: US «...... 49.2 % Kautschuk: % Deutschland ..,, 77.0 % Großbritannien ... 58.0 Polen ... i 7.4 % Großbritannien ... 24.4 % Holland u. Kolonien. 87.2 % Großbritannien .«. 8.7 % USSR 7.1 % Uebrige Staaten., 4.8 % klebrige Staaten... 11.0 % Uebrige Staaten.« 19.3 % Steinkohle: Zinn : Erdöl : USA .....,, 84.4 % Großbritannien ... 43.0 % 59.8- % Großbritannien. ,, 25.4 % Bolivien 19.0% Venezuela .... 18.0 % Deutschland ..,, 22.2 % Holland u. Kolonien. 16.5 % USSR ..» 11.7 % USSR ...... 8.5 % USSR ..... 15.5 % Persien ..... 7.0 % Frankreich u. Kolonien 4.5 % Uebrige Staaten.,, 6.0 % Uebrige Staaten inkl. Uebrige Staaten» 5.0 Rumänien...- 8.0 % Eisenerz: Getreide: Kupfer: Frankreich u. Kolonien, 29 % Großbritannien ... 23.4 % Großbritannien. , . 80 % USA ....... 22 % USSR ..... 21.2 % Chile ...... . 20 % USSR ...... 19 % US «...... 10.9 % USÄ« . 17 % --GrsMitMmest,» 10 % Frankreich u. Kolonien l&1 % Belgien u. Kolonien, a.,.7 .% .Deutschland ...., ., ö% Wake»-fl.B % Japan »... a V 7 % Schweden . 4 % Argentinien.% ,", 5.9 % .. H...»« . 8 % Uebrige Staaten.« 11 % Deutschland .... 4.3 % Uebrige Staaten., . 16 % Uebrige Staaten., 19.0 % Dem Gedenken Ampöres Zum 100. Todestag des berühmten französischen Mathematikers und Physikers Andrö Marie Ampöre gibt die französische Postverwaltung eine Erinnerungsmarke im Werte von 75 Centtmes heraus, deren Ertrag der Emigrantenhilfe zugute kommt. sicherlich kann die politische Frage einer Neuver­teilung der Rohswffe unmöglich bedeuten, daß Rußland seine Petroleumquellen bei Baku oder seine Erzlager im Ural anderen Staaten abtritt. Das gleiche gilt auch für die Bereinigten Staa­ten, bei denen der Kolonialbesitz nur ganz gering­fügige Prozente des Rohstoffbesitzes ausmacht. Lloyd George hat sich wohl gehütet, diejeni­gen drei Staaten, die den größten Besitz an Roh- stoffen haben, in die Debatte zu werfen. Er hat weder sein eigenes Land Großbritannien und das mächtige Kolonialreich genannt, noch du Vereinig­ten Staaten, noch Sowjetrußland. Genannt HU ec dagegen Belgien , Holland und Portugal . Bei der Aufrüllung des Rohstoffproblems ist an die Abtretung deS Röhstoffbesitzes durch«itt-S der beiden ersten von Lloyd George genannten Länder ernsthaft überhaupt nicht zu diskutieren. Es bleibt Portugal , und man weiß, daß dir Frage des Verkaufs portugiesischer Besitzungen ventiliert wird. Aber eS bleibt festzustellen, daß Portugal in der hier zitierten Stattstik auch nicht ein einziges Mal vorkommt. ZWMWs bei affen Anffsson der Arbeiterfürsorge! Worten, die man überall verstehen wird, weil man sie nirgends verstehen kann; Worte/ die jedem in seiner Sprache bekannt vorkommen und die doch zu keiner bekannten Sprache gehören; für die Verständlichkeit dieser unverständlichen Worte sorgt Chaplins mimische Ausdrucksfähigkeit. Im, übrigen hort man nur Begleitmusik, leichte, liebe Musik ebenfalls von Chaplin selbst» irgend­wie an die, kleinen Kinoorchester der,Stummfilm­zeit erinnernd. Und man liest wieder Zwischen­titel:Eine Woche später" oderEinsam und hungrig" wie in den Zeiten der Chaplin- Zweiakter! Auch manche derGags", über die wir in dem neuen Film so herzlich lachen, könnten aus den frühen Chaplin-Grotesken stammen und stammen vielleicht wirklich daber. Aber die alten Clownscherze hält nun ein geistiges Band zusam­men; im Zusammenhang bekommen sie nLue Be­deutung, ohne ihre alte Komik zu verlieren, Und neue sind da, aus dem neuen Stoff geboren; am großartigsten Wohl, als Lacheffekt wie als Sym­bol, die Vorführung derE ß m a s ch i n e", die in. der Fabrik ausprobiert wird, um die Mittags­pause zu rationalisieren. Paulette G o d a r d, ein Revuegirl, bis Chaplin sie zu seiner Hauptdarstellerin wählte, gibt eine ideale Verkörperung des wilden Gassen- mädels. Im übrigen sieht man viele gute Be­kannte aus Chaplins altem Kreis. Prächtig charakterisierte Figuren tauchen auf, der Gefäng­nisgeistliche z. B., und vor allem feine schottert« Frau mit Hündchen. Manche Gesichter, die man nur auf wenige Augenblicke zu sehen bekommt, vergißt man nicht wieder das kurios ver­schmitzte des verhutzelten kleinen Gefangenen etwa, der das Rauschgift schmuggelt. Chaplin selbst als Schauspieler ist natürlich der alte geblieben. Mitleid und Ironie, Plump­heit und Grazie aus der Dynamik dieser Gegensätze schöpft seine Schauspielkunst. Wieder bewundert man die tänzerische Grazie, mit der er in seinen viel zu großen Schuhen über die Lein- ivand watschelt, wenn er nicht, ausnahmsweise, auf Rollschuhen in elegantem Bogen dahin­schwebt oder, in«stier reizenden kleinen Traum­szen«, von seiner Erdenschwere befreit ist. Er ist im ganzen der alte geblieben und ait f seinem Weg wieder ein Stück vorwärtSgegangeif. Ein gutes Stück nach l i n k sl