Seite 3Mittwoch, 4. März 1936Nr. 54■nwnt", bis das„Verbrechen""vollbracht,war.-aS zuhindern ihn.nur ein telegraphisches Wort gekostethätte. Doch er weiß schon, warum es nicht geschah.Nun soll der..Hauptherd" des Opportunismus aus»gerottet und dann— wie aus der für den Avril»Kongreß der Kommunistischen Partei vorbeveitetenResolution hervorgeht— der Sozialdemokratie, derPartei-es..Klassenfriedens" und der.Kapitulation"der Krieg erklärt werden. Mit Hilfe des neuen„Kaders, die alles entscheiden" unddenen als ein« Art von Regierungekommisinrendi« gesamte Partei unterstellt sei« soll.wird nun wieder auf den„Sozialdemokratismus".als die„Theorie und Praxis der Kla"«nzusammen»arbeit mit der Bourgeoisie" munter losgedroschen undder edle Kampf soll nach Bedarf noch„verstärktwerden". Wir stehen also vor einer Drehung derkommunistischen Taktik und Politik um 180 Gradund müssen uns mit der Tatsache abfinden. Sie zeigtuns, wie recht wir haten. als wir bisher— allerEinheirSfrontlockung zum Trotz— sicher unseren Weggingen und uns durch das„BolkSfront"»Gesäuselnicht von der Bahn abbringen ließen, die uns durchunsere schicksalssÄveren Aufgaben vorgezeichnet sind.So bedauerlich das neueste Husarenstück Gottwaldsvom Gesichtspunkte der Gesamtinteressen der Arbeiterklasse sein mag. soschafft«i doch klar« und eindeutige Verhältnisse.Es hilft Herrn Gottwald nichts, wenn er noch sokrampfhafte Versuche macht, den Spieß umzudrebenund uns der„Haltung der Arbeiterklasse" zu bezichtigen. Die sudetendeutschen Arbeiter werden ihmdabei nicht auf den Leim gehen. Angesichts der unsallseits drohenden Gefahren werden wir aber jetztmehr denn je für den Zusammenschluß des internationalen klaffenbewußten Proletariats kämpfen,der sich, wie die Erfahrung lehrt, einzig und alleinim Rahmen der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterklasse bewerkstelligen läßt.Und nun noch etwa- zuKonrad Henleins KulturredeSie konnte nur jene Kreis« überraschen, die sichals ahnungslose Engel in die Netze der Sudetendeutschen Partei fangen ließen. Wir dagegen hattenden Charakter dieser Partei vom ersten Augenblickerkannt und mit unserem Urteil nie zurückgehalten.Nun. da Herr Henlein das erlösend« Wort gesprochenbat und der Schleier weggezogen ist. ist voll«Klarheitfüralle Weltgeschaffen. Es war höchst« Zeit! Lanae genug hat der„Führer" allen Herausforderungen widerstanden undsich, so oft er gestellt wurde, prompt in tiefster Geheimnis gehüllt.Nun habe« sich aber di« letzt«» Rebel verflüchtigt.Daß es über kurz oder lang so kommen müsse,darüber bestand bei uns nie auch nur der leisesteZweifel. Seit dem 19. Mai. dem Tage des„Aufbruchs" hat die Sudetendeutsche Partei die krampfhaftesten Versuch« unternommen, das Wahlergebnisauch parteimäßig nutzbar zu machen und sich—koste es. war es wolle— an eine Machtstellung heranzuarbeiten. Aber niemand wollte vom„Trojani«"scheu Roß" etwas wissen. Es kam di« Regierungsbildung. die Parlamentskonstituierung.«S kam diePräsidentenwahl, es kam die resultatlos«Reise in die Schweiz und nachEngland. Es kamen schließ!'* auch die heißersehnten Koalitionsschwierigkeiten, die einen kleinenHoffnungsschimmer boten. Doch aller ging danebenund«S war wieder nichts. Inzwischen ist die Parteieines Teiles der seinerzeiiigen Schutzpatrone verlustig geworden. Bald darauf begannen sich einigevon den Allergetreuesten und Zähesten zu verlaufen.Jeder weitere Tag machte dann alle Hoffnungenund Spekulationen zuschanden und führte zur immergrößerenIsolierung, Ratlosigkeit und Bedeutungslosigkeitder«artet,die 1,250.000 Stimmen auf sich vereinigt batte unddie stärkste Partei im Staate geworden war. DieUnzufriedenheit der Massen wuchs mit jedem Tageund damit auch ihre Radikalisierung,. Die Parteilebt« dann nur noch von dem kümmerlichen Brote der„Ez«ch-Kaften"-Jnterventionen’ und der' VolkS-bilfe- Sanmilungen, die gerade noch dazu' ausreichenkonnten,'»''tUn paar Naiven„Erfolge" vorzumachen.In dieser Lage mußte etwas besonders geschehen unddas Fazit war der Frontal-Angriff im Prager Deutschen Hause, die Kulturrede.' Sie hatte einenBombenerfolg, aberbeiwem? Imtschechischen Lager aber rief sie einen wahrhafte»Aufschrei hervor.Wenn ich mich nun dieser Rede zuwende, fälltes mir gar nicht ein, mich viel mit ihrer NürnbergerAufmachung zu beschäftigen, mit dem Publikum, mitden Versen und dem Sprechchor und dem Vorspruchdes Dichter- Plever. welcher uns die erstaunlich«Tatsache vermittel, daß die Partei des Herrn Henlein„mit Eiden geboren ist" und der uns dann sofortdarüber beruhigt, daß die Partti diese Eide nicht zubrechen beabsichtigt. Na, seien wir frohlBiel interessanter als die Aufmachung derVeranstaltung ist schon der Inhalt der Kundgebung.Noch in Böhm.-Leipa verwahrte sich Herr KonradHenlein gegen alle„gedanklichen und sprachlichenAnleihen bei Hitler" und besonder- dagegen, daß er„bei ihm nicht in die Schule gegangen sei" und nunsehe man sich eine kleine Sprachtollektion der Redean: ,Has Volkstum" und die„Volkheit" die„blutmäßig, unverdorbene Zusammensetzung de? Volkes",den„Aufbruch" des neuen„GemeinschaftSaedan-kens", die„Feste mit StammeSverbundenheit". die„Förderung neuer Baugesinnung" das„hohle Literatentum" und die.dekadente Aspbaltliteratur".alles termini technici echtester nazi-stischerPropaganda.Roch in Böhm.-Leipa schwört Herr Henlein alleTotalitätsbestrebungen ab. In Prag aber macht erim Beisein der höchsten katholischen Würdenträgerund deS früheren christlich-sozialen ParteiobmanneSHilgenreiner einen verttablen TotalitätSangriff nachder christlichsozialen Partei hin. nachdem er dengrößten Teil aller anderen bürgerlichen Parteienseinem Totalitätsinventar bereits einverleibt hatte.In seiner ersten Kundgebung im„BlauenStern" erzählte er den versammelten Journalisten,daß das sudetendeutsch« Volk vom„Schicksal in dentschechoslowakischen Raum" gestellt wurde und auchhier sein Schicksal gestalten werde. Er bckäftigtedie- in Böhm.-Äeipa, indem er erklärt, daß„dassudetendeutsche Volk trotz aller gesamtdeutschen Kulturgemeinschaft seine gesellschaftlichen und politischenErneuerungsbestrebungen eigenständisch immer wiederbekunden müsse". Um dieses Wort zu unterstreichen,wendet er sich mit aller Entschiedenheit gegen den„Panslawismus und Pangermanismus", die zum„BernichtungSkampf aller Völler gegeneinander" undzur„unausweichlichen Katastrophe" führen. Undheute erbebt Henlein seine Stimme gegen die.Lüch»tun« sudetcndeutscher Kultur", wendet sich gegen dietschechoslowakische Kultur als..Mischkultur", die di«Kulturkraft deS Volker schtväche und vollzieht so nachallen Regeln der Kunst die Engliederung der sudetendeutschen Kultur in die nazistische und damit ibf«Gleichschaltung. Und so-erleben wir er. daß dieSudetendeutsche Partei dem sudetendeutschen Bollenichts mehr und nichts weniger als den Verzicht ausdie Gestaltung einer eigenen Kultur auferlegt. odernoch besser gesagt, daßdie Judetendentsch« Partei auf dir srldständige undbodenständige Kulturarbeit und Kulturrntwicklunaihrer Heimat, ihr«!„Vaterlandes" zugunsten derUnkultur und deS Ungeistes ihre-„Mutterlandes"verzichtet.Noch in Böhm.-Leipa reicht Henlein dem tschechischen Boll, für da- er sehr warme Worte findet,die Hand für Verständigung und heute bezeichnet eres als..Nachbarvoll", dessen Ziel er nicht sein kann,die Kultureigenschaften der Völler zu„vermengen".Heute will er von der gemeinsamen Entwicklung,von einer Zusammenarbeit der beiden Nationen nichtswissen und auch nichts von der Schicksalsverbundenheit beider Völker. Kein Wort der Ablehnung desdeutschen Nationalsozialismus, gegen den er inBöhm.-Leipa„Vorbehalte" machte und den er inzwischen als loyaler Staatsbürger in München undGarmisch-Partenkirchen in seiner ganzen Leibhaftigkeit kennenzulernen Gelegenheit hatte. Kein Wortder Berurteilung der reichrdeutschen Raffenschande,kein Wort gegen die Verbrennung tausender deutscher wissenschaftlicher und literarischer Meisterwerke,kein Wort geqen die Verjagung deutscher Gelehrterund deutscher Männer der Wissenschaft. kein Wortgegen die Einkerkerung von Schriftstellern von Weltruf, kein Wort gegen die Ausbürgerung eines desgrößten der lebenden deutschen Dichter.So stehen wir denn vor demoffenen Bekenntnis Henleins zur Kultur deSreich-deutsche« Faschismus, zum 9—»ist und Haß-geisie, der jetzt Deutschland niederhält,der die Freiheit der deutschen Menschen, die Freiheitder geistigen Entwicklung eines großen Volles knebeltund der Deutschland in ein einziges großes geistigesKonzentrationslager verwandelt.Sozialismus und KulturDie sozialistische Arbeiterklasse setzt dem Kulturprogramm des Herrn Henlein ihr eigenes entgegen und verwahrt sich mit aller Entschiedenheitdagegen, daß er sich anmaßt, die deutsche Kultur nurfür sich, i-in« Partei und seine Professoren zu pachten. Die sozialistische Arbeiterklasse hat sich ihr Kulturprogramm bereits vor Jahrzehnten erarbeitet, zueiner Zeit, al» die Schöpfer des Prager Kulturprogramms lange noch nicht auf der Welt waren.Wer anders als die deutsche Sozialdemokratiewar es, iss« die deutsche Arbeiterklasse in jabr-zehutrlanzer«ühseliaer Arbeit aus der geistigenvamachtung emporhob und mit den gewaltigeninternationalen und reich-deutsche« Geifte-schävenvertraut machte, mit den gewalsiaen SchöpfungenGoethes, Schillers, Hegels, Kant». Beethovens undMozartS, aber auch Marx' und Engels'?Den Herren von drüben sei es. wenn sie esnicht wissen sollten, gesagt, daß die Arbeiterbewegungin ihren Anfängen aus der BildunaSbeweguna erwuchs und sich bis zur heutigen geistigen Reif« undzum heutigen kulturellen Niveau emporarbeitete.Durch viele Jahrzehnte war es die Arbeiterschaft allein, die den Kampf für eine freie Schuleund für die Lehrer aesi'ibrt. Organisationen derKunst und Körperpflege ins Leben gerufen bat undso durch Jahrzehnte der wahre Bannerträger derKultur gewesen ist.Und was von der Arbeiterorganisation gilt, giltauch von uns, die wir alle, was wir geworden sind,-en großen deutschen MeisteSheroen verdanken, vorderen Größe wir un- beute in Ehrfurcht beugen unddenen unsere Liebe und Verehrung gilt.Doch wir stehen nicht nur in Treue zu jenerKultur des deutschen Volles, die wir in jahrzehntelanger Arbeit mitaufbauen halfen un- di« zu ächtensich Herr Henlein anschickt, sondern wir fühlen unsauch mit dem Kultur streben unserertschechischen Brüderverbunden,mit denen un» ein gemeinsames Schicksal verknüpft.Mit ihnen zusammen wollen wir— gegen eine Weltdes Faschismus'—die Kulturintereffen des deutsch«» und tschechischenVolke», aber auch ihre demokratischen und kulturelle« Einrichtuagen und den Staat selbst verteidigen, an dessen Grenze« di« deutschen arbritm»don Menschen als treue Hüter stehen in der Erkenntnis, dass nur in der politischen Demokratieihre wirklichen sozialistischen Ziele Erfüllung finden werden. Hand i« Hand mit dem tschechischenProletariat werden sie alle» daran setze«, daß dirTschechoslowakische Republik nicht nur eine demokratische bleibe, sonder« auch eine soziale werd«.Dafür wollen wir alle unsere Kraft einsetzen. Rurso werden wir die arbeitenden Menschen dirse-Staates wiederum ein grosses Stück nach vorwärts— ihrem endgültigen Ziel entgegrnführen!Wehrmacht und SozialpolitikIm Rahmen des Vortragszyklus über dieWehrhaftigkeit, welchen der tschechoslowakischeLffiziersverbanb veranstaltet, sprach Dienstagabends Fürsorgeminister Genosse N e i a§ über„Die sozialen Voraussetzungen einer erfolgreichenVerteidigung des Staates". Er behandelte die bereits getroffenen oder erst geplanten^sozialpolitischen Maßnahmen unter dem Gesichtswinkelihrer Bedeutung für die Wehrmacht.Die Arbeitslosigkeit, führte er u. a. aus, isteines der wichtigsten Probleme, mit welchem sichdie Soldaten beschäftigen müssen; infolgedessenauch mit jenen Sektoren unserer Wirtschaft,welche Export, öffentliche Arbeiten, Baubewegungund Belebung der Industrie und Landwirtschaft'bilden. Schon wenn man sich vergegenwärtigt, daßin anderen Ländern Lastzüge auf einem gutenEisenbahnoberbau so schnell wie unsere Schnellzüge sichren, daß dort auch im Grenzgebiet einvollendetes Telephon-, Telegraphen- und Radionetz besteht und daß die Straßen, ob staatlich odernichtstaatlich, unvergleichlich besser siird als beiuns, wird es selbstverständlich, daß die Armeealle Bemühungen unterstützen muß, welche aufVermehrung und Beschleunigung der öffentlichenInvestitionen gerichtet sind. Nicht geringer darfdas Interesse z. B. an der Baubewegung sein,welche eine der Voraussetzungen für die Volksgesundheit ist. Eine vollkommene Sozialgesetzgebung, welche jenen Schichten ein angemessenesLebensniveau sichert, die der Armee den größtenTeil ihrer Angehörigen stellen, liegt eben so sehrim Interesse des Heeres. Präsident Benes sagteeinst, daß unsere demokratische Armee eine Arbeiter- und Bauernarmee sein werde. Wir müssendaher gerade dort helfen, wo die Wirtschaftsnotam größten ist.Der Minister besprach dann eingehend dieBedeutung und Leistungen der Sozialversicherungund der Fürsorge für die Kinder, Mütter und dieHeranwachsende Jugend und polemisierte gegendie Kritiken an der Arbeitslosen-Unterstützung.So wie er bereits an einer früheren Stelle seinerRede als dringendste Aufgabe der Sozialpolitikdie Arbeitsbeschaffung bezeichnet hatte,die nach und nach die Unterstützungen ersetzen soll,vertrat er entschieden den Grundsatz, daß die Unterstützungen für Arbeitslose nicht nur eine selbst-berständliche Pflicht sind, sondern auch im höchstenInteresse des Staates liegen:„Nur harte unböse Herzen können sich dazu ablehnend verhaltenund Unterstützungen als herausgeworfenes Geldbetrachten."Den Schlußteil seiner Rede Ipidmete derFürsorgeminister den sozialey Fragen der Soldaten und Offiziere.Regelung von Hochschulfragendurch ErmächtigungsgesetzWie das„Prager Tagblatt" meldet, hatdas Ministerium für Schulwesen den Fakultätenden Entwurf eines Ermächtigungsgesetzes zugehen lassen. Demnach wäre die Regierung berechtigt, durch Regierungsverordnung Fragerides Hochschulwesens zu regeln. In erster Reihehandelt es sich dabei um das Vorschlags-rc ch t der Fakultäten für freiwevdende oder zubegründende Professuren. Bisher durfte di« Regierung nach dem Wortlaut des Gesetzes niemanden ernennen, der nicht von der Mehrheit einesProfefforenkollegiums oder von einer wenigstenszwei Fünftel betragenden Minderheit zur Ernennung vovgeschlagen war.MÄNNER, FRAUENI UND WAFFEN IRoman von Mvnfred GeorgCopyright by Dr. Manfred Georg. PräsBor allen Dingen möchte ich gerne wissen, 06sie irgendeinen Einfluß auf Schumann hat.Schließlich bekommt er eine wichtige Mission, undich habe ihn gerade dazu genommen, weil er soallein war. Das Frauenzimmer wird ihn dochstören."Lendvai stocherte in den Zähnen:„Ich hab sie nur am Anfang des Abendbeobachtet, als ich noch nüchtern war. Sie hatmit niemandem geflirtet. Aber alle mit ihr. Unddi« Fürstin ist obendrein in Flammen. Heutegleitet das alles noch an ihr ab. Aber man mußsie daran gewöhnen. Gewöhnung verdirbt. Imübrigen gibt's da keinen Schlachtplan. Man mußden Augenblick abpassen."„Augenblick abpaffen l Wieder so langweilig«Geschichten. Wir haben doch gute Verbindungen.Wahrscheinlich schläft oder lebt sie doch mit ihmzusammen. Könnten wir ihr nicht die Polizei aufden Hals schicken? Wir jagen sie ein bißchen durchdie Länder, bis sie aus Europa verschwindet."„Schade um die Frau l"„Was heißt das: schade? Sie liegt am Endeim Grab und stinkt wie alle anderen. Wenn Siewollen: nehmen Sie sie sich doch mit nach Budapests Also ich überlass« Ihnen das, wie Sie siebeiseite schäften. Aber wenn Schumann mit seinerArbeit anfängt, muß die Angelegenheit bereinigtsein. Mit den Spesen dafür brauchen Sie nichtkleinlich zu rechnen. Ich weiß, daß das Geldkosten kann."♦Am nächsten Tage kam Schumann ganz frühzu Makropulos ins Hotel. Dieser bemerkte sofortwohlgefällig die Veränderung. Nichts mehr vonjener leichten Auftäffigkest in der Stimme. Erwar wieder der korrekte, verschlossene, selbstbewußte Kaufmann von militärischem Zuschnitt,der hier den Vertrag unterschrieb und gleichzeitigin einem einstündigen Vortrag den Gesamtentwurf seines Planes skizzenhaft, aber mit einerbezwingenden Logik in den großen Linien erläuterte. Er war schon im Reisebüro gewesen, hattealle Vorkehrungen gettoften, sich aus eine fastzauberhafte Art Püffe und Devisen verschafft undteilte mit, daß er am nächsten Ta« mit seinerSekretärin, Fräulein Nazario, abfahren würde.Er wollte aber schon jetzt zu Dunaimis, um fürden Fall, daß er mit den Vorarbeiten schon vonseiner Reise aus einsetzen könne, die Zustimmungdafür zu haben. Rur die Linie der Vorarbeitensei noch zu bestimmen.„Ich kenne ja ungefähr aus meinen eigenenGeschäften die verschiedenen Personen und politischen Verhältnisse", schloß Schumann.„Wotreffe ich Ihre Vertrauensmänner?"„Ich werde Ihnen die Adressen in Zürichund Paris geben. Hier in Wien besorg« ich dieSachen selbst. Ich bleibe noch mindestens zweiMonate in der Stadt. In Budapest macht dasLendvai. Prag ressortiert eigentlich von Zürich,auf jeden Fall merken Sie sich die Adresse: BaronBeckmann, Esplanade. Ich schicke Ihnen nachhernoch unseren russischen Verttauensmann, HerrnGlazunoff, der erst vor kurzem aus der Unionzurückgekommen ist. Sie werden sich rasch in denApparat hineinfinden. Kleinigkeiten überlassenSie ruhig unseren diversen Büros. Man ist dagewohnt. Befehle verständnisvoll auSzufühven.Uebrigens: ist die Sekretärin, mit der Sie fahren,die Dame von gestern abend?"„Jawohl. Ich bin der Meinung, daß fürsolche Geschäfte, wie wir sie Vorhaben, schöneBusen praktischer sind als Spitzngseu."„Ja, wenn es nicht gerade Privatsekretärinnen sind. Aber daß man iiber das Bett der Privatsekretärin auch leicht-u Schreibtischen kommt.sollte Ihnen doch aus den schlechtesten Filmen bekannt sein," sagte Makropulos mürrisch.„Und umgekehrt! Auch zu den Schreibtischenanderer. Wir drehen ja außerdem keinen Film,sondern machen sachliche Geschäfte ohne Romantik."„Bitte schön, ich mische mich nicht in IhreAngelegenheiten. Sie übernehmen die Verantwortung. Auf dem Laufenden halten Sie michwohl durch ein paar kurze Stichworte?"„Selbstverständlich."„Und vergessen Sie nicht, Herr Rittmeister,daß unser Geschäft gleichzeitig die Sache desRechtes und der Moral bedeutet. Ich braucheIhnen ja keine langen Vorträge zu halten. DieErreichung unseres Zieles würde für ein Jahrhundert die Ausschaltung eines politischen Moments bedeuten, das geeignet ist» den gesundenAufbau der Wirtschaft und das Widerspiel derKräfte im freien Wettbewerb, das noch immerdie Grundlage des Lebens war, zu sichern."„Sie imitteren die Philosopheme des HerrnDirektors Lendvai?"„Ja, weil ich nämlich das Wort durchausnicht unterschätze. Es sollte auch nur eine Anspielung sein, daß Sie mir in Ihrem Vorberei-ttmgsplan die journalistischen Verbündeten nichtvergessen!"Schumann gab keine Antwort. Ihm kamMakropulos so altmodisch vor. Er merkte, wieder Grieche, durch sein Schweigen irritiert, nacheinem abschließenden Wort suchte. Wer dieserganze Mann war so unoriginell, daß es Schumann geradezu reizte, ihm dabei nicht zu helfen.Er verabschiedete sich mit einer Verbeugung undein paar blassen Worten.Mgkropulos blieb noch einen Augenblick anseinem Schreibtisch sitzen. Er war sich zumersten Male in seinem Leben nicht ganz klar darüber, ob er einen guten oder einen schlechtenBerttag gemacht hatte. Sachlichkeit war ja ganzschön, aber etwa» mehr Ergebenheit hätte schondabei sein können.Herr Glazunoff kam am Nachmittag. Eswar ein blonder Russe mit einem breiten, freundlichen Gesicht, lachenden Augen, und sein Fleischwar fest und prall. Er berichtete eingehend vonden Schwierigkeiten, die die russische Regierunghatte, von den latenten oppositionellen Strömungen, von den ausländischen Agenten, die in derletzten Zett wieder Erfolge melden konnten, vonder Rolle der diplomatff"ien Vertreter, soweit siemit Dunaimis in Verbindung standen. Es warein sehr gründlicher Bericht. W und zu suchteGlazunoff in seinem Notizbuch nach Zahlen,Exportziffern, Produktionszahlen. Die Industriespionage, die er leitete, schien vorzüglich zuklappen.„Sagen Sie," erinnerte sich plötzlich Schumann,„gibt es nicht einen Namensvetter, der inMoskau Broschüren gegen die europäischen Kabinette mit oft höchst unangenehmen Einzelheitenversenden läßt?"Glazunoff sah von seinem Notizbüchlein auf;„Namensvetter? Das bin ich. Sie könnensich gar nicht denken, wie radikal ich bin. Mußich doch sein, um drüben ungestört arbeiten zukönnen!"„Was waren Sie denn früher?".„Ganz früher war ich Leiter einer Beobachtungsabteilung im Petersburger Polizeipräsidium."„Als eS noch nicht Leningrad hieß?"„Natürlich. Aber das ist längst vergessen.Soioeit es überhaupt jemand gewußt haben sollte.ES war natürlich eine Geheimabteilung."Schon im Kriege hatte Schumann nichtallzu viel für derarttge Existenzen übrig gehabt.Dieser hier, dessen offenes, ausdrucksloses Gesicht geradezu zum Uebersehen eingerichtet war,war ihm besonders unsympathisch. Er hatteschlechte Hände. Dicke Pratschen, zwischen deneneine Zigarre stak, wie menn man einem Schneemann einen Stock in die Hand bohrt, und unappetitlich kurze Nägel.(Fortsetzung folgt.)