Nr. 60

Mittwoch, 11. März 1936

Seite 3

fudetendeutscficr Xcifepiegef

rufern ein, die eine Annullierung des einmal ver­kündeten Abstimmungsergebnisses nicht zulassen wollten, was ziemliche Heiterkeit auf allen Sei­ten hervorrief. Endlich erhielt Dr. Bas von dem Senatssekretär das erlösende Stichwort, daß die Abstimmung nochmals, und zwar durch Erheben der dafür Stimmenden, zu wiederholen sei. Dabei ergaben sich ganze neun Stimmen für die Annahme. Nächste Sitzung Mittwoch, den 11. d., urr. halb elf Uhr.

Sechs Jahre Konzipientenpraxis Im Senat wurde von der Regierung ein Gesetzentwurf vorgelegt, durch den»einige Be­stimmungen über die Advokaten" abgeändert tverden. Der Motwenbericht weist darauf hin, daß eine Advokatenordnung zwar schon so bald wie möglich vorgelegt werden soll, doch erweist sich vorher eine Regelung der dringendsten Fra­gen als notwendig. Dazu gehöre vor allem die Frage der Verlängerung derKonzipien- tenpraris. Die Vorlage hält die Mitte zwi­schen den bis 1922 geltenden sieben Jahren Bor­praxis, die von der ständigen Delegation der Advokatenkammer neuerlich verlangt wird, und den bereit geltenden fünf Jahren. Die Verlän­gerung auf sechs Jahre juristischer Vorpraxis wird aber erst für jene Advokaturskandidaten gelten, die nach dem Tage des Inkrafttretens des Gesetzes um Aufnahme in das Verzeichnis der Advokaturskandidaten ansuchen. Die bereits in Stellung befindlichen Konzipienten werden also nicht betroffen. Von den sechs Jahren müssen mindestens fünf bei einem Advcckaten verbracht sein; die Rechtspraxis bei Gericht, bei der Staatsanwalt­schaft, bei einem Notar oder bei einer Verwal- tungs- oder Finanzbehörde wird insgesamt höch­stens mit einem Jahre angerechnet. In welchem Umfange die Borbereitungszeit jenen verkürzt wird, die den militärischen Präsenzdienst gelei­stet haben, bestimmt die Regierung im Verord­nungswege. Ferner wird die fakultative Einführung einer autonomen Jnvalrditäts- und Altersver­sicherung im Rahmen der Advokatenkammern ermöglicht, ohne datz hiedurch jedoch die Selb- ständigenversicherung oder die Penfionsversiche- rung der Privatangestellten berührt wird. Als Grundstock für diese Altersversorgung haben di« Advokaten aus ihren Einnahmen als Konkurs­oder Ausgleichsverwalter fünf Prozent ihrer Ad­vokatenkammer abzuführen. Weiters wird die Zahl der Mitglieder der Disziplinarrät« erhöht und der Tätigkeitsbereich der bisherigen Ad- «okatenkammer in Turx Sv. Martin auf die neuen Advckatenkammern in Pretzburg und Ka- schau aufgeteilt. Die Zahl der Pensionsversicherten im Vorjahr gestiegen Ebenso die Summe der Beiträge Die Verwaltungskommission der Mgemeinen Pensionsanstalt hielt dieser Tage ihre erste Sit­zung im heurigen Jahre ab. Nach dem vorgeleg­ten statistischen Bericht betrug am 1. Feber 1936 die Zahl der Pflichtversicherten(ohne die freiwil­lig in der Versicherung fortfahrenden Personen) 330.224 gegenüber 316.624 am 1. Feber 1936. Der Zuwachs beträgt also 13.600, während der Zuwachs am 31. Jänner 1935 gegenüber dem I. Feber 1934 nur 8423 betrug. An Bei­trägen wurden im Jahre 1935 vorgeschrieben 472.067.550 XL, um 24,637.999 XL mehr als im Jahr« 1934. In diesem letztgenannten Jahre tvaren die gesamten vorgcschriebenen Beiträge um II, 170.228 XL kleiner als im Jahre 1933. An Renten nach dem Gesetz aus dem Jahre 1929 zahlte die Allgemeine Pensionsanstalt im Vor­jahre insgesamt 354,568.001 XL, um 38,680.937 XL mehr als im Jahre 1934. Die Steigerung im Jahre 1934 betrug gegenüber 193o 46,452.374 XL. Nutzendem wurden im Vor­jahre an Renten nach dem Gesetz über die nicht­versicherte Dienstzeit 68,521.884 XL ausgezahlt, um 3.852.706 XL mehr als im Jahre 1934. AuS diesen Daten geht hervor, datz auher der Versichertenzahl im vergangenen Jahre zum ersten Male seit dem Ausbruch der Krise mich die vor­geschriebenen Beiträge, die im Verhältnis zu den gemeldeten Gehältern stehen, gestiegen sind.

Landwirtschaftliche BezirkSvorschusikaffen dür­fen Bankgeschäfte tätigen. Die Regierung hat dem Senat einen Gesetzentwurf vorgelegt, durch welchen das Gesetz 128/24 über die landwirtschaftlichen Bczirksvorschutzkasien abgeändert wird. Der Wirk­samkeitsbereich der Borschutzkasta wird auf alle Bankgeschäfte ausgedehnt und die bisherige Be­schränkung der Einlagengreitze ans das Sechzig­fache deS eigenen Kapitals beseitigt. Außerdem ' wird die Revisionstätigkeit des LandesausschusseI auf den Pflichtverband der landwirtschaftlichen Bezirksvorschutzkassen übertragen; dem Landes- ausschuß bleibt die Oberaufsicht belassen. Das Auf- sichtSrecht der Bezirksausschüsse wirh wesentlich be­grenzt; dafür entfällt ihre Beitragsleistung zu den mit der Revision des Landesausschusses verbun­denen Kosten. Die Direftoren der AmtSstellen A und B der Allgemeinen Pensionsanstalt in Prag , Dr. W. Preitzig und W. Fischer, sind in den Ruhestand ge­treten. An ihre Stelle wurden Dr. Silvester Hipp- mann(Amtsstelle A) und Dr. Anton Einhorn .(Amtsstelle B) ernannt.

Patscheiders Verteidigungsrede Mährisch-Ostrau. (Tsch. P.-B.) Im Patschei­derprozeß ergriffen heute vormittags die Hauptan­geklagten Dr. Patscheider und Lamatsch zu ihrer Verteidigung das Wort, unt die Plädoyers ihrer Verteidiger zu ergänzen. Es war dies gewisserma­ßen ihre politische Beichte. In einstündiger Rede hob Dr. Patscheider hervor, daß seine öffentliche Tätigkeit zu 90 Prozent kulturellen Charakters war und nur zu zehn Prozent der Politik galt. Die Po­litik der deutschnationalen Partei war ihm zu ober­flächlich, weshalb«r auf dem Kongreß in Znaim u. a. eine Programmänderung im Sinne der be­dingungslosen Anerkennung des tschechoslowakischen Staates forderte. Sodann sprach Patscheider über denS o n d e r b e f e h l", in den er nur einen DiSkussions gegen st and sieht. Er war für eine neue Freiheit der politischen Verhältnisse in Mitteleuropa , aber nicht unter großpreußischer Hegemonie, er war vielmehr für eine mitteleuro­päische Gesellschaft fteier Völker. In diesem Sinne legte er dar, daß erPaneuropa" ein auch auf Rußland gestütztesJnnereuropa" gegenüberfiellte. Gegenüber den Beschuldigungen der Anklage wen­det sich Dr. Patscheider dagegen, daß er nach außen hin anders gehandelt hätte, als nach innen. Ich war nicht und bin nicht ein Heuchler. Vielleicht wird mir vorgeworfen werden, daß ich zu blöd war, daß ich mich für die Schaffung eines tschechssch-deutschen realistischen Verbandes einge­setzt habe, wofür ich jetzt auf der Anklagebank sitze. Ich sitze jedoch mit Recht hier, weil meine Konzep- tion nicht verstanden wurde". Dr. Patscheider sagte, sein Streben sei eS ge­wesen, eine Kulturpolitik ohne Rücksicht auf die Staatsgrenzen zu betreiben. Er sei mit jedem gu­ten Tschechen und jedem guten Zionisten gut aus» gekommen. Er sei ein geistiger Revolu­tionär und schätze Herder als sein Vorbild. Für feine Grundsätze werde er unerschrocken weiterkämp­fen. Er bedauere es nur, wenn dieser Prozeß die Kluft zwischen den Tschechen und den Deutschen , die er überbrücken wollte, vertiefen sollte. Er er­innert daran, daß auch für die Sudetendeutschen seft jeher die Wenzelskrone das gleiche Mysterium be­deutete, wie für die Tschechen. Er erwarte, daß es unter der Wenzelskrone zu einer Verständigung der Tschechen und Deutschen kommen werde. Er wolle bei einer besseren Zukunft der./Ostdeutschen " und derWestslarven" auf der Wacht stehen. Er erwarte, daß er beim Gepicht Verständnis finden werde, er verlange von ihm nur daS Recht. Hierauf hielt Lamatsch eine zweistündige Rede. Er sagte u. a., er habe den Mut gehabt, die Dikta- tur zu verurteilen upd sich zur Demokratie zu beken­nen. wofür er dann angefeindet wurde. Er behaup­tet, er habe seine Rede über den Teschener Korridor, die er in Ratibor hieft, vorher den tschechoslowaki­schen Behörden zur Genehmigung vorgelegt. Er ver­wies dann auf seine Arbeit für die Tschechoslowakei im Jahre 1919 während des Plebiszits. Er habe, wie er sagte, die Brücken hinter sich abgebrochen und habe seine Existenz vernichtet, nun aber verlange er, datz seine Arbeit anerkannt und daß er nach 900 Tagen Gerichtshaft rehabilitiert werde.

Preßberlchtlsuns betreffend den in Nr. 52 unseres Blattes vom 1. März 1936 erschienenen ArtikelArbeiter. Ar­beiterinnen, nochmals herhörenl SdP-Landes- vertreter Helzel, der den Blumenarbeiterinnen seit neun Jahren den Lohn schuldig ist, vom Kreis­gericht in Böhm.-Leipa wegen Veruntreuung ver­urteilt!" Es ist unwahr, datz Helzel in einem Straf­verfahren beim Kreisgericht in Böhmisch-Leipa wegen Veruntreuung verurteilt und zum Schaden­ersatz verhalten wurde. Wahr ist vielmehr, datz Julius Helzel von der Anklage wegen des Verbrechens der Verun­treuung vollkommen freigesprochen wurde. Unwahr ist auch, datz Helzel von der Firma Johann Schindler den gesamten Lohn für die Hausarbeiterinnen im Voraus erhielt. Wahr ist vielmehr, datz er teilweise nicht den gesamten Lohn ausbezahlt erhielt, weil auf ein von der Firma Johann Schindler ihm gegebenes Darlehen Abzüge vorgenommen wurden, noe: » Julius Helzel (folgt die Unterschrift des Rechtsanwalts Dr. Kreiß!). Bodenbach , am 3. März 1936. Die oben abgedruckte Presseberichtigung ent­spricht dem Gesetz und mutz deshalb von uns ver­öffentlicht werden. An dem Wesentlichen, um das es im Fall Helzel geht, nämlich daran, datz dieser S d P- Volks v e rtr et e r seit neun Jahren armenBlumenarbeiterinnen den Lohn schuldig ist. ändert diese Berichtigung nichts und Hert Helzel unternahm ja auch gar nicht den Versuch, dieses moralisch, sozialund politisch entscheidende Faktum zu berichtigen. Herr Helzel berichtigt nur zweierlei: er ist nicht verurteilt, sondern freigesprochen wor­den. Tatsächlich haben wir jetzt erheben lassen, datz ! Helzel zwar wegen Veruntreuung angeklagt war, laber freigesprochen und nur zum Schadenersas 1 verpflichtet wurde. Unsere Leser erinnern sich

daran, daß unsere frühere Behauptung der Ver­urteilung sich auf eine vom Bezirksgericht Schluckenau legalisierte Aufschrift eines Briefes stützte, den der Chef der Firina Schindler, Johann Schindler, unterfertigt hatte. Gewissen­hafter konnten wir auch in diesem Fall nicht vor­gehen; mit einem legalisierten Irrtum konnte man nicht rechnen. Was aber den zweitenPassus der Be­richtigung anlangt, so bestättgt er ja nur, datz Hel­zeltestweise" den gesamten Lohn auSbe- zahlt erhielt, während er selber eben ordnungs­gemäß an ihn abgelieferte Ware armen Arbei­terinnen nicht bezahlte. Deswegen wurde er ja auch zum Schadenersatz verurteilt; aber er hat ihn unseres Wissens bis heute nicht geleistet. Bleibt also das Urteil über ihn in vollem Um­fang bestehen. Und auch das Urteil über die SdP, die solchen Mann mit denfeinen Sachen auf dem Kerbholz" deckt und in Amt und Wür­den beläßt! Wichtige Fräsen der Industrieansestellten bildeten den VerhändlungSgegenstand der gesamt­staatlichen Tagung der Fachgruppe Indu­strie im Allgemeinen Angestellten- Verband Reichenderg am 8. März. Rach einem zündenden EröffnungS-Sprechchor der Rei­chenberger Jugendgruppe deS Allgemeinen Angestell- ten-Verbandes entbot der Fachgruppenvorsitzende VerbandSobmann-Stellvertreter Pfahl, den zahl­reichen Vertretern und Gästen herzlichen Willkom- mensgrutz, worauf Abg. Maronn als parlamen­tarischer Angestellten-Bertreter und im Namen des Deutschen Gewerkschaftsbundes eine gehaltvolle An­sprache an die Tagung richtete. Der Fachgruppen­sekretär Wagner gab zu den umfangreichen ge­druckten Berichten der Fachgruppe und ihrer einzel­nen Sektionen(Textil-, Metall-, Porzellan-, Gas-, Eleftro-, Wasser«, Chemische und Bau-Industrie) eingehende mündliche Ergänzungen, wobei er sich auch mit der durch die Syndizierungsmaßnahmen gekennzeichneten jetzigen EntwicklungSphase der Wirtschaft und Gesetzgebung beschäftigte. . Die Stellungnahme zur Syndizierungs­frage erörterte der Berbandssekretär G r ü n z- n e r in einem sich mit allen Einzelheiten befassen­den und die verschiedenen Auswirkungen beleuchten­den Vortrage. Die Schlußfolgerungen aus seinen Darlegungen faßte er in einer von ihm beantrag­ten Kundgebung zusammen. Dem Bortrage folgte Scharfe Maßnahmen gegen den Jevtit-Klub General Zlvkovtt pensioniert Die jugoslawische Regierung hat im Zuge der Untersuchung gegen die Urheber des Attentats in der Skupschtina eine Reihe von Abgeordneten des JevttL-Mnbs verhaften lassen. Einer der Be­schuldigten, Tasa L i n i L, ist nach Prag ge­flohen. Die Skupschtina hat die Auslieferung der Abgeordneten beschlossen, die der Mitschuld an dem Attentat verdächtig erscheinen. ArnautoviL soll ei» Geständnis abgelegt haben. Bei Jevtiä fand eine Hausdurchsuchung statt, deren Ergebnis noch nicht bekannt ist. Interessant ist, daß General Z i v k o v i e in den Ruhestand versetzt und nach Pirot ver­bannt wurde. 8» Mit Zivkoviä scheidet vorläufig«in Mann aus dem polittschen Leben, der in der Geschichte Serbiens und der Südflawen eine schicksalsschwere Rolle gespielt hat. Er war einer der Haupwerschwo- venen vom Jahre 1903 und hat an der Eruwrdung des Königs Alexander Oberenoviä und der Königin Draga tätigen Anteil gehabt. Er stieg dann unter den Nutznießern des blutigen Putsches, der neuen Dynastie Karageorgeviö, rasch zu hohen wür­den und Ehren. Dabei trennte er sich von seinen Mu- verschworenen vom Sommer 1903. Gegen die soge­nannte Schwarze Hand des Dragutin Ditrijeviö, genannt Apis, den BundEinigung oder Tod", schuf er die Weiße Hand, einen königstreuen, zur Po­litik Pastös stehenden Offiziersbund. Nachdem er ini Weltkrieg hohe Kommandos geführt, an der Be­seitigung der Schwarzen Hand und endlich an der Schaffung des grobserbischen Staates teilgenommen hatte, trat er wieder in den Mittelpunkt der großen Polittk, als König Alexander am Dreikönigstag 1929 die Verfassung suspendierte und eine Militärdiktatur einrichtete. Zivkovis war der leitende Gei st dieser Diktatur und blieb bis in di« jüngste Zeit eine der wichtigsten Säulen jeder Regierung. ES scheint, daß er sich mit Jevtiö gegen Stojadino- viö verschworen, vielleicht auch gegen den Prinz­regenten intrigiert hat.

Ole Unruhen In Polen Warschau.(Tsch. P. B.) In dem Städtchen Przetyk bei Radom kam es Dienstag zu Zusam­menstößen zwischen größeren Gruppen von Exze­denten, die antisemitische Ausschreitungen veran­stalteten, und der jüdischen Bevölkerung. In dem Kampfe, der sich zwischen den beiden Parteien entspann, wurden-beiderseits Revolverschüffe ge­wechselt. Ein C h r i st und ein Jude j wurden getütet. Auf beiden Seiten gab es I zahlreiche Verletzte.

eine Wechselrede, worauf die von ihm beantragte Kundgebung einstimmig angenommen wurde. Sodann erfolgten ReMvahlen. Achtzehnmal vorbestrafter SdP- Mann beim Einbrechen ertappt Dieser Tage in aller Herrgottsfrüh wurde bei einem Kaufmann in Neuern eingebrochen. Als Täter tvurde der bekannte, achtzehnmal vorbestraft; SdP-Mann Andreas Siebert festgesrellt, der noch wenigs Tage vorher für die SdP Flug­blätter ausgetragen hatte. Die Hausdurchsuchung bei Siebert ergab einen Koffer voll der diversen Wahlflugblätter der Henleinpartei und ein im Koffer innen angebrachtes Hitlerbildnis... Mißlungene Entführung. Aus Karlsbad wird uns gemeldet: In Wehedih hatte dir Eisen- bahnersftau Krejicka ein aufregendes Abenteuer zu bestehen. Als sie abends an einem auf der Straße beim Sportplatz stehenden Auw vorüberging, stürzte sich plötzlich ein Insasse des Kraftwagens auf sie, packte sie von rückwärts und schleppte sie zum Auio in der oftrnbaren Absicht, sie zu entführen. Tie Frau wehrte fich verzweifelt und schrie um Hilf«, worauf ein Passant herzugreilt kam; als der Automobilist den Mann erblickte, sprang er in den Wagen und fuhr mit Vollgas davon. Die Frierkarte der Deutschen Jugendfürsorge. Die Deutsche Jugendfürsorge bittet, an Stelle der Dankschreiben bei Hochzeiten und Taufen, bei Namens- und Geburtstagen, Gedenkfeiern, Er­nennungen, Ehrungen, Promotionen, Todesfällen nur noch ihre Feierkarte zu verwende». Die Feier­karten der Deutschen Jugendfürsorge sind einfache, schmucklose Blätter, die einen kurzen Tanktext tragen, unter den nur noch der Namen des Absenders ein­gefügt zu werden braucht. Auf der Rückseite findet sich eine für den Empfänger bestimmte Aufilärung über das Wesen der Feierkarte, Raum für die Adresse, die AufschriftTeildrucksache" und Platz für die 30-Heller-Marke. Diese Feierkarte erfüllt ihren Zweck genau so gut wie die schönste und teuerste Posttarte. Der Absender bezahlt sie mit 70 Heller per Stück und gibt so inkl. der 30-Heller-Marke eine Krone aus. Soviel kostet auch eine frankierte An­sichtskarte, von einem Briefe ganz zu schweigen. Nur der Unterschied besteht, daß durch den Verzicht auf daS bunte Bild 60 Heller für die leidende sudetendeutsch« Jugend verwendet werden können.

Die Pariser Presse zur ZerreiBuns des Rheinpaktes Zwei französische Zeitungen, das links­stehendeOeuvre" und der rechtsgerichtete I o ü r" sind'sich darin einig, daß Hitler , bevor er den Rheinpakt zerrissen hat, sich einer still­schweigenden Unterstützung seitens Roms versichert habe.Oeuvre" zweifelt nicht daran, daß die neueste Aktion Hit­ lers die Folge einer deutsch -italienischen Verstän­digung vor allem über das österreichische Problem sei. Hitler sei entschlossen, im Falle ernster Verwicklungen zwischen England und Italien , dem letzteren gegenüber Zurückhal­tung in der österreichischen Frage zu bewahren. Jour" meint, es sei merkwürdig, datz die deutsche Regierung ihre Aktion auf den Zeitpunkt verlegt habe, in dem Italien drohte, sich im Falle der Verschärfung der Sanktionen vom Locarno -Pakt loszusagen. Dieses zeitliche Zusam- menfallenist kaum zufällig. I n t r a n s i g e a n t" weist darauf hin, daß die Aktion Berlins sich aus dem bestehenden Antagonismus zwischen Deutsch­ land und Rußland ergebe. Indem Deutschland die frühere demilitarisierte Zone zu befestigen beginnt, habe es nicht so sehr eine Be- , drohung Frankreichs im Sinne, als eine Siche­rung gegen französische Intervention, falls Franks reich gegebenenfalls die aus dem französisch» russischen Pakt sich ergebenden Verpflichtungen erfüllen wollte.P a r i s M i d i":Wir wer­den bald erfahren, wie fest die Allianz zwischen Paris und London s e i. Vor einigen Monaten hat England bei uns angefragt, ob wir es im Mittelmeer gegebenen­falls unterstützen werden; wir haben daraufhin London alle notlvendigen Garantien gegeben, und die beiden Generalstäbe haben sich über die Ein­zelheiten der militärischen sowie der Marine- und Kriegsluftfahrt-Mitarbeit geeinigt. Es han­delte sich damals um Gibraltar , Malta und Aegypten . Aber für Frankreich ist der Rhein ebenso wichtig wie Aegypten , wenn nicht wich- ttger. Ist England bereit, für Franko e-ich dasselbe zu tun, was Frankreich für England getan hat? Das ist das ganze Problem." Die die Ansichten der Finanz- und Industrie­kreise ausdrückendeI n f o r m a t i o n", die sehr pessimistisch gestimmt ist und den Wert irgendwelcher Abmackungen mit Hitler-Deutsch­land, das die Verträge für Fetzen Papier hält, stark bezweifelt, schlägt doch vor, trotz alle­dem die deutschen Anträge zu prüfen.

Gibralter. Dienstag sind hier aus britischen Häfen neun Torpedobootzerstörer eingetroffen.