Donnerstag, 12. März 1936Nr. 61Seite 2Ilie SdP soll an ihre Kapitalisten appellieren,wenn sie die soziale Not bekämpfen willKleine Ententefür Einhaltung InternationalerVerpflichtungenGenf. Nach der Ankunft deS rumänischenAußenministers Titulescu in Genf sind dieVertreter der Kleinen Entente und der Balkan-Entente zusammengetreten, um die durch die einseitige Aufhebung der Locarnoverträge durchDeutschland entstandene Lage zu prüfen. An derBeratung nahmen für Rumänien AußenministerTitulescu» für Griechenland Gesandter Roseti,für die Tschechoslowakei Legationsrat Dr. Heidrich, für die Türkei Kemal Husny und für Jugo-slaivien Gesandter SubotiL teil.Es wurde keinKommuniquä ausgegeben, jedoch hrrvorgehoden, daß diellebereinstimmung der Ansichten hinsichtlich der Axt, in welcher die Staaten der beiden Ententen in den nächsten Tagenbei der Lösung der Fragen vorgehen werden,vollkommen ist. Das Borgehen derStaaten der Kleinen Entente und der Balkan-Entente ist durch die bisherige Richtlinie ihrerAußenpolitik gegeben und stützt sich auf dieGrundsätze des Bölkerbundpaktes, namentlichauf den Grundsatz der Einhaltungaller internationalen Ber.pflichtunge».Hitlers letztes Wort...Paris.„Matin" druckt ein Interview derLondoner„Daily Mail" ab, das H i t l e r demRedakteur Ward Price gewährt hatte. Hitler erklärte u. a.:Mein Angebot eines Nichtangriffspaktesist ein allgenleinrS und gilt ohne Ausnahmeauch für die Tschechoslowakeiund Oesterreich.Deutschland wäre glücklich, wenn Englanddie Vermittlerrolle auf sich nehmenwürde. Auf die Frage Ward Price wegen derDirigierung der deutschen Truppen in die entmi-litarisierte Zone erklärte Kanzler Hitler, daß imRheinland keine Rede von einer Konzentrierungder deutschen Armee zuOffensivzwek-l e n sein könne. Deutschland wolle nach demRheinland nicht mehr als die normale Besatzung schicken. Falls aber dieseVorschläge, wie so viele andere, abermals verworfen oder nicht in Erwägung gezogen werden sollten, werde die deutsche Regierung Europamit neuen Angeboten nicht mehr belästigen.ParlamentskommissionIn die FestungszoneParis. Der Wehrausschuß der Kammer beschloß nach dem Meinungsaustausch über die bisherigen militärischen Maßnahmen, in die Grenzzone an der französischen Ost- und Nordostgrenzeeine sechsgliedrige parlamentarische Kommissionzu entsenden, welche an Ort und Stelle denStand der Sicherheitsmaßnahmen prüfen soll.Amerika mischt sich nicht einWashington. Im Weißen Hause wird erklärt,daß Präsident Roosevelt nicht die Absicht habe,im gegenwärtigen Zeitpunkte an einer Demarcheim Zusammenhang mit der Situation in Europateilzunehmen.Eine tschechische Stimme Im Senat:Prag. Im Senat wurde am Mittwoch dieabernmlige Verlängerung des Hopfenabkommensmit Deutschland bis Ende August d. I. genehmigt.Der Referent Jng. M a r u s ä k befaßte sichdabei ausführlich mit unseren handelspolitischenBeziehungen zu Deutschland.Im Jahre 1934 ist zwar unsere Ausfuhr nachDeutschland von 1046 auf 1564 Millionen liö gestiegen, da aber Deutschland nicht inDevi«s e n, sondern nur in Waren zahlt, kann die Abtragung unserer Aktivspitze im Clearingverkehr nurdurch erhöhte Abnahme deutscher Waren ausgeglichenwerden. Unsere Einfuhr nach Deutschland betrug1984 jedoch nur 1244 Millionen. Ende 1935 ergabsich auf dem Sammelkonto für uns ein Aktivumvon rund 300 Millionen K<5. Das hat zur Folge,daß unser Exporteur mindestens vierMonate auf die Bezahlung seiner Rechnungdurch den deutschen Abnehmer wmüen muß.Herr Bock von der SdP benützte diese Gelegenheit, um in wirtschaftlich getarnter Formseiner Sympathie für das Hitler r e i ch Ausdruck zu geben. In einer pathetischen, mit allerhand Kathederblüten(„.. datritt eine Katastrophe ein, die pro Hektar 25 Zentner abwirft") gewürzten Rede plädiert er für einfreundschaftliches Verhältniszu Deutschland, das ein„Segen" fürbeide Staaten wäre. Die Tatsachen der Handelspolitik seien dazu angetan.(Zwischenruf:Deutschland zahlt ja nichts!).Unter zahlreichen Zwischenrufen auf der Linkenwettert der Herr Senator weiter gegen dieFriedensstörer:„Ueberall sind«I gleichen unterirdischen K r ä f t e, die systematisch an der Zerstörung und Unterminierung des Weltfriedensarbeiten und die Völker in einen neuen Weltkriegstürzen wollen. Auch unser Staat muß, wenn erleben will, diesen Kräften die Stirn bieten..."Der Herr Senator scheint demnach die Literatur des Dritten Rieches über den unheilvollenEinfluß jüdischer Freimaurer etc. auf die Weltpolitik eifrigst studiert, dagegen seit dem Hitler-umsturz keine einzige Zeitung mehr gelesen zuEin Industriellergegen niedrige LöhneIn der Ortsgruppe Warnsdorf des Deutschen Hauptverbandes der Industrie hielt Dienstag, den 10. März, der Textilindustrjelle Hermann S ch e f t e r einen Vortrag, der besondersdadurch bemerkenswert ist, daß sich der genannteFabrikant mit Entschiedenheit gegen niedrigeLöhne der Arbeiter wandte. Er sagte u. a.:Es ist eine weit verbreitete Ansicht, derExport ließe sich vergrößern, während der Jn-landsmarkt eine wesentliche Steigerung des Absatzes nicht ermögliche. Aus dieser Auffassung wirdgefolgert, daß eine Regelung der Lohnfragen zuunterbleiben habe, weil sonst der Export bedrohtwürde. So sind chaotische Zustände eingerissen.Der Unterschied in der Stunden-Entlohnung einerArbeiters innerhalb eines ErzeugungSzweigeSschwankt in der Textilindustrie zwischen 1 und3 K£. Entsprechend schwanken auch die Kostenhaben. Anders ist dieses krasse Unwiffen in Bezugauf die Frage, wer denn eigentlich in denletzten Jahren und vor allem in den allerletztenTagen systematisch den Weüfrieden bedroht, kaumzu erklären.Der Referent Jng. Maruöäk zeigt zunächstdie Unhaltbarkeit der wirffchaftlichen Thesen deSHerrn Bock auf: Wenn wir unseren Export nachDeutschland nicht vergrößern können, so ist dieZahlungsunfähigkeit Deutschlands die Ursache.(Genosse Grünznerruft dazwischen: Es steckt sein ganzes Geld in dieRüstungen hinein!) Da Deutschland nur mitWaren bezahlt, haben wir an einer Exportsteigerung kein solches Interesse. Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist sicher ärger als bei unsund wäre noch größer, wenn Deutschland nicht soviel Kriegsmaterial erzeugen würde. Der Arbeiter bekommt drüben nur in der Rü-stungsindustrie Arbeft.Wenn Bost auf die soziale Rot bei«ns verweist, so sei dem entgrgenzuhalten, daßer doch einer Partei angehört, die in ihrerMitte das deutsche Kapital vereinigt, die Fabrikanten, Bankiers usw.(Widerspruch, Zustimmung auf der Linken, Lärm). Die Ber-treter der SdP im Senat würden, statt hierAgitationsreden zu halten, besser daran tun,sich an ihre Vertreter in den Kartellen«nd im Jndustriellenverbandzu wenden«nd sie zu bewegen, daß sie keineantisoziale Politik betreiben undden Bemühungen, der Arbeiterschaft ein auskömmliches Leben zu ermöglichen, keine Hindernisse in den Weg legen!(Beifall.)Auch die zweite Referentin, P l a m i n-k o v ä, findet es merkwürdig und für die Mentalität der SdP bezeichnend, daß ihr Redner sichin wirtschaftlichen Dingen das Interesse Deutschlands zu eigen macht.Nach Annahme der Vorlage und Erledigungeiniger zweiter Lesungen wurde die Sitzung geschloffen, ohne daß ein Termin für die nächsteSitzung anberapmt worden wäre.der Erzeugung. Aber verkauft muß zu gleichenPreisen werden.Die Folgen dieses LohndumpiugS auf denJnlandmarkt sind katastrophal. Ein Arbeiter mit1 bis 2 AS Ttundrnlohu kann auch ohne Familiekaum vegetieren, er kann nicht mehr als Konsument betrachtet werde«. Aber die Industriebraucht nichts dringender als Konsumenten. DerJnlandmarkt mit allen seinen großen Möglichkeiten wird unterschätzt. Für jeden derzeit Arbeitenden 1000 AL mehr alS bisher tm Jahr, wären' Milliarden neue Umsätze.Auch der übrige Teil des Referats desHerrn Schefter ist sehr sachlich gehalten. DerVortragende lehnte Exportprämien ab und verlangt billigen Exportkredit, raschere Refundierungder-Handelssteuern sowie Frachtbegünstigungen,wofür die Unternehmer ein Mindestlohngesetz mit allen seinen Folgen in Kauf nehmen sollten. Ein solches Gesetz sei, wie Scheftermeint, die Voraussetzung für dieGesundung unserer Industrie.Es ist lebhaft zu begrüßen, daß sich einmalein Industrieller findet, für den Jndustrieförde-rung nicht Lohnabbau und Kampf gegen dieArbeiterschaft bedeutet. Wenn die deutschen Industriellen eine solche Wirtschaftspolitik betreibenwürden, wie sie Schefter empfiehlt, dann könntensie mit der Unterstützung der deutschen Arbeiterschaft rechnen, die ein Lebensintereffe an der Erhaltung und Förderung der sudetendeutschenIndustrie hat.Nächste Wocheaußenpolitisches ExposeAuf Grund einer Vereinbarung der Führerder Koalitionsparteien mit den zuständigen Stellen wird für die ersten Tage der nächsten Wocheder außenpolitische Ausschuß des Abgeordnetenhauses einberufen werden, um ein Expose desneuen Außenministers Dr. K r o f t a über dieaußenpolitische Situation entgrgrnzunehmcn.Vereinigung der magyarischenParteien In der CSRSeit längerer Zeit wird zwischen den zweigroßen magyarischen Parteien der Slowakei,nämlich der unter Führung des AbgeordnetenS z ü l l ö stehenden magyarischen Nationalparteiund der vom Abg. Esterhazy geführten magyarischen christlichsozialen Partei Verhandlungenüber eine Bereinigung der beiden Parteien geführt. Dienstag, den 10. März, fanden nun dieSchlußberatungen der beiden Parteien statt, wobei die Rationalpartei in Nove Zämky, dieChristlichsozialen in Preßburg tagten. Wie esheißt, sollen insbesondere die magyarischen Geistlichen gegen die Vereinigung gewesen sein, dennoch sind die Beratungen positiv abgeschlossenworden. Es wird eine einheitliche Partei gebildet unter dem Namen„Vereinigte christlichsoziale und magyarische Nationalpartei, die voneinem Direktorium geleitet werden wird. Indie neue Partei tritt auch die kleine Gruppe dermagyarischen katholischen Partei ein, die sich voreiniger Zeit von den magyarischen Christlichsozialen abgesplittert hat.Der Präsident der Republik empfing Mittwoch den Ministerpräsidenten Dr. Milan H o d»z a. Weiters empfing er den Bürgermeister vonKarlsbad Anton Schreitter sowie Vertreterder Masaryk-Universität in Brünn. Am Nachmittag empfing der Präsident den jugoflawischcnGesandten Dr. P r o t i ö.Im Kulturausschuß des Senates wurdedurch eine Resolution zur lex Uhlir das Schulministerium auf die sogenannte lexPerek,ein mährisches Landesgesetz aus der Vorkriegszeit, aufmerksam gemacht und aufgefordert, denAuswirkungen dieses Landesgesetzes erhöhteAufinerksamkeit zu widmen und eine geeigneteAenderung im Sinne der heute allgemein gültigen Grundsätze in der Erziehung der Schuljugendvorzubereiten.— Die lex Perek bestimmt bekanntlich, daß die Müder nur Schulen ihrer Muttersprache besuchen dürfen;, das Gesetz hat in weitem Maße dazu beigetragen, daß der Schulkampfin. der Vorkriegszeit in Mähren auf ein Minimum beschränkt blieb.diedaI großen Raum, wir können nach innen tanzen,wenn ich es so sagen darf,..."Draußen war es längst dunkel geworden.Wie lange saß Schumann schon hier, wielange war es schon, daß nur noch Frau Amttiesprach! Haydöe zündete nicht die Lampe an derDecke, sondern nur ein Lämpchen auf dem Tischean. Die Jalousien zog sie eng in den Rahmenhinunter. Es war heiß und stickig, wie unter Deckeines Dampfers, aber Halber schien das nicht zuspüren, sie hatte sich auf den Ladentisch gesetzt,schnitt Orangen durch und saugte sie aus.Frau Amttic versank jetzt in Erinnerung.Sie fischte von hinten irgendwoher aus dem Dunkel eine schmale Trommel und begann darauf mftden Fingern einen kurzen, monotonen Takt zuschlagen. Er klopfte leise und müde durch denRaum. Schumann sah die kräftigen Finger sich aufder kreisrunden Fläche auf und ab bewegen, erkannte noch die Umrisse der Knie, und ab und zukam auch der Mund der Frau in den Lichtkreisdes Lämpchens.Die Finger toaren unter den ungefärbtenNägeln dunkelrosa, das Weiß der Monde schienSchumann heller als gewöhnlich. Auf und abgingen die zähen, vibrierenden Schlägel, trommelten, tronimelten immer schneller, und ausdem Mund kam dazu, nicht zurückgehalten mehrvom Zaun, der Zähne, ein kurzer, leiser, anfeuernder Ruf.Der ganze Laden schaukelte wie eine Schiffskabine. Jedenfalls schien es Schumann so. Ersetzte sich in einem Sessel zurecht, als müsse er sichfester halten. Seine Füße wippten den Taft mit,allmählich begannen sie, richtig den Boden zuklopfen, schneller, immer schneller. Schneller wirbelten auch die Finger. Jetzt öffnete sich der Mundder Frau groß und stieß einen rauhen, starkenLaut aus. Dann sank das Geräusch, wurde leise,aber der Rhythmus blieb, und es schien das Lich:in der Lampe in dem Rhythmus zu zucken, dieFlüssigkeit in den Flaschen begann zu wippen, dieMANNER, FRAUEN)I UND WAFFENRoman von Manfred GeorgI ICopyrisut by Dr. Manfred Georg, PräsSie war jetzt schon ein wenig angetrunken.Das sechsfache Quantum war das mindeste, wassie, gemessen an Schumanns und Haydtt's Konsum, vertilgt hatte.„Ich habe von seinem Blut getrunken," referierte Haydtt sachlich.„Gut, gut, mein Töchterchen, er scheint jaein mutiger Mensch zu sein. Offizier und reich undkeine Angst vor der Farbe, die wir tragen..."„Aber gnädige Frau," warf Schumann ein,ganz abgesehen davon, daß mir das egal ist, insoviel Generationen erlischt doch das."Frau Amttie sprang auf:„Nichts erlischt, mein Herr, wir sindStärkeren. Mich hat auch niemand, wenn ichin meinem Marseiller Hotel war, für jemandenanders gehalten als eine Südfranzösin aus besterFamilie. Tvmals habe ich mich zusammen nehmen müssen, bin nicht immer so frei im Leben undin der Kleidung gewesen, wie ich es hier sein kann.Hier bin ich zu Hause. Sie werden es mir nichtverübeln, daß ich mich nicht umzog. 2m Hotel warich immer so adrett und steif angezogen wie eineGouvernante. Wer des Nachts oben in meinemZimmer habe ich aus meinem Koffer die allenFetzen geholt, die Mutter und Großmutter, undvorher noch wer, trugen, und wenn ich gar nicht»lehr konnte, wenn ich vom Wäsche-Zählen undRechnungen-Ausschreiben, dem Aerger mit denHandwerkern und der Albernheit des Direktors,der mich bei aller Schätzung immer von obenhekab behandelte, müde war, dann tanzte ich obenauf meinem Zimmer. Unser Tanz braucht keinenGläser klirrten ohne Grund aneinander. Die Hitzestieg. Der Rauch, der die Luft schwer gemacht undsie zu einem Dickicht verwandelt hatte, legte sichauf Schumanns Atem. Wer das war egal. Dieeinzig empfindliche Stelle war an ihm im Augenblick das Ohr. Er konnte es nicht mehr dem Trom-meln verschließen, es fuhr immer stärker in ihnhinein, es riß ihm die Sinne auf, stürzte durchseinen Körper und begann, sich in Bewegungenseiner Hände umzusetzen. Zuerst zaghaft, dannimmer rascher und stärker begann er ebenfallsauf den Tisch zu trommeln, den Körper dazu zuwiegen und heftiger mit den Füßen den fallenden und steigenden Kadenzen zu folgen. DerMund Frau Amtties schien sich etwas zu verziehen. Es war, als ob er lachte. Dabei stand er unbeweglich im Raum. Rasend wirbelten jetzt ihreFinger.Plötzlich glitt Haydöe vom Ladentisch, rißsich mit einer ungestümen Bewegung das Kleidam Halse auf und begann, ohne sich von derStelle zu riihren, zu tanzen. Sie bewegte sicherst ganz langsam. Es war, als ob ein sachter,elekttischer Strom vom Fußboden her in sie stieg.Man konnte sehen, wie er sie durchrieselte. Erfloß zuerst nur schwach, und ehe er bis zum Gesicht stieg, war er erloschen. Aber der ersten Wellefolgten die zweite, die dritte, die vierte. Nach kurzer Zeit begannen die Knie bereits zu wanken.Die Schenkel wurden ergriffen. Die Hüften singen an, sich zu bewegen. Der Bauch spannte sich,hob sich, senkte sich. Dann überflog ein Zitterndie Brüste, stieg in die Achseln, rollte die Armenieder in die Hände, rollte zurück zu den Halsmuskeln, die sich zu dehnen und zu drehen begannen. Der Kopf blieb noch unbewegt. Die Augensahen haßerfüllt auf Schumanns Hände, diemanchmal, schmerzend vom Aufschlag, sich zuFäusten ballten und stumpf weiter schlugen, während die Finger Frau AmttieS, durch nichts berührt, nur vom Takt hypnotisiert, dahinfuhren,als seien sie an einen elektrischen Motor ange-schloffen. Es war jetzt zum Ersticken unerttäglichgeworden. Die Töne schienen den Staub vom Boden aufzuwirbeln. Die Decke kam plötzlich herunter, Schumann hatte den Eindruck, daß sie sichnur noch zwei Zentimeter über seinem Kopf befand, und daß er sich die Stirn einrennen würde,erhübe er sich jetzt. Ein Blick in Haydtts Gesichterfüllte ihn mit Schrecken.Sie wehrte sich. Ihr Kopf war noch nicht erfaßt von dem Rhythmus, der sie attackierte undschon ganz besaß. Aber man spürte es, wie siebezwungen wurde. Schumann wollte zu demschwebenden roten Mund, um den sich der Rauchflockte, hinüberschreien: Aufhören! Wollte miteinem Schlag in das ihn unendlich anziehende undgleichzeitig Schaudern machende Händepaar Amelies den Abbruch erzwingen. Er sah einen Peitschenhieb dünn über die Hände schon pfeifen,hoffte, die Blutspur hinter ihm aufbrechen zusehen und herunterrieseln auf das schüttelndePergament deS Tromnrelrunds. Aber es geschahnichts dergleichen. Entsetzt sah er seine Händeselbst auf und nieder gehen. Es dröhnte von allenSeiten zurück. Die ganze Stube drehte sich ringsum Haydöe, deren Mund zu zucken anfing. Esbegann in den Winkeln. Dann wurde er von einerunsichtbaren Macht aufgeriffen, und jetzt schien es,als ob aus.dem gesprengten Tor der große Schreiherausgelockt werden sollte. Er mußte jedenAugenblick losbrechen, und Schumann ersehnteihn, denn es war eine Qual, diesen lautlosenKampf mit anzusehen, mit dem ihn Haydee, während er schon sich lösen wollte, zu erwürgen suchte.Noch kam er nicht, noch immer nicht. Obwohl derKopf des Mädchens sich schon nach hinten geworfen hatte. Die Augen verdrehten sich, währendjetzt vom Scheitel bis zur Sohle die ganze Haydöeein Tosen war, dessen Unheimlichkeit dadurch gesteigert wurde, daß die Füße sich noch nicht umeinen Zentimeter vom Fleck gerührt hatten. ESwar eine Erschütterung, als wollte sie sich unmittelbar ins Nichts auflösen.(Forts, folgt.),