Seite 4Donnerstag, 12. März 1936Nr. 61vr. ttocirs wieder in PräsPrag. Der Vorsitzende der Regierung, Dr.Ho1>Za, ist Mittwoch früh von seinem Wiener.Besuch nach Prag zurückgekehrt. Auf dem Masa-'rykbahnhof wurde er u. a. vom österreichischenGesandten Dr. Marek und Vertretern der Be-börden begrüßt. Vom Masarykbahnhof begab,sich Dr. Hodza direkt ins Amt, um seine Konferenzen mit den Mitgliedern des Kabinetts undmit den Vertretern der Koalitionsparteien fortzusehen.In Wien hatten sich zur VerabschiedungBundeskanzler Schuschnigg, Außenminister Ber-ger-Waldenegg und Handelsnnnister Stockingereingefunden, ferner die Gesandten vcn Frankreich, Jugoslawien, Rumänien', Griechenland, derTürkei und Sowjetrußland.Konskriptionder wehrpflichtigen AusländsdeutschenNew Jork.(Reuter.) Sämtliche in denBereinigten Staaten lebenden reichsdeutschenStaatsangehörigen wurden aufgefordert, sich inden deutsche» Konsulaten einzutragen, damit,>vic der Militärattache des deutschen Konsulats inNew Nork erklärte, sie im Falle der Notwendigkeit zum Militärdienst in Deutschland rinberufen werden können. Die Nichtbefolgung dieser Weisung wird mit einer Strafevon 500 Reichsmark geahndet.Gro3e Senatsmehrheitfür den Pakt erwartetParis. Im Senat wurde der Bericht desReferenten des Außenausschuffes L e Tro c-quer verteilt, worin er die Ratifizierung desfranzösisch-russischen Beistandspaktes empfiehlt.Den Vertrag nicht zu ratifizieren, würde bedeuten, daß Frankreich die Politik der kollektiven Sicherheit aufgibt, die es in den letzten15 Jahren systematisch geführt hat. Nicht zu ratifizieren würde bedeuten, die StaatenMitteleuropas verraten, die mitFrankreich an der Organisierung des Friedensauf dem Wege der kollektiven Sicherheit arbeiten.In der donnerstägigen Senatsdebatte wirdim Namen der Regierung für den abwesendenAußenminister Staatsminister Paul-Bon-c o u r sprechen. Man erwartet eine große Mehrheit für den Pakt.neue italienische Offensivevorbereitet, Asmara.(Stefan?.) Die an der italienischen Nordfront in Ostafrika eingesetzten Armeekorps sind zum neuen Vorrücken bereit. Das ersteund dritte Armeekorps marschiert nach Südenauf F e n a r a und den Aschangi-See zu,das eritreische Armeekorps verstärkt seine Positionen in Tembien ebenso wie das dritte und vierteArmeekorps in Schirr, um in geeignetem Augenblick vorbereitet zu sein. Die Italiener haben alleHügel an Takaze-Fluß besetzt und dort Beobachtungsstellen für die Artillerie eingerichtet.Die italienischen Berichterstatter erfahren,daß der Negus, der sich in Dessie von den fünfitalienischen Armeekorps, die die Offensive vorbereiten, bedroht fühlt, sich nach Norden begebenhat, um zu versuchen, die italienische Offensivevor der Einleitung der italienischen Aktion aufzuhalten.Spanischer AlltagMadrid. Die spanische Regierung hat einenKredit von 100 Millionen Peseten zur Durchführung der Bodenreform in derProvinz Toledo bewilligt.In Saragossa wurden auf Anordnungdes Zivil-Gouverneurs die Räumlichkeiten unddie Zentren der- spanischen Faschistenpartei geschlossen. Der Vorstand dieser Partei in Saragossa wurde festgenommen.Die Regierung hat am Dienstag Abendwegen schwerer politischer Ausschreitungen, zudenen es im Zusammenhänge mit dem Generalstreik in Granada kam, über die Provinz denKriegszustand verhängt.Die Gerüchte, daß die Kathedralen in Do-lcdo und Sevilla von einer demonstrierendenMenge ausgeraubt und angezündet wordenwären, werden an amtlicher Stelle dementiert.Vom Rundfunkempfehlenswertes au* den Programmen«Freitag:Prag, Tender L: 10.05: Deutsche Preffe, 10.15:Schallplarten, 11.30: Schallplatten, 12.10: LeichteMusik, 13.80: Muzik-Ouartcit, 17.05: Russisch fürdie Jugend, 17.20: Haydn: Streichquartett, 18.10:Deutsche Sendung: Tejessy: Die Mächte des Mit-telmeercs, 18.25: Schmelz: Jnteresiaute technischeNeuerungen a. d. Prager Frühjahrsmesse, 18.35:Nrbeiterscndung: Aktuelle zehn Minuten, 10.20:Violinkonzert, 21: Rundfunkorchesterkonzert, 22.20:Tanzmusik. Sender S: 7.30: Salonorchesterkonzert.14.15: Deutsche Sendung: Für die Frau, 14.30:Schallplatten, 18.20: Konzert des Tambouristen-klubs.— Brünn 15: Rundfunkorchesterkonzert,17.40: Deutsche Sendung: Oppenheimer: Kunstbericht, 27. Salontrio.— Mährisch-Oftrau 16.10:Rundfunkorchesterkonzert, 18.10: Deutsche Sendung:Fischer: Zeitungen und jene, welche sie machen,—Liedcrkonzert.-— Preßbnrg 19.10: SlowakischeVolkslieder. 21.05: Französische Lieder.Eine Drahtseilbahn in der TatraIn dem Gebiet der Tatra wurde soeben auf die Spitze des Kasprowy eine Drahtseilbahngelegt, die die Höhe des Berges mit der Talstation Kasprowy-Wierch verbindet. Man siehtlinks die Drahtseilbahn bei dem Ueberwinden der riesigen Täler und rechts den Bahnhof.AKesneulgkeitenZweierlei GefangeneFn dem Bericht über die Mittwoch-Verhandlung im Patscheiderprozeß lesen wir u. a.:Die Hauptangeklagten Dr. Patscheider und L a m a t s ch haben während ihrerzweieinhalbjährigen Gerichtshaft Bücher geschrieben. Patscheider verfaßte mehrere kleinedramatische Werke; seine Gefängnisschicksale schildert er in dem Gedicht:„Aus der Zelle", weitersschrieb er„Dietrich von Bern", als Filmromanund das vieraktige Drama„Santa, die göttlichePassion", das dreiaktige Schauspiel„Aryopa"(Die Kommenden), das dreiaktige deutsche Singspiel„Rosenkreuzzug", das> vieraktige deutscheSchauspiel„Tirol" und bereitet weiter die„Grenzlanddeutsche Rechenschaft" vor. Tr. Lama t s ch schrieb wirtschaftliche Werke,, und zwar„Was ist die Wirtschaft?",„Gold, Geld und Kredit, Studie zum Währungsproblem",„Der Wegaus der Krise" und„Laienphilosophie".,Eine, mindestens der Menge nach, rechtfruchtbare Arbeit! Wir sind die letzten, die denUntersuchungshästlingen die Erleichterung mißgönnen würden, die für sie ohne Zweifel dieschöpferische geistige Arbest bedeutet^ Aber wirdenken mit Schmerz anunsereGenossenundFreundeinDeutsch-land und stellen wieder einmal fest, daß einVergleich der Lage politischer Gefangener ineinem demokratischen Rechtsstaat und in einemfaschistischen Zwangsstaat doch einen Abgrundzeigt, der zwei Regime, zwei Ideen, zwei moralische Prinzipien trennt. Im„Columbia-h a u s" kann kein UntersuchungsgefangencrBücher schreiben. Mit zerfleischten Nieren treibtman keine Laienphilosophie und die Passion,die einer in den Händen der Gestapo erlebt, läßtihn nicht dazu kommen, eine zu schreiben. Unser Hannes Stelling und so viele andere unschuldig Ermordete konnten ihre Leidennur hinaus schreien und ihr Ruf erreichteauch nur das Ohr viehischer Schlächter. AuchCarlvon Ossietzki würde vergebensversuchen, im Konzentrationslager eine Rechen-s ch a f t zu Papier zu bringen, auf deren Berichtdie Kulturwelt mindestens mit der gleichenSpannung wartet wie auf die Botschaften Patscheiders und Lamatsch'.noch zurecht, als Wiegrinetz mit der Arbeit fertigund zur Flucht bereit war.Die drei Rangers..Vor einigen Tagen wurdedas Auto des Brünner Fabrikanten Himmelreichvon einem unbekannten Täter durch eine ätzendeFlüssigkeit beschädigt. Kurz darauf erhielt Himmelreich einen Brief, in welchem er aufgefordertwird, 45.000 Xä den mit„Drei Rangers"(Landstreichern) unterschriebenen Erpressernauszuzahlen, da sonst seine ganze Familie undbesonders seine vierjährige Tochter dafür büßenmüßte. Die Polizei bewachte die Umgebung derWohnung Himmelreichs einige Tage, ohne einResultat zu erzielen. Die Erpreffer riesen zwartäglich an, hüteten sich aber, in die Nähe derWohnung zu kommen. Nur HimmelreichsSchwiegervater, erhielt vor einiger Zeit den Besuch eines Mannes, der von ihm uttter Drohungen 10.000 XL verlangte. Als er zum zweitenMale kam, wurde er verhaftet und als der Zimmermaler Wilhelm Retlaky aus Kaschau identifiziert. Nun erfolgte eine zweite Verhaftung. EinZivildetektiv, der einen verdächtigen Mann ineinem öffentlichen Telephonautomaten beobachtete, belauschte das Gespräch und verhaftete denMann, der zu der Gaunergesellschaft gehört.Der Tadbath— Hitlers Lieblingstag. Seinewichtigsten außenpolitischen Entscheidungen macht Hitler stets an Samstagen kund.So war es mit dem Austritt Deutschlands ausder Abrüstungskonferenz und aus dem Völkerbund. Gleichfalls am Samstag hat Hitler seinenEntschluß, die allgemeine Wehrpflicht einzufüh-ren, kundgetan. Und schließlich hat der„Führer"auch diesmal die Zerreißung des Locarno-Paktesan einen Samstag verlegt. Die Erklärung fürdiese Tatsache ist äußerst einfach: am Samstagschläft das ganze politische Leben bis Montag ein.Während dieser Pause kühlen sich jedoch die Leidenschaften— so rechnet nämlich Hitler— ab.Diesmal hat sich aber der„Reichskanzler undFührer" verrechnet, jedenfalls was Frankreichanbetrifft, denn der französische Ministerrat hatsich sofort am Sonntag noch versammel! und entsprechende Entschlüße gefaßt.Admiral Lord Beatty ist kurz nach Dienstag-Mitternacht in seinem Hause in London gestorben.Er war 65 Jahre alt und seit mehreren Wochenkrank. David Beatty, geboren 1871 als Sohn einesKapitäns, trat 1884 in die Marine ein. 1910wurde er Kontreadmiral. Während des Weltkriegesunternahm er im August 1914 einen Vorstoß gegenHelgoland und den britischen Kreuzern gelang esdabei, zwei deutsche leichte Kreuzer zum Sinken zubringen. Im Mai 1916 führte er die britischenSchlacht-Kreuzer in der Schlacht bei Jütland(Ska-gerak), die jedoch auch keine Entscheidung zur Oeebrachte. Im November 1918 wurde Beatty Befehls-'Haber der großen Flotte, nachdem Sir Jelicoe ersterSeelord geworden war. Im Jahre 1919 wurde erzum Oberbefehlshaber der gesamten englischen Florteernannt, an deren Spitze er als erster Seelord bisJuli 1927 verblieb.Tod ans den Schienen. Tic Sraatsbahndirek-tion Brünn meldet: Am 11. März um 7 Ubr 55Minuten warf sich in Kilometer 132,85 der StreckeBieclav-Brünn beim Einfahrtssignal in Rajhradder 22jährige Arbeiter Johann Pelousek aus Popo-Vice bei Rajhrad unter den Zug Nr. 320. Er wurdein der Mine des Körpers überfahren und. getönt.Der Grund des Selbstmordes wird untersucht.Warschauer Hochschulstreik beendet. Tie Studenten, welche die Hörsäle und Laboratorien derWarschauer Technik seit Montag beseht hielten, haben sie heute mittags auf die Aufforderung desRektors der Technik geräumt, der den Studentenversicherte, daß die Frage der Prüfungstaren undJmmatrikulationsgebühren überprüft und die Ermäßigung dieser Gebühren möglicherweise schon mitBeginn des neuen Schuljahres durchgeführt werdenwürde.Was erforscht ein ernster Forscher? Im Jahre1931 wmche, unter BeteiliAing offizieller Stellen,eine Gesellschaft zur Ermutigung französischer Forscher und zur Auswertung guter Ideen gegründet,lieber ihre Tätigkeit in den Jahren 1931—36 weißmmr nicht viel; dagegen wird eben die Presse informiert, daß sie den besten Forscher von Paris undUmgebung für 1936 eruiert habe. Es handelt sichum Monsieur Ferdinand Pecheur aus Pantin beiParis, der nur 34 Minuten aufwandte, um die ihmvorgelegten Kreuzworträtsel-Probleme zu lösen...Was kann der Blinde werden? Bis vor kurzerZeit ist diese Frage überhaupt nicht zur Diskussiongc standen; denn das blinde Kind kam nach abgeschlossener Schulzeit in die Werkstätten seiner Anstalt undwurde in einem der bekannten, sogenannten„Blindenberufe" ausgebildet, wie Seffel- und Korbflechterei, Bürstenmacherei und da und dort im Klavierstimmen. Dann ging der Blinde meist in seine Heimat zurück und es mußte nun der Gunst oder derUngunst der Berhältniffe überlasten bleiben, ob undwie er die erworbenen handwerklichen Fähigkettenverwenden konnte. Der Erfolg ist in den allermeisten Fällen kein großer gewesen und der Blinde istbis in die neueste Zeit hinein der Empfänger vonöffentlichen und privaten Unterstützungen geblieben.Weist doch die neueste Statistik der Blinden in Böhmen von rund 4050 Blinden(ohne Kriegsblinde)-nicht weniger als 80 Prozent als von Bettel undAlmosen lebende aus. Heute kann der Grundsatzaufgestellt werden: Der Blinde kann das werden,wozu ihn Fähigkeiten, Ausbildung und Betätigungsmöglichkeiten geeignet erscheinen lassen. Daß hierbei größte Vorsicht und vorbereitende fursorgerisch«Arbeit obwalten muß, ist selbstverständlich, um denBlinden nicht auf einen Weg zu bringen, den erseiner Veranlagung und Ausbildung nach wohl gehenkönnte, praktisch aber, erfolgreich nicht gehen kann.Es handelt sich nicht darum,„Blindenberufe" zufinden, sondern„Berufe für Blinde" und da kannman mit Beachtung der notwendigen Einschränkungden Satz aufstellen: Ter Blinde kann alles werden,wofür er sich eignet und wozu für ihn, den Blinden,eine Ausbildung möglich ist. Um das Berufslebender Blinden in dieser Weise föstzern zu können, bedarf es aber der Mitarbeit der weitesten Kreise. Nochstehen wir am Beginn einer Entwicklung, die denBlinden auf neuen Wegen ins Berufsleben führt.Je verständnisvoller man uns hierbei hilft, um sogrößer werden die Erfolge sein und um so rascherund besser wird es möglich werden, geeignete Blindeins Wirtschaftsleben als produkttve Glieder einzuschalten.(Von der Deutschen Blindenschule inAussig.)Wahrscheinliches Wetter heute: Nur am Nordwestrand des Staates stärkere Bewölkung und vereinzelt Neigung zu Niederschlägen. Namentlich ausden Bergen ein wenig kühler. Im übrigen Gebiet keine wesentliche Aendenmg.— Wetter-aussichtenfür Freitag: Vom Westenher allmähliche Wetterverschlechterung, in den böhmischen Ländern bereits kühler.Rcicheuberg beschämt! Die tschechische Gemeinde Skutsch auf der Böhmisch-mährischenHöhe hat Heinrich Mann das Heimatrecht ge-1währt.(DND.)Am Prellstein erschlagen. Dienstag vormittags fuhr der Kaufmann Karl Steiner aus Mezi-mosti mit dem Tischlergehilfen Petri: auf einemMotorrad auf der Staatsstraße Tabor—Prag.Am Nordende von Tabor stieß Steiner in vollerFahrt beim Passieren einer Kurve gegen einenStraßenstein und wurde vom Motorrad geschleudert. Er blieb etwa zehn Meter entfernt tot ausder Straße liegen. Sein Mitfahrer erlitt nurleichte Verletzungen. Das Motorrad wurde vollständig zertrümmert.Vereitelter Ausbruch aus der Hast. Vorder Mustermesse sorgt die Prager Polizeifür die Sicherheit auch dadurch, daß sie alleTaschendiebe, die sie von früher kennt und.deren sie habhaftt werden kann, rechtzeitig.und bevor sie sich noch betätigen können, hinter^Schloß und Riegel setzt. So geschah es auch demPolen Wiegrinetz, der über die Grenze abgeschoben werden sollte. Auf der Schubstation gelang es ihm aber, zu entkommen reinige Stundenspäter wurde er allerdings auf dem Wenzelsplatzwieder aufgegriffen, als er im Gedränge einneues Opfer suchte. Er kam auf das Kommissariat in der Heinrichsgasse, wo er, kaum alleingelassen, die Zellenwand zu durchbrechen begann,um wieder auszureißcn. Tie Wache kani geradeDeutsche Truppen erscheinen am RheinRach der einseitigen Aufhebung der entmilitarisierten Zone marschieren hier deursche Truppenüber die Rbeinbrücke von Mainz in ihren neuen Standort.