Seite 6 Sinmkdemokrat" Mittwoch, 18. März 1836. Nr. 66 Trager ZMmg Verhängnisvolle Liebestorheit einer Alternden Eine 53jährige durch ihren 38jährigen Freund zugrundegerichtet Prag  . Die ältliche, krank nnd verhärmt ausse­hende Frau, die gestern, auf ihren Sohn gestützt als Hauptzeugin vor dem Senat I a n L i k erschien, ist die Heldin eines traurigen Romans. Diese heute 53jährige A n n a S. wurde vor einigen Monaten vor dem Bezirksgericht wegen Ehebruchs mit einem um 15 Jahre jüngeren Mann zu acht Tagen Arrest verurteilt und der Richter betrachtete sie offenbar als gewissenlose Zer­störerin eines Ehelebens, denn die Strafe wurde unbedingt ausgesprochen. Ihr gewesener Freund, der erst 38 Jahre alte Baumeister Franz P o Z i v i l entschlug sich damals keineswegs der Aussage, sondern belastete seineGeliebte" nach Kräften. Gestern stand nun dieser Kavalier selbst vor dem Strafgericht unter Anklage schwerenHei- ratsschwindels, begangen an eben der Frau, deren Verurteilung er seinerzeit mit solchem Eifer betrieben hat. Erst heute sind die Lumpereien dieses zärtlichen Freundes in ihren Zusammenhängen er­kennbar. Anna S. ist«ine Witwe, die einige Ersparnisse besah, ehe sie in einem Kaffeehaus die Bekanntschaft des Baumeisters Posivil machte. Er erzählte viel von seinem glänzenden Geschäft, beklagte fich über seine Vereinsamung als geschiedener Mann und ipurde bald ein ständiger Gast bei der Witwe. Nach einigen Tagen begann er. bereits von seinerLiebe" zu sprechen und die Witwe unter allerlei soliden Vorspiegelungen um Geld anzugehen. Nach kurzer Zeit hatte er ihr bereits an die 10.000 heraus­gelockt. Neben der erotischen Betörung der alternden Frau kam ihm noch der Umstand zu Hilfe, daß diese einen Sohn hatte, der als junger Bauzeichner in schlecht bezahlter Stellung kaum seinen Lebensun­terhalt verdient. Sie hoffte gleichzeitig, daß dieser Sohn in dem angeblich glänzenden Geschäft ihres vermeintlichen künftigen Gatten eine sichere Exi­stenz finden werde. Wie dieseBaumeisterkanzlei" in Wahrheit beschaffen ist, geht daraus hervor, dah sein größtes Geschäft in der letzten Zeit im Verput­zen der Polizeiwachstube seines Wohnortes bestand. Der betörten Wiiwe war noch eine Möglichkeit gegeben, sich aus den Krallen des'Schwindlers zu befreien. Ihr eigener Sohn stellte fest, daß der Bräutigam" seiner Mutter keineswegs geschieden, sondern regelrecht verheiratet war, daß seiner dessen Geschäft diesen Namen kgum verdiente. Nun gab es zwar einen Auftritt, der aber damit endete, daß die alte Frau den Liebesbeteuerungen und sonstigen Versprechungen ihres Galans neuerlich vollen Glau­ben schenkte. Pozivil versprach ihr, ein Kohlengeschäft einzurichten und sse nahm die Verheißungen des Hochstaplers trotz aller Enthüllungen für bare Münze. Mehr als das, sie warf ihm weiterhin einen Tausender nach dem andern in den Rachen, bis schließlich ihr ganzes Vermögen dahin war. Das war nun offenbar das Signal für den zärtlichen Liebhaber, der Sache ein Ende zu machen. Der Bruch geschah in Form einer Anzeige wegen Ehebruches, welche die Frau des Angeklagten erstat­tete, die ihre Kenntnis um dieEhestörung" nie­mandem andern verdanken konnte, als dem eigenen Herrn Gemahl, der ja dann auch vor dem Bezirks­gericht alles daransetzte, um di«.Zerstörerin seines EhelebenS" weitmöglichst zu belasten. Die alte Frau mußte ihre Torheit furchtbar büßen. Um ihr Vermögen gebracht, von dem Ge­liebten geprellt, ftrasgerichtlich gebrandmarkt und zu allem dem noch geschwängert, erlitt sie«inen geisti­gen Zusammenbruch. Heute lebt sie bei ihrem Sohn, der irgendwo in der Slowakei   eine kümmerliche Stellung innehat und seine Mutter erhält, die.ge­gen Revers" aus der Irrenanstalt seiner Pflege übergeben wurde. Zur gestrigen Verhandlung sind beide weit aus der Slowakei   nach Prag   gereist, um vor dem Ge­richt Zeugnis abzulegen. Auch jetzt verfolgt diese| armen Menschen noch das Unglück." Denn nur der Mutter wurden die Zeugengebühren zuerkcknnt, der Sohn, der nicht geladen war, mutzte sich seine Reise und alle sonstigen Unkosten selbst bezahlen. Keine Kleinigkeit für einen armen Angestellten, wenn man bedenkt, daß der nach den sparsamen gericht­lichen Vorschriften vergütete Reiseersatz an die Zeu­gin 171 KL beträgt! Und der angellagte Herr Baumeister  ? Der be­nahm sich äußerst selbstbewußt und bot Beweise dar­über an, daß von Betrug überhaupt keine Rede sein könne. Es handle sich um ganz einwandfreiezivil­rechtliche" Verhältnisse. Der Gerichtshof mußte den formal entsprechenden Anträgen des Angeklagten stattgeben und die Verhandlung vertagen, rb. Ein SonderausflngSzug für Skifabrer nach Petzer   und Johannisbad verläßt Samstag, den 21. März, um 18 Uhr den Prager Wilsonbahnhof. Im Gesamtpreis von 75 KL sind Verpflegung, Autobus­fahrt vom Bahnhof zum Hotel und volle Verpfle­gung inbegriffen. Für den Zug gilt das Sportbil­lett für 55 KL. Anmeldungen und Informationen im Basar neben dem Wilsonbahnhof, Tel. 38.335. Xunst lltul Mssen. bulgarische Malerei Im VereinShaus derJednota" stellen elf bul­garische Maler aus, deren sechzig Bilder wohl als beispielhaft für die bulgarische Malerei des letzten Jahrzehnts aufgefaßt werden dürfen. Sowohl die ältere als auch die jüngere Generation ist vertreten. Am weitesten zurück in vergangene Zeit weisen die Bilder Dimitrov-Majstoras, die trotz ihrer großen Formate gar nicht groß wirken und sich im Dekorativen erschöpfen. Von den Aelteren fesselt am stärksten DeLko Uzonov. Vor allen» seine sehr eigenartige, von aller Konvention gelöste .Madonna", in der von farbigen Effekten durch­sprühten nächtigen Stimmung hinterläßt einen tie­fen und nachhaltigen Einbruch. Von den Jüngeren hat Ivan C h r i stow in seinen mit schmalem Spachtel flirrend, gedämpft flimmernd hingestrichel­ten Landschaften seinen völlig ausgeprägten persön­lichen Stil gefunden. StojanVenev fällt mit dem in seiner Farbenglut kühn gewagten Familien­bildnis und dem in eigenartig dämmernder Stim­mung gehaltenen Bild einer Mutter mit Kind am Schmiedefeuer auf; ,^!ied" nennt er es und es raunen auch gesummte Liedersagen darin. Von Vera R e d k o v a gefällt eine in Hellen leichten Farben gehaltene Winterlandschaft. BenLo Obreskov gibt das Beste In seinen farbig geschmackvoll aufge­bauten Stilleben mit Fischen. Elizier A l s e ch übertrifft mit einem Mädchenbildnis seine übrigen Bilder. Denkt man fich ungefähr die hier angeführte Auswahl in einem Raume vereinigt, so spürt man durchaus die Atmosphäre deS arteigenen Kunststre­bens eines anderen Volkes. Id. 100 Jahre französischer Zeichnung." Unter die-, sem Titel veranstaltet die Galerie Dr. Feigl in Prag   II, Jungmannovä 38. eine Ausstellung von Handzeichnungen französischer Meister der letzten 100 Jahre, die von Samstag, den 21. März bis Sonntag, den 10. April, geöffnet sein wird. Sie um­faßt über 100 Handzeichnungen von 40 Meistern, beginnend mst Ingres   und eichend mit Picasso   und Utrillo  . Kammermufiktonzert. Das Bemühen des Prager Deutschen   Kammermusikvereins, in seinen Konzerten auch die produkriven und reproduk­tiven Tonkünstler der sudetendeutschen   Provinz zu Gehör zu bringen, verdient besondere Anerckennuiig. Denn die sudetendeutschen Tonküm'tler haben ein Recht, mit ihrer Kunst auch in den großen deutschen  Konzerten der Hauptstadt Prag   zur Gelmng zu kom­men. da dies« Konzerte als die eigentlichen reprä­sentativen sudetendeutschen   Musikangelegenheiten an- zusehen find. Nachdem in einem der letzten Prager Dai olympische Dorff Wer brächte wohl das olympische Dorf, diese hohe Manifestation der Gastfreundschaft, geschaf­fen, fremden Völkern für Wochen oder Monate die Illusion eines Zuhause zu gewähren, in Zu­sammenhang mit Angriff und Feindseligkeit? 65 Häuser mit soliden Grundmauern und entzückender Ausstattung, wie für Zeit und Ewig­keit erbaut, sind bereit, 4000 Gäste aufzuneh­men. Idyllisch mitten im Walde gelegen, durch saubere Parkwege verbunden, liegt dasDorf" lvie eine Feiertags-Sommerfrische in unmittel­barer Nähe von Berlin  ; eine Stunde dauert der Gang an seiner äußeren Umfriedung entlang. Freundliche, weiße Häuser zwischen Kiefern und Laubbäumen verstreute gelbe Kieswege mit blü­henden Sträuchern, ein Teich mit staudenbesetzten Ablaufarmen, Frühling, frisches Grün, soweit man sieht, rings umher die anspruchslose und gerade darum rührend schöne märkische Land­schaft, freundliche Eindrücke, schon wenn man morgens den ersten Blick aus dem Fenster wirft Herrlichkeit, Gastfreundschaft, Frieden sind es, die einen einhüllen und von denen erfüllt man nachhause kommen muß. Alle Häuser haben hygienisch einwandfreie Schlafzimmer, Douche- und Baderäume. Verwal­tungshäuser mit modernen technischen Anlagen besorgen Post-, Telephon-, Telegraphenbetrieb, sorgen in lustigen Büroräumen für die tadellose Abwicklung des Gesamthaushaltes. Trainigshal- len, Schwimmbassin sind selbstverständlich; ein großes Geineinschafthaus tritt mit Kino, Bor­trag, Theäterspiel, sonstigen Veranstaltungen in erfolgreichen Wettbewerb mit den Vergnügungen der Großstadt und erleichtert es den Mannschaf­ten, sich vor ihrem Start ruhig zu verhalten und den Lockungen der Stadt zu widerstehen. Männ­liches Personal übernimmt den Ehrendienst, zwei Dolmetscher sind jeder Mannschaft beigegeben, 38 Nationalküchen in einem eigenen Berpflegs- haus bürgen dafür, daß jeder seine heimische Küche erhalten kann, sofern er nicht vorzieht, sich in den ebenfalls vorhandenen Cafe- und Restau- ratiönssälen an Berliner   Kranzkuchen oder Eis­bein mit Sauerkohl zu laben. Auf den Empfang von 38 europäischen und außereuropäischen Nationen ist man bereits vor­bereitet, noch viel mehr werden ihrer kommen, versichert man uns. 38 und viel mehr Nationen werden gastlich ausgenommen und das Lob der deutschen Kameradschaft in die Heimat tragen. 38 und viel mehr Natwnen werden sich Wohl füh­len an dieser Stätte, die das Höchste ist, was Gastfreundschaft zu bieten vermag, die das Mu­ster einer Gemeinschaftssiedlung scheint, vorbild­lich für das Gemeinschaftsleben einer besseren Zukunft. Auf die Frage, ob es sich denn lohne, solch ein Dauergebilde für wenige Sommermonate zu schaffen, erwidert der fteundliche Führer harm­los:Für die Olympiade allein deutschen Kammernmsiktonzerte das Karlsbader Mmizer-Quartett gespielt hatte, hörte man in der montägigen Aufführung des Vereins das Rei­ch enberger Trio der Herren I. Hans Metz­ ger  (Violine), Erwin Walda(Cello) und Her­ bert Häfner  (Klavier), eine Kammermufikver- einigung. die im Zusammenspiel technische Tüchffg- keit. Vortragstemperament und Klarheit der Gestal­tung zeigte, aber in der Reinheit der Intonation mW Genauigkest des Rhvthmus nicht immer restlos befriedigte. Die Künstler spielten Johannes Brahms   wundervolles H-dur-Trio und ein zwar sehr gescheit komponiertes, aber doch zu akademisch und trocken geratenes Trio von Günther Raphael. Solistin des Konzertes war die ausgezeichnete jugendlich-dramatische Sängerin des Prager Deutschen   Theaters Fräulein Hilde K o n e tz n i. die mit schöner Bortragsgestaltung Lieder von Beet­hoven sa ng. E. I. Spielplan des Renen Deutschen   Theaters. Mittwoch, halb 8: Orpheus in der Unter­ welt  , B 2.   Donnerstag, halb 8: Liebe i st nichtsoeinfach, Erstaufführung, C 2. Frei­tag, halb 8: Fidelio, D 1. SamStag, halb 8: Der Rosenkavalier. B 1. Sonntag, halb 3:DerheiligeAntonius; halb 8: Li ebr istnichtso einfach, D 1. Spielplan der Kleinen Bühne. Mittwoch, 8: Alle Rechte Vorbehalten, Bankbeamte 2 und fteier Verkauf. Donnerstag, halb 8: Im LondonerNebel, volkstüml. Vorstellung. Freitag, 8: Was Ihr wollt. Samstag, 8; Unentschuldigt« Stunde.  -- Sonntag, 3. Unentschuldigte Stund«; halb 8: Spiel um die Welt. Erstaufführung. Der Dim Vie Sextanerin Es gab einmal, als es noch eine deutsche Film­kunst gab. dieMädchen in Uniform", einen Film, in dem man das Leben in einer Erziehungskaserne sah und den Selbstmordversuch einer seelisch verhunger­ten Schülerin, die eine Lehrerin zum Objekt ihrer Liebe gemacht batte. Es war ein wunderbarer, ver­stehender und ergreifender Film, und solange Herr Goebbels   den deutsche  « Film regiert, werden wir nicht mehr seinesgleichen sehen. In- dem tschechischen Film von der Sextanerin (nach einem Roman von Neubauer) gibt es auch einen Selbstmordversuch und die Liebe zu einer(in hiesyn Fallx ntzimsiichen) Lehrperson. Aber der Fllm ist weder mutig noch ergreifend. Denn in ihm ban­delt es sich um keine Tragödie, sondern nur um einen Skandal, der auf einem Mißverständnis beruht, und es wirkt sehr überraschend, daß der Direktor einer, anfangs als fteundlich-modern geschilderten Schule pedantisch darauf besteht, das Mißverständnis unauf­geklärt und- dem Skandal, seinen Lauf zu lassen. Es wirkt andererseits auch nicht überzeugend, daß die sechzehnjährige Generaldirektorstochter, die einen Freund für Eisbahn. Autofahrt, Konditorei und häusliche Besuche hat, dem dichtenden Lehrer gegen­über in dit schwersten Pubertätszustände versällt. UnV'ärst Metweifigstest kann daran die maüätlnde elterlich« Aufficht schuld sein(die hier in diesem Film als Sündenbock herhalten mutz). Im übrigen geht alles gut aus. und das Ende läßt hoffen, daß der Lehrer infolge des Selbstmordversuchs seiner Schülerin des Generaldirektors Schwiegersohn werden wird. Wenn die Hersteller dieses Films meinen, daß er zu den guten Werken der heimischen Produktion gehört, dann beweisen sie wenig Selbstkritik. Auch rein filmisch ist diese Arbeit nicht gut. weil sie(unter Svatopluk Jnnemanns Regie) eine nur sehr oberflächliche Milieuschilderung und billig« Atelier­arbeit geworden ist, was locker angefügte Aufnahmen von Prag   und vom Gebirge nicht verdecken können. Aber die Möglichkeit eines Bublikumerfolges ist natürlich bei jedem Film gegeben, der aus der Schule und der Jugendzeit vlaudert. Und die Darsteller find teils munter(wie Bern Ferbasovä) und teils seelenvoll(wie Rolf W a n k a) bei der Sach«. In der Hauptrolle läßt Hana B i t o v ä abermals er­kennen. daß sie unter Führung eines guten Regisseurs weit mehr entwickeln könnte als nette Anmut und rührend« Befangenheit. Hier ist sie noch zu sehr auf «inen weinerlichen Ton gestimmt.eis wäre es natürlich zu teuer, aber dasDorf soll ja nachher noch Ver­wendung finden. Als Kaserne oder als Lazarett, sehenSie, es e i g n e t s i ch g a n z besöndersals Feldlazarett. 38 und mehr Völker werden sich hier ver­einen zu herzlicher Sportkameradschaft und Ver­brüderung. 38 und mehr Natwnen werden Gast- fteundschaft genießen, die doch schon den Stahl schleift, der sie zerfleischen soll. Vertreter zahl­loser Nationen werden sich's wohl sein lassen in Häusern, freundlichst für- sie erbaut mit dem Hintergedanken, gegen sie Verwendung zu finden, Niemand sieht, fühlt, ahnt den Widersinn, der darin enthalten ist: Nationen, die hier zusam­menkommen, geeint durch gemeinsame Ziele und Interessen, in dem Wunsche, sich gegenseitig nä­herzutreten und einander kennen zu lernen, wer­den einander bewaffnet gegenüberstehen bis an die Zähne; Kameraden, welche wetteifern in Sport und Spiel, werden wetteifern, sich gegen­seitig zu zerfetzen, in blutende Stücke zuckenden Fleisches zu verwandeln.DaS olympische Dorf wird ein gutes Feldlazarett abgebcn", sagt der biedere Türsteher oder Gärtner unbewegt, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt. Furchtbar ist das gleichmütige Achselzucken, mit dem man diese Dinge im Inland hinnimmt. Furchtbar ist die stumpfe Ergebenheit» die man ihnen im Ausland entgegenbringt. Was müßte geschehen, oh Welt, an deinen Schlaf zu rühren? 'Defemsnatftfkfctat Große Atus-Akademie am Sonntag, den 19. April, von 3 Uhr nachmittags bis 8 Uhr abends, im großen Radiosaal, Fochovä 56. Neben den 100 Atus-Turnern und Turnerinnen wirken noch mit: die PRAG   Volksfinggemcinde. die sozialistisch« Jugend, die roten Falken. An dieser Akademie werden alle Genossen und Genossinnen teilnehmen. Bei der tschechischen Bruderoraanisation besteht großes Interesse für diese Veranstaltung und es kann«ine zahlreiche Beteiligung erwartet werden. Die Karten kommen jetzt zur Ausgabe und wir er­suchen. sie im Vorverkauf abzunehmen. Erwachsene 5 KL, Kinder 2 KL. Sozialdemokratisch« Flüchtlingshilfe. Donners ­tag abends 7 Uhr im Heine-Saal, Fochovä. Ver­sammlung. Thema: Rationale Befreiung durch Hstler? Lteratur Familie und Erziehung »Familie und Erziehung im bolschewistischen, faschistischen und demokratischen Staate" betitelt Alfred Kleinberg eine in dem Aussiger Ver­lag»Neu« Erziehung" erschienene Broschüre. Auf verhältnismäßig engem Raum stellt Genosse Alfted Kleinberg die verschiedenartigen Erziehungssyfteme der beiden totalen Staatsgebilde und der Demokratie eindrucksvoll einander gegenüber. Er weist in dem Kapitel, das Sowjetrußland gewidmet ist, die törich­ten Enfftellungen, die eine rußlandfeindliche Pro­paganda von dem Familienleben der Sowjetunion  gibt, zurück, schildert die fürsorgerischen Maßnahmen auf dem Gebiet der Schwangerenpflege, die Säug­lingshorte und der Kinderkrippen und erwähnt di« zahlreichen neuen schulischen Einrichtungen, wie Werkunterricht, Gemeinschaftsspiele und den Aufbau eines einheitlichen Schulwesens, das durch Arbeiter­fakultäten und Fernkurse wirkungsvoll ergänzt wird. Zugleich aber kriffsiert er die Einseitigkeit deS Er­ziehungswesens, das nicht dem Ganzen des Menschen gerecht werde, sondern bewußt einer bestimmten poli­tischen Idee diene. Den Totalitätsgedanken, der aus dieser Denk- und GefinnungSschulung spricht, bezeich­net er als fragwürdig; fragwürdig zumal dann, wenn nicht wie in der Sowjetunion   eine große sozial« Idee ihn beherrscht, sondern wenn er wie in Hitler- deutschland rückschrittlichen und kulturfeindlichen Zielen dient. Im Dritten Reich   hat fich die Gleichschaltung deS öffentlichen und privaten Denkens in der ver­hängnisvollsten Weise ausgewirkt. Mit einer Reihe von Zitaten belegt Kleinberg die unwürdige Stel­lung der Frau, die»auf«in eng umfriedetes Weib­chendasein beschränkt" wird. Richt soziale Maßnah­men helfen dex Familie, sondern im Gegenteil, die auS dem Rassenwahn entspringenden Gesetzgebungs­akt« greifen störend in das Zusammenleben zahlloser Ehen ein. Roch störender wirkt sich in dieser Hin­sicht das militärische Erziehungssystem aus, das die Jugend dem Heim enfftemdet und sie geradezu in eine»gigantische Kaserne" einsperrt. Am»Tag: der Staatsjugend", aber auch in ihrer ganzen übri­gen Freizeit gehört die von der Hitlerbeweguntz er­faßte Jugend, bald wird es die ganze Jugend des Reiches fein, einem soldatischen Drill, dessen kriegeri­scher und barbarischer Charakter auch den Schul' unterricht ergriffen hat. Ja, selbst die Wissenschaf­ten haben sich solchem Denken anpaffen müssen,"jedes freie Denken ist aus Deutschland   verschwunden und es triumphiert ein phrasenhafter und blutrünstiger Ungeist. Ganz anders sind die Erziehungsideale der Demokratie. Nicht bürokratische Zentralisierung und diktatorische Entscheidungsgewalt, nicht Losungen von »nationaler Ehre",»Reinheit der Rasse" und von »Blut und Boden  " regieren sie.' Freilich ist die for­male Demokraffe von den vernünfffgen Gedanken, die eine echte soziale Demokratie zu verwirklichen haben wird, noch reichlich fern. Vor allem fehlen jene sozialen Voraussetzungen, die erst eine revolu­tionäre Demokratie sich wird erkämpfen müssen. Aber doch versucht di« heutige Demokratie bereits, den Ge­danken d«S Wohlfahrtsstaates stärker zu veävirk- lichen, als das der rein liberale Staat des Bürger­tums vermag. Ein echt demokratisches Programm freilich basiert nicht auf Kompromißlösungen, sondern es will die wirtschaftlichen Voraussetzungen wirklich reali­sieren, auf denen erst ein wirkliches Familienleben wiederhergeftellt werden kann. Hergestellt werden muß aber auch eine rechtliche Gleichstellung der Ge­schlechter,. eine öffentliche Mutter- und Kinderfür­sorge und vor allem«ine Organisation des öffent­lichen Erziehungswesens, die die heutige Klassen­scheidung im Bildungswesen aufhebt und der Jugend die Möglichkeit des Aufstiegs nach ihren Fähigkeiten gibt. Zugleich mutz eine wirkliche Demokraffe an­ders als der totale Staat es tut, jedes Individuum zu»eigenem Schauen, eigenem Urteil, eigenem Schaffen" befähigen. Nicht in der Gleichschaltung, sondern in der freien Entfaltung und Zusammen­arbeit aller Kräfte sieht Kleinberg das Ideal. So sollen Familie und Erziehung in gleicher Weise Keimzellen einer neuen besseren Wirklichkeit werden. KleinbergS Verdienst ist es. mit seiner Broschüre für diese neue Wirklichkeit zu werben und dabei zugleich Kritik zu üben an jenem Totalitäts­geist, der sich in seiner überspitztesten und unhuman­sten Form im Dritten Reiche manifestiert. Gegen ihn erklingt die kämpferische Losung, mit der die üssentwerte Abhandlung endet:.Schließen wir die Reihen und lasset uns kämpfen!" Eine Waffe für diesen Kampf hat Kleinberg geschaffen. Dafür ist ihm zu danken. O. F. Bezugsbedingungen: Bei Zustellung ins Haus oder bei Bezug durch di. Post monatlich KL 16.. vierteljährig KL 48., halbjährig KL 96., ganzjährig KL 192.. Inserate werden laut Tarif billigst berechnet. Bei. öfteren Einschalwngen Preisnachlaß  . 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