Seite 6„Sinmkdemokrat"Mittwoch, 18. März 1836. Nr. 66Trager ZMmgVerhängnisvolle Liebestorheiteiner AlterndenEine 53jährige durch ihren 38jährigenFreund zugrundegerichtetPrag. Die ältliche, krank nnd verhärmt aussehende Frau, die gestern, auf ihren Sohn gestützt alsHauptzeugin vor dem Senat I a n L i k erschien, istdie Heldin eines traurigen Romans.Diese heute 53jährige A n n a S. wurde voreinigen Monaten vor dem Bezirksgericht wegenEhebruchs mit einem um 15 Jahre jüngerenMann zu acht Tagen Arrest verurteilt und derRichter betrachtete sie offenbar als gewissenlose Zerstörerin eines Ehelebens, denn die Strafe wurdeunbedingt ausgesprochen. Ihr gewesenerFreund, der erst 38 Jahre alte Baumeister FranzP o Z i v i l entschlug sich damals keineswegs derAussage, sondern belastete seine„Geliebte" nachKräften.Gestern stand nun dieser Kavalier selbst vordem Strafgericht unter Anklage schwerenHei-ratsschwindels, begangen an eben der Frau,deren Verurteilung er seinerzeit mit solchem Eiferbetrieben hat. Erst heute sind die Lumpereien dieseszärtlichen Freundes in ihren Zusammenhängen erkennbar.Anna S. ist«ine Witwe, die einige Ersparnissebesah, ehe sie in einem Kaffeehaus die Bekanntschaftdes Baumeisters Posivil machte.• Er erzählte vielvon seinem glänzenden Geschäft, beklagte fich überseine Vereinsamung als geschiedener Mann undipurde bald ein ständiger Gast bei der Witwe. Nacheinigen Tagen begann er. bereits von seiner„Liebe"zu sprechen und die Witwe unter allerlei solidenVorspiegelungen um Geld anzugehen. Nach kurzerZeit hatte er ihr bereits an die 10.000 Kö herausgelockt. Neben der erotischen Betörung der alterndenFrau kam ihm noch der Umstand zu Hilfe, daß dieseeinen Sohn hatte, der als junger Bauzeichner inschlecht bezahlter Stellung kaum seinen Lebensunterhalt verdient. Sie hoffte gleichzeitig, daß dieserSohn in dem angeblich glänzenden Geschäft ihresvermeintlichen künftigen Gatten eine sichere Existenz finden werde. Wie diese„Baumeisterkanzlei"in Wahrheit beschaffen ist, geht daraus hervor, dahsein größtes Geschäft in der letzten Zeit im Verputzen der Polizeiwachstube seines Wohnortes bestand.Der betörten Wiiwe war noch eine Möglichkeitgegeben, sich aus den Krallen des'Schwindlers zubefreien. Ihr eigener Sohn stellte fest, daß der„Bräutigam" seiner Mutter keineswegs geschieden,sondern regelrecht verheiratet war, daß seiner dessenGeschäft diesen Namen kgum verdiente. Nun gabes zwar einen Auftritt, der aber damit endete, daßdie alte Frau den Liebesbeteuerungen und sonstigenVersprechungen ihres Galans neuerlich vollen Glauben schenkte. Pozivil versprach ihr, ein Kohlengeschäfteinzurichten und sse nahm die Verheißungen desHochstaplers trotz aller Enthüllungen für bareMünze. Mehr als das, sie warf ihm weiterhineinen Tausender nach dem andern in den Rachen,bis schließlich ihr ganzes Vermögen dahin war.Das war nun offenbar das Signal für denzärtlichen Liebhaber, der Sache ein Ende zu machen.Der Bruch geschah in Form einer Anzeige wegenEhebruches, welche die Frau des Angeklagten erstattete, die ihre Kenntnis um die„Ehestörung" niemandem andern verdanken konnte, als dem eigenenHerrn Gemahl, der ja dann auch vor dem Bezirksgericht alles daransetzte, um di«.Zerstörerin seinesEhelebenS" weitmöglichst zu belasten.Die alte Frau mußte ihre Torheit furchtbarbüßen. Um ihr Vermögen gebracht, von dem Geliebten geprellt, ftrasgerichtlich gebrandmarkt und zuallem dem noch geschwängert, erlitt sie«inen geistigen Zusammenbruch. Heute lebt sie bei ihrem Sohn,der irgendwo in der Slowakei eine kümmerlicheStellung innehat und seine Mutter erhält, die.gegen Revers" aus der Irrenanstalt seinerPflege übergeben wurde.——Zur gestrigen Verhandlung sind beide weit ausder Slowakei nach Prag gereist, um vor dem Gericht Zeugnis abzulegen. Auch jetzt verfolgt diese|armen Menschen noch das Unglück." Denn nur derMutter wurden die Zeugengebühren zuerkcknnt, derSohn, der nicht geladen war, mutzte sich seine Reiseund alle sonstigen Unkosten selbst bezahlen. KeineKleinigkeit für einen armen Angestellten, wennman bedenkt, daß der nach den sparsamen gerichtlichen Vorschriften vergütete Reiseersatz an die Zeugin 171 KL beträgt!Und der angellagte Herr Baumeister? Der benahm sich äußerst selbstbewußt und bot Beweise darüber an, daß von Betrug überhaupt keine Rede seinkönne. Es handle sich um ganz einwandfreie„zivilrechtliche" Verhältnisse. Der Gerichtshof mußte denformal entsprechenden Anträgen des Angeklagtenstattgeben und die Verhandlung vertagen, rb.Ein SonderausflngSzug für Skifabrer nachPetzer und Johannisbad verläßt Samstag, den 21.März, um 18 Uhr den Prager Wilsonbahnhof. ImGesamtpreis von 75 KL sind Verpflegung, Autobusfahrt vom Bahnhof zum Hotel und volle Verpflegung inbegriffen. Für den Zug gilt das Sportbillett für 55 KL. Anmeldungen und Informationenim Basar neben dem Wilsonbahnhof, Tel. 38.335.Xunst lltul Mssen.bulgarische MalereiIm VereinShaus der„Jednota" stellen elf bulgarische Maler aus, deren sechzig Bilder wohl alsbeispielhaft für die bulgarische Malerei des letztenJahrzehnts aufgefaßt werden dürfen. Sowohl dieältere als auch die jüngere Generation ist vertreten.Am weitesten zurück in vergangene Zeit weisen dieBilder Dimitrov-Majstoras, die trotzihrer großen Formate gar nicht groß wirken undsich im Dekorativen erschöpfen. Von den Aelterenfesselt am stärksten DeLko Uzonov. Vor allen»seine sehr eigenartige, von aller Konvention gelöste.Madonna", in der von farbigen Effekten durchsprühten nächtigen Stimmung hinterläßt einen tiefen und nachhaltigen Einbruch. Von den Jüngerenhat Ivan C h r i stow in seinen mit schmalemSpachtel flirrend, gedämpft flimmernd hingestrichelten Landschaften seinen völlig ausgeprägten persönlichen Stil gefunden. StojanVenev fällt mitdem in seiner Farbenglut kühn gewagten Familienbildnis und dem in eigenartig dämmernder Stimmung gehaltenen Bild einer Mutter mit Kind amSchmiedefeuer auf; ,^!ied" nennt er es und esraunen auch gesummte Liedersagen darin. Von VeraR e d k o v a gefällt eine in Hellen leichten Farbengehaltene Winterlandschaft. BenLo Obreskovgibt das Beste In seinen farbig geschmackvoll aufgebauten Stilleben mit Fischen. Elizier A l s e chübertrifft mit einem Mädchenbildnis seine übrigenBilder. Denkt man fich ungefähr die hier angeführteAuswahl in einem Raume vereinigt, so spürt mandurchaus die Atmosphäre deS arteigenen Kunststrebens eines anderen Volkes. Id.„100 Jahre französischer Zeichnung." Unter die-,sem Titel veranstaltet die Galerie Dr. Feigl inPrag II, Jungmannovä 38. eine Ausstellung vonHandzeichnungen französischer Meister der letzten100 Jahre, die von Samstag, den 21. März bisSonntag, den 10. April, geöffnet sein wird. Sie umfaßt über 100 Handzeichnungen von 40 Meistern,beginnend mst Ingres und eichend mit Picasso undUtrillo.Kammermufiktonzert. Das Bemühen des PragerDeutschen Kammermusikvereins, inseinen Konzerten auch die produkriven und reproduktiven Tonkünstler der sudetendeutschen Provinz zuGehör zu bringen, verdient besondere Anerckennuiig.Denn die sudetendeutschen Tonküm'tler haben einRecht, mit ihrer Kunst auch in den großen deutschenKonzerten der Hauptstadt Prag zur Gelmng zu kommen. da dies« Konzerte als die eigentlichen repräsentativen sudetendeutschen Musikangelegenheiten an-zusehen find. Nachdem in einem der letzten PragerDai olympische DorffWer brächte wohl das olympische Dorf, diesehohe Manifestation der Gastfreundschaft, geschaffen, fremden Völkern für Wochen oder Monatedie Illusion eines Zuhause zu gewähren, in Zusammenhang mit Angriff und Feindseligkeit?65 Häuser mit soliden Grundmauern undentzückender Ausstattung, wie für Zeit und Ewigkeit erbaut, sind bereit, 4000 Gäste aufzunehmen. Idyllisch mitten im Walde gelegen, durchsaubere Parkwege verbunden, liegt das„Dorf"lvie eine Feiertags-Sommerfrische in unmittelbarer Nähe von Berlin; eine Stunde dauert derGang an seiner äußeren Umfriedung entlang.Freundliche, weiße Häuser zwischen Kiefern undLaubbäumen verstreute gelbe Kieswege mit blühenden Sträuchern, ein Teich mit staudenbesetztenAblaufarmen, Frühling, frisches Grün, soweitman sieht, rings umher die anspruchslose undgerade darum rührend schöne märkische Landschaft, freundliche Eindrücke, schon wenn manmorgens den ersten Blick aus dem Fenster wirft— Herrlichkeit, Gastfreundschaft, Frieden sind es,die einen einhüllen und von denen erfüllt mannachhause kommen muß.Alle Häuser haben hygienisch einwandfreieSchlafzimmer, Douche- und Baderäume. Verwaltungshäuser mit modernen technischen Anlagenbesorgen Post-, Telephon-, Telegraphenbetrieb,sorgen in lustigen Büroräumen für die tadelloseAbwicklung des Gesamthaushaltes. Trainigshal-len, Schwimmbassin sind selbstverständlich; eingroßes Geineinschafthaus tritt mit Kino, Bortrag, Theäterspiel, sonstigen Veranstaltungen inerfolgreichen Wettbewerb mit den Vergnügungender Großstadt und erleichtert es den Mannschaften, sich vor ihrem Start ruhig zu verhalten undden Lockungen der Stadt zu widerstehen. Männliches Personal übernimmt den Ehrendienst, zweiDolmetscher sind jeder Mannschaft beigegeben,38 Nationalküchen in einem eigenen Berpflegs-haus bürgen dafür, daß jeder seine heimischeKüche erhalten kann, sofern er nicht vorzieht, sichin den ebenfalls vorhandenen Cafe- und Restau-ratiönssälen an Berliner Kranzkuchen oder Eisbein mit Sauerkohl zu laben.Auf den Empfang von 38 europäischen undaußereuropäischen Nationen ist man bereits vorbereitet, noch viel mehr werden ihrer kommen,versichert man uns. 38 und viel mehr Nationenwerden gastlich ausgenommen und das Lob derdeutschen Kameradschaft in die Heimat tragen.38 und viel mehr Natwnen werden sich Wohl fühlen an dieser Stätte, die das Höchste ist, wasGastfreundschaft zu bieten vermag, die das Muster einer Gemeinschaftssiedlung scheint, vorbildlich für das Gemeinschaftsleben einer besserenZukunft.Auf die Frage, ob es sich denn lohne, solchein Dauergebilde für wenige Sommermonate zuschaffen, erwidert der fteundliche Führer harmlos:„Für die Olympiade alleindeutschen Kammernmsiktonzerte das KarlsbaderMmizer-Quartett gespielt hatte, hörte man in dermontägigen Aufführung des Vereins das Reich enberger Trio der Herren I. Hans Metzger(Violine), Erwin Walda(Cello) und Herbert Häfner(Klavier), eine Kammermufikver-einigung. die im Zusammenspiel technische Tüchffg-keit. Vortragstemperament und Klarheit der Gestaltung zeigte, aber in der Reinheit der IntonationmW Genauigkest des Rhvthmus nicht immer restlosbefriedigte. Die Künstler spielten JohannesBrahms wundervolles H-dur-Trio und ein zwarsehr gescheit komponiertes, aber doch zu akademischund trocken geratenes Trio von Günther Raphael.Solistin des Konzertes war die ausgezeichnetejugendlich-dramatische Sängerin des PragerDeutschen Theaters Fräulein Hilde K o n e tz n i. diemit schöner Bortragsgestaltung Lieder von Beethoven sa ng. E. I.Spielplan des Renen Deutschen Theaters.Mittwoch, halb 8: Orpheus in der Unterwelt, B 2.— Donnerstag, halb 8: Liebe i stnichtsoeinfach, Erstaufführung, C 2.—■ Freitag, halb 8: Fidelio, D 1.— SamStag, halb 8:Der Rosenkavalier. B 1.•— Sonntag, halb3:DerheiligeAntonius; halb 8: Li ebristnichtso einfach, D 1.Spielplan der Kleinen Bühne. Mittwoch,8: Alle Rechte Vorbehalten, Bankbeamte 2und fteier Verkauf.— Donnerstag, halb 8: ImLondonerNebel, volkstüml. Vorstellung.—Freitag, 8: Was Ihr wollt.— Samstag, 8;Unentschuldigt« Stunde.-- Sonntag, 3.Unentschuldigte Stund«; halb 8: Spielum die Welt. Erstaufführung.Der DimVie SextanerinEs gab einmal, als es noch eine deutsche Filmkunst gab. die„Mädchen in Uniform", einen Film, indem man das Leben in einer Erziehungskaserne sahund den Selbstmordversuch einer seelisch verhungerten Schülerin, die eine Lehrerin zum Objekt ihrerLiebe gemacht batte. Es war ein wunderbarer, verstehender und ergreifender Film, und solange HerrGoebbels den deutsche« Film regiert, werden wirnicht mehr seinesgleichen sehen.In- dem tschechischen Film von der Sextanerin(nach einem Roman von Neubauer) gibt es aucheinen Selbstmordversuch und die Liebe zu einer(inhiesyn Fallx ntzimsiichen) Lehrperson. Aber der Fllmist weder mutig noch ergreifend. Denn in ihm bandelt es sich um keine Tragödie, sondern nur um einenSkandal, der auf einem Mißverständnis beruht, undes wirkt sehr überraschend, daß der Direktor einer,anfangs als fteundlich-modern geschilderten Schulepedantisch darauf besteht, das Mißverständnis unaufgeklärt und- dem Skandal, seinen Lauf zu lassen. Eswirkt andererseits auch nicht überzeugend, daß diesechzehnjährige Generaldirektorstochter, die einenFreund für Eisbahn. Autofahrt, Konditorei undhäusliche Besuche hat, dem dichtenden Lehrer gegenüber in dit schwersten Pubertätszustände versällt.UnV'ärst Metweifigstest kann daran die maüätlndeelterlich« Aufficht schuld sein(die hier in diesem Filmals Sündenbock herhalten mutz). Im übrigen gehtalles gut aus. und das Ende läßt hoffen, daß derLehrer— infolge des Selbstmordversuchs seinerSchülerin— des Generaldirektors Schwiegersohnwerden wird.Wenn die Hersteller dieses Films meinen, daßer zu den guten Werken der heimischen Produktiongehört, dann beweisen sie wenig Selbstkritik. Auchrein filmisch ist diese Arbeit nicht gut. weil sie(unterSvatopluk Jnnemanns Regie) eine nur sehroberflächliche Milieuschilderung und billig« Atelierarbeit geworden ist, was locker angefügte Aufnahmenvon Prag und vom Gebirge nicht verdecken können.Aber die Möglichkeit eines Bublikumerfolges istnatürlich bei jedem Film gegeben, der aus der Schuleund der Jugendzeit vlaudert. Und die Darsteller findteils munter(wie Bern Ferbasovä) und teilsseelenvoll(wie Rolf W a n k a) bei der Sach«. Inder Hauptrolle läßt Hana B i t o v ä abermals erkennen. daß sie unter Führung eines guten Regisseursweit mehr entwickeln könnte als nette Anmut undrührend« Befangenheit. Hier ist sie noch zu sehr auf«inen weinerlichen Ton gestimmt.—eis—wäre es natürlich zu teuer, aberdasDorf soll ja nachher noch Verwendung finden. Als Kaserneoder als Lazarett, sehenSie, ese i g n e t s i ch g a n z besöndersalsFeldlazarett.38 und mehr Völker werden sich hier vereinen zu herzlicher Sportkameradschaft und Verbrüderung. 38 und mehr Natwnen werden Gast-fteundschaft genießen, die doch schon den Stahlschleift, der sie zerfleischen soll. Vertreter zahlloser Nationen werden sich's wohl sein lassen inHäusern, freundlichst für- sie erbaut mit demHintergedanken, gegen sie Verwendung zu finden,Niemand sieht, fühlt, ahnt den Widersinn, derdarin enthalten ist: Nationen, die hier zusammenkommen, geeint durch gemeinsame Ziele undInteressen, in dem Wunsche, sich gegenseitig näherzutreten und einander kennen zu lernen, werden einander bewaffnet gegenüberstehen bis andie Zähne; Kameraden, welche wetteifern inSport und Spiel, werden wetteifern, sich gegenseitig zu zerfetzen, in blutende Stücke zuckendenFleisches zu verwandeln.„DaS olympische Dorfwird ein gutes Feldlazarett abgebcn", sagt derbiedere Türsteher oder Gärtner unbewegt, alswäre es die selbstverständlichste Sache der Welt.Furchtbar ist das gleichmütige Achselzucken,mit dem man diese Dinge im Inland hinnimmt.Furchtbar ist die stumpfe Ergebenheit» die manihnen im Ausland entgegenbringt. Was müßtegeschehen, oh Welt, an deinen Schlaf zu rühren?'DefemsnatftfkfctatGroße Atus-Akademie▲ am Sonntag, den 19. April, von3 Uhr nachmittags bis 8 Uhr abends,im großen Radiosaal, Fochovä 56.Neben den 100 Atus-Turnern undTurnerinnen wirken noch mit: diePRAG Volksfinggemcinde. die sozialistisch«Jugend, die roten Falken. An dieserAkademie werden alle Genossen und Genossinnenteilnehmen. Bei der tschechischen Bruderoraanisationbesteht großes Interesse für diese Veranstaltung undes kann«ine zahlreiche Beteiligung erwartet werden.Die Karten kommen jetzt zur Ausgabe und wir ersuchen. sie im Vorverkauf abzunehmen. Erwachsene5 KL, Kinder 2 KL.Sozialdemokratisch« Flüchtlingshilfe. Donners tag abends 7 Uhr im Heine-Saal, Fochovä. Versammlung. Thema: Rationale Befreiung durchHstler?LteraturFamilie und Erziehung»Familie und Erziehung im bolschewistischen,faschistischen und demokratischen Staate" betiteltAlfred Kleinberg eine in dem Aussiger Verlag»Neu« Erziehung" erschienene Broschüre. Aufverhältnismäßig engem Raum stellt Genosse AlftedKleinberg die verschiedenartigen Erziehungssyftemeder beiden totalen Staatsgebilde und der Demokratieeindrucksvoll einander gegenüber. Er weist in demKapitel, das Sowjetrußland gewidmet ist, die törichten Enfftellungen, die eine rußlandfeindliche Propaganda von dem Familienleben der Sowjetuniongibt, zurück, schildert die fürsorgerischen Maßnahmenauf dem Gebiet der Schwangerenpflege, die Säuglingshorte und der Kinderkrippen und erwähnt di«zahlreichen neuen schulischen Einrichtungen, wieWerkunterricht, Gemeinschaftsspiele und den Aufbaueines einheitlichen Schulwesens, das durch Arbeiterfakultäten und Fernkurse wirkungsvoll ergänzt wird.Zugleich aber kriffsiert er die Einseitigkeit deS Erziehungswesens, das nicht dem Ganzen des Menschengerecht werde, sondern bewußt einer bestimmten politischen Idee diene. Den Totalitätsgedanken, der ausdieser Denk- und GefinnungSschulung spricht, bezeichnet er als fragwürdig; fragwürdig zumal dann,wenn nicht wie in der Sowjetunion eine große sozial«Idee ihn beherrscht, sondern wenn er wie in Hitler-deutschland rückschrittlichen und kulturfeindlichenZielen dient.Im Dritten Reich hat fich die GleichschaltungdeS öffentlichen und privaten Denkens in der verhängnisvollsten Weise ausgewirkt. Mit einer Reihevon Zitaten belegt Kleinberg die unwürdige Stellung der Frau, die»auf«in eng umfriedetes Weibchendasein beschränkt" wird. Richt soziale Maßnahmen helfen dex Familie, sondern im Gegenteil, dieauS dem Rassenwahn entspringenden Gesetzgebungsakt« greifen störend in das Zusammenleben zahlloserEhen ein. Roch störender wirkt sich in dieser Hinsicht das militärische Erziehungssystem aus, das dieJugend dem Heim enfftemdet und sie geradezu ineine»gigantische Kaserne" einsperrt. Am»Tag:der Staatsjugend", aber auch in ihrer ganzen übrigen Freizeit gehört die von der Hitlerbeweguntz erfaßte Jugend, bald wird es die ganze Jugend desReiches fein, einem soldatischen Drill, dessen kriegerischer und barbarischer Charakter auch den Schul'unterricht ergriffen hat. Ja, selbst die Wissenschaften haben sich solchem Denken anpaffen müssen,"jedesfreie Denken ist aus Deutschland verschwunden undes triumphiert ein phrasenhafter und blutrünstigerUngeist.Ganz anders sind die Erziehungsideale derDemokratie. Nicht bürokratische Zentralisierung unddiktatorische Entscheidungsgewalt, nicht Losungen von»nationaler Ehre",»Reinheit der Rasse" und von»Blut und Boden" regieren sie.' Freilich ist die formale Demokraffe von den vernünfffgen Gedanken,die eine echte soziale Demokratie zu verwirklichenhaben wird, noch reichlich fern. Vor allem fehlenjene sozialen Voraussetzungen, die erst eine revolutionäre Demokratie sich wird erkämpfen müssen. Aberdoch versucht di« heutige Demokratie bereits, den Gedanken d«S Wohlfahrtsstaates stärker zu veävirk-lichen, als das der rein liberale Staat des Bürgertums vermag.Ein echt demokratisches Programm freilichbasiert nicht auf Kompromißlösungen, sondern es willdie wirtschaftlichen Voraussetzungen wirklich realisieren, auf denen erst ein wirkliches Familienlebenwiederhergeftellt werden kann. Hergestellt werdenmuß aber auch eine rechtliche Gleichstellung der Geschlechter,. eine öffentliche Mutter- und Kinderfürsorge und vor allem«ine Organisation des öffentlichen Erziehungswesens, die die heutige Klassenscheidung im Bildungswesen aufhebt und der Jugenddie Möglichkeit des Aufstiegs nach ihren Fähigkeitengibt. Zugleich mutz eine wirkliche Demokraffe anders als der totale Staat es tut, jedes Individuumzu»eigenem Schauen, eigenem Urteil, eigenemSchaffen" befähigen. Nicht in der Gleichschaltung,sondern in der freien Entfaltung und Zusammenarbeit aller Kräfte sieht Kleinberg das Ideal.So sollen Familie und Erziehung in gleicherWeise Keimzellen einer neuen besseren Wirklichkeitwerden. KleinbergS Verdienst ist es. mit seinerBroschüre für diese neue Wirklichkeit zu werben unddabei zugleich Kritik zu üben an jenem Totalitätsgeist, der sich in seiner überspitztesten und unhumansten Form im Dritten Reiche manifestiert. Gegenihn erklingt die kämpferische Losung, mit der dieüssentwerte Abhandlung endet:.Schließen wir dieReihen und lasset uns kämpfen!" Eine Waffe fürdiesen Kampf hat Kleinberg geschaffen. Dafür istihm zu danken. O. F.Bezugsbedingungen: Bei Zustellung ins Haus oder bei Bezug durch di. Post monatlich KL 16.—. vierteljährig KL 48.—, halbjährig KL 96.—, ganzjährig KL 192.—.— Inserate werden lautTarif billigst berechnet. 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