Nr. 7S Mittwoch, 25. März 1936 Seite 5 -7 Unvorsichtige Automobilfahrer verschuldeten am vergangenen Sonntag auf der Staatsstraße im Gebiet von Iiöin zwei ernste Unfälle. Bon einem Prager Auto, dessen Lenkerin keinen Führerschein hatte, wurde die 15jährige Ludmila Pospisilovä aus Zeleznice, die auf dem Fahrrad von einem Ausflug zurückkehrte, überfahren. Sie erlitt einen Bruch des rechten Fußes. Ein unbekanntes Auto riß den Soldaten der Er- satzkompagnie des Inf.-Reg. 22 Franz Kadanek zu Boden; er erlitt einen Beinbruch. Der Wagenführer löschte sofort die Lichter aus und verlangsamte die Fahrt, fuhr aber dann davon und kümmert.e sich nicht um den Verletzten.— Auf der Staatsstraße von Jiöin nach Sobotka gibt es einige gefährliche Stellen, weshalb die Auwmobilisten größte Vorsicht walten lassen müssen. Evidenz der Fahrräder in den Händen eines Betrügers. Die Nächoder Gendarmerie machte dieser Tage den 27jährigen Josef Bergmann aus Teplitz-Schönau wegen unerlaubter Durchführung der Evidenz von Fahrrädern und des Verkaufs von Erkennungsmarken stellig. Bergmann gab sich, als Redakteur der Zeitschrift „Üstkedni kolatü" in Königgrätz aus und suchte die Besitzer von Fahrrädern auf, denen er laut einem gefälschten Auftrag des Innenministeriums Erkennungsmarken zuteilte. Für die angebliche Amtshandlung und die Tafel hob Bergmann 4 bis 7 Ke ein. Er begann seine Tätigkeit bereits im August v. I. in Königgrätz und setzte sie in Eipel fort, wo er überall gute Geschäfte machte. Die eingehobenen Beträge sandte er an ein Geldinstitut in Königgrätz . Bei seiner Verhaftung wurden 98 für Nächod vorbereitete Tafeln bei ihm gefunden. Bergmann war auch mit einer scharfgeladenen Pistole versehen, ohne im Besitz eines Waffenpasses zu sein. Der Betrüger befindet sich jetzt in der Haft des Bezirksgerichtes in Nachod . Gnadengesuch für Hauptmann. Gouverneur Hoffnmn hat dem Generalanwalt Wilentz in einer Besprechung vorgeschlagen, daß sie beide das New- Jerseyer Begnadigungsgerichb ersuchen wollen, das Todesurteil gegen Hauptmann in lebenslängliche Gefängnisstrafe umzuwandeln. Grauenhafte Ueberschwcmmungsfolgen. Nach der letzten Berechnnung beträgt der durch die Ueberschwemmungen in 13-nordamerikanischen Bundesstaaten angerichtete Gesamtschaden 507 Millionen Dollar. 429.000Menschen find obdachlos geworden. Etwa eine halbe Million Arbeiter ist mit dem Wiederaufbau der heimgesuchten Gebiete beschäftigt. Insgesamt sind 17 1 Menschen bei den Ueberschwemmungen umgekommen.— Das Hochwasser des Ohio -FlusseS hat am Montag weite Gebiete von Kentucky in der Nähe von Lousswille überflutet. Ein Wirbelsturm hat verschiedene Ortschaften Süd-Missouris heimgesucht und zahlreiche Häuser zum Einsturz gebracht. Zwei Personen wurden getötet, sechs schwer verletzt. Der Sachschaden ist sehr groß. In Mittel-Oklahoma richtete ein Sandsturm großen Schaden an. In verschiedenen Ortschaften mußten die Schulen geschlossen werden. Sowjetflüge zum Franz Josephs-Land. In den nächsten Tagen gehen in Moskau die beiden sowjetrussischen Flieger Wodopjanow und N a ch o t k i n auf zwei eigens für Arktisflüge eingerichteten Flugzeugen zu einem Flug nach dem Franz Josephs-Land an den Start. Sie fliegen über Nowaja Semlja . Es ist dies der erste Flug vom Feslland aus nach dem Franz Josephs-Lande. Die Flieger haben eine Strecke von 650 Kilometern über dem Meere zwischen Äowaja Semlja und der Fichaja-Bucht zu überfliegen. Opfer der Eisenbahn. Nach einer Meldung aus Deutsch-Feistritz wurden der Schlossermeister Eduard W a z e t von der Signalstreckenleitung der österreichischen Bundesbahnen' und der Werkführer Johann H u m m e l e, beide aus Villach , bei der Arbeit auf der Eisenbahnstrecke in P e t- tau von einem Triebwagen überfahren und auf der Stelle getötet.— Aus Rosenbach in Kärn ten wird gemeldet, daß infolge unrichtiger Verschiebung auf dem dortigen Bahnhof der Verschubtcil eines Gütcrzuges in das Heizhaus fuhr und die Mauer der anschließenden Kanzlei eindrückte.. Durch den Anprall wurde das Haus niedergerifsen und der Heizer Gustav Hofer getötet.— In der Nacht auf Dienstag entgleisten auf dem Bahnhöfe in Panical e einige Wagen eines Personenzuges auf der Strecke Rom —Flo renz . Hiebei wurden dreiPersonen, darunter zwei Eisenbahnangestellte, getötet und 20 Personen leicht verletzt. Erste Fahrt der Queen Mary..Bei sehr schönem Wetter und günstigem Winde trat am Dienstag vom Dock der Firma' Clydein Glasgow per majestätische Dampfer„Queen Mary", der Stolz der britischen Flotte, zur ersten Fahrt nach Gree nock an. An der Küste hatten, sich gegen ejne Million Zuschauer versammelt, die das in See stechende■ Schiff begeistert begrüßten. Tauben Völkern ins Ohr geschrien! Großes Auflehen hat in London der Selbstmord eines Kriegsinvaliden aus dem Weltkriege, Charles Peers, erregt. Peers hat sich erhängt und einen Ärief hinterlassen, in dem er ausführt, daß ihm ein weiteres Leben sinnlos scheine, nachdem\ der Krieg und die Opfer und Leiden der Mensch- I heit nicht dazu geführt haben, solche Katastrophen in Zukunft unmöglich zu machen, sondern viel- j mehr heute wie niemals zuvor die Kriegsgefahr unmittelbar droht. 1 t Internationaler Landstrcicherkaugrrß. In verschiedenen Staaten der Welt existieren Verbände von Landstreichern,, aber keiner ist so aktiv wie die unter dem Vorsitz des„Königs der Bett- i ler" Jeffe Davis stehende amerikanische Orga- Inisatton. Zu Ehrenmitgliedern dieser Organisation gehören schon lange Chaplin und Dempsey. Davis hat nun für August nach London eine Internationale Tagung aller Landstreicher der Welt zusammenberufen. Dieser Ruf richtete sich an Volkswirtschaft und Sizialpilitik Die Konsumgenossenschaften gegen das Frühkartoffel-Syndikat Gegen die Errichtung eines Frühkartoffel- Synkikats wenden sich die Genossenschaften in einer Kundgebung, welche an einige Ministerien gerichtet wurde. In diesem Protest heißt es u. a.: Die vorgeschlagene Regelung des Anbaues und des Handels mit Frühkartoffeln bedeutet nichts anderes als die Schaffung eines neuen Monopols und würde eine Verteuerung dieses Lebensmittels zur Folge haben, da ja der Zweck der Vorlage nur darin liegen kann, daß dem Produzenten hohe Preise gesichert werden. Wir stehen auf dem Standpunkte, daß den Produzenten von Frühkartoffeln auf Kosten der Verbraucher bereits ein weitgehender Schutz gegeben wurde, der darin besteht, daß die Einfuhr von Frühkarwffeln aus dem Auslande, die vor fünf Jahren noch bis zum 30. Juni möglich war, in der Folge bis zum. 23. Juni und im Jahre 1934 sogar nur bis zum 14. Juni beschränkt wurde. Die Einfuhr muß also gerade zu einer Zeit beendet sein, wo ausländische Ware am billigsten ist. Dadurch, daß einerseits Auslandkartoffeln nach dem 14. Juni nicht mehr importtert werden können, anderseits aber noch keine Jnlandware vorhanden ist, enffteht auf den Märkten eine Warenknappheit, die es den Kartoffelproduzenten er- möglicht, für ihre erste Ware wesentlich höhere, oftmals sogar ganz unangemessen hohe Preise zu erzielen. Aus all diesen Gründen könne« wir als Vertreter der Verbraucherintereffen nur erklären, daß wir uns mtt aller Entschiedenheit gegen die Ge- setzwerdung dieser Regierungsvorlage Aber die Regelung des Anbaues und des Handels mit Frühkartoffeln stellen und mit Rücksicht auf die Notlage der Arbeiterschaft verlangen, daß die bisherige freie Bewirtschaftung bewehalten und daß die zollfreie Einfuhr aus dem Auslende tme vor fünf Jahren bis zum 30. Juni verlängert wird. Kein Verkauf an das Eisenkartell. Daö Eifentarteü bemühte sich,-..von" der' Gemeinde Rokizan die Essenwerke zu erwerben. Der Stadtrat hat daö Ansuchen abgelehnt und beabsichttgt, die Eisenwerke selbst weiterzuführen. üustaack Die versäumte Gelegenheit von 1919 Die Baseler„Nationalzei- t u n g" befaßt sich in einem Leitartikel mit den „großen Defiziten der Gegenwart". Ueber die fehlerhafte Anlage des Friedens von Vers a i l l e s und über die ihrer Meinung nach unglückliche Lösung des Donauraum-Problems schreibt die angesehene Schweizer Zeitung ü. a.: t „Der Ausbruch des Krieges von 1914 war. ein Unglück, das in seiner wirklichen Größe viel» leicht überhaupt noch niemand erkannt hat. Und Begegnungen In drei Ländern Ich sitze inmitten der Bauern in einer kleinen südtiroler Gastwirtschaft, unweit von Bri- xen. Es ist die Zeit unmittelbar nach dem Inkrafttreten der Sankttonen. Ich hatte in den vorangegangenen Tagen Gelegenheft gehabt, zu verwachten, wie man aus den Sanktionen rin Mittel der Kriegspropaganda machen kann. „Sanzionamo i sanzionistil".(Sankttonie- ren wir die.Sanktionen!) schreien Plakate, sn allen Ladenfenstern...Au.;' um Äug', Zahn um Zahn!"—„Es lebe Italien ! Es lebe der Duce!" Ueber den Toren der proviscrischen Kasernen macht sich«in Radauheroismus breit:) !,Credere— obedire-— combattcre!" r(Glauben •— gehorchen— kämpfen!). Und gegenüber der Kirchcntüre in Traniin liest man folgendes bombastisches Glaubensbekenntnis:„Wir glauben an den Duce, weil wir an Gott glauben!" Nun beobachte sch meine. Nachbarn in der Gastwirflchast, kernige,, wortkarge Leute. In der Zeitung'lese ich gerade eine neue PrÄlamation an Hausfrauen und die Besitzer von" Lebensmittelgeschäften. Es wftd zu größter Sparsamkeit mit dem Umschlagpapier aüfgefördert— viele Waren, so wird gesagt, lassen sich ohne Verpackung nach Hause tragen. Also: Hausmütter, tut euere Pflicht!^' „Hat man wirklich so wenig Papier in Ita lien , daß dies nötig ist?" frage ich meinens Nachbarn. nicht weniger als 800.000 Mitglieder der verschiedenen Verbände, und man nimmt an, daß viele Tausende sich Monate vorher auf die Wanderschaft begeben, um rechtzeitig nach London zu gelangen, Uebrigens ist der Kongreß beschlossen worden, ohne daß die Londoner Polizei vorher, um Genehmigung befragt wurde. Jeffe Davis verspricht auf.dem Kongreß eine Reihe von sensationellen Enthüllungen und„wundervollen" lleber- raschungen zu bieten. die Art und Weise, wie dieser Krieg 1918/19 in einen Friedenszustand übergeführt worden ist, hat dieses Unglück nicht verkleinert. Nordamerika ist zwar, nicht aus Liebe zum Recht, sondern aus Sorge um seine Kriegsanleihen, seinen Schuldnerstaaten zu Hilfe gekommen. Aber diese Hilfe hat mit dem Kapitulationsangebot Deutschlands sofort aufgehört. Es konnte nicht dazu gebracht werden, aus dem preußisch-deut« s ch e n Waffen st ill st andsan gebot dieeinzigrichtigeFolgerungzu ziehen, das deutsche Heer zu entwaffnen, Deutschland zu besetzen und den Frieden, st att zu Versailles » dort zu schließen, von wo der. Krieg ausgegangen ist, z u Potsdam . Dann hätte die deutsche Nation daran geglaubt und es begriffen, daß sie den Krieg verloren habe. Dann aber hätte man ihr auch einen gerechteren und für sie s elber besser sorgenden, ihre Zukunft glücklicher gestaltenden Frieden als den von Versailles anerbicten müssen. Hätte die Rechts- und nicht nur die Selbstschutzidee den Frieden, von 1919 geschaffen, so hätte er die abendländische Entwicklung dem unheilvollen Banne der Bismarckschen Gewaltpolitik, die bei Königgrätz erfolgreich einsetzte und von dort ihren Siegeszug genommen hat, entzogen. Statt dessen hat der F r i e d e vonDersailles- S t..G e r-m a i n- T r i a n o n denjeni- genvonPrag vom 23. August 1866 vollendet und Oesterreich zertrümmert! Diese- wurde als rem.deutscher Kleinstaat mit einer der Voraussetzung ihrer Größe entrissenen Hauptstadt zur schutzlosen Beute des nun erst recht konzentrierten, nationalistischen Deutschlands zuwegge- schnittrn. Daß dieses Oesterreich, ohne eigener! Staatsgedanken, ohne eigennattonale TraditioU derAnschluß- manieü er fällen mußte, wurde nicht überlegt, nur die notwendig psychologische Wirkung aus einer solch ungeschichtlichen und irrigen Anordnung, eben der Anschluß, juristisch verboten und damit im Prinzip bereits der Keimzuneuen Kriegen gelegt. Man hätte ebensogufl Polen , die Tschechoslowakei ^ Kroatien -Slowenien als selbständige Nattonalstaaten innerhalb einer mitteleuropäischen Föderation gruppieren können, zusammen mit einem ungeteilten Ungarn , und, als selbständige- Staaten, mitten druflchsprecheNden österreichischen Ländern sowie eventuell den süd- und mitteldeutschen Bundesstaaten. Ein solcher öder ähnlicher mitteleuropäischer Bund hätte mit keinen Kriegslasten belegt werden dürfen. Er wäre sofort in den Völkerbund aufzunehmen gewesen. Man hätte jedem einezlnen seiner Bundesländer die Haltung einer Miliz gestatten, dem ganzen Gebiet Neutralität gewähren und es darauf verpflichten sollen." Personalveränderrmgen in Japan . Da- japanische Kriegsministerium gibt bekannt, daß al- Folge der Ereignisse vom 26. Feber l. I. wichtige Personalveränderungen in der japanischen Armee, im Generalstab, im Kriegsministerium und bei den Truppenkommandos zu verzeichnen sind. Der Personalwechsel in der Umgebung der Kaisers ist jetzt abgeschlossen. Zum Flügeladjutanten wurde Generalleutnant Usa - mis als Nachfolger des Generals Honjo ernannt. Nachfolger des Hofmarschalls Zzuzuki dürste der bisherige Minister der Kriegsmarine, Usumi, werden. Finster grcAt er: „Vielleicht— aber soviel Papier werden wir auf jeden Fall aufbewahren, daß Mussolini darauf sein Testament schreiben kann!" Spricht's, trinkt aus und geht, in der Sorge, am Ende zu viel gesagt zu haben... Das war Italien ... * In Garmisch-Partenkirchen komme ich zufällig einige Tage später mit einem Einheimischen ins Gespräch, einem Manne in landesüblicher Fracht, der sich aber schließlich als Akademfter entpuppt. Er hat offensichtlich mit der Katholischen Aktion zu, tun gehabt und weiß in allen einschlägigen Fragen gut Bescheid. Sein Steckenpferd ist die unausrottbare bayerische Abneigung gegen Preußen. Er möchte gerne nach Schweden ressen, aber seine Ueber« zeugung verbietet ihn, durch Preußen zu fahren. Im Knopfloch trägt er ein Fähnlein in den bayerischen Farben blau und weiß. ^>alb ironisch frage ich ihn, ob er nicht wisse, daß die verschiedenen Landesfarben seit dem Nürnberger Flaggengesetz nicht mehr gezeigt werden dürfen. Eine fast dramatische Geste begleitet seine Antwort: „Herr, Blau und Weiß,sind die Farben des Himmels! Mögen die Nazi noch so tüchtig sein — so tüchtig sind ste nicht, daß sie zu einem Verbrechen stempeln können, wenn man sich zur Farbe des Himmels bekennt!" Das war in Deutschland ... Ausreden lassen!- Ich wollte sagen: ausgesprochen minderrassig muß der sein, der diesem Kopf nicht die edle Rasse ansieht. Abenteuerliche Zechprellerei Prag . Der 37jährige Franz Novh. seinerzeit Inhaber einer größeren Agenturfirma, hat es mit den Grundsätzen kommerzieller Anständigkeit nicht eben ernst genommen. Ungeachtet feiner bisherigen formellen Unbescholtenheit faßte er gestern wegen allerlei Kautions- und Lieferungsschwindeleien zehn Äionate schweren Kerkers aus, und zwar unbe- dingt. Das Interessanteste an diesem Fall ist eine kleine Episode, die nur nebenbei erwähnt wurde. Eine ebenso unwahrscheinlich anmutende als charakteristische Episode, die beweist, was«in taleMierter Betrüger der menschlichen Leichtgläubigkeit zumute» darf. Der besagte Herr wurde im Spätherbst, nachdem er einige Wochen in Untersuchungshaft verbracht hatte, auf freien Fuß gesetzt. Er begab sich in eine Restauration in der Nähe des Kreisgerichtes, wo er, obwohl er kein Geld bei sich hatte, gut zu Mittag aß und nebst einigen Pilsnern zehn Acavvtische konsumierte. Dann rief er den Kellner— einen jungen, noch ziemlich unerfahrenen Menschen— und sagte ihm mit großer Selbstverständlichkeit:„Herr Ober, ich kann nicht zahlen. Ich komme nämlich aus der Untersuchungshaft und habe also kein Geld bei mir." Der Kellner erstarrte.„Ich bin Direktor Novh und hatte eine politische Sache..Und nun ging es los. Er besitze eine Billa in Karlsbad , sei Inhaber der Firma soundso und habe bloß deshalb kein Geld bei sich, weil er unvermutet entlassen wurde und die Banken schon gespertt seien. Er werde dem Kellner aber einen Scheck ausstellen. Und mit großer Geste zog er ein Scheckbuch aus der Tasche! Der junge-Kellner< wurde schwankende Das Scheckbuch imponierte ihm,' denn er wußte nicht, dastt das Bankkonto des Herrn Novy keinen Heller wert war. Der Betrüger bemerkte den günstigen Eindruck und begann seinen Mann nun erst richttg zu bearbeiten. Kurz und gut: die Sache endete damit, daß der Kellner nicht nur die Zeche von 28 fli kreditierte, sondern dem„Herrn Direktor" auch noch 100 Kc lieh, weil dieser nicht anders als per Lari heimfahren und außerdem noch ein paar Groschen für alle Fälle bei sich haben wollte. Dafür stellte ihm Novh nicht nur einen Scheck über den Schuldbettag (plus 50 XL Trinkgeld) aus, sondern gab ihm noch eine weitere erstklassige Sicherstellung, nämlich feinen Sttafakt, der durch die vielen gestempelten Pavierei den armen Ober als guter Pfand erschien. Dabei bemerkte der Betrüger noch mit wichtiger Miene: „Mensch, dieser Akt ist Tausende wert!"- Der bettrauensselige Kellner beruhigte sich um so eher, al- er in der Gerichtkanzlei erfuhr, daß der. vorläufig Haftentlgffene tatsächlich einen sicheren Wöhnott und vermutlich auch noch etwas Vermögen habe. Aber Novks ließ nichts mehr von sich hören und mußte schließlich auch vmn Gericht gesucht werden, ehe man ihn neuerlich und diesmal endgültig hinter' Schloß und Riegel setzte. Sein Geld hat der Kellner allerdings nicht wieder gesehen. rb. —| In einem Wiener Kaffeehaus beobachte ich ihn, den Mann vom„kcmmcnden Groß- Oesterreich Ein k. u. k. Hauptmann a^.P., 1105 lang und ebenso geräuschvoll wie groß. „Glauben Sie mir", donnerte er seine Zuhörer an,„ich bin Realpolitiker! Es gibt keinen dauernden Frieden in der Welt, ehe wir die ästeste und sauberste Bssitenkarte offen auf-en Tisch legen, die Karte, auf der ein einziges Wort steht: „Habsburg !" ' Seine Zuhörer sttmmten teils bewundernd, teils nur verwundert zu. Jedenfalls hat man hier im Lande wenigstens Narrenfreiheft, denke ich, wenn man schon keine andere Freiheit hat. Eines Tages bringt der Mann schwarzes und gelbes Papier und Schere und Klebegummi mit und j^ginnt eifrig zu arbeiten. Neugierig folgen meine Blicke seinem Tun. Er schneidet fleine Papierstückchen aus Und klebt sie zusammen zu kleinen Fähnchen, die er den Angehörigen feines Kreises gibt. Seine Augen begegnen meinen, entdecken meine Neugier. Er deutet sie falsch und kommt zu meinem Tisch herüber. „Mein Herr» sicher wollen auch Sie diese sauberste Fahne der Weügeschichte offen der Welt zeigen!" Und stolz lächelnd dekottert er mich, ehe ich den Mund zum Widerspruch öffnen kann, mit dem Papierfähnchen und zieht sich zufrieden an seinen Tisch zurück. Das war Oesterreich .., Alm.
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16 (25.3.1936) 72
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