Donnerstag, 16. April 1936 16. Jahrgang öszttirtis 70 Heller (imchlicBlieh 5 Hollor Porto) XE NT PALORGAN DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN MBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRÜH. Redaktion und Verwaltung präg xii., fochova«. TELEFON«077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG . Dessie kampflos besetzt Nur noch 250 Kilometer bis zur Hauptstadt Rom . Heeresbericht Nr. 185 lau­tet:Unsere Truppen haben Mittwoch früh Dessie besetzt". Um 11,25 Uhr meldete das italienische Hauptquartier: Die italienische Flagge weht über dem Rcgiernngspalast von Deffie. Die Stadt wurde von Truppen des erhthräischrn Armee­korps besetzt, die im Laufe von neun Tagen die Entfernung von Quorum nach Deffie trotz dem schlechten Wetter und dem beklagenswerten Zu­stand der Strotzen in Eilmärschen zurückgelegt hatte«. Am 6. April war die zweite erpthräische Di­vision in Begleitung von Flugzeugen aus Alo- mata, 15 Kilometer von Quorum, aufgebrochen, während die erste Division in Quoram Halt machte. Am 8. April hatte das erpthräische Armeekorps, das ständig nur mit Hilfe von Flug­zeugen mit Lebensmitteln versorgt werden kann, die Säuberungsaktion in der Zone von Alomata beendet. Am 8. April wurde der Marsch nach Deffie angetretrn. Am Abend des gleichen Tages wurde die Stadt Kobbo besetzt. Am 11. April erreichten die Truppen Lipso, wo eine grotze Menge Munition nnd Kriegsmaterial erbeutet wurde, das der Feind auf der Flucht znrückge- laffen hatte. Am 15. April besetzte das Armeekorps' schlietzlich die äntzerst wichtige militärische Basis der Abeffinier, Deffie, das zugleich rin wichtiger Handelsplatz und politischer Punkt ist"und einen Kreuzungspuntt des Karawanenverkrbrs darstellt. Deffie ist mit Addis Abeba durch eine gute S t r a tz e verbunden, welche von Lastautomo­bilen benützt wird. Ter Kreis Schoa ist jetzt den Italienern offen. Flaggenparade in Italien Ministerpräsident Mussolini hat angeordnet, daß am 16. April von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang sämtliche italienischen Städte zur Feier der Einnahme von Deffie durch die italienischen Truppen zu beflaggen sind. Mussolini-Klippe" am Tana-See London . Reuter berichtet aus Asmara : Dem höchsten Ausläufer des Landes auf der Halbinsel Gorgora im Tana-See, wo vor drei Tagen die italienische Trikolore gehißt wurde» wurde der NameMussolini-Klippe" gegeben. Die feier­liche Zeremonie dieser Taufe führte der General­sekretär der faschistischen Partei Italiens , Starace , durch. Dieser Geste der Italiener/kann insofern politische Bedeutung beigelegt werden, daß sich in derselben der Wunsch der^ Italiener kundgibt, am Tana-See zu verbleiben. Pas Nasibu hält sich Diredaua. (Reuter.) Wie von der Ogaden-Front gemeldet wird, wüten dort heftige Kämpfe. Trotzdem die Italiener vernichtende Fliegeraktionen gegen die abessini­schen Positionen unternahmen, weichen wie verlautet die Abeffinier keinen Schritt zurück. Der Wes nach Addis Abeba offen London . Der Reuter-Kriegsberichterstat­ter meldet: Die Besetzung Drffirs durch italie ­nische Truppen ist, wie es scheint, die Einleitung zu einer baldigen Besetzung Addis A b c b as, da der Ncgns keine Armee mehr hat, die seine Hauptstadt von Norden verteidigen konnte. Die Italiener können mit ihren motori­sierten Kolonnen in etwa zehn Tagen die Ent­fernung von etwa 250 Kilometern, welche Deffie von Addis Abeba trennt, zurücklegen. Die Italie­ner können dazu zwei Wege benützen, von denen der eine durch den Transport des abessinischen Kriegsmaterials in den letzten Monaten etwas beschädigt, aber doch für Last- und Pan- zerautomobile befahrbar ist. An der Ogadenfront trachtet Ras Nasibu, unterstützt vom türkischen General Wasib Pascha, die Offensive des Generals Graziani, die bereits begonnen haben soll, zum Stillstand zu bringen. Es ist aber nicht sehr wahrscheinlich, datz diese letzt« abessinische Armee Erfolg hätte. An der Grenze Ges Sudan Rach den letzten Be ­richten aus Abessinien ha» den die italienischen Trup ­pen auf ihrem Vormarsch den Grenzort Galla- bat erreicht, deffen west- licher Teil zum ägyp ­tischen Sttvan gehört iptB von.britischen Truppen besetzt ist." Die Grenze wird nur durch ein aus ­getrocknetes Flußbett ge ­bildet. Auch D ess i e, das durch einige Monate das Hauptquartier des Negus war, ist soeben von den Italienern besetzt worden, die nunmehr wei ­ter nach Addis Abeba vor ­stoßen werden.- Am T a n a s e e, auf dessen Halbinsel Gorgora die italienische Trikolore ge ­hißt wurde, befindet sich nur ein kleiner Truppenteil, während das Gros der stalienischen Truppen wegen der schlechten Verkehrsverhältnisse, in Go«dar geblieben ist. i. Sähet W B c> !«vcD Rundfunkrede Sarrauts: Frankreich wünscht den Frieden Ist aber für alle Eventualitäten gerüstet Paris. Der französische Standpuntt z« den Genfer Beratungen des Dreizehnerausschufles wurde bei der nachmittägigenDreier-Kon­ferenz" des Ministerpräsidenten S a r r a u t mit Außenminister Flandin und Staatsminister Pa ul- Bonrour festgesetzt. Der Minister­präsident hat diesen Standpuntt am Abend in seiner Rundfunk-Kundgebung präzisiert, die von ollen französischen staatlichen Rundfunkstationen verbreittt wurde. Sarraut sagte». a.: Frankreich will den Frieden, aber einen Frieden in Sicherheit und in Würde. Ueser Ideal ist seit Friedensschluß unverändert das gleiche geblieben. Es ist in dem S y st e m d e r k o ll ek- tiven Sicherheit verkörpert, welches den Frieden füralle und den Frieden mitallen verlangt. Die französische Regierung ruft alle diejeni­gen, welche diesen Frieden wollen, auf, sich gegen den St i e g zusammenzu­schließen, ihre Kräfte gegen di ejeni- g e n zu verbinden,, die einen neuen Krieg ent­fesseln möchten. Frankreich will gegen diesen allfälligon Verbrecher alle wachsamen Hüter der Ordnung znsammenschließen. Frankreich hat weniger den Frieden nur für sich allein als den Frieden für alle, auch für seine ehemaligen; Gegner gesucht. In dieser edlen» altruistischen Gesinnung bleibt Frankreich dem' V ö k e r b u n d p a k t treu. Auch in der gegenwärtigen Zeit erschöpft Frankreich in bewundernswerter Ge­duld alle Hoffnungen und all« friedlichen Mit­tel zur Beilegung des Konfliktes, der sich aus der gewaltsamen Verletzung der Locarnoabkommen ergeben hat. Frankreich hätte augenblicklich, einen b e w a f f n e t e n D r u ck ausüben können. Einzig und allein seine Sehnsucht nach Erhaltung des Friedens sowie die ängstliche Sorge, der Be- rufung auf das Recht tteu zu bleiben, hat es da­von abgebracht. Den Vorwurf, als ob Frankreich angesichts der Drohung Deutschlands militärisch nicht schlagfertig gewesen wäre, lehnt Sarraut ab: Unsere militärisch« Ausrüstung, unsere Armee, unsere Flotte, unser Flugwesen sind, dessen kann ich Sie versichern, aufderHöhe deribnenan vertrauten Mission. Sämttiche französischen Militärttäfte und Mit­tel weisen durchwegs außerordentliche Tüch- tigkeit auf und Frankreich ist wirklich schlag- ferti g." Der Ministerpräsident erklärte sodann, daß Frankreich seinen Freunden und Verbündeten treu bleibt und daß es seinen Freundschaften volles Gewicht und vollen Wert beilege, 1^Eine ziemliche Wichtigkeit wird einer Unter­redung beigqleat. welche.am Mittwoch der päpst­liche Nuntius mit dem Ministerpräsidenten.S a .raut hatte. ! spräche sind Generalstabskonferenz streng geheim London. Die Beratungen der Bertteter der Generalstäbe Großbritanniens , Frankreichs und Belgiens wurden Mittwoch morgens im Hanse der Admiralität eröffnet. Diese Unter­redungen sind st r e n g vertraulich und es wird überaus grotze Obsorge getroffen werde«, damit Indiskretionen vorgebeugt werde. Die Beratungen der Generalstäbe stehen unter dem Schutze des Gesetzes betreffend dw britischen Staatsgeheimnisse. Die Beratungen der Grneralstäbe dauerten in der britischen Admiralität eine Stunde, in den übrigen Ministerien zwei Stunden. Die Bera­tungen werden Donnerstag vormittags fortge­setzt werden. Mussolini stellt England Bedingungen? London.Daily Expreß" meldet aus Rom, daß Mussolini dem italienischen Botschafter in London Grandi Instruktionen übermittelt habe, denen zufolge er vor der Eröffnung der Friedens­verhandlungen in Genf die Abberufung der englischen Kriegsflotte aus dem Mittel m e e r fordern wird. r- Nähere Details über diese Aüs- bisher nicht, bekannt geworden. Der italienische Gesandte Baron Aloisi ttaf Mittwoch nachmittags in Genf«in. Rach den Ber- sicherungen, die von italienischer Seite gegeben werden, hat Baron Aloisi die Aufgabe, über die Grundlagen des italienisch-abessinischen Konflikts I zu verhandeln und eventuell rein formal ein IT ch l i ch t u n g s v r r f a h r e n zu eröffnen. Politisches Theater Der kommunistische Parteitag ist zu Ende. Man kann nicht sagen, daß'die kommunistischen Arbeiter nun die Verhältnisse klarer sehen als vor ihm, es sei denn, daß sie Pen schlecht arrangier­ten Begeisterungsrummel, den die kommunistische Presse unter Zuhilfenahme aller erreichbaren Su­perlative beschrieb, für politische Erkenntnisse neh­men. Die Rede Gottwalds liegt nun im Wortlaut vor. Auch dieser genaue Wortlaut läßt nicht den Schluß zu, daß Gottwald in der Zeit, die zwischen seiner Rückkehr aus Moskau und diesem Partei­tag liegt, an politischer Klugheit gewonnen hätte. Ein wenig Geschick beweist er nur imAuswei- ch e n vor den Problemen: die Menschen aber wollen schließlich eine klare Antwort auf die Fra­gen, die ihr Dasein auf das engste berühren. Wenn aber Gottwald auf die Landesverteidigung gegen Angriffe des Faschismus zu sprechen kommt, be­jaht er zwar die Landesverteidigung theoretisch, macht aber in einem Nachsatz diese Bejahung illu­sorisch, indem er sich darauf äusredet, daßdie Bourgeoisie" auf alle Fälle gegen die von den Kommunisten aufgestellten Bedingungen für die Teilnahme an der Landesverteidigung sein wird. Diese Bedingungen hat der Zensor leider aus der Rede des Gottwald gestrichen, aber wir glauben recht zu haben, wenn wir sagen, daß Hitler mit seinem Angriff auf die Tschechoslowakei nicht just bis zu dem Tage warten dürfte, an dem die For­derungen der Kommunisten restlos erfüllt sind. Wenn schon Gottwald der Meinung ist, daß die demokratische Tschechoslowakei des Schutzes wert ist, dann darf er nicht zülassen, daß diese prin­zipielle Frage zu einem Problem der politischen Taktik gemacht wird, Sofern er aber der Meinung ist, daß die kommunistischen Vorbehalte' wichtiger sind als die Existenz des Staates, muß er den Mut haben, das offen auszusprechen, damit die kommunistischen Arbeiter wissen, woran sie find. War die ganze Aufmachung des Parteitags ein Spiegelbild des politischen Theaters, das auch andere vonFührerpersönlichkeiten" geleitete Be­wegung anstelle des Leistens.sachlicher Arbeit auf­führen, so hat das, was über die Einheits­front gesagt wurde, nur die Auffassung bestä­tigt, daß es dabei, um den Versuch einer Gleich­schaltung links geht. Also spricht Gottwald: Es ist selbstverständlich, daß eS sich uns nicht darum handelt» die Einheitsfront so zu verwirk­lichen, daß wir aufhören, Kommunisten zu sein. Schon deshalb nicht, weil es so überhaupt nicht möglich ist, die Einheitsfront zu verwirklichen. Die Zersplitterung der Arbeiterschaft, die Zersplit­terung der Arbeiterklasse entstand ja gerade in­folge der Zusammenarbeit mit der Bourgeosie und es ist nicht möglich, die Zersplitterung dadurch zu liquidieren, datz jener Teil der Arbeiterschaft, der auf den Posttionen des Klaffenkampfes steht, auf die Positionen der Klassenzusammenarbeit über­geht." Was d e u t s ch ist» bestimmen bekanntlich Hitler und Henlein. Was K l affe n k.a m p f ist, das bestimmt Gottwald. Wir wollen von der Per­fidie absehen, die darin liegt, daß er die poli- ttsche Reinheit der kommunistischenKlaffen­kampf"-Partei an der Verderbtheit der sozial- demökratischenKlassenverrats"-Partei mißt, kurz und gut, behauptet, die Kommunisten hätten das Klassenkampf-Rezept gepachtet und wir hätten uns nach ihm zu richten. Die. Kommunisten ver­danken dem Klaffenkampf der Sozialdemokraten ihre organisatorische Existenz/ Sie mögen immer­hin Kommunisten-bleiben wollen, aber werden nicht erwarten dürfen, die Einheitsfront werde dadurch hergestellt werden, daß die. Sozial­demokraten aufhören,.-S o z r aldem o- k r a t e n zu sein. Weder anerkennen wir, daß dem Führer" Gottwald die geistige-, politische und moralische Auwrität zusteht- über die Richtigkeit der Klassenkampf-Formen, souperän zu entschei­den, noch glauben wir, daß. die'Einheitsfront auf hem Boden einer Gleichschaltung der Sozialdemo­kraten mit der kommunistischen.Ideologie erfol­gen wird. Einen anderen Weg als diesen hat aber der kommunistische Parteitag nicht gezeigt. Den Sozialdemokraten möchten wir uns anschauen, der ihn gehen will!' Herr Gottwald macht sich die Auseinander­setzung mit den Sozialdemokraten auch noch in anderer Beziehung leicht. Er beschäftigt sich nur mit demEinwand", daß die Einheitsfront nicht hergestellt werden könne, ohne daß die Sozial­demokraten aus der Regierung austretcn. Und tut