Seite 2 Freitag, 24. Avril 193« Nr. 97 kollektiven Sicherheit das Recht, anf die Her­beiführung eines solchen Friedens stolz zu sein. Es ist unsere Pflicht, die unwürdige Komödie, die zur Zeit in Genf gespielt wird und vielleicht schon seit dem 3. Oktober 1938 oder gar srüher gespielt worden ist,,- a n z u- prangern. Man darf sich fragen, ob die Regierungsdelegierten aller in Genf vertretenen Länder an dieser Komödie Mitschuldig sind. Gab eS tiberhaup5'Megjerängen,,>die Ivirklich und ernsthaft' eine energische und wirksame Aktion Wollten, um den Angreifer zur Respektierung der, internationalen Gesetze und zur Sühne des Verbrechens zu zwingen? Haben sie rechtzeitig und" unzweideutig ihre Meinung kundgetan? Haben sie den Mut gehabt zu konkretem Vorgehen und zu seinen Folgen? Nach diesem kurzen Ueber- hlick ist man zum Zweifel berechtigt! . Diese neue, außerordentlich scharfe inter­nationale Krise ist ohne Zweifel vor allem wie­der auf die Geheimdiplomatie zu­rückzuführen. Dank dieser Methode war es mög­lich, die Weltmeinung und vielleicht sogax eine gewisse Zahl von demokratischen,und-- pazifisti- I scheu Regierungen irrezuführen, indem man den Prinzipien des Völkerbundes einen Schein von Gerechtigkeit widerfahren ließ und gleichzeitig von allem Anfang an auf allerlei Winkelzüge und TauschungSmanöver bedacht war. Die Bölter haben sich wieder einmal an der Rase hrrnmführen lasten. Wenn sre gestatten, daß die Geheimdiplomatie ihr Spiel weitcrspielt, so werden sie unabwendbar die gleichen Schliche, und Machenschaften erleben, wenn es das uächstemal Hitler ist, der den Frieden der ganzen Welt erschüttert. Es wird der Krieg mit allen Schrecken und Zerstörungen sein, der Abgrund für alle. Wenn dies das Endziel sein soll, so müssen wir die Diplomaten und ihre Auftraggeber, die Aüstungsindustriellen, ihren Weg gehen lassen. Soll es nicht so weit kommen, so darf kein Augen­blick mehr verloren werden(wobei es dahin­gestellt sein mag, ob es nicht jetzt schon zu spät ist), um mit diesen Kriegshetzern und den be­wußten und unbewußten Helfem der Geheim­diplomatie Schluß zu machen Partei-Auflösunss-Gesetz beschlossen Debatte über die SdP Prag . Am Donnerstag brachte das Abge- ordnetrnhans die Debatte über das Parteiauf­lösungsgei ey zum Abschluß. Auch diesmal spra, chen ausschließlich Bertreter der Opposition, wäh­rend die Koalitionsparteien sich mit dem Schluß­wort des Referenten Dr. S u ch h begnügten, der die oppositionellen Brrteidiger der Demokratie und ihre wahren Beweggründe ziemlich scharf unter dir Lupe nahm. Bon den Rednern griff Dr. Rabin(Rat. Ver.) die SdP und die K o m m u n i st e n sehr scharf an, die er als auflösungsreif bezeichnete. Dem Innen­ministerium sei bekannt, daß die seinerzeit aufgelöste nationalsozialistische Partei der Henleinpartei ihre Kartotheken und ihr Adreffenmaterial sowie auch ihre Funktionäre übergeben habe. Aus einer ganzen Reihe von Spionage- und Hochverratsprozessen sei bekannt, welche Ziele die SdP ver­folge und welcher Geist in ihr herrsche. Wie die Partei ihr Totalitätsprogrämm auslege, sei gleich­gültig; entscheidend sei, wie diese Lehre von den Mitgliedern ausgenommen werde: als Streben nach Vereinigung der deutschen Grenz­gebiete im Dritten Reich. Die Partei unternehme nichts gegen diese Auffassung und trage auch nichts dazu bei, daß die zurückhaltenden Worte der Führer sich auch in den Taten der Parteiangehörigen widerspiegeln. Zur Vorlage selbst nimmt die Nationale Bereinigung einen durchaus ablehnenden Standpunkt ein. der später auch noch von dem Abge­ordneten Jng. Schwärz verdolmetscht wurde. Slänskh(Komm.) befaßte sich ausschließlich.mit llem FallPhönix". Er behauptet u. 07,daß kurz vor dem Krach der Gesellschaft Dutzende von Millionen aus der Prager in die Wiener Zentrale und von dort nach Berlin gegangen seien, kritisiert das Innen­ministerium und die mangelnde Kontrolle und be­hauptet, daß auch in der Tschechoslowakei 110 Leute vomPhönix ^ feste Bezüge, kostenlose Wohnungen etc. erhielten. Die Regierung sei angeblich im Be­sitze dieser Liste und müsse verpflichtet werden, dieses Verzeichnis zu veröffentlichen, ebenso wie da» Ver­zeichnis der Gratispolizzen. Bon der SdP erklärt K u n d t eS als ein Zei­chen der Schwäch«, wenn die tschechisch« Presse angeb­lich über,nichts anderes zu diskutieren habe als über die Auflösung der SdP. Kundt polemisierte dann sehr selbstbewußt gegen die Angriffe Dr. Rasins und redet den Tschechischhürgerlichcn wieder«inmal ein­dringlich ins Gewissen, ihren Frieden mit der so staatstreuen SdP zu machen, die schon zwei Jahre lang vergeblich die Hand zur wahren Verständigung aller Nationen hinhalte. Dr. Tuchh(Agr.) erklärte als Referent im Schlußwort u. a.: Auch diesmal haben wir gute Lehren von denen gehört, die jede Gelegenheit be­nützen, um uns Demokratie zu lehren, während wir allen Grund haben, bei vielen von ihnen an der Aufrichtigkeit ihrer demokratischen Bestrebungen zu zweifeln. Das Gesetz hat schon zwei Jahre existiert und die demokratische'Ord­nung wurde nicht untergraben. Er zitiert u. a. als Autorität den Professor H o e tz e l, daß das seinerzeitige Parteienaüflösungsgesetz aus dem Jahre 1933 durchaus nicht etwa das Ergebnis einer überstürzten Arbeit gewesen sei, und schließt mit dem Zitat eines anderen Rechtslehrers, wo­nach die Geschichte lehre, daß allzu radikalisierte Formen der Staatsführung bald zum Verderben führen. Das gelte auch von der demokratischen Staatsform, sofern sie ihre librralistischen Ten­denzen allzu sehr Überspannen wollte. Von die­sem Standpunkt seien darum im Interesse der demokratischen Idee auch Maßnahmen zu begrü­ßen, die im Grunde undemokratisch sind. Die Vorlage wurde daun in erster Lesung von den Koalitionsparteien angenommen. Die zweite Lesung findet in der Freitag-Sitzung statt, die um halb 11 Uhr beginnt. In dieser Sitzung wird auch der Ausschußbericht über die Staatsvertcidigung aufgelegt werden, die dann im Laufe der nächsten Woche vom Plenum verab­schiedet werden soll. Der Präsident In der Kriegsschule Der Präsident der Republik stattete Don­nerstag der Hohen Kriegs-Schule und dem Kcm- mandeur-Kurs einen Bespch ab. In zwei län­geren Ansprachen wandte er sich an die Hörer, denen er die Aufgaben des Offiziers im demo­kratischen Staate auseinandersetzte. Im Kom­mandeurkurs sagte er u. a.: »Bei der Liebe zu seinem Vaterlande und fer­nen freien Institutionen, bei seiner Wahrheitsliebe und seine Opferwilligkeit hat unser Soldat, der i m Einklang mit seinem Gewissen k ä m p f t, die Voraussetzungen zu einem der tapfer­sten und besten der Welt. Erschrecken Sie nicht vor unserer geographischen Lage. Stellte mir jemand diese Frage, antworte ich:Ja, aber in dieserLage sind wir schon zwölf Jahrhun­derte und noch immer find wir hier und heut« starker denn je. Deshalb fürchte ich nichts. Wir haben uns behauptet und werden uns auch in der Zukunft behaupten. Selbjwertrauen, ein ruhiges, festes und entschlossenes Selbstbewußtsein wird und muß immer her Hauptbestandteil der Moral unserer Armee sein. Hinter der Armee und ihrer Arbeit mutz die gesamte Nation stehen. Das bedeutet, daß die politische Leitung des Staates Verständnis und Kenntnis für die Angelegenheiten der Staatsvertei- digung haben muß, daß der ganze Staat und die Nation starke Nerven, Ueberlegung, Ruhe und un­überwindliche Entschlossenheit haben müssen, d. i. den festen Glauben an die Sicherheit der llnüber- windlichkeit. Neben dieser moralischen Vorbereitung müssen wir natürlich alles tun, um die Armee orga­nisatorisch und materiell so stark wie möglich yor- zubereiten: das bedeutet, daß wir uns bestreben müssen, imStaateinsozialerund wirtschaftlicherHin sichtalles in Ordnung zu haben und rmtürlich auch wie ich als ehemaliger Außenminister hinzufügen mutz datz wir eine gute diplomatische Vorberei­tung für die Armee im Felde und für die Entschei­dung mit den Waffen haben müssen. Moratorium der landw. Handelsbank in Rikolsburg. Der landw. Handelsbank in Ni­ kolsburg , G. m. b. H., wurde ein Moratorium bewilligt. Bemerkenswert ist, daß die Haupt­gesellschafter dieses Unternehmens die kürzlich verhafteten Rechtsanwälte Dr. Knöpfelmacher und Dr. Adler waren, über welche nun die ordent­liche Untersuchungshaft verhängt wurde. Die Novellierung drS Gesetzes über die direkte» Steuer» aus dem Jahre 1927 bildeten den Gegenstand von Beratungen, zu welchen der Vorsitzende der Regierung Dr? Milan H o d j a Mittwoch die Mitgliedern des Koalitions-Unter­ausschusses, des Budgetausschusses und den Fi­nanzminister Dr. K a l f u s eingeladen hatte. Die Beratung führte unter dem Vorsitz des Re­gierungschefs eine kurze Aussprache über den Entwurf ab, deren Ergebnis zeigt, daß die Er­zielung eines Einvernehmens über alle grund­sätzlichen Fragen» insbesondere auch über die An­gelegenheit deS Steuerjahres möglich ist. Die Verhandlungen über die noch offenen Fragen werden noch in der kommenden Woche fortgesetzt werden. Ueber Angelegenheiten, in denen kein Einvernehmen erzielt werden sollte, wird dann die Regierung entscheiden. SdP-Abgeordttete als Autolenker. Der Im-? munitätsausfchuß JJjf Abgeordnetenhauses be­faßte sich am Donnerstag neuerdings mit zwei Auto-Affären der SdP-Wgeordneten Dr. K ö l I- n e r und S a n d n e r. Dr. Köllner hat seiner­zeit im Rayon von Marienbad im 7V-Kilometer- Tempo einen Arbeiter niedergefahren; Sandner hatte vor einiges Zeit ein ähnliches Kunststück zu­stande gebracht. Da die beiden Herren sich inzwi­schen pribatrechtlich mit den Geschädigten ausge­glichen hatten, hatte der Jmmunitätsauöschuß vor einiger Zeit die Auslieferung der beiden im Zi­vilstreit abgelehnt. Inzwischen wurde aber auch die strafrechtliche Verfolgung der beiden Autofahrer eingeleitet und diesem Auslieferungs­begehren gab der Jmmünitätsausschuß nunmehr statt. I»»»»»»»«»»» Hn unsere Abonnenten, Leser und Kolporteure! Wegen d«S Staatsfeiertages am Freitag, ben 1. Mai, entfällt am Gamstag, de« 2. Mai unsere Ausgabe. Tie nächste Ausgabe erscheint bann zur gewohnten Stunde am Sonntag, den 3. Mai. Die Berwaltnng. Aus den Senatsausschüffett. Im Volkswirt-, schaftlichen Ausschuß des Senates wurde die Vor­lage über die Bezirksvorschußkas­sen nach einem ausführlichen Bericht des Refe­renten Genossen K"i i über dessen Antrag der Koalition überwiesen, um einige Bestimmungen der Vorlage zu überprüfen und gegebenenfalls abzuändern. Der Beschluß äuf^Zuweisung an das Koalitionskomitee erfolgte einstimmig. Der verfassungsrechtliche Ausschuß behandelte im Beisein des Justizministers Dr. Därer eine G e- richtsentlastungsuovelle, welche gewisse Bestimmungen über den Gerichtsstand, das Zivilgerichtsverfahren, das Exekutionsverfahren und über die Gerichtsorganisation abändern soll. Die Verhandlungen wurden noch nicht abgeschlos­sen, da sich Differenzen in der Frage des außer­gerichtlichen Ausgleiches ergaben, die noch berei­nigt werden müssen. Das Advokaten­gesetz wurde vom verfassungsrechtlichen Aus­schuß mit kleineren Aenderungen genehmigt. Rathäuser, Schulen und anderes Gemeinde- eigentum kann verpfändet werden. Durch einen Teil der Presse ging die Nachricht, daß Gemein­den bei der Aufnahme von Darlehen nicht die Genehmigung zur Verpfändung öffentlichen Eigentums erhalten. Diese Nachricht ist, wie der DRD von maßgebender Stelle erfährt, unrich­tig. Die Landesbehörde erhebt grundsätzlich keine Einwände dagegen, daß Gemeinden bei Darle­hensaufnahmen in die Verpfändung von Gas- und Elektrizitätswerken einwilligen; dasselbe gilt auch von der Verpfändung von Rathäusern, Schulen u. ä. Subventionieruns von Straßenreparaturen erst im Jahre 1938. Alle an das Arbeitenministerium ge­richteten Ansuchen um die Gewährung von Beiträgen aus dem Straßenfonds müssen zur Zeit unberück- sichfigt gelassen werden, weil die Zuteilungen aus dem Stratzenfonds für die Jahre 1938 und 1937 schon im Jahre 1935 aufgebraucht wurden. Die be­reits übernommenen Verpflichtungen sind so groß» daß vor dem Jahbe 1938' an- weitere' Subventionie­rungen von Straßenreparaturen nicht gedacht wer­den kann. Die eingelaufenen und noch einlaufenden Ansuchen bleiben vorderhand unerledigt. GratiSflug dreier Fallschirmfinder über Prag . Am Sonntag vormittags werden drei Flug­zeuge des Aeroklubs der Tschechoslowakischen Republik über dem Rip drei Fallschirme abwerfen, an denen eine Fahne in den Staatsfarben in fol­gender Aufschrift befestigt sein wird:Tisic no- vhch pilotü"(Tausend neue Piloten). Die Finder, welche die Fallschirme und Fähnchen dem Aero­klub in Prag I, Celetnä 13, abgeben, haben An­spruch auf einen Gratisflug über Prag . Am Rip werden gläserne Flugzeug-Modelle mit der Be­zeichnungTausend neue Piloten" zugunsten der nationalen Flugsammlung verkauft werden. «7 MANNER, FRAUEN I UND WAFFEN I ! Roman von Manfred Georg I Copyright by Dr. Manfred Georg. Fr eg Der Chauffeur, ein Pole, verstand nichts von dem, was gesagt wurde und cperierte an«stier Taschenlampe herum. Wer die Gruppx von wei­tem sah, hätte, wären die Revolver nicht da­gewesen, an ein nächtliches Picknick im Walde denken können. Erlebt haben Sie ja was!" räusperte sich Neumann nach einer Weile.Es ist wirklich Pech, daß alles so ausgehen mußte!" Schumann lächelte. Machen Sie sich keine Kopffchmerzen. Schicksal ist Schicksal! Wir Soldaten müssen ein­ander abknallen, und die Herren machen ihre Geschäfte. Sie würden mir übrigens noch, einen großen Gefallen tun, wenn Sie mir sagen wür­den, was ich Ihnen wert bin. Ich möchte doch gern wissen, wie viel die Kugel kostet, die Sie mir nachher in den Rücken schießen werden." Neumann protestierte erregt: Ich werde Sie hinrichten wie erneu Kame­raden. Wir werden Ihnen Gelegenhest geben, sich vorzubereiten." Dann fügte er etwas melancholisch hinzu:Fünftausend Schweizer Franken." Schumann begann zu lachen. Er lachte so läut und anhaltend, daß Neumann ihn ganz ver­dutzt ansah. Fünftausend Schweizer Francs! Dafür setzten Sie Ihr Leben aufs Spiel? Sie hätten doch auch gefangen werden können. Wissen Sie, was Makropolus mit fünftausend Francs einmal gemacht hat? Er hat fünf Tausend-Francs- Scheine genommen, sie in einem mit Glassplittern gefüllten Topf gesteckt und hat einer Hure, die er sich von der Straße heraufgeholt hatte, be­fohlen, innerhalb von drei Minuten die Scheine, ohne den Topf zu Mrzen, mit bloßen Händen herauszuholen. Es war ein sehr enger Topf. Mit völlig zerschnittenen Fingern hat sie glücklich einen herausgekriegt. Nachher haben, es Kol­leginnen vop ihr versuchen müssen. Was schätzt man Sie doch billig ein!" Er lachte wieder. Neumann war ganz rot geworden. So hören Sie doch endlich mit dem Gebrüll auf. Sie haben doch wahrhaftig keinen Grund dazu. Oder zweifeln Sie vielleicht daran" er sah auf feine Uhres ist jetzt 4 Uhr, um 5 Uhr kommt die Senne, daß.Sie die nicht mehr sehen werden?" Schumann schien äußerst vergnügt^ Nein, ich zweifle gar nicht daran. Mich wird die Sonne nicht mehr sehen. Wer sie wird den Herrn Garde-Offizier Neumann sehen, mit einem Revolver in der Hand, in dem eine Kugel weniger als jetzt drin sein wird, und der Herr Gardeoffizier Neumann wird um fünftausend Francs reicher sein als um 4 Uhr. Ich nehme an, Kamerad Lintorp auch. Und eines Tages wird Herr Makropolus finden, daß fünftausend Schweizer Francs zu viel sind, und er wird Ihnen viertausend geben und vielleicht einmal nur tau­send. Wenn es ihm aber gar nicht mehr passen wird, dann wird irgendwo die Polizei ein kleines! Briefchen bekommen, und die Herren Neumann und Lintorp werden dorthin abgeschoben werden, wo sie Herrn Makropulos und den Seinen nicht mehr gefährlich werden, können. So, meine Herren, und jetzt habe ich genug von der ganzen Rederei, jetzt wollen wir uns nicht genieren, knallen Sie mich ab, sonst könnte noch der Schwei­zer Francs im Kurs sinken. Wenn ich also meine Herren Mörder bitten darf. - Lintorp schien sich auf ihn stürzen zu wollen. Wer Neumann winkte ab. Sein schweres, ru­higes Gesicht zuckte etwas, als er"sagte: Laß das, Lintorp, er hat mich beleidigt. Die Geschichte regle ich mit ihm. Herr Rittmeister Schumann, wollen Sie mir folgen!" Schumann sah in die niederbrennende Flamme, die Zweiglein zerfielen zu Kohle. Der Morgenwind hing schon schwer in den Baum­kronen und schnaufte ein paarmal auf. Also'gehen wir," Die Glieder waren ihm vom Sitzen steif geworden. Er lächelte etwas verächtlich, als ihm Neumann den Revolver gegen den Rückenwirbel drückte. Ich komme mit," sagte Lintorp. Nein, er hat mich beleidigt. Er gehört mir. Er Wird niemandem anders mehr die Ge­schichte vrn der Hure und den Schweizer Francs erzählen. Gehen Sie voraus!" befahl er dann Schumann. Schumann steckte die Hände in die Hosen­taschen und schlenderte einige Schritt« waldein- wärts. Es war schon jene frühe Helligkeit zwi­schen den Stämmen, die der Sonne voraufgeht. Im Rücken spürte er den Revolverlauf, der ihn geradezu vorwärts stieß. Sie wareA vielleicht fünf Minuten schweigend so gegangen, als der Druck aufhörte. Jetzt drückt er ab, dachte Schu­mann und, wie um einen Halt zu haben, um das noch zu packen, was er in dieser letzten Sekunde in der Welt hatte, das einzige, das noch in einer Beziehung zu ihm stand, die jetzt gelöscht werden würde, umfaßten seine Gedanken rauschend die Gestalt Haydees. Es war, als ob er sie in dieser Sekunde zum ersten Male ganz aufnahm, und als ob er sie so umhüllte, daß nichts mehr von ihr außerhalb von ihm war. Und mit einer fana« fischen Innigkeit, die ihm nicht nur zu den flü­sternden Lippen heraussprang, sondern, die aus jedem MuÄel und jedem Nerv rann, dachte er: Hahd.ee Hand«! Der Schuß krachte nicht. Es blieb still hin­ter Schumann. Der Rittmeister drehte sich um. Neumann stand da, den Lauf des Revolvers zur Erde gesenkt, und sah seinen Gefangenen mit einem Blick an, in dem ein dumpfer Entschluß stand. Laufen Sie," sagte er heiser.Los doch!" Er stampfte mit dem Fuß auf. Danke!" sagte Schumann. Nicht mehr und nicht weniger. Es war dasselbeTanke", das die, Soldaten im Felde einander nach den schwer­sten Taten sagen, in denen Kameraden ihnen ge­holfen haben. Das Danke derer, die sich verstehen. Das Wort zitterte noch in der Luft, da war Schu­mann schon mit weiten Sätzen im Gebüsch unter­getaucht. Einige Schüsse sausten über ihn weg. Sie waren hoch gezielt gewesen und rissen Rinden­splitter von einem Baum. Dann hörte er noch viele Schüsse fallen, Rufen und Schreien, das immer entfernter klang, schließlich das Ankurbeln eines Autos. Erschöpft kroch Schumann unter einen Fels­vorsprung. Die Gefahr war vorüber. Ein Ameisenweg zog sich quer vor seinem Blick über den Sand, im wilden Durcheinander Mlperten und strömten die Insekten vorbei. Er warf einen kleinen Ast ins Gewimmel, richtete große Ver­wirrung damit an» Dutzende von Tieren suchten daS dünne Stäbchen aus dem Weg zu drängen. Dann röteten sich die Baumwipfel, Vögel be­gannen zu lärmen, Wärme sank von oben in den noch feuchten und sonnenleeren Grund, und wäh­rend ein paar große Hirschkäfer sich langsam unter einem Stein ins Freie arbeiteten, schlief er/ die ersten schmetternden Schläge ausschwär­mender Finken im Ohr, ein, ichne noch einmal seine hingekrümmte Lage am Boden geändert zu haben. Ende,