Nr. SS onntag, 26. April 1836 Seite 8 Seinen Sohn nach 18 Jahren als berühmten Borer wiedergefnnden Auf eine romantische Weise fand der berühmte fran zösische Boxer Valentin Angelmanu seinen Vater wieder. Dieser war, als Valentin Angelmann drei Jahre zählte, in den Krieg gezogen, aber nicht wieder heimgekehrt und deshalb^ als Vermißter in die Listen eingetragen worden. Vater Angelmann, der dennoch heil aus dem Kriege zurückgekommen war, vermochte seine Familie nicht wieder aufzufinden, trotzdem er eifrig danach suchte. Nachdem sein Sohn jetzt berühmt wurde, erfuhr der Vater durch die Zeitungen von seinem Aufenthaltsort und traf ihn zum erstenmal bei einem Boxkampf in Fresnes-en Woevre. Unser Bild zeigt die Begrüßung zwilchen Vater und Sohn. Telephonverbindung Moskau —New Nork. Die Taß meldet in der„Leningradskaja Pravda" vom 15. April, daß am 14. April um 7 Uhr 20 Min. abends die neue Telephonlinie Moskau —New Uork zu fungieren begann. Die Gespräche sind sehr güt zu hören. Aus Moskau kann damit auch mit anderen Städten der USA . gesprochen werden. Die Gespräche werden über London geführt, mit dem die SSSR . eine.ständige direkte Telephonverbindung hat.(s) Im Zeichen der Rationalisierung in der SSSR . Die„IenmgradskajarPravda." meldet apt 1L. AstA aus Moskau , daß auf einer Konferenz der polygraphischen Industrie festgesetzt wurde, auf Grund der Ergebnisse der besten Stachanow-Arbeiter die Arbeitsnormen durchschnittlich um 28 Prozent zu erhöhen,(s) Arlette Stavisky wird aus Amerika ausgewiesen. Arlette Stavisky, die Witwe des verhängnisvollen französischen Hochstaplers, ist, wie man weiß, seit einiger Zeit in New Dork als Revuegirl und Mannequin aufgetreten. Sie ist jetzt binnen acht Tagen ans Amerika auSgewiefcn worden. Tas Sensationellste an dieser Nachricht isst', daß die Ausweisung nicht von den Jmmigrationsbehörden, sondern vom Sittendezernat verfügt worden ist. Selbstverständlich haben alle Reporter versucht, die sittlichen Verfehlungen von Arlette Stavisky festzuftellen, aber es ist bisher nicht gelungen, das Geringste zu erfahren, da Arlette Stavisky vollkommen zurückgezogen gelebt hat. Das Testament eines Irrsinnigen? Bei einem Londoner Notar wurde vor einigen Tagen das Testament deS amerikanischen Millionärs Henry Whiting geöffndt, der genau vor einem lJahre in Paris verstorben ist. Das Testament umfaßt 110 mit Maschine eng beschriebene Seiten. Abgesehen von wenigen einleitenden Bemerkungen handelt es sich um eine Liste von Tausenden von Personen, die kleinere und größere Beträge erhalten sollen. DaS Merkwürdigste daran ist, daß fast niemand dieser Personen in irgendeiner Beziehung zu dem Verstorbenen gestanden haben. Rur ganz wenige haben ihn flüchtig gekannt. Die glücklichen Erben gehören allen Gesellschaftsklassen an, Arbeiter und Lords sind gleichermaßen bedacht, und zwar offenbar vollkommen willkürlich, was die Höhe der Erbschaft anlangt. Die Adressen von vielen Genannten konnten unmöglich stimmen, da es die genannten Straßen in den betreffenden Städten gar nicht gab. Zum Schluß dar man nach Nachprüfung der Angelegenheit den Eindruck bekommen, daß eS sich um das Testament eines Wadnsinnnigen handelt, der offenbar, aus Adreß« und Telephonbüchern Namen und Adressen völlig willkürlich kombiniert hat. Da seine Verwandten nur eine verschwindend geringe Summe von kaum 500 Pfund erhalten sollten, so wird das Testament angefochten werden. Wenn Artisten demonstrieren... In dem großen Pariser Variete.Alhambra" kam es vor einigen Tagen während der Vorführung zu Demonstrationen seitens arbeitsloser französischer Revuekünstler, die die Entfernung ihrer ausländischen Konkurrenten verlangten. Diese Demonstrationen sind durchaus fachgemäß'durchgeführt worden: auf dem Höhepunkt des Skandals wurden plötzlich von den Rängen Stricke heruntergelaflen und Trapezkünstler, die als Zuschauer gekleidet waren, warfen ihre Anzüge ab, kletterten im Trikot unter Beifall der Zuschauer herunter und verteilten Flugzettel mit den Forderungen der Demonstranten. Mussolini gewinnt eine Kolonie Die Satrapenrolle Albaniens (Glg. st Während die Eroberung Abessiniens trotz des Versagens der Bölkerbundsaktion mehr Zeit ist Änsprgch nimmt als Mussolini angenommen zu haben scheint(so daß die englische Regierung Grund zu einer stoch immer qbwartenden Haltung zu haben.gPiußi) r ist Mussolini die friedliche Eroberung einer neuen Kolonie fast unbemerkt gelungen. Als die römischen Blätter vor wenigen Tagen den Abschluß eines„Handels- vertrages"mit A l b a n i e n meldeten, konnte ntttn höchstens ahnen, daß es sich dabei um mehr als nur eine kommerzielle Angelegenheit handelte. Inzwischen hat sich nun die„Neue Zür cher Zeitung " aus Rom über den wahren Charakter dieses Handelsvertrages informieren lassen,— und.ciUs ihrem Bericht wird klar, daß mit diesem Vertrag tatsächlich ein ganzes Land an den italienischen Diktator verhandelt worden ist und daß Albanien nach Oesterreich die zweite Kolonie Mussolinis geworden ist. Der italienisch-albanische Handelsvertrag knüpft an die ersten Anleiheverhanvlungen des albanischen„Königs" Zogu mit Mussolini aus dem Jahre 1931 an. Schon damals führten sie zu einer starken Abhängigkeit Albaniens von der römischen Diktatur, aber diese Abhängigkeit dauerte nur zwei Jahre, da sich innerhalb Abbaniens eine wachsende, auf Englands und Frank reichs Beistand hoffende Opposition geltend machte, die Mussolini so unangenehm wurde, daß er im Jahre 1933 eine italienische Flottendemonstration im Hafen von Durazzo veranstalten ließ, um seine Gegner einzuschüchtern. Was ihm damals nicht gelang, ist ihm jetzt, nach drei Jahren, gelungen: die albanische Wirtschaft und die albanische Armee haben sich ihm ausgeliefert. Gegen eine(in Raten zahlbare) Anleihe von insgesamt 25 Millionen Lire hat Italien sämtliche albanischen Oelkonzessionen erhalten, die bisher in englischem und französischem Besitz waren, und außerdem hat sich die albanische Regierung damit einverstanden erklärt, in ihre Die sowjetrussische U-Bootflotte im Frrnost. In der„Krasnaja Zwezda"(15. 4.), der Tageszeitung der Roten Armee, werden folgende Jn- formationen über die russische U-Bootflotte im Fernost mitgeteilt: Das erste russische U-Boot ist in den pazifischen Gewässern völlig unbemerkt erschienen. Heute sind diese Gewässer von vielen solcher U-Boote bevölkert. Am besten könnte davon der Oberkommandierende der U-Bootflotte Ho- lostjakoff erzählen. Wenn man ihn fragt, ob die »sowjetisch«^ fl-Bootflothe sich bereit» ein Ansehen im-Pazifik erworben habe, antwortet«r lächelnd:- Die Japaner sagen, daß ja. Die japanische Presse nennt ihn„Ä d m i r a l H o l o st j a k o f f". Er ist ursprünglich einfacher Matrose gewesen, später Steuermann. Heute ist er Oberkommandierender der fernöstlichen U-Bootflotte der Sowjets. Seine Spezialität ist der Tiefgang. Seine Rekorde in dieser Hinsicht sind bisher unerreicht. Zuchthausstrafen für lettische Sozialisten. Aus Riga wird uns geschrieben: Anfang April fand in Riga ein Prozeß gegen zehn frühere Mitglieder der sozialdemokratischen Partei und des Arbeiter-Jugendbundes statt, die man der illegalen Fortführung der nach dem faschistischen Staatsstreich' aufgelösten sozialdemokratischen 10.000 Mann starke Armee 50 italienische Offiziere einzustellen,«inen italienischen Obersten zum„Chef der Militärkanzlei" beim König Zogu zu ernennen und die Hafenverwaltuug von: Du razzo den Italienern zu übergeben. Damit nicht genug, hat sich die albanische Regierung auch noch verpflichtet, unter italienischer Leitung Küsten - und Grenzbefestigungen anzulegen. Obwohl Albanien ein Gebirgsland mit nur einer Million Einwohner ist, hat der Gewinn dieser Kolonie für Mussolini , doch erheblichen wirtschaftlichen und strategischen Wert. Durch den Erwerb der albanischen Oelquellen ist Italien für den Fall von Oelsanktionrn vor dem Aergsten bewahrt, durch die Anlage von Küstenbefestigungen wird es die Möglichkeit haben, der englischen Flotte die Einfahrt ins Adriatische Meer zu sperren, und die albanischen Grenzbefestigungen sind als Drohung gegen Jugoslawien und Griechen land gerichtet, das seit der Rückkehr des Königs Georg zu Englands Verbündeten zählt. Die Unterwerfung Albaniens unter die italienische Diktatur ist die erste sichtbare Folge des Mißerfolges der Genfer Beratungen: die Kreise in Albanien , die auf England und Frankreich hofften, sind durch die offen zutage getretene Uneinigkeit der beiden Westmächte entmutigt worden und haben ihren Widerstand gegen die italienische Vormundschaft aufgegeben. Da der Völkerbund an seiner ersten großen Aufgabe vorläufig gescheitert ist, droht sich Europa wieder— wie vorher— in ein System von Großmächten und Bündnissen aufzulösen, und Alba nien hat sich in Erkenntnis dieser Tatsache an die nächstliegende Großmacht angeschlossen. Die eng lisch -italienische Konfliktszone aber, die sich bisher nur auf das Mittelmeer und Ostafrika beschränkte, ist jetzt auch auf die Balkanhalbinsel ausgedehnt worden, wo sich nun an der griechischalbanischen Grenze die Interessensphären Englands und Italiens treffen. Partei beschuldigte. Der Hauptangeklagte, Genosse I a n s o ri, früherer Vizevorsitzender des Arbeiter-Jugendbundes, erhielt vier Jahre Zuchthaus. Er wird diese Strafe in den berüchtigten Kalnziemer Steinbrüchen abbüßen müssen. Die übrigen Angeklagten erhielten ein bis zwei Jahre schweren Kerkers. Sämtliche Angeklagten wurden während der Voruntersuchung schwer mißhandelt und haben sich fast ausnahmslos vor Gericht äußerst mannhaft benommen. SenttSlstaösverhaUdkungen. Die Genfer Mitarbeiterin von„O tu v r e", TäboulSf berichtet über die Unzufriedenheit, die in Sowjetkreisen darüber herrsche, daß trotz der Ratifizierung des russisch-französischen Paktes, die technsschen Verhandlungen zwischen dem französischen und dem russischen Genrälstab, die bereits bei der Unterzeichnung des Paktes im Mai 1935 vorgesehen waren, bis jetzt nicht stattgefunden haben. Der Pariser russische Botschafter Potemkin hat während der letzten Genfer Tagmig darüber eine Unterredung mit Paul-Boncour gcbabt. Die ftanzösische Langsamkeit erklärt sich, nach der Ansicht von Tabous , nicht durch irgendwelche Hintergedanken, sondern durch eine gewisse politische Passivität. Volkswirtschaft und Sozialpolitik Handelskammern gegen Sozialpolitik Die Handelskammern, die ja bekanntlich nichts anderes sind als Organisationen der Unternehmer in Industrie, Handel und Gewerbe, betrachten die Sozialpolitik als ein hervorragendes Betätigungsfeld. Ihren ganzen Einfluß machen sie geltend, um einen Ausbau der sozialen Gesetzgebung aufzuhalten und schon Erreichtes, wenn es geht, wieder rückgängig zu machen., Es gibt bei der Kammerzentrale einen besonderen Sozialpolitischen Ausschuß, der darum auch seine Aufgabe nicht darin sieht, Vorschläge für die Erweiterung des sozialen Schutzes der hilfsbedürftigen Bevölkerung auszuarbeiten, sondern darin, Pläne gegen die soziale Hilfe vor allem des Staates zu schmieden. So wird jetzt gemel». oet, daß dieser Sozialpolifische Ausschuß der Handelskammern sich gegen die von den Gewerkschaften und der Sozialdemokratie angestrebte Verlängerung der Unabdingbarkeit der kollektiven Arbe-its- oerträge ausgesprochen hat. Es müßte auch den in der Kammerzentrale führenden Unternehmern bekannt sein, daß die Unkünd- barkeii der kollektiven Arbeitsverttäge durch die Wirtschaftskrise dirett erzwungen worden ist und daß sie viele tausende Arbeiter und Angestellte vor einer weiteren Verschlechterung ihrer sozialen Lage bewahrt hat. Sie wirkt sich insofern auch als ein« krisenbekämpfende Maßnahme aus. Um so mehr muß dieser sozialfeindliche Akt des Handelskammer-Ausschusses zurückgewiesen und darauf gedrungen werden, daß er bei den maßgebenden Stellen keine Berücksichtigung findet. Staatliche Planungsstellen in USA Staatliche Planunstellen bestehen in 46 Staaten der Vereinigten Staaten , so daß nur 2 Staaten(Delaware und Coluinbia) keine Pla- nungstellen besitzen. Das Tätigkeitsgebiet der Aemter ist mannigfaltig. Sie unterstützen die Bundesregierung bei der Bestimmung der in ihrem Staate aufzunehmenden öffentlichen Arbeiten. Diese Planungstellen haben sich bereits Verdienste dadurch erworben, daß sie bei der Erschließung der nationalen Hilfsquellen ein glattes Zusammenarbeiten der verschiedenen staatlichen Depatements zustandege- bracht haben. Die Planungsämter setzen sich aus Fachschuldirektoren, Bolkswirffchaftlern, Landesarchitekten, Ingenieuren, Gewerkschaftlern, Unternehmern usw. zusammen. Oie Industrielle Umsiedlung In Großbritannien Das Problem der industrieflen Umsiedlung beschäftigt die britische Oeffentlichkeit nach wie vor in hohem Maße. Es handett sich bekanntlich darum, aus den Gebieten, deren Industrie dauernd brachliegt, nach besser situierten Bezirken Arbeitslose umzusiedeln. So sind vost 1921 bis 1934 aus Süd-Wales etwa 291.000 und aus Nort- humberland und Durhan etwa 244.000 Arbeiter abgewandert. Zunächst vollzog sich dies ungeregelt, erst seit 1928 hat das Arbeitsministerium eiß System von Maßnahmen ausgearbeitet. Es werden systemattsch Arbeitsmöglichkeiten in den Gebieten geringerer Arbeitslosigkeit erforscht, den Arbeitslosen Hilfe für die Uebcrsiedlung geboten. Von 1932—1935 sind auf diese Weise zirka 20.000 Arbeiter ausgewandert. Verlanget überall Volkszünder Von Werner Hegemann dem vor kurzem verstorbenen genialen Ge- fchichtsphilosophen, sind bei der Zentralstelle für Bildungswefen Prag XII, Slezfla 13, folgende Werke erhältlich: Entlarvte Geschichte, geb... XL 40.— brosch.. Kö 32.— Jugendbuch vom großen König Kö 28.— Der gerettete Christus... XL 23.— SdP-„Belange M und ProzeBkosten Prag . Kurz nach den Maiwahlen veröffentlichten die„R a n n i n o v i n h" eine Notiz, in der berichtet wurde, daß die neugebackenen SdP-Parla- mentariex anläßlich der feierlichen Versammlung in der Egerer„Helden-Gedenkhalle"(verbunden mit Treuegelöbnis zu Henlein , nebst Kranzniederlegung beim.Mann im Eisen" u. dgl.) das Horst Wes- sel-Lied gesungen hätten. Die Folge war, daß 96 SdP-Abgeordnete, Senatoren und Landesvertre- ter gegen den verantwortlichen Redakteur Doktor C h a r b ä t Strafanttag wegen Uebertretung nach 8 4 des Ehrenschutzgesetzes stellten— und zwar jeder für sich. Die Mannen fühlten sich also an ihrer Ehre gekränkt. Wie immer es mit ihrer Loyalität sonst bestellt sein mag— dem Justizärar lassen sie bekanntlich bei solchen Anlässen gern etwas zukommen. Kurz und gut, dem Pressegericht gingen 96 ziemlich gleichlautende Strafanträge gegen den Verantwortlichen Redatteur wegen Vernachlässigung der pflichtgemäßen Obsorge zu. « Vor dem Vergleichsrichter erklärte sich der Vertreter des Geklagten bereit, in dem Blatt zu konstatteren, daß die' SdP-Herren damals das Horst Wessel -Lied nicht gesungen hätten und der Vergleichsrichter erklärte die Formulierung dieser Genugtuung als hinreichend und bestimmte, daß die zu ersetzenden Kosten der Kläger später vom Gericht, festzusetzen seien. Der Verteidiger Dr. Sommer rekurrierte gegen den Ausspruch deS Vergleichsrichters an den Beschwerdesenat des Pressegerichtes, und zwar in dem Punkt, daß die zu ersetzenden Kosten gleichzeitig vom Vergleichsrichter hätten festgesetzt werden müssen. Der Verteidiger berief sich auch darauf, daß die 96fache Einbringung ein und desselben SttafantrageS offensichtlich in unzulässig schikanöser Absicht erfolgt sei, um der Gegenpartei möglichst hohe Kosten z» verursachen, zumal es sich um mechanisch vervielfältigte Formulare handle. Der. Beschwerdesenat schloß sich im wesentlichen dieser Ansicht an und erklärte einen Kostenersatz von 3478.54 KL als hinreichend zur Satisfaktion der .96, Kläger., Tarnst, pgxrp.die., SdH^läger freilich, sticht einverstanden und brächtest' Ristirs an das'-^ Obergerichk ein,' welche? ihn aber.abwies, da für solche Auseinandersetzungen lediglich der Beschwerdesenat des Pressegerichtes zuständig sei. Gestern wurde also vor dem Preffesenat des GR Dr. BernäSek dieses Verfahren fortgesetzt, da die Kläger sich auf keinen Fall mit dem genannten Kostenersatz begnügen wollten, sondern mindestens 7000 Kä forderten. Die Diskussion um diese Frage war vom prefferechtlichen Standpunkt überaus interessant, denn es kam eine ganze Reihe bemerkenswerter Probleme zur Erörterung, die das„Gesetz zum Schutz der Ehre" nicht eben eindeutig gelöst har. Die Auseinandersetzung endete mtt einem Vergleich.- betrug am künden— exemplarische Strafe Prag . Das Ehepaar A n t o n und Aloisia L u st i n e c betreibt eine Greislerei in Z i z k o v und seine Kundschaft rekrutiert sich natürlich durchwegs aus kleinen Leuten, denen eine Krone viel bedeutet. Am 21. November erschien in dem Laden unvermutet ein Kontrollorgan des Eichamtes, um Waage und Gewichte zu überprüfen. Diese Kontrolle ist notwendig, denn eS gibt Geschäftsleute, die sich kein Gewissen daraus machen, durch allerlei Tricks ihre Kunden zu schädigen. Zu diesen Gewichtsverfälschern gehört auch Frau Lustinec. Der Beamte stellte fest, daß unter der. Waagschale, auf welche die Ware gelegt wird, ein Stück alter Butter angeklebt war, welches 15 Gramm wog, so daß die Kunden bei jeder ausgewogenen Ware um dieses Gewicht geschädigt wurden. Die Sache war raffiniert genug eingefädelt, denn einerseits war die gelbe Butter auf der Messingwaage nicht gut zu sehen und dann lag im Betretungsfall die Ausrede nahe, daß eben beim Auswiegen von Butter„zufällig" ein Stück an der Waagschale hängen, geblieben sei. Diese Ausrede verfing allerdings nicht und auf Grund der klaren Feststellungen des Beamten erhob die Staatsanwaltschaft gegen das Ehepaar die Anklage wegen des Verbrechens des Betruges, über die gestern der Strafsenat Krys t ü f e k zu verhandeln hatte. Anton Lustinec hatte sich krankheitshalber nicht zur Verhandlung eingestellt und wurde schließlich in absentia freigesprochen, da ihm ein direktes Verschulden picht nachgewiesen wurde. Interessant ist allerdings, daß dieser Mann zwar achk- zehnmal wegen Lebensmittelverfälschung vorbesttaft ist, aber trotzdem laut Polizeiauskunft einen guten Ruf hat(I) Als Hauptperson erschien seine Gattin, die sich zwar mit großem Stimmaufwand verteidigte, aber schließlich doch zu drei Monaten schweren und verschärften Kerkers verurteilt wurde, und zwar unbedingt. In der Urteilsbegründung sprach das Gericht aus, daß, abgesehen von den Vorstrafen der Angeklagten(darunter auch solch« wegen Lebensmittelverfälschung) schon der Charakter dieser Betrügereien, die auf die systemattsche Uebervortei- lung der meist vermögenslosen Kundschaft abzielten, den Vollzug der Strafe notwendig mache. Die Ver- urteilte meldete Nichtigkeitsbeschwerde an, Staatsanwalt Dr. M e j st t i k Berufung wegen zu niedri- gem Strafausmaßes.:b.
Ausgabe
16 (26.4.1936) 99
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