Seite 4 Mittwoch, 29. April 1936 Nr. 101 TaAesnemgLelteN' Flucht In die Schule Unsagbar groß ist daS Elend der arbeits­losen Jugend. Viele junge Menschen haben überhaupt noch nicht den Segen ordentlicher Ar- beit oder gar des Verdienens kennengelernt. Und groß ist die Gefahr, daß sie moralisch verkommen oder dem politischen Abenteurertum in die Fänge laufen. Die Maßnahmen, die man zu ihrem Schutze unternimmt, sind unzureichend. Die Winterhilfsaktion, in die sie eingereiht waren, ist längst vorbei, die Heimstätten haben ge­schlossen, das Genter System kommt für sie nicht in Betracht. Nur einige Städte versuchen es jetzt mit Arbeitslagern. Für die weibliche Jugend aber geschieht überhaupt nichts. Man muß sich angesichts dieser Tatsachen wundern, daß das Abgleiten der Jugend in das absolute Nichts nicht größere Formen angenommen hat. Wie wenig die Jugend gewillt ist, sich von den Din­gen treiben zu lassen, wie sehr sie sich bemüht, ihr Leben auszufüllen, das wird nicht nur. durch ihre Arbeit in den Jugend- und Sportorganisa­tionen, sondern auch durch ihr Bemühen erwie- sen, sich irgendwelche fachliche Kenntnisse anzu­eignen, auch wenn sie weiß, daß sie sie nicht an- wenden kann. Da gibt es z. B. in Stein- s ch ö n a u eine Meisterschule fiir die Glasindu­strie, die man in der Regel durch drei Jahre besucht. Aber es sind Jugendliche da, die schon das s e ch st e Jahr hingehen, nur, weil sie sonst keine Beschäftigung hätten und das Gelernte ver­gäßen, nur, weil sie nicht untätig sein wollen. Jugendliche, die sich in dieser Zeit noch immer beinühen, ihre Fähigkeiten zu steigern, um nütz- liche Mitglieder der Gesellschaft zu werden, kön­nen nicht zur Ausnützung ihrer Fähigkeiten kommen. Sie lernen und lernen. Und sind noch ^glücklich zu Preisen. Denn Zehntaujende haben nicht einmal diese Möglichkeit... Theresienstädtrr Soldat bei einer Eisen­bahnfahrt tödlich verunglückt. Sonntag abends vergnügten sich vier Theresienstädter Soldaten in HrMtz bei Raudnitz bei einer Tanzunter­haltung. Weil sie ihre gesamte Barschaft veraus­gabt hatten und den 10 Kilometer weiten Weg nach ihrem Garnisonsort in der Nacht nicht zu Fuß zurücklegen wollten, beschlossen sie,schwarz" nach Hause zu fahren. Es gelang ihnen auch, in der Dunkelheit ohne'Fahrkarten in der Station Hrobec den Persönenzüg nach Bäuschowitz zu be- sreigen und sich auch während der Fahrt der Kon­trolle zu entziehen. In der Befürchtung, daß sie in der Station Bäuschowitz beanständet werden könnten, sprang der Soldat BoitjechBauer aus dem noch in rascher Fahrt fahrenden Zug. Seine Kameraden bemerkten, daß er auf das Geleise fiel, sich aber wieder erhob und die Bahn­böschung hinunter verschwand. Auch den anderen drei Soldaten gelang es, noch vor der Station den Zug zu verlassen und auf den Weg nach The­ resienstadt zu kommen. In der Annahme, daß ihr Kamerad bereits vorausgegangen sei, gingen sie in die Kaserne. Am anderen Morgen fanden Wächter der Bauschowitzer Zuckerfabrik den Geniesoldaten Bauer im Graben der Bahn­böschung tot auf. Bauer lag mit dem Gesicht in dem morastigen Böschungsgrabcn. Nach der Fest­stellung der Aerzte ist Dauer im halbbewußtlosen Zustand dadurch erstickt, daß er infolge der beim Sprung aus dem Eisenbahnwagen und beim An­prall auf die Schienen am Kopf erliktenen Ver­letzungen nicht mehr die nötige Kraft besaß, sich selbst aus der morastigen Böschung auszugraben. Ziehung der Klassenlotterie 11 n verbindlich. Prag . Bei der Dienstag-Ziehung der V. Klasse der 34. tschechostowakischen Klassenlotterie wurden folgende Lose gezogen: Kd 1,000.000 Los Nr. 7273.> 60.000 Los Nr. 86.499. 20.000 die Lose Nr. 32.087 53.969. K« 10.000 die Lose Nr. 25.265 101.579 105.838 96.995. K6 5.000 die Lose Nr. 12.454 17.405 49.654 87.273 13.441 19.875 24.342 44.067 51.903 51.942 59.624 69.472 69.919 71.063 77.221 78.987 96.814 98.991 100.562 102.875 105.162. KC 2.000 die Lose Nr. 2.485 4.694 6.106 7.699 10.643 12.110 12.274 12.311 13.015 14.836 15.756 16.942 17.662 18.024 19.195 22.627 24.011 24.989 25.586 27.563 31.997 33.415 34.817 35.413 37.206 38.106 38.809 41.125 41.278 46.591 51.592 52.712 54.387 60.841 63.719 65.434 70.142 71.058 77.570 78.026 80-272 81.046 88.356 90.290 90.551 90.899 92.008 93.801 95.512 957110 95.835 97.668 98.008 98.310 100.591 100.988 103.787 103.792 104.641. 104.880 106.086 106.957 108.993 109.005 109.393. Originelle Lösung eines Filmstreites während des englischen Fußball« Pokalspiels Jin Stadion zu Wembley wurde am Sonnabend das Endspiel um den englischen Fußballpokal ausgetragen, in dem die Londoner Arsenal-Mannschaft mit 1:0 über den Club Sheffield Uni­ted gewann. Da der Veranstalter des Kampfes für die Filmaufnahmen Riesenentschädigungen verlangte und schließlich allein die Verfilmung des Spieles durchführte, beschlossen die Wochen­schau-Filmfirmen, die einzelnen Phasen des Kampfes vom Wildmühlen-Flugzeug aus zu filmen. Hier sieht man eines der vier Filmflugzeuge über dem vollbesetzten Stadion. ken und die Vergiftung abessinischer Frauen und Kinder durch italienisches Giftgas. Mr. G. T. Gallatt sprach über die Reformarbeit der abessini­schen Regierung, die aus vortrefflichen Männern bestehe und den Verwaltungen etwa von Afghani­ stan und des größten Teils von Indien vollkom­men gleichwertig sei. Es soll eine Anleihe von einer halben Million Pfund(59 Millionen XC) für die Ansiedlung von Flüchtlingen alsbald durch Die Staatsbahn im Dienst der Kurorte. Ein K u r a u f e n t h a l t f ü r E in- z e l p e r s o n e n, der täglich zu jedwedem Termin und für jedwede Zeit angetreten werden kann, wird als Neuheit vom Referat der Aus­slugszüge der Tschechoslowakischen Staatsbahnen eingeführt. Ausgeschrieben ist vorläufig folgen­der vierzehntägiger Aufenthalt, der nach Wunsch verlängert werden kann: Nach L u b o ch n i a in der Slowakei fiir 630 XL, nach Joachims- t a l für 808 XL, nach M a r i e n b a d für 850 XL und nach Karlsbad für 800 XL. In den Preis sind die Fahrt mit dem Schnellzug/ das Logis, die Kost und das Trinkgeld inbegrif­fen. Anmeldungen mit Boranzahlung übernimmt der Bazar neben. dem Wilsonbahnhof, Telephon 38335 . Deutsche Jugendzeit»»-. Im Staatsverlag ist soeben die erste Nummer einer Jugendzeitüng erschienen, die halbmonatlich herauskommen wird. Verantwortlicher Redakteur, ist Dr. Josef Taller, dem Redaktionsausschuß gehören an: Prof. Dr. Franz. Longin, Dr. Josef Taller, Uebungsschul- lehrer Friedrich Trnka, Lehrerin Ludmilla Vlasak. .Eckener-Allee" heißt wiederZehlendorfer Damm"«. Wie die /.Times" alis Berlin meldet, bemüht sich; Dr. Eckener seit einer Woche, bei den maßgebenden Nazistellen wieder in Gnaden aus­genommen zu werden. Wenn ihm auch kürzlich im Luftfahrtministerium versichert wurde» daß an dieser Stelle nichts gegen ihn vorliege, so scheint Goebbels doch anderer Ansicht zu sein. Jeden­falls ist bekannt geworden, daß hem Verbot, Eckeners Namen in der Presse zu nennen, nun-' mehr eine neue Maßnahme gefolgt ist: die Eckener-Allee in Berlin erhielt wieder ihren frü­heren Namen ,/Zehlendorfer-Tanim"..- Was ist das alles gegen das Tritte Reich?! Es hat bei Wahlen auch in Frankreich immer eine ganze Reihe von seltsamen Käuzen gegeben, die ihre Kandidatur aufgestellt haben, und die sogar einige Wähler fanden, obwohl man sie leicht als verrückt identifizieren konnte. So hat im Jahre 1881 im Departement du Nord der Gendarm a. D. Badulin kandidiert, der sämtliche Gebirge von Frankreich abtragen lassen wollte. 20 Wähler gaben ihm ihr Vertrauen, aber das genügte nicht, ihn noch am Wahltage vor dem Irrenhaus zu be­wahren. Auf dem Montmartre kandidierte zwei­mal ein gewisser Fenelon, der sichEgo I., König von Kongo" nannte. Im Jahre 1902 erhielt er 70 Stimmen, bis 1906 waren seine Anhänger so­gar auf 217 angewachsen. Im Jahre, 1910 stellte ein gewisser Legu seine Kandidatur auf, in­dem er sich alsKunde der Gas- und Elektrizi­tätswerke" anpries.. Sogar er hat eine Stimme erhalten. Auch bei dieser Wahl fehlt es nicht an solchen Beispielen. So ist unmittelbar vor Tor­schluß ein Wahlplakat eines unabhängigen Kandi­daten angebracht worden, dessen Text folgender­maßen beginnt:Die Wahrheit ist eine große .Synthese, deren wissenschaftliche Erforschung durch experimentelle Analyse, und relative Interpreta­tion gefunden werden kann!"- Wer dies und das folgende nicht versteht, erfährt aus dem Schluß des Plakats, daß erjede gewünschte Aufklärung dieses philosophischen Postulates durch den Endes- untcrfextigten" erhalten kann.Rückporto ist bei­zulegen." Richt ganz so verrückt, sondern sogar recht gut ist der Einfall eines anderenKandida­ten", der mit Hilfe der modernen Technik die Möglichkeit gefunden hat, 24 Stunden am Tag die gleiche Wahlrede ununterbrochen zu halten. In seinem Werbelokal hat er nämlich einen Laut- sprecher ausgestellt und- eine Grammaphonplatte besprochen» die aus.automatische Weise immer wie­der von vorn zu laufen anfängt. Slawische Heiden organisieren sich nach deutschem Muster... In Brünn hat sich ein Verein gefunden, der nach bekannten Mustern altslawischen Götterkult pflegen will. Als reprä­sentativen Heidengott haben sich die Brünner HeidenRadagast", der' von den flawischen RatareN angebetet wurde, erwählt. Die Devise der neuen Heidenvereinigung lautet:Los von Bibel und Krise, zurück zum Glauben unserer Ahnen". Der Wolanskült bekommt also Kon­kurrenz. Eine Stadt für abessinische Flüchtlings soll in der britischen Kolonie Kenya errichtet werden. Die Abessinische Vereinigung im britischen Unterhaus veranstaltete eine Versammlung in einem der größten Säle des Parlaments, der Abgeordnete aller Parteien und andere Persönlichkeiten bei­wohnten. Kapitän Brophil berichtete von seinen Beobachtungen als Mitglied der britischen Rote Kreuz-Mission in Makalle. Er schilderte die Ver­nichtung der Station durch italienische Fliegerbom- Sammlungen aufgebracht werden. König Eduard nimmt kcinm«Gehalt" an. Die britische Staatskasse wird jährlich 155.900 Pfund Sterling ersparen, weil König Eduard sich verpflichtet hat,.weiterhin aus dem Privatertrag des Herzogtums Cornwall statt aus den Ein­nahmen des Staatsschatzes zu leben. Für den Fall, daß sich der König verheiraten würde, wird die Staatskasse einen Betrag von 40.000 Pfund Sterling auswerfen. Elementarkatastrophe. Die argentinische Stadt Mendoza ist von einem schweren Unwetter heim­gesucht worden, das großen Schaden anrichtete. Wolkenbruchartige Regengüsse verursachten weithin Überschwemmungen.. Die Weinberge der Umgebung sind vollständig verwüstet. Da die Zugangsstraßen zerstört sind, ist, die Stadt völlig abgeschnitten, Viele Familien sind obdachlos. Ein dreijähriges Mädchen ist ertrunken. Reue österreichische Briefmarke. Die österrei­chische Postverwaltung gibt eine neue Bricsmarke-zu 24 Groschen in einer Auflagenhöhe von zwei Mil­lionen Stück heraus, die als Markenbild eine Wie­dergabe des GemäldesMaria mit deur Kinde" von Albrecht Dürer Zeigt. Vom Rundfunk taetahl«M«Mrtu aus den Programm«« i Donnerstag: Prag , Sender L: 10.05: Deutsche Presse, 12.10: Operngesänge auf Schallplatten, 17.45: Deutsche Sendung: Prof. Schneeweiß: Walpurgisnacht im Volksglauben, Jugendstunde: frohes Wandern, 18.20: genoffenschaftl. Umschau, 18.45: Deutsche Presse, 20.15: Der Räuber, Komödie von Capek. Sender S: 7.30: Populäre Musik, 14.15: Deutsche Sendung: Landwirtschaft, 14.35: kunsthistorische Sonntagswanderungen, 19.30: Operngesänge. Brünn 16.10: Nachmittagskonzert. 17.40: Deutsche Sendung: Arbeiterfunk: Dr. Otto Frey: Bedeutung des Rohstoffes in der Wellpolitik, Dr. Stoklas: Durch Wirtschaftswege aus der Ehekrise. Preß' bürg 20.30: Unterhaltungskonzert. Kascha» 12: j Schallplattenkonzert, 15: Rundfunkorchesterkonzert. Mährisch-Ostra» 12.35: Mittagskonzert, 17.30: Liederkonzert, 18.10: Deutsche Sendung: Erwin Heine: aus eigenen Schriften, Mammer: von der Graphologie. Samum die Leise! der Wüste Das Rätsel des Chamsin Glut ohne Sonne Harmattau Technik gegen Naturgewalt MTP. Kairo, im April. Der deutsche Gesandte in Kairo , Freiherr von Stohrer, der sich mit seinem Auto in der Wüste verirrt hatte und vom Samum überrascht wurde, ist von einer englischen Flugzeugstaffel bei Bata­via, 30 Kilometer westlich von Kairo , aufgefunden und in völlig erschöpftem Zustand ins Hospital von Heliopolis geschafft worden. Der Kampf des Men­schen gegen die Gefahren der Wüste ist durch diese Zuhilfenahme der Flugtechnik in ein neues Sta­dium eingetreten. Die volle Bedeutung dieser Ge­fahren zeigen nachstehende Ausführungen unseres Sonderberichterstatters D. Red, Brennende Sonnenglut lastet mit einer Hitze von 50 Grad über dem Wüstensand. Jedes Leben erstirbt bei dieser siedenden Temperatur; die Tiere des Sandmeeres haben sich träge in ihre Schlupfwinkel zurückgezogen; jeder Mensch, jede Karawane hastet mit dem Aufgebot der letzten Kräfte der nächsten Oase zu, uni nicht in der un­erträglichen Glut zu ermatten und so den sicheren Tod zu finden'. Plötzlich wird der südliche Hori- zent grau-schwarz. Noch einige Minuten, dann braust ein wirbelnder Glutsturm über die Wüste hinweg, Sandmassen werden Hunderte von Me­tern hoch in die Lüfte geschleudert und überschüt­ten kilometerweit Flächen, die Sonne verfinstert «sich und ist zuletzt nur noch als mattleuchtende, kupferrote Scheibe sichtbar. Windstoß folgt auf| Windstoß. Zwei Tage hindurch. Auch drei. Auch vier. Dann ist wieder Ruhe.. Friedhofsruhe. Die Landschaft hat auf Meilen hinaus vollkommen ihr Gesicht gewechselt. Kein spärliches Gras, kein Kraut, kein Lebewesen ist mehr vorhanden, nur Sand, nichts als weißer brennender Sand. Das ist der Samum. Der Name ist arabisch und bedeutet Gifttoind. Die Aegvpter nennen ihn Chamsin(50"), weil er angeblich 50 Tage hindurch wüten soll. 2m Maurischen heißt er nach seinem Ursprung Gibli, Südwind. Er entsteht durch eine Verstärkung des Luft- druckgefälls zwischen der südlichen Sahara und den Luftsphären des Atlantischen und Indischen Ozeans, die sich im Kongogebiet überschneiden. Die kühlere Lust der Ozeansphären drückt auf die dünne, heiße Wüstenlust» die im Wirbel hochtreibt und dabei ungeheure Mengen Flugsand.mitreißt. So entstehen vollkommen neue Sanddünen, die von den TuaregNebka" genannt werden, im Gegensatz zu den alten, nicht wandernden, viel­fach auf Felskern gebetteten Dünen, die im Ara­bischenErg", in der Tuareg-SpracheAreg" heißen. Was der Samum berührt, ist rettungslos verloren. Die stärksten Geschöpfe der Wüste sind gegen diese Gefahr machtlos. Menschen, die in den Glutsturm hineingeraten, versuchen, sich gegen die glühende Lust und das Eindringen des feinen Sandstaubes in die Poren des Körpers dadurch zu schützen, daß sie sich vollkommen mit Tüchern I I verhüllen. Die Tiere werfen sich zu Boden, mit dem. Rüchen gegen den Wind, und vergraben Mund und Nase in den Sand. Das ist der Samum, wie die Sahara und die arabische Wüste ihn kennen. Auch die persische Wüste kennt Sandstürme ähnlicher Art, aber ohne Wirbel und außerdem in gleichmäßig fegender Form, nicht stoßweise auftretend.. Eine seltsame Abart des Samum ist hinge­gen der Harmattan, in der Fulbe -Sprache Hara- mata genannt, der westlich der Sahara , an der Küste von Guinea austritt. Er entsteht aus ähn­lichen Ursachen heraus wie der Samum, tritt je­doch nur in den Wintermonaten auf, und zwar meist zwei Wochen hindurch, ohne Unterbrechung. Auch er führt Staub und Sand mit sich, auch er trocknet alles aus, aber er ist nicht heiß, sondern im Gegenteil beinahe eisig-kalt und wird deshalb von den Eingeborenen nach der feuchtheißen Re­genzeit als angenehme Erfrischung begrüßt. Möglichkeiten zur Bekämpfung des Samum gibt es nicht. Dagegen hat er selbst mehr als ein­mal entscheidend in Menschen-, ja sogar in ganze Bölkerschicksale eingegrisfen. Schon in der Zeit der Eroberung des Senegal verstanden es die Araberführer Ahmadou und Samory, ihre Kenntnis der dieser Erscheinung zugrundeliegen­den Naturgesetze im Kampfe gegen die weißen Eroberer nutzbringend auszuwerten. Der Kampf um das Wüstenfort Cikiderneuf im Jahre 1912 wurde dadurch entschieden, daß die angreifenden Araber vom Samum überrascht und vor den Augen der Fortbesatzung buchstäblich begraben wurden. Marguerite d'Andourain, die Heldin des französischen Geheimdienstes im syrischen Wüsten­krieg, entging dieser furchtbaren Gefahr zweimal hintereinander um ein Haar. Die deutsche Fliege­rin Elli Beilhorn geriet auf ihrem Vorderasien- Flug mitten in der persischen Wüste in einen Sa­mum und verdankte ihre Rettung nur einigen Leprakranken, die sie unter eigener Lebensgefahr zur nächsten Siedlung geleiteten. Und Raimondo Franchetti , der Chef des italienischen Geheim­dienstes im vorderen Orient, der im vergangenen Jahre durch einen Flugzeugunfall in der Nähe von Kairo den Tod fand, soll ja nach der offiziel­len Lesart ebenfalls dadurch umgekommen sein, daß Sandteile, durch den Wüstensturm emporge­schleudert, in seinen Motor eindrangen und so die Explosion herbeiführten. Bisher kannte man nur zwei Mittel, um Menschen aus dem Sandsturm zu retten: Kara­wanen und Autos. Aber der Wert des Autos ist in der Wüste nicht allzu groß; etwas Sand in den Motor, und die Panne ist da. Die, gleiche Gefahr besteht natürlich auch für ein Flugzeug, aber doch immerhin in geringerem Maße, da die Sandmas­sen über eine bestimmte, sehr mäßige Höhe, nicht empordringen. Außerdem bietet das Flugzeug natürlich den Vorteil der besseren Uebersicht, denn daß ein im Samum Verirrter heute schon in we­nigen Stunden gerettet werden kann, bedeutet gewiß einen erfreulichen Rekord. R. M.