Nr. 111 Dienstag. 12. Mai 1836 Seite 3 Judetendeutsdier Zeitspiele# Eine Entführung aus Freiwaldau ? Der Handelsreisende Hugo Hkebik aus Zuckmantel kam am 4. Mai nach Freiwaldau . Dort gesellten sich ihm in einer Restauration fünf Leute, und zwar Rudolf Schieber, Karl Hauke, Arnold Schmidt, Rudolf Werner und die Brünner Bartänzerin Margarethe P o l- z e r. Sie machten den Hrebnik betrunken und luden ihn dann zu einer Autofahrt ein. Das Auto gehört einem gewissen Werner. Die Gesellschaft kehrte nicht mehr nach Freiwaldau zurück, auch Hrebik blieb aus. Tschechische Blätter behaupten, daß ernachDeutschlandentführt worden sei. Das Auto habe jenseits der Grenze gehalten, wo uniformierte SA-Leute den Hrebik in Empfang genommen haben. Hrebik sei in Reitze den reichsdeutschen Behörden übergeben worden. — Eine Bestätigung dieser Nachricht war bisher noch nicht zu erreichen. Jedenfalls ist die Behauptung tschechischer Blätter unrichtig, datz es sich bei Hkebik Um einen Sozialdemokraten handle. Die Sicherheitsbehörden sind fieberhaft mit der Aufklärung des Falles beschäftigt. ES wird behauptet, datz die fünf Leute, die in der Gesellschaft des Hkebik gesehen wurden, der SdP angehören. Ins. W. Weber fliest aus der „Volksgemeinschaft“ Die Hauptleitung der SdP hat den Großindustriellen Jing. W. Weber in Schluckenau aus der Partei ausgeschlossen. Der Ausschluß des Mannes, der als Landesvertreter der SdP immerhin eine hohe Funktion bekleidet, erregt allgemeines Aufsehen weit über das Schluckenauer Gebiet hinaus. Der Grund für den Ausschluß soll in einem Brief Webers an die Hauptleitung der SdP zu sehen sein. Weber will sich angeblich erst dann zu dem Ausschluß äußern, wenn ihm die näheren Gründe mitgeteilt worden sind. Man kann gespannt sein, was da wieder ans Tageslicht kommen wird! Gestapoagenten in Prag Prag . Die Polizeikorrespondenz meldet: Zu den Nachrichten, die in der Tagespresse betreffend Agenten der„Gestapo " erschienen sind, wird mitgeteilt, datz in Prag der 28jährige Tischler Rudolf K o s s e k aus Gietzhübel im Adlergebirge verhaftet, worden ist, chei dem bei.der Anhaltung eine größere Menge nichtentwickelter Filmpacks vorgefunden wurde. Die Filme wurden entwickelt und es wurde festgestellt, datz es sich um photographische Aufnahmen derKartothek des Emigran- ten-Hilfskomitees in Prag II. handelt. Im Zusammenhang damit wurde weiters in Prag verhaftet Peter Ochmann, 48 Jahre alt, der als Portier in dem erwähnten Komitee beschäftigt war. Durch die Untersuchung wurde festgestellt, daß Koffek in Verbindung mit einem Agenten stand, der unter dem Namen„Held" auftrat und von ihm daS Material übernahm. Er führte es an die Grenze, wo er es übergab. Dieser Held erhielt von Ochsmann die Kartothek zum Photographieren immer für eineNacht, so datz diese Kartothek bereits früh wieder am richtigen Ort war. Ochmann und Kossek wurden in Gerichtshaft eingeliefert. Die Untersuchung und insbesondere die Nachforschung nach jenem Held wird fortgesetzt. ♦ Zu dieser Meldung der Polizeikorrespondenz sei nur bemerkt, datz ebenso die Flüchtlingsfürsorge in Prag II, wie die S. P mit Ochmann nicht das geringste zu tun hatte und mit ihm in keinerlei Verbindung stand. Der„Prager Mittag" wutzte gestern zu berichten, datz es Ochmann, gegen den bereits früher Verdachtsmomente aufgetaucht seien, gelungen sei. Vie Truppe 36 und ihre sozialistische Kulturmission im sudetendeutschen Gebiet Wir haben über das kabarettistisch-satirische Programm des Kollektivs„Truppe 36", das zur Zeit das sudetendeutsche Gebiet bereist, bereits berichtet. Zu diesem Thema ist noch einiges zu sagen. Kritische Analyse, rein künstlerische Wertung dieser zweifellos auf hohem, ja höchstem Niveau stehenden sozialistischen Schauspielertruppe, die sich mit ehrlicher Leidenschaft und starker Begabung bemüht, die Massen des Sudetendeutschtums kulturell zu beeinflussen und aktivieren, genügt nicht. Man mutz auch etwa- über den immensen Wert einer solchen Bühne sägen. Diese Schauspieler schwimmen, unter.Einsatz ihrer Persönlichkeit, gegen den augenblicklichen Strom und während sich die ängstlichen Mimen distanzieren, um ja nicht den Anschluß(an Henlein usw.) zu versäumen, haben die 15 Menschen. die sich um den 31jährigen Basa Hoch- m a n n geschart haben, sich bewußt und demonstrativ zur Sache der Freiheit und der Menschlichkeit bekannt. Charakter findet man nicht allzuhäufig, Talent noch weit seltener, aber Talent und Charakter in einer Front sind ein Aktivum, das man gar nicht hoch genug einschätzen kann! DaS Programm der„TrutzAe 26" ist eindeu- diesen Verdacht zu zerstreuen, indem er sich auf die Empfehlung„eines führenden Politikers aus dem jungaktivisti- s ch e n Lager" berufenhabe. Wir stellen- hiezu kategorisch fest, daß diese Darstellung vollkommen aus der Luft gegriffen ist und daß kein sozialdemokratischer Politiker in diesem Sinne für Ochmann interveniert hat. Pfingsten— ein Pflichtwandertag für alle Falkengruppen Nach dem Jahresarbeitsplan sollen zu Pfingsten alle Falkengruppen wandern und damit verbunden große Falkenkapellen durchführen. Die Falkengruppen der Gaue Aussig , Bodenbach, Teplitz und Reichenberg haben sich als Wanderziel Bodenbach gewählt und werden im Rahmen des Jugendtages ein großes Zeltlager aufschlagen. Nach den bisherigen Meldungen ist mit einer Mindestbeteiligung von 800 Jung- und Rotsalken zu rechnen. 200 Falken des Gaues Trautenau wandern zu Pfingsten nach Schatzlar zu einem großen Falkentreffen. Die Falkengruppen der Bezirke Karls bad , Eibogen und Neudek treffen sich zu P f i n g st e n in Neudek zu einem großen Appell. Im Gau Jägerndorf sind Hennersdorf, Spachen darf und Neuti t s ch e i n als Treffpunkte für die Falkengruppen ausersehen. Auch in den übrigen Gauen rüsten bereits jetzt alle Jung- und Rotfalkengruppen zu ihren Pfingstwanderungen. Tausende Arbeiterüuben- und Mädeln werden so ihre Pfingstferi'en in der Geineinschaft'unserer Flllketi- gruppen verbringen. Neben diesen grotzest Wanderungen der Jung- und Rotfalken, bereiten die Ortsgruppen auch kleinere Wanderungen für unsere Nestfalken vor. Die Parole lautet: kein Falke bleibt zu Pfingsten zu Hause. Erfolgreiche Betriebsausschußwahlen In Schönllnde und Wolfsberg Am 6. Mai 1936 sollten in dem Betriebe der Firma I. H. Vatter, Wirkwarenfabrik in S ch ö n l i n d e, die Betriebsausschutzwahlen stattfinden. Trotz den Bemühungen eines maßgebenden Beamten in diesem Betriebe war es der Deutschen Arbeiter-Gewerkschaft nicht möglich, eine Kandidatenliste zu dieser Wahl zu überreichen. Es war nur eine Liste, die der Union der Textilarbeiter eingebracht worden. Es entfiel daher die Wahl und gilt die Liste der Union als gewählt. Im Betriebe der Firma Joh. Ritsche jun., Wirkwarenfabrik in Wolfsberg , fand am 8. Mai die Betriebsausschutzwahl statt. Dort kandidierte neben der Union derTextilar- beiter auch die DAG. Wahlberechtigt waren 149 Arbeiter, 141 Stünmen wurden abgegeben. tig, ist, alles in allem, künstlerisch werwoll, wichtig und wegweisend, es ist sauber, politisch kompromißlos und gekonnt. Das muß in einem Zeitpunkt, da ein Teil der sudetendeutschen Theater offen für Henleins Kulturprogramm votiert, besonders hervorgehoben werden. Das Theaterleben im sudetendeutschen Gebiet leidet unter-dem mittelbaren und auch unmittelbaren Truck von Faktoren, die von Kunst und Theater nichts, von Propaganda im Goebbels -Stil jedoch sehr viel verstehen. Soweit die Theater nicht kapituliert haben, stolpern sie von einem Kompromiß zum anderen, Bekenntnisse werden ängstlich vermieden und die entschiedenste Farbe, die die meisten Theaterdirektoren zeigen, ist die der Farblosigkeit. Darum ist es eine Pflicht aller Funktionäre unserer Bewegung, der Truppe Vasa Hochmanns überall Bahy zu brechen und organisatorisch das Menschenmögliche dazu beizutragen, daß die Arbeit des Kollektivs hie kulturelle und politische Resonanz findet, die sie verient. Die tschechische Linke hat, neben so manchen änderen, ihren Burian, ihre Boskovec und Wer ich..... Die deutsche Linke hat kaum mehr als diese werwolle, lebendige und aufgeschlossene Truppe. Stellen wir uns hinter ihre Arbeit! Wir stehen damit im Kampf für unsere eigenen Ideen! Pierre. eine Stimme war ungültig, die Wahlzahl betrug 25. Es erhielten: die Union 90 Stimmen» 3 Mandate, 15 Reststimmen; die DAG 50 Stimmen, 2 Mandate, keine Reststimmen. Vie Kote Spielschar der sozialistischen Jugend in Halda debütierte in einem Kabarettabend in Haida. In den grauen, durch Not und Krise fast unerträglich gewordenen Alltag der Haidaer Glasmachergegend brachte die von soviel jungem Geist und Temperament getragene Veranstaltung wirklich einen Zug frischer Freude, den die den Saal füllenden Arbeitsmenschen aus Haida und Umgebung gerne aufnahmen und mit dankbarem Beifall quittierten. Das Programm, das— auch hinsichtlich der meisten Texte— an Ort und Stelle unter Mitwirkung älterer Genossen entstand, und das die fast durchwegs aus ganz jungen Leuten bestehende Spielschar mit einer Begeisterung auf die Bühne pfefferte, die man bei einer Erstaufführung gar nicht erwartet hätte, war sehr geschickt zusammengestellt und stand auf beträchtlicher geistiger Höhe. Ernst und heiter, in Songs und Bänkelsängerweisen, in kurzen Theaterszenen, Sprechchören und Liedern griff die Spielschar an und wo sie hingriff, dort hatte sie die Feinde der Arbeiter, die verlogenen Reaktionäre aller Sorten, richtig beim Genick und ließ sie unter dem hellen Gelächter des Publikums zappeln. Man mühte den Obergützen der neuen deutschen Rebbich-Weltanschauung, denen aus Berlin und denen aus Asch, das Kabarett Vorspielen können, auf daß sie die wirkliche Volksstimung hörten, die in Haida viel besser zum Ausdrück kam als auf allen gewaltsam zustandegebrachten Maikundgebungen der SdP. Es fällt einem schwer zu sagen, was am besten gefallen hat: Soll man den nach einer Dreigroschen-Melodie von Weil gesungenen„Krisensong" erwähnen oder das deutsche Miesmacher-Potpourri, das von zwei Babys im Kinderwagen gesungen wird.„Hier stinkts doch so"— sagt das eine Baby,—„hast du vielleicht...?"—„Aber erlaube mal",— darauf das andere;„Ich bin schon stubenrein. Aber bedenke, du bist doch in Deutschland !!" Oder soll man den an Schärfe kaum übertrefflichen Szenen den Vorrang geben, die den TiteH„So macht Hitler Wahlen" führten, oder doch lieber der glänzenden Schietzbudenszene oder den„Spie- ßertypen der Gegenwart"? Mit einem Wort: man weiß nicht, was man bevorzugen soll, es war alles köstlich. Aus,.dey ernsten Programmnummern - wollen,-f wir aber-'ganz besonders da» Lied aus dem-deutschen Konzentrationslager Börgermoor«Die Moorsoldaten" hervorheben.— Die Haidaer sozialistische Jugend' kann diesen Abend als einen vollen Erfolg ihrer Arbeit buchen. Im übrigen teilt der Sozialistische Jugend- verband mit, daß-auch die Haidaer Dpielschar am Nach den letzten Nachrichten aus Paris scheint es festzustrhen, daß ein Kabinett Leon Blum schon in den nächsten Tagen in den Grundzügen, sowohl was die Personen, als auch was das Programm betrifft, fertig sein wird. Die Radikalen haben sich zur Teilnahme an der Regierung bereit erklärt, doch wird allgemein angenommen, daß sie nur Leute ihres linken Flügels in das Kabinett entsenden werden. Es kommen da vor allem Dalladier, Delbos, Cot und auch S a r r a u t inBetracht. Blum selbst würde neben dem Präsidium das Auswärtige übernehmen. Innenminister soll der Sozialist Salengro werden, die Finanzen würde wahrscheinlich Vincent Au ri o l übernehmen. Die Radikalen fordern mehr als die sechs Portefeuilles, die man ihnen angeboten hat, da sie sich darauf berufen, daß sie ja im Senat die stärkste Fraktion seien. Die Kommunisten haben in einem Telegramm an den„Kleinen Kongreß" ihre Bereitschaft erklärt, die Regierung zu unterstützen, zugleich aber versichern sie, daß sie nicht gewillt find, an ihr teilzunehmen. Das wird die Stellung des Kabinettes natürlich erschweren und läßt den Termin seines Sturzes beinahe vorausbrrechnen. Dir Kommunisten— unter denen Ca ch in für den Eintritt gewesen sein soll, T h o r e z dagegen— übernehmen damit eine schwere Verantwortung vor Frankreich und vor Europa ! In dem gleichen Telegramm bietet die KPF. allerdings Verhandlungen über die Bildung einer einheitlichenArbeiterparteian» was einen Fortschritt bedeutet, da die Kommunisten im Vorjahr noch die Einladungen der Sozialisten, über den Zusammenschluß zu verhandeln, mit dem Hinweis darauf abgelehnt hatten, daß ihnen die Einheitsfr o n t genüge und sie keine Einheitsp arte! wollten. Auf der Rechten und in der Mitte zeigt man fich gewillt, dem Kabinett der Volksfront Fair play zu gewähren und, nachdem fich Blum gegen die Abwertung des Franc ausgesprochen hat, find die Kontermine» der Börse zunächst eingestellt Mussolinis Friedensengel Programm des Reichsjugendtages in Bodenbach mitwirken und am Pfingstsonntag nachmittags die Burleske„Freude ist unser Motor" am Festplatz aufführen wird. F. Sch. Gen. Dr. Czech In Bllin Am Samstag, den 9. Mai, veranstalteten die deutschen und tschechischen Sozialdemokraten auf dem Biliner Marktplatz eine große Wahlkund- gebunz, die ihr besonderes Gepräge durch die Teilnahme einiger uniformierter Abteilungen unserer Republikanischen Wehr erhielt. Minister Doktor Czech wurde bei seinem Erscheinen stürmisch begrüßt. Er und Genosse S v e r crk sprachen tschechisch und deutsch zu den Massen, die trotz des strömenden Regens aushielten. Ihre Ausführungen fanden lebhaftesten Widerhall. Genosse Pichl konnte mit einigen markanten Schlußworten diesen letzten Wahlappell in der Ueberzeugung schließen, datz unsere Kaders ungebeugt stehen und am Wahltag ihre Treue zur Sozialdemokratie bekunden werden. .-, Arbeitslager in Neu-Lhlisch,. Tas Arbeitslager des Bezirkes Tetschen in Neu-Ohlisch wurde am 6. Mai mit 50 Teilnehmern eröffnet. Davon sind 25 aus dem Gerichtsbezirke Tetschen , zehn aus dem Gerichtsbezirke Bensen und 15 aus dem Gerichtsbezirke B.-Kamnitz. worden. Eifrig diskutiert man die Frage, welches Währungs- und Wirtschaftssystem die neue Regierung wählen und ob fie fich an das Vorbild Roosevelts, de Mans(van Zeelands) oder an das englische Beispiel halten werde. Per„Kleine Kongreß“ der Sozialisten Paris . Der Nationalrat. der sozialistischen Partei, bzw. der„Kleine Kongreß", der Sonntag in Paris tagte, setzt sich aus je einem betrauten Delegierten jeder der 90 Kreisorganisationen der Partei zusammen und hat eine große Vollmacht. Bor dem außerordentlichen Kongreß der sozialistischen Partei, der für den 30. Mai einberufen ist, hat er das Recht; die Programmlinien der Partei festzusetzen und dem Exekutivausschutz die gültige Ermächtigung zu erteilen. Alle Hauptredner der sozialistischen Partei vom rechten Flügel bis zum linken stimmten darin überein, datz die sozial! st ischePar« tei dieRegierungsverantwor» tung auf sich nehme. Abends nahm der Nationalrat einmütig eine Resolution an, in der es heißt, daß der Sieg der Sozialisten bei den Kammerwahlen für die sozialistische Partei eine neue Situation geschaffen hat. Die Sozialisten sind die zahlenmäßig stärkste Kammergruppe, es gebührt ihnen somit die Mission, die Regierung zu bilden. Die sozialistische Partei will sich dieser Mission nicht entschlagen, sie erklärt vielmehr, datz sie alle Verantwortung erfüllen und auf sich nehmen wird. Alle Gruppen und Parteien der Linksfront werden ersucht, mit den Sozialisten in die Regierung einzutreten. Wenn einige von ihnen ablehnen sollten, an der Regierung teilzunehmen, so werden die Sozialisten die Regierung selbst bilden, eine vollkommen sozialistische Regierung, ansonsten, mit den erwähnten Gruppen. Tvr Nationalrat erteilt. dem Exekutivausschuß und dem engeren Parteipräsidium und ebenso dem Vorsitzenden des Kammerklubs Leon Blum die Vollmacht zu allen Anregungen, die in der Resolution und in den Hauptkundgebungen der Kongretzverhandlungen niedergelegt wurden. Kabinett Blum in Sicht Kommunisten fliehen vor der Verantwortung
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16 (12.5.1936) 111
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