Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

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ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRÜH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

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16. Jahrgang

Sonntag, 17. Mai 1936

Nr. 116

Hitlergardisten in Haft! Rydz- Smigly   als Erbe Pilsudskis Agrarische Hetze

Himmler unter Bewachung

Der Daily Herald" erfährt aus besonderer Quelle, daß jüngst 200 Mann der SS- Leib­standarte Hitlers wegen Auflehnung und Ver­schwörung verhaftet und in ein eigens angelegtes Konzentrationslager nahe bei Berlin   gebracht worden sind, wo sie verhört und dabei in der üblichen Manier gemartert werden.

Göring  , der kürzlich zum Oberhaupt der gesamten Gestapo   im Reich ernannt wurde, hat diese Verhaftungen veranlaßt und im Anschluß daran den vorher allmächtigen Gestapo  - und SS  - Führer Himmler  - genannt der Schwarze" unter strenge Bewachung gestellt. Beide sind alte Rivalen und hassen einander

tödlich.

Die nicht direkt beteiligten Obernazis, Mi nister etc. sind durch diese peinliche Affäre tief er­regt und bestürzt und versuchten, sie ganz geheim zu halten. Wie man sieht, ist ihnen das nicht gelungen.

Die Aufnahme in die Leibstandarte ist be­sonders begehrt und erfolgt nur, wenn neben der persönlichen Untersuchung auch die Nachforschung nach der Gesinnung der Angehörigen des Be­

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Warschau. Das neue Kabinett hat Samstag um 10 Uhr vormittags auf dem Königs­schloß in die Hände des Präsidenten der Republik den Treueid abgelegt. An der der Eidesleistung folgenden ersten Ministerratssitzung des neuen Kabinetts nahm auch der Generalinspektor der Armee Rydz- Smigly   teil.

Wer die tschechische agrarische Presse in der legten Zeit verfolgt, wird sich nicht des Eindrucs erwehren, daß das Hauptblatt dieser Partei, der Venkov" von Menschen geleitet wird, die von Zeit zu Zeit der Hysterie verfallen. Seit der Nicht nur diese Meldung, auch alle Kom-| Anhängern besetzt hielt und daher über jede poli- Präsidentenwahl im Dezember, da die Republika­ nische Partei   ihre Zerfahrenheit vor der gesamten mentare der polnischen und der ausländischen tische Entscheidung befragt wurde. Presse zu der Bildung des neuen Kabinetts In der außenpolitischen Orientierung bedeu- tschechoslowakischen Oeffentlichkeit manifestiert hat, Skladkowski   deuten an, daß es sich nicht nur um tet die Kabinettsumbildung ein neuerliches brachte der Venkov" mehreremals in der Woche einen Sieg der Oberstengruppe über die kürzlich Einschwenken in die Linie der die demagogischesten, einer großen Partei unwür­vorgedrungene Opposition handelt, sondern daß Freundschaft mit Deutschland  . Das digen Angriffe auf die Sozialisten plötzlich, der Herr der Armee, eben der General Rydz- Právo Lidu" macht darauf aufmerksam, daß der dreht der Chefredakteur des Blattes Senator Smigly unmittelbar eingegriffen hat. Das neue Minister Gorecki ausgeschifft wurde, von dem Vraný um und erklärt es sei im Sinne Švehlas, Kabinett wäre demnach vor allem eine Regie bekannt war, daß er einer der heftigsten Gegner wenn Agrarier und Sozialisten mit einander ver­rung Rydz Smiglys und dieser würde Becks und ein Befürworter des Zusammengehens bunden sind, eine andere Regierung sei nicht gui nunmehr eine ähnliche Stellung einnehmen wie mit Frankreich   war. Er ist durch Adam Rodentbar. Das hindert das Blatt allerdings nicht, vor ihm Pilsudski  , dessen Führerschaft" bzw. m an ersetzt worden, der als Intimus von Beckt zwei Tage später, das System der Arbeitslosen­Dittatur ja auch nicht formalrechtlich verankert gilt, Gesandter in Stockholm   war und versucht unterstüßung bei uns in einer Weise anzugrei war, sondern faktisch bestand, weil er die Kom- hat, die Annäherung der nordischen Länder an die fen, die deutlich zeigt, daß dem Blatt, in welchem mandohöhen der Armee mit seinen unbedingten Politik Hitlers   und Becks anzubahnen. jedes Wort vom Gefühl der Verantwortung und staatsmännischem Sinn eingegeben sein sollte, wirklicher Ernst abgeht.

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Hitler  - ein Söldling der Weltfinanz

werbers und seines Umgangs auch nicht den ge- Enthüllungen der New Yorker Bankwelt ringsten Argwohn ergeben.

Neuer Zwischenfall in Fernost

Daß die Politik Hitlers   dem Finanzkapital dient, wird kein Eingeweihter bezweifeln. Daß Hitler   sich dem Finanzkapital des Westens immer Moskau  . Von der sowjetrussisch- mandschuri- wieder als Vorfämpfer angeboten, daß er sich schen Grenze wird ein neuer Zwischenfall gemel- selbst zum Wauwau gegen den Bolschewismus und det. Nach aus Chabarowsk   in Moskau   eingetrof- die ,, kommunistische Weltgefahr" ernannt hat, ist fenen Meldungen bemerkte am 13. Mai um 17 bekannt. Wieweit er und seine Bewegung dabei Uhr eine aus fünf Mann bestehende Sowjet- aber unmittelbar im Solde der Weltfinanz stehen, Grenzabteilung das Herannahen von drei Grup- war bisher schwer zu überprüfen. Eine darüber pen bewaffneter Japaner in einer Gesamtstärke existierende Schrift von dem amerita= von 25 Mann. Auch die Japaner bemerkten die nischen Großbanfier Sidney sowjetrussische Wache und eröffneten aus einer Warburg   war sichtlich von Goebbels   und jenen Entfernung von etwa zwei Kilometern das Feuer. Die Japaner näherten sich dann etwa auf einen halben Kilometer der Grenze, wo sie sich ein­schanzten und das Feuer neuerdings eröffneten. Um den Zwischenfall nicht zu verschärfen, erivi­derte die sowjetrussische Grenzwache das Feuer

nicht.

Wo Mussolini   human ist...

Rom.( Havas.) Amtlich wird mitgeteilt, daß Dr. Ante Pa velič, der der Mitschuld an der Ermordung des jugoslawischen nigs Alexander angeflagt, im Oftober 1934 verhaftet und in Turin   gefangengehalten worden war, auf freien Fuß gesetzt wurde, da ,, die italienischen Gesetze nicht erlauben, ihn länger in Haft zu halten".

BUNDESKANZLEI  

Clowon

Starhemberg: Halbwelt- Meister bleib' ich halt doch!

Kreisen der New- Yorker Börsenwelt, deren Ge­heimnis Warburg   preisgegeben hat, aufgekauft und vernichtet worden. Nun ist es, wie die De u tische Revolution" Otto

trajiers mitteilt, dem Schweizer   Verleger und Politiker Sonderegger gelungen, ein Eremplar der holländischen Original- Ausgabe zu erhalten. Die Redaktion der Deutschen Revolution" hat in dieses Dokument Einsicht genommen. Das Blatt Dr. Otto Strassers schreibt

darüber:

,, Ohne den Veröffentlichungen Sonder­eggers im einzelnen vorzugreifen, kann über den hauptsächlichsten Inhalt der Aussagen des jungen Warburg   folgendes mitgeteilt werden:

In den Jahren 1931 und 1932, als die finanzielle Lage Hitlers   und seiner Partei be= drohlich wurde, wandte sich Hitler   an die ame= rikanische Hochfinanz mit der Bitte, ihn durch riesige Geldzuwendungen in den Stand zu sezen, in Deutschland   die Macht zu ergreifen. Als Gegengabe versprach er eine politische und wirtschaftliche Haltung seiner Regierung, die den Interessen des Großkapitals entspre= chen und durch Herrn Schacht garantiert wer­den sollten.

dafür, daß wir das Original- Buch felbst gesehen, selbst in Händen gehal­ten und selbst die hier ausgezogenen Behaup­tungen gelesen haben.

Es ist an Hitler  , Göring   oder Goebbels gegen den Verfasser und den Verleger zu kla­gen, wenn sie die Wahrheit der Aussagen Warburgs bestreiten wollen.

Geschicht dies nicht, dann hat die Welt das Eingeständnis von dem grandiosesten Geschäft der Weltfinanz, von der grauenerregendsten Abhängigkeit politischer Führer von fapitali­stischen Drahtziehern und das höhnische Wort Schachts: Die Wirtschaft bezahlt die Poli­tiker", über das sich das Schwarze Korps" ( Nr. 17 vom 23. April 1936) mit Recht so empört hat, enthüllt einen Sinn, der die Hit lerpartei und ihre Führer vor aller Welt und für alle Zukunft vernichtet."

Die ,, Deutsche Revolution" bringt auch eine Photographie des Titelblattes der Broschüre. Der Titel lautet:

De Geldbronnen van het Nacionaal- Socialisme

Drie Gesprekken met Hitler  door

Sidney Warburg Vertaalt door J. G. Schoup 1933

Amsterdam

Van Holkema Warendorps Uitg.- Mij. N. V. ( Die Geldquellen des Nationalsozialismus, Drei Gespräche mit Hitler   von Sidney Warburg; be­richtet von 3. G. Schoup usw.)

Citygeld für Hitlerdeutschland

Wie hanebüchen das Blatt argumentiert, sei an einem geradezu klassischen Beispiel gezeigt. ,, Das heutige System" schreibt das Blatt, ,, macht es schließlich dem Menschen, der arbeiten will, unmöglich, Arbeit zu bekommen, denn auf verschiedene Bauten kann nur jener Arbeit erhalten, wer im Verzeichnis der Arbeitsver­mittlungsanstalt enthalten ist. Deswegen drän­gen sich die Leute massenhaft zu diesen Arbeits­bermittlungen. Daraus ergeben sich dann die schrecklichen Arbeitslosenziffern, wie sie all­monatlich behördlich ausgewiesen werden."

Es würde eines Universitätskollegs bedür fen, wenn man die Unlogif, welche in diesen Wor­ten stedt, bloßlegte. Die Leute drängen sich zur Arbeitsvermittlung, nur wer bei dieser gemeldet ist, erhält Arbeit und deswegen gibt es so viele Arbeitslose. Würde es auch nur um einen Ar­beitslosen weniger geben oder wäre die Beschäf tigung größer, wenn sich die Arbeitslosen nicht meldeten? Meldet euch nicht, ihr Arbeitslosen und es wird nicht so viel Arbeitslose geben, es wird euch besser gehen, das Krisenproblem ist gelöſt! Hat jemand, der diesen blühenden Unsinn schreibt, noch den Anspruch von seinen Mitmenschen ernst genommen zu werden?

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Die Hauptforderung, die aber der Artikel­schreiber aufstellt, ist eine schärfere Kontrolle der Arbeitslosenunterstüßung, bzw. der Vertei lung der Ernährungsfarten. Wir sind vollkom men einverstanden. schon Czech war es als Für­sorgeminister. Wer aber kontrolliert die Vertei lung der Karten? Die Landes- und Bezirksbe hörden. Wem aber unterstehen diese Behörden? Nicht dem Fürsorgeministerium, das von einem Sozialdemokraten geleitet wird, sondern dem agrarischen Innenminister. Die Gemeindesozial­fommissionen, in denen übrigens Vertreter aller Parteien sißen, bekommen eine bestimmte Karten­anzahl von der Bezirksbehörde, sie können nicht mehr verteilen, als sie erhalten. Und wer es aus der Praxis kennt, wie die Gendarmen jeden armen Teufel, der eine Karte bekommt, auf Herz und Nieren prüfen und den Arbeitslosen das Leben sauer machen, der wird sich über den Man­

In einer Konferenz der entscheidenden Alls vor einigen Wochen in einer politischen gel an Kontrolle, welche da der Innenminister Männer der Weltfinanz wurde der Bankier Debatte ein Unterhausmitglied fragte, wovon denn durch seine Organe ausübt, nicht beklagen. Es ist Sidney Warburg mit der persönlichen Füh- Deutschland eigentlich seine gewaltige Aufrü- Scheinheiligkeit und Unwahrhaftigkeit, Demago­rung der Verhandlungen beauftragt, der in st ung bezahlte, antwortete Außenminister Eden gie und Tartüfferie, wenn der Venkov" nach zahlreichen Unterredungen mit Hitler  , Göring  , ganz furz: Von Auslandsanleihen." Kontrolle ruft. Streicher u. a. den finanziellen Gesamtbedarf Diese aufschlußreiche Regierungsantwort ist merk­Hitlers feststellen sollte. würdig unbeachtet geblieben.

Diesen Gesamtbedarf bezifferte Hitler   selbst Und nun zitiert der Daily Herald" aus dem auf 500 Millionen Mark für den Fall einer soeben erschienenen Bericht der Bank für Interna­Revolution, dagegen auf nur 200 Millionen tionale Zahlungen in Basel  , daß zwischen dem De­Mark für den Fall einer ,, legalen" Macht- zember 1934 und Dezember 1935 folgende Staaten übernahme. ihre Kredite nach Deutschland   herunterges drückt haben:

Diesen letzteren Betrag von fast 200 Millionen Marthat hit= ler dann im Laufe der Zeit auch tatsächlich erhalten, nicht ohne einige dringende persönliche Bettelbriefe nach Amerika   gerichtet zu haben.

Es ist selbstverständlich, daß die Berant­wortung für die Richtigkeit dieser Angaben einzig und allein der Verfasser Sidney War burg, trägt, gemeinsam mit dem Verlag van Holkema u. Warendorfs( Amsterdam  ), der das Buch herausgebracht hat.

Wir übernehmen die volle Verantwortung

Aber wir wollen die Agrarier beim Worte nehmen. Größere Kontrolle? Ja! Aber dann bei allen Staatsausgaben. Dann Kontrolle aller Subventionen, von denen Großbauern und agra­rische Genossenschaften dick und fett werden, Kon­trolle all der Wege, auf denen Staatsgelder in die großen Taschen der Agrarier unter allen mög­lichen Vorwänden fließen! Tann   Kontrolle der Frankreich   um 54.4 Prozent, Holland   um 36.6 Wirtschaft der Landeskulturräte, dann weg mit Prozent, USA   um 14.9 Prozent, Schweiz   um dem veralteten, österreichischen Kurienwahlrecht 32 Prozent. der Landeskulturräte. Dasselbe Wahlrecht für Dagegen sind die britischen Kredite an Krankenkasse, Handelskammer und Landeskultur­Deutschland in dieser Zeit umt 5.4 Prozent rat wie in die Gemeindevertretungen und das gestiegen! Dadurch ist der britische Gesamtkres Parlament! Zu dieser Reform sind wir Soziali­dit an Hitlerdeutschland von 41.9 auf 44,165.000 sten bereit. Pfund angewachsen. Diese Steigerung ist allein noch um 124.700 Pfund größer als der französische  Gesamtkredit an das Dritte Reich. USA   stehen mit cinem Gesamtkredit von 29.6 Millionen Pfund gleichfalls weit hinter England zurück.

Aber wir sind auch nicht abgeneigt, das ganze System der Arbeitslosenunterstüßungen vom Grund auf zu reformieren. Auf Hunderten von Tagungen haben sich die Gesamtpartei, die Ge= Iwerkschaften, Kreis- und Bezirkskonferenzen dafür