Sosialdemokrat
ZENTRALORGAN
DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI
IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIKO 21sliiH
ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRÜH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .
16. Jahrgang
Mittwoch, 20. Mai 1936
Erster Staatsbesuch des Präsidenten
Mit Minister Machník im Milowitzer Militärlager Mit Minister Dr. Czech in Bad Poděbrad
Prag . Der Präsident der Republik Dr. E. Beneš unternahm am Dienstag seine erste offizielle Fahrt außerhalb Prags . Am Vormittag besuchte der Präsident in Begleitung des Vertei digungsministers Machnik das Militärübungslager in Milowig, am Nachmittag besuchte er in Begleitung des Gesundheitsministers Genoffen Dr. Czech das Bad Poděbrad.
Um 8 Uhr früh traf der Präsident in Be- denten Platz nahmen. Der weite Platz war von gleitung des Ministers Ma ch nit, des Chefs der Bevölkerung, der Schuljugend, verschiedenen der Militärkanzlei General B I á ha, des Burg- Vereinen dicht gefüllt. Lauter Jubel begrüßte den fommandanten Oberst va pil und des Sefres Präsidenten. Auf die Begrüßungskundgebung des tärs Dr. Kučera in Milowiz ein, wo sich der Bürgermeisters antwortete der Präsident mit Lagerkommandant General Me I ich a r dienstlich einem Hinweis auf König Georg von meldete. Hierauf begrüßten den Präsidenten die Poděbrad: Vertreter der Generalität, u. a. Generalinspektor Syrový, Generalstabschef Krejčí, General Faucher und Landesmilitärkommandant Vo j= cechovský, und Vertreter der Wehrausschüsse der beiden Häuser. Auch die Bevölkerung, verschiedene Vereine usw. bereiteten dem Präsidenten einen herzlichen Empfang.
Präsident Dr. Beneš fuhr dann mit seiner Begleitung zum Beobachtungsstand des Uebungsplazes, wo das Instruktionsbataillon und das Grenzbataillon Nr. 2 11ebungen mit Stampfwagen vorführte. Die lebungen dauerten zwei Stunden; es nahmen an ihnen über 2000 Soldaten, 93 leichte Maschinengetvehre, 34 schwere Maschinengewehre, sechs fleine Tants, 21 leichte Tanks und Flugzeuge teil. Die Erläuterungen über die Annahme der
bung und ihren Verlauf gab General Melichar Schluß wurde dem Präsidenten auch die Brieftaubenpost vorgeführt.
eine
Später besichtigte der Präsident die neuen Waffentypen der Infanterie, wobei Scharffchießübung mit Minen merfern sowie mit großen Maschinengewehren gegen Flugzeuge vorgenommen wurde. Tants führten verschiedene Proben ihrer Handhabung und Geländeüberwindung vor. Ueber dem Lager freijte ein mit einem Hilfsmotor versehener Beobachtungsballon und Flugzeuge. Hierauf besuchte der Präsident den Militärfriedhof, wo er am Denfmal der während des Weltkrieges hier verterbenen Gefangenen Blumensträuße niedr legte. Im Offiziersspeisesaal des Lagers wurde sedann in Anwesenheit aller Offiziere Rottmeister des Lagers das Mittagessen ein
genommen.
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und
Um 15 Uhr traf in Milowitz der Minister für Gesundheitswesen Genosse Dr. Czech em,
Unsere Volksregierung datiert nicht aus der letzten Zeit. Wir waren Demokraten bereits vor fünf Jahrhunderten. Dieser unser König, welcher Blut von unserem Blute war, bezeugt, daß die Demokratie für das Volk diefes unseres Landes das natürlichste Re gime ist, daß unser Volk, wenn es sich nach eigenen Willen äußern konnte, sich demokratisch geäußert hat, daß es bestrebt war, nach innen hin gerecht, nach außenhin friedlich zu sein und daß es, falls es notwendig war, mutig, fest und kämpferisch gewesen ist.
Wir fürchten nicht für uns selbst, wir fürch ten nicht für den Staat und wir fürchten auch
nicht um feine Volksregierung! Nicht unser Staat, sondern auch unsere Demo= fratie ist älter als viele große
Reiche.
Die Analogie der Epoche Georgs von Poděbrad mit der heutigen Zeit ist beinahe seltsam. Und wenn wir in Zukunft von einem Konflikt bedroht werden sollten, werden wir uns stets an das Beispiel dieses Politikers halten, der es verstand, für seinen Staat eine Synthese von Mäßigung und Besonnenheit, von staatsmännischer Klugheit, männlichem Mut, Tapferkeit, Kampfesmut und unbegrenzter Ergebenheit zu Volk und Staat zu finden.
und
Ich selbst werde stets diesen Weg gehen und inspiriert von diesem großen Beispiel sage ich: Im Kampfe um eine verünftige politische it nd joziale Zusammenarbeit bei uns im Kampfe um die Demokratie, um den Frieden, um die Sicherheit des Staates und seine Verteidigung heißt es: Ausharren, aushalten, nicht nach geben!
Der Präsident wurde in diesem Augenblick von star fem Beifa II unterbrochen.
An die offizielle Begrüßung schloß sich eine Besichtigung der Stadt, ihrer historischen Denkwürdigkeiten und Bäder und Kureinrichtungen.
Einzelpreis 70 Heller
( einschließlich 5 Heller Porto)
O
Nr. 118
Centralbank
Wann wird diese wichtige wirtschaftliche Frage endlich erledigt?
Eine in ihren Folgen bedeutsame wirtschaftliche Frage harrt seit drei Jahren ihrer Erledigung und es muß einmal mit aller Deutlichkeit und Entschiedenheit gesagt werden, daß die endliche Bereinigung dieser für die Sudetendeutschen wichtigen Angelegenheit nicht länger verschleppt und hinausgeschoben werden darf.
„ Centralbank der deutschen Sparkassen" saniert Schon einmal, im Jahre 1932, mußte die werden, wie man bald darauf erkennen mußte, die Bant im März 1933 ihre Zahlungen einstellen geschah dies in ganz ungenügender Weise, so dar rium, d. h. einen gesetzlichen Zahlungsaufschub, mußte. Die Regierung gewährte ihr ein Moratoder immer wieder verlängert wurde. Das waren Notmaßnahmen und es handelt sich nun darum, Banf endgültig entschieden werde. daß über das Schicksal der Einlagen und auch der
Warum ist die Centralbank zahlungsunfähig geworden? Entgegen ihrer Sendung eine Ausgleichsstelle, Hilfe und Stüße der deutschen Sparkassen in der Republik zu sein, hat die Bank induben und bedenkliche Effeften- Transaktionen durchstrielle Kreditgeschäfte waghalsigster Natur betrie einer Bant der Sparkassen durchaus nicht zugegeführt, also einen Geschäftszweig gepflegt, der kommen ist und wobei sie derartige Verluste erlitt. daß die Katastrophe nicht ausbleiben konnte. Die Hauptschuld fällt auf den leitenden Direktor Hermann Czerny, der sich die geniale" Leitung jähr= len ließ. Wohl versuchte man die Bank 1932 zu retten, indem Vertreter deutscher Selbstverivaltungskörper in die Verwaltung eintraten, die mit allen Kräften bemüht waren, den Augiasstall, den sie vorfanden, auszumisten aber es war schon zu spät, die Bluttransfusion hat dem Patienten nichts genüßt, die Krankheit war schon zu sehr vorgeschritten, die Katastrophe war nicht aufzu halten.
Starhemberg traut sich unternehmen, denn er könnte ſowohl die Heimlich mit mehr als einer halben Million Kö vezah
nicht nach Hause
Hemberg hat seinen Aufenthalt in Italien verRom. Der ehemalige Vizekanzler Starlängert. Er wird sich zunächst in eine norditalienische Stadt begeben.
wehren, als auch die Unabhängigkeit. Oesterreichs bedrohen. Starhemberg soll anerkannt haben, daß der Nat Mussolinis wohl erwogen sei, Brautwerber für Otto?
Derselbe Korrespondent verzeichnet in Rom fursierende Gerüchte, denen zufolge die Tochter des Königs Viktor Emanuel , Prinzessin Marie von Savoyen , einigemale mit Starhemberg zusammen Der römische Korrespondent des Matin" getroffen sei. Dieser Umstand wird als eine Bebespricht den Besuch Starhembergs in Rom . Mus- stätigung der Gerüchte betreffend die geplante solini soll Starhemberg empfohlen haben, für den Verlobung der Prinzessin Marie mit Otto HabsMoment feinen übereilten Schritt zu burg angesehen..
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Die Brüsseler Tagung der SAI
Antrag auf gemeinsame Konferenz sozialdemokratischer und kommunistischer Parteien
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leger ihrem Schidial überlassen? Wir glauben. Was soll nun geschehen? Soll man die Eindaß dies nicht der Fall sein kann, denn unter den Einlegern befinden sich Pensionsfonds, Gemeinden, Gewerkschaften, Vereine und kleine Leute, die man nicht mir nichts dir nichts um ihr Geld bringen kann. Auch die Beamten fann man nicht auf die Straße werfen, auch sie nicht zu Opfern einer unverantwortlichen Geschäftsführung machen. Es handelt sich dabei heute um viel weniger Menschenschicksale als vor drei Jahren, denn seither hat sich die Zahl der Angestellten des Instituts vermindert. Ein Teil der Beamtenschaft
Brüssel.( Eigenbericht.) Die Beratun=| ratungen der russischen Bolschewifi mit der tönnte bei der Liquidierung des alten Geschäfts französischen sozialistische und der französischen der Bank Verwendung finden, ein Teil bei einem kommunistischen Partei sowie mit der Labour neuen Institut, das der Nachfolger der„ CentralParty, unter Ausschluß der Kommunistischen und bank" werden könnte. der Sozialistischen Internationale, verhandelt werden solle.
um den Präsidenten nach Bad Poděbrad zu begen der Exekutive der Sozialistischen Arbeiter gleiten. Der Minister, in dessen Begleitung jich Internationale wurden in der Nacht auf Sonntag Sektionsrat Dr. Nadvornik befand, wurde fortgefest. In der Debatte, welche der allgemeinen bon den Vertretern der Behörden begrüßt. Auch internationalen Situation gewidmet war, ergriff Frau Hana Benešova , die Gattin des Präsiden Genoffe Dr. Soukup das Wort, welcher die ten, traf um diese Zeit in Milowitz ein. Lage in der Tschechoslowakei besprach und gegenKurz nach 15 Uhr begab sich der Präsident über dem Genossen Liebermann( Polen ) die Dr. Beneš mit Minister Dr. Czech und seiner Politik des Völkerbundes verteidigte. Er begrüßte senstigen Begleitung nach Bad Poděbrad. Bei die bevorstehende Regierung B I um, der Begrüßung betonte Bezirkshauptmann Dr. jedoch, daß das Vorgehen der französischen KomTrábet, daß Poděbrad die erste Stadt sei, in munisten dabei keine Begeisterung in der Tschechowelche der Präsident seine erste Fahrt unternimmt, Präsident Dr. Beneš dankte für die Begrüßung und fündigte an, daß dieser ersten Fahrt weitere folgen werden.
nisse in der Tschechoslowakei und über die interGenosse Jakich sprach über die Verhältnationale Sicherheit vom Standpunk der inter
erklärte nationalen Situation.
In der Montagsfißung wurde der Beschluß gefaßt, alle Kongresse und Unternehmungen, welche in Staaten mit faschistischem Regime abgehalten werden, zu boykottieren. Besprochen wurde auch die Lage in Palästina.
Ich will, erklärte der Präsident u. a., die Bevölkerung der einzelnen Gebiete unserer Re publik und ihre Bestrebungen, Sorgen und Schmerzen direkt kennen lernen, ich will, daß die Bürger schen, daß ich die Pflichten meines Amtes voll und treu erfüllen will. Es erwarten uns ernste Augenblicke und wir müssen uns deshalb gegenseitig gut verstehen. Verlesen wurde ein Brief des französischen Ich sehe nicht schwarz in die nächste Zukunft. Kommunisten Ga chin, welcher sich an den Geich bin voll Hoffnung und glaube, daß es noffen De Broud ère mit dem Ersuchen wen= ständig in den Händen der verantwortlichen det, daß diefer auf die der Internationale ange= Staatsmänner aller Länder liegt, die Situation hörenden Parteien einwirke, damit diese die Polizu beherrschen und der Menschheit den Frieden tik der Einheitsfront nach französischem Muster zu bewahren. Ich selbst gemeinsam mit meiner verfolgen. Regierung werde in dieser Beziehung alles Notwendige tun.
Genoffin Pelz gab einen Bericht über die
Frauen- Internationale, Genoffe De Los Rios ( Spanien ) schilderte die letzten Ereignisse in Spanien und gab einen Ausblick in die nächste Zeit.
Genosse Stibin wies den ungehörigen Ton dieser Zuschrift zurück und wies in diesem Zusammenhang auf die Politik der kommunisti schen Partei in der Tschechoslowakei hin.
Auf dem Hauptplatz in Poděbrad war eine Tribüne vorbereitet, auf der der Präsident mit Gemahlin, die Minister Dr. Czech und Ma ch= Im Laufe der Debatte wurde der Antrag nit, die anwesenden Parlamentarier und die gestellt, daß anstatt über die Einheitsfront, über übrigen Mitglieder der Begleitung des Präsi die Einberufung gemeinsamer Be
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Das Bedürfnis aber nach einem neuen Institut besteht, denn die deutschen Spar eine zentrale Ausgleichs st e II e, ein tassen in der Republik brauchen Giroinstitut. Wie nun diese Zentrale beschaffen sein soll, darüber gehen die Meinungen auseinter allgemeiner Spannung, daß die englischen Genosse Dalase( England) erklärte un- ander. Es gibt Kreise, welche die Katastrophe der „ Centralbank " dazu ausnüßen wollen, um die Sozialisten nicht gegen Verhandlungen mit der deutschen Sparkassen in die„ Sporobanka", die russischen Bolschewiki- Bartei seien, entschieden Zentrale der tschechischen Sparkassen einzugliedern aber nicht mit der kommunistischen Internationle und so ein Stück Autonomie des deutschen Kreditverhandeln würden. Er verlangt jedoch, daß die wesens zu beseitigen, es gibt allerdings auch einfranzösischen Sozialisten in dieser Sache binnen sichtigere Köpfe unter den Tschechen, welche bei der zehn Tagen einen konkreten Antrag stellen. Sporobanka eine tschechische und deutsche AbteiDer französische Genoffe Grumbach lung bilden wollen und es besteht dann noch von lehnte hierauf die Zuschrift Ca chins ab und er- deutscher Seite das Verlangen, ein eigenes dentklärte, daß die französischen Sozialisten den An- sches Kommunalkreditinstitut zu schaffen. Das trag auf Verhandlungen mit den russischen Bol- Grundkapital für das neue Institut würden die schewiki annehmen, diesen Antrag aber noch dahin deutschen Sparkassen in der Republik zweifellos ergänzen, daß gleichzeitig zwischen beiden aufbringen und es würde sich nur darum handeln. Internationalen verhandelt werde. wie man die Sünden der alten Bank einigermaßen gutmacht und die Einleger befriedigt, teils Internationale wurden Montag nachts beendet. Auslosung in längerer Zeit erfolgen fönnte und Die Beratungen der Sozialistischen Arbeiter- in Bargeld, teils in Schuldverschreibungen, deren. Ueber den Antrag auf Einberufung gemeinsamer die vom Staat garantiert werden müßten. Dazu Beratungen der russischen Bolschewiki Labour Party , den französischen Sozialisten und dazu genug lange Zeit gehabt, im Finanzministe mit der müßte sich die Regierung entschließen. Sie hat Kommunisten, wurde schließlich die Vereinbarung rium hat man die Sache studiert, nun gilt es zu getroffen, daß die Franzosen die Labour Party Handeln. und die russischen Bolschewiki zu einer derartigen Beratung einladen werden. Voraussichtlich dürfte nach der deutschen Seite Freilich darf hiebei und das sagen wir jedoch die Labour Party die Teilnahme an diefen tralbankfrage nicht etwa mit der Sanierung eines die Lösung der Cen Besprechungen ablehnen. andern Instituts verknüpft werden, die neue Zen
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