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Freitag. 12. Juni 1938

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Os» neueste Bild aus Palästina Beamte und Angestellte der Postämter werden in Wagen, die mit Drahtgeflecht überspannt sind, zur Arbeitsstätte gebracht, um sie gegen Steinwürfe zu schützen.

Volkswirtschaft uod Sozialpolitik Die Bandwarenindustrie auf gefährlichen wegen! Die Bandwarenindustrie, eine der ausschlag­gebendsten Industriezweige des Bezirkes Hainspach , ist auf Wege geraten, die zum Ruine dieser Branche führen müssen, wenn nicht wirksame Maßnahmen dagegen ergriffen werden. Nicht nur, daß die ge­samte Arbeiterschaft in absehbarer Zeit die be- rühmten Löhne der Blumenarbeiter erreichen wird: Die Rationalisierung ist selbswerständlich auch an dieser Branche nicht spurlos vorübergegangen; ge­nannt sei nur das augenfälligste Merkmal, der Uebergang vom Ein- zum Zwei-, Drei- und P i e r st u h l s y st e m bei mehrfacher Leistung und Ausnützung aller möglichen Vorteile der Ma­schinen., Man wäre geneigt zu glauben, daß der Umschwung in Produktion und Technik genügt hat, um den Arbeitgebern nicht nur Konkurrenzmög- lichteiten und gute Gewinne zu verschaffen, son­dern daß es auch genügt hätte, um die Produktion den neuen Verhältnissen entsprechend zu stabilisie­ren. Nein. Man gibt sich mit dem Erzielten n'cht zufrieden, sondern treibt ein Spiel, das in abseh­barer Zeit dieser Industrie zum Verhängnis wer­den wird. Einige Unternehmer find zum Heim­arbeitersystem Lbergegangen. Die Heim­arbeiter arbeiten auf billig aufgekauften oder auch auf gepachteten Stühlen, die Regie ist aber in kei­nem Verhältnis zu ihrem Lohne, so daß sie ge­zwungen sind, mehr Stühle einzu stellen als sie allein bedienen können. Sie müfien also selbst Arbeiter einstellen, deren Löhne dann wieder Blu­menarbeiterlöhnen gleichkommen. Durchschniits- löhne von 50 bis 70 Heller pro Stunde für Ak­kordarbeiter bei einer Arbeitszeit von 60 bis 70 Stunden in der Woche sind fast die Regel Der erzielbare Verdienst beträgt also 35 bis 50 XL Die Einhaltung sozialpolitischer Gesetze kommt nicht in Frage, man kann ungestraft von früh bis in die späte Nacht arbeiten lasten. Darum küm­mert sich keine Gewerbebehörde. Angeeifert durch dieses Heimarbeitersystem sind fast alle Unterneh­mer zu unbegrenzter Arbeitszeit Lbergegangen. Man richtet sie so ein, wie man es für nötig hält, aber fast immer unter der Parole: Unter keinen Umständen Arbeiter neu einstcllen. Unter Hinweis auf di« Heimarbeiterlöhne und die Löhne bei einer Reihe von Firmen, die schon seit Jahren ihre Arbeiter schlecht entlohnen, sehen sich auch Firmen, die noch auf anständigen Lohn Wert legten, veranlaßt, die Akkordsätze zu drücken. Wir laden die berufenen Faktoren ein, nachzuprüfen, ob unsere Angaben stimmen. Richt nur im Jntereffe der Arbeiterschaft, sondern auch im Jntereffe einer gesunden Volkswirtschaft und jener wenigen Unternehmer^ denen an der Erhal­tung der Industrie, an anständigen. Löhnen und Einhaltung der sozialpolitischen Gesetze noch etwas gelegen ist. Sie mögen die Verhältnisse um nur einige Firmen zu nennen z. B. bei Kumpf- Wölmsdorf, Lorenz-Röhrsdorf, Johann Macich- ner-Großschönau, Schorisch. Schuhmacher u.- bus, Staude u. Co., Poscher, alle in Großschönau , überprüfen und sie werden unseren Ruf nach Ab­hilfe im Jntereffe der Industrie und deren Ar­beiterschaft gerechtfertigt finden.

Oeffentlldie Elementarversicherung für die Landwirtschaft Die immer wiederkehrenden Elementarkatar strophen stellen die Regierung von Zeit zu Zeit erneut vor die Notwendigkeit, den schwer betroffe­nen Landwirten mit finanziellen Unterstützungen Hilfe zu bringen. Jetzt hat nun der Landwirt­schaftsminister erklärt, daß die bisherigen provi­sorischen Maßnahmen nicht ausreichen, um die un­geheuren Schäden spürbar zu lindern. Es wird aus diesem Grunde auf eine definitive Regelung gedrängt. Sie soll auf der Grundlage einer Ver­sichertenorganisation erfolgen. Ein entsprechender Gesetzentwurf über die. öftentlich« Elementarver­sicherung wird bereits vorbereitet. Die zu errich­tende Versicherungsorganisation soll mit den neu zu bildenden Landwirtschaftslammern eng zu­sammenarbeiten und sich teilweise auf deren Or­ganisationen stützen. Bon den Staatsgütern. Das staatliche Un­ternehmenStaatsgüter und Forste" umfaßt insgesamt ein Ausmaß von 1,186.149 Hektar. Davon entfallen auf die Staatsgüter 46.647 Hektar. In. eigener Regie verwaltet der Staat 24.772 Hektar. Rund 17.000 Hektar sind in Großpacht und etwa 5000 Hektar an Kleinpäch­ter vergeben. Die staatliche Rcgiefläche ist aus 121 Höfe mft einem Durchschnittsausmaß von 205 Hektar aufgeteilt. Zur Verwaltung sind 183 Beamte und etwa 400 Angestellte nötig. Die Durchschnittszahl der beschäftigten landwirt­schaftlichen Arbeiter, einschließlich der Saison­arbeiter, beträgt mehr als 7000.. Die Staats­güter erzielten im Jahre 1935 einen Bilanz­gewinn von über 20 Millionen XL. Gründung eines Feinblechkartells. Die seft einiger Zeit geführten Verhandlungen zur Er-, richtung eines Kartells der Feinblechindustrie haben zu einer Einigung in den wesentlichsten Fragen geführt. Nur bezüglich einzelner Quali­tätssorten bestehen noch Meinungsverschieden­heiten. die aber an dem endgültigen Zustande­kommen des Kartells nichts mehr ändern werden.

Uebe Im Dschungel Von Paula Reicher Die beiden Filmoperateure hielten sich in einer Felsspalte eines dichtbewaldeten Hügels verborgen, der zu den letzten Ausläufern des Lake Kion-Massifs in Zentralafrika gehörte. Sie waren vom Laub eines mächtigen Baumes gedeckt. Beinahe zwei Wochen hatten sie in diesem Gorillaland, in ständiger Gefahr, umlauert von wütenden Bestien, auf eine günstige Gelegenheit gewartet, eine intereffante Aufnahme machen zu können. Frank blickte aus seinem Versteck in die Dschungel hinunter und da, halb verdeckt von hohem Bambusgebüsch, wurde eine große, dunkle Gestalt sichtbar. Die haarlosen, wulstigen Lippen halb offen, die Ohren gespitzt, daß ihnen kein Laut entgehen konnte, stand der Königsaffe, das sellenste, scheußlichste und einsamste aller Tiere, wie zu einer Großaufnahme bereit da. Mehr als eine Minute vollkommener Unbe­weglichkeit. Frank sah auf seinen Kollegen Braun, der, unbekümmert um die Gefahr, ruhig die Kur­bel drehte. Der Mann hatte keine Nerven, wenn er' in den Zauder einer' interessanten Aufnahme, verstrickt war. Ebenso leise wie er gekommen, bewegte sich der Gorilla, gestützt auf zwei Bambusstöcke, die er mit seinen haarigen, schwarzen Händen um« klammert hielt, wie ein mächtiger Schatten in das undurchdringliche Gehölz zurück. Frank konnte noch sehen, daß das Haar der Bestie an den Schläsen weiß war, auch auf den Schultern waren graue Flecken. Durch den Feldstecher konnten sie noch be­obachten, wie da und dort im Gehölz mächtige Gestalten auftauchten. Es waren weibliche Goril­las, die ihre Jungen an ihren langen Armen hinter sich herschleppten. Zuletzt zeigte sich ein noch junger, männlicher Gorilla, doch schon voll­kommen ausgewachsen. Er war schlanker und hielt sich besser aufrecht als die übrigen. In sei­nem schwarzen, brütenden Gesicht war neben der Wildheit ein Zug von Verspieltheit zu merken. Die ganze Gesellschaft kauerte im Kreise um den alten Führer gruppiert und saugte friedlich den Saft aus den Stengeln der jungen Saat. Plötzlich veränderte sich das Bild. Der Junge, der sich nur oberflächlich an dem Mahl beteiligt hatte, griff in spielerischer Laune nach einer der Damen und zwickte sie in die Schulter. Im selben Augenblick warf ihm die Alte einen Blick voll wilden Hasses zu. Seine eingesunkenen Augen leuchteten wie elektrische Birnen und die schwarzen Lippen entblößten scharfe Raubtier­zähne. Er bewegte sich gegen das junge Tier/in­dem er sich mittels seiner großen Hände vorwärts schob. Aus einer Entfernung von ungefähr acht Fuß schleuderte der Alte seine mächtigen Arme nach rückwärts und ließ sie in einem weiten Bogen auf den Jungen niedersaußey. Schläge hallten dumpf durch das Gehölz, wüstes Gebrüll Wechselte mit dem Pfeifen wild ausgestoßenen Atems. Die Weibchen sprangen aufgeregt hin und her, Grimaffen schneidend, die eine lasterhafte Glut verrieten. Plötzlich ließ der junge Gorilla vom Kampfe ab und zog sich in das Gebüsch zu­rück. Doch dem Blick nach zu schließen und der Art, wie sich der Alte auf die Brust schlug, war die Fehde noch nicht ausgetragen. Es war schon nahe vor Sonnenuntergang, als die Familie, einer nach dem andern, ganz nahe an dem Apparat vorbeidefilierte, um sich zu ihren Lagerplätzen zu begeben. Es waren faszi­nierende Aufnahmen. Nur der KrauSkopf, den der Alte gezüchtet hatte, fehlte. Da geschah etwas Sonderbares. Ein haa­riger Arm fuhr durch die Büsche, um nach den Gegenständen zu greifen, die auf dem Feldtisch« chen ausgebreitet lagen. Es war der junge Go­rilla, der einen Topf wegschnappte und mit diesem im Dickicht verschwand. Der kommt wieder", sagte Frank. Die folgenden Tage hatten die beiden das Gefühl, beobachtet zu werden. Endlich nach Tagen

unheimlichen Wartens sahen sie, wie sich das Ge­büsch langsam teilte und der junge Gorilla sicht­bar wurde. Angezogen von all den Gegenständen, die auf dem Feldtisch standen, kam er langsam näher. Braun drehte wie besessen die Kurbel. Auf dem Tisch stand eine Teekanne mit kaltem Tee. Instinktiv führte der Affe die Kanne zum Maul und ließ die Flüssigkeit mit Behagen durch die Kehle rinnen. Eine volle Minute verharrte er in dieser drolligen Pose. Sie wurde durch das leise Knicken von Zweigen auf der entgegenge­setzten Seite der Lichtung unterbrochen. Ein neu­gieriges Gorillagesicht erschien und verschwand wieder, um an drei verschiedenen Stellen wieder aufzutauchen, bis die ganze schlanke Gestalt einer jungen Gorilladame sichtbar wurde. Mit feu­rigem Jntereffe verfolgte sie die Heldentaten des Jünglings. Angespornt durch die Aufmerksamkeit, die ihm entgegengebracht wurde, konnte er sich, nicht genug tun. Er stand aufrecht auf seinen kurzen Hinterfüßen und mit seinen langen Armen schwang er die Teekanne rund um seinen Kopf herum. Da konnte sich die Gorilladame nicht länger halten und stieß einen wilden Liebesschrei aus. jUp Es war eine tntzückeirdc Aufnahme. Die bei-. den Filmoperateure waren so in ihre Arbeit vere. tieft» daß sie den riesengroßen Schatten nicht sahen, der über dem Gebüsch wie eine drohende Wolke aufstieg. Der alte Gorilla! Wie der furchtbare Rache­gott des Dschungels kam er auf den jungen Her­zensbrecher zu. Unentschlossen, doch wütende Grimassen schneidend, zog es dieser vor, das Feld zu räumen. Die Aeffin floh. Alles hätte sich so abgespielt wie am Tage zuvor, wäre nicht die Teekanne gewesen. Als der Patriarch diese an sich riß und sie mit wildem Stakkato der Wut auf den Boden schlug, leuchteten die Augen des Jungen wie feurige Blitze auf. Er entblößte seine schwarzen Lippen und zeigte seine spitzen Raubtierzähne. Mit einem Griff riß er den Schatz an sich. Da wandte sich der Alte mit einer drohenden Gebärde gegen die Aeffin, die sich wieder hervorgewagt hatte. Das war zuviel. Ein Gebrüll wie von

nahem Donner erschütterte die Stille. Der sanfte, spielerische Junge war in wahnsinnige Wut ge­raten. Er stürzte sich auf den Führer. Gorilla gegen Gorilla. Der furchtbarste Kampf im Urwald. Der Alte war der Stärkere. Zweimal ergrifl er den Jungen, hob ihn in die Lüft, als ob er gewichtlos wäre und schlug ihn mit entsetzlicher Gewalt zu Boden. Doch mit der Widerstandskraft der Jungen faßte sich dieser schnell, und zäh wie Gummi, ließ er nicht von dem Allen ab. Vom Rande der Lichtung sah die Aeffin zitternd vor Ehrfurcht und Sorge dem Kampfe zu. Frank warf einen Blick auf Braun und be­wunderte dessen ruhige Sicherheit, mit der er jede Phase dieses intereffanten Schauspiels in das Bild drehte. Es war der Coup, auf den die bei­den wochenlang, unter den schwersten Entbehrun­gen, gewartet hatten. Der Kampf gestaltete sich immer grauen­voller. Beim Aiwlick des zerrissenen Fleisches stieg die mörderische Wut der Bestien bis zum Wahn­sinn. Schwarze Hände mit Fingern so stark wie Kabellaue zerfetzten und zerrissen einander mit teuflischer Geschicklichkeit. Keuchender Atem und das dumpfe Ausschlagen der haarigen Körper war der einzige Laut, der zu hören war. Da geschah etwas Furchtbares. Ein Stein kam ins Rollen, den Braun in der Intensität der Arbeit mit dem Knie losgelöst hatte. Im selben Moment heftete sich der Blick des Patriarchen auf die Felshöhle, in der die beiden Operateure arbei­teten. Jäh ließ er von seinem Opfer ab und klet­terte schnaubend auf die beiden Männer zu. Braun arbeitete an der Kamera und versäumte nicht eine Bewegung des Gorillas. Geh zurück", rief er Frank zu.Doch schieße nicht, ehe ich dir ein Zeichen gebe." Frank, nahm Deckung hinter einem Stein, sein Gewehr schußbereit. Braun stand am selben Fleck und drehte weiter, obgleich sich der Gorilla bis auf wenige Meter geniert hatte. Schon ganz in der Nähe des Apparats, holte die Bestie mit den Armen weit aus, um sie auf den Störenfried niedersausen zu lassen. Jetzt erst kroch Braun zurück, die Kamera fest an sich ge­preßt. Mit dem Stativ versuchte er das Ungeheuer abzuwehren. Doch der Gorilla schleuderte das Stativ bei­seite und sprang Braun so heftig an, daß dieser nach rückwärts kollerte, den Apparat fest in den Armen haltend. Da feuerte Frank. Die Kugel hatte nicht mehr Erfolg, als ein Steinchen gegen eine Felswand geschleudert. Doch für einen Augenblick war das Interesse des Riesenaffen von Braun, der unter ihm lag, abgelenkt. Noch dreimal mußte Frank schießen. Die beiden letzten Schüsse trafen die Bestie in die Brust. Ihr Ausdruck von höchstem Schrecken und unglaublicher Verwunderung, grauenvoll men- schrnähulich/ btannte sich ib Franks Gedächtnis ein, als er den Gorilla langsam zu Boden knicken sah. Als Braun sich wieder aufrichten konnte, sagte er sonst nichts als:Die Hauptsache ist, wir haben alles im Bilde!" Schau dorthin!" rief Frank und ein Lächeln erheiterte seine Züge. Auf der alleren Seite der Lichtung stand der junge Gorilla. Er war beim ersten Schuß geflohen, doch es war ihm gelungen, beim Laufen den Teetopf wieder an sich zu nehmen. Mit kindlicher Freude schwang er seine Kriegstrophäe hoch über seinen Kopf und drehte sich rundum im Kreise, bis er im Gebüsch verschwand. Eine schlanke Gestalt glitt hinter ihm ins Dickicht. Die kommen nicht so schnell zurück", meinte Frank grinsend. Das glaube ich selbst nicht", antwortete Braun.Mit dem Teetopf als Heiratsgut, wer­den sie heute Nacht ihren Hausstand gründen.

Wie die Italiener in Abessinien

gesiegt haben

Lehren des ost-afrikanischen Krieges In den Generalstäben der ganzen Welt wer­den in den nächsten Monaten die Erfahrungen des abessinischen Feldzuges studiert. Was bis jetzt darüber in die Fachpresse gedrungen ist, ist aller­dings recht spärlich, aber man kann schon jetzt sagen, daß diese Erfahrungen einen außeror­dentlichen Einfluß auf diekünf- tige Kriegsführung haben werden. In Abessinien sind zum erstenmal nach dem Waffen­stillstand von 1918 moderne technische Kriegsmit- trl und eine neue Strategie zur Anwendung ge­kommen, und zwar nicht imKriegsspiel" der Manöverübungen, sondern im vollen Ernst, in einem blutigen Kriege. Ueber die Bewährung der neuen Kriegstechnik ist vorläufig nur wenig be­kannt, hier wird noch alles geheim gehalten. Man weiß nur, daß man mit der Flugwaffe sehr gute Erfahrungen gemacht hat, während die Motorisie­rung der Infanterie sich im schwierigen Terrain als mangelhaft erwiesen hat. Die mittelschwere motorisierte Artillerie hat sich als außerordentlich wirssam bewährt, mit den kleinen T a n k s, die man in Abessinien verwen­dete, hat man jedoch vielleicht gleichfalls infolge der schlechten Wege, keine befriedigenden Erfah­rungen gemacht. Viel bestimmter äußert sich die Fachpresse über die Erfolge der neuen italienischen Sttategie.. Der abessinische Krieg ist als einM anö- v e r k r i e g" geführt worden, d. h. als ein Krieg der raschen Bewegungen und plötzlichen Vorstöße. Allerdings ist die abessinische Armee nicht im­stande gewesen, dem italienischen Angriff irgend­eine wirksame Verteidigung entgegenzusetzen. Es

ist auch nach den Erfahrungen dieses Krieges nicht ausgeschlossen, daß eine einigermaßen ebenbür­tige Verteidigung aller Angriffsmanöver zum Sttllstand bringen und damit den frisch-fröhlichen Manöverkrieg in einen ermattendenPositions­krieg", wie wir ihn von 191418 kennen, ver­wandeln könnte. Bemerkenswert ist, daß Mar­schall Badoglio seine Schlachwrdnung auf einer Dreiteilung der Truppen aufge­baut hat: Stoßtruppen, Hilfstruppen und Re­serve. Jede von diesen Gruppen ist hinsichtlich der Artillerie, Verpflegung, Tanks, Flugwaffe, Lnge- nieurtruppen völlig selbstgenügsam. Die Stoß­truppen übernehmen in der Regel den Frontalan­griff und halten den Gegner fest, während die Hilfstruppen für den Flankenvorstoß bestimmt sind. Noch eine wichtige Erfahrung: der moderne Manöverkrieg erfordert eine besondere Art von Soldaten, die die alte Organisation der allge­meinen Wehrpflicht nicht erbringen kann. Das faschistische Italien bietet das Beispiel einer voll­kommen militarisierten Natton dar, deren Jugend von Kindesbeinen an für das Kriegshandwerk vor­bereitet wird. Vorallem handelt es sich um die Schaffung einer besonderen setlischen S t i m m u n g, die der Faschismus durch seine politische Organisation, die Mystik des Patriotis- muS, die hemmungslose Unterordnung unter den Willen derFührer" und durch seine Lehre vom gefährlichen Leben" erzeugt. Nicht nur die mili­tärischen Fachleute der demokratischen Länder, son­dern auch ihre Staatsleute sollten die Lehren des abessinischen Krieges ohne jede Voreingenornmen- hett studieren.