Seite 6 Sozialdemokrat" Mittwoch, 17. Juni 1936. Nr. 141 Trager Mtung Zwei Einbrüche. In der Nacht auf gestern dran­gen unbekannte Täter aus dem Hof eines Hauses in der Rimskä in Prag   XII. in die Kürschnerwerk­statt Mika, indem sie die Füllung der Hintertür hekausschnitten und entwendeten Pelze im Werte von 11.000 KC. In Karolinental brachen ebenfalls unbekannte Täter in die Kanzlei der Kaffeebrennerei Gebrüder Kolman ein und entwendeten 20.000 KC in bar. Einen Rest des in der Kasse befindlichen Geldes liehen sie zurück. Aufgespießt. Der 24jährige Zimmermann Anton K l e j z a r, der vorgestern abends an einem Neubau in der Bartholomäusgasse arbeitete, wollte sich nach beendeter Arbeit die Hände in einem Fah waschen und trat zu diesem Zweck auf den Rand des Gerüstes; hiebei stürzte er hinunter und spießte sich aus cstiem Eisenstück, das aus einer bereits fertigen BetonMauer herausragte. Die Eisenspitze drang ihm durch den Rücken bis in den Bauch. Der Schwerverletzte wurde auf die Klinik Jiräsek ge­bracht. Berlaffen. Die 23jährige Friseuse Georgine Haron aus Liboc trank gestern in der Wohnung ihres Arbeitgebers in Bubentsch Lysol, da ihr Ge­liebter, der mit ihr in gemeinsamem Haushalt lebt, sie nach einem Streit verlassen hatte. Sie wurde auf die Klinik Pelnaic gebracht. Staatliche deutsche Volksschule in Prag   VII>. Simäkkova 14 Tel. 72572. Schulsprengel: Prag  VII VIII IX XIX. Jedes volksschul­pflichtige deutsche Kind von Holleschowitz gehört in diese Schule. Anmeldungen 27. und 30. Juni d. I. Vormerkungen täglich: Geburtsurkunde, polizeil. Mellieschein, Heimatdokument, Jmpfzeugnis. Prags   Verschuldung um 53.3 Mill. KC gewach­sen. Die Stadt Prag   hat im Jahre 1935 Anleihen in der Gesamthöhe von 92,258,350 KC ausgenom­men Von den alten Schulden wurden durch den ordentlichen Amoritasattonsdienst, außerordentliche Ratenzahlung und durch Ratenzahlungen des Für­sorgeministeriums 40,974.581 KC getilgt. Infolge des höheren Kurses der städtischen Ausländsanleihe stieg aber die Gesamtschuld der Gemeinde Prag   um 53,283-058 KC auf insgesamt 1.687,120.848 KC. Der städtische Großgrundbesitz ist mit 18,8 Mill. KC verschuldet. Prager   Konzertsaal Gegen alle Gepflogenheit und Regel dauert heuer die Konzertsaison mit unverminderter Leben­digkeit auch im I u n i an. Aber die unnatürliche und ungewohnte Ausdehnung des Konzertbetriedes bis in die vorgeschrittene warme Jahreszeit, wenn diese heuer auch picht gerade sehr freundlich ist, rächt sich; etliche Konzerte, die in den letzten Wochen viel­verheißend angekündigt worden waren, wurden man­gels entsprechenden Interesses des Publikums abge­sagt, und die Mehrzahl der allen Hemmungen zum Trotz abgehaltenen übrigen Konzerte zeigte einen so schlechten Besuch, daß weder die Konzertgeber noch die Konzertveranstalter auf ihre Rechnung gekommen sein dürften. Die in den letzten Mai- und ersten Junitagen in den Prager   Konzertsälen veran­stalteten Konzerte waren vorwiegend Solisten- K o n z e r t e. Ruda F i r k u s n h, der immer mehr zur Geltung kommende junge tschechische Pianist, hatte in einem Konzert, das er zusammen mit dem spanischen Baritonisten Celestino S a r o b e gab. abermals Gelegenheit, seine außerordentliche Kunst im Klavierspiel, seine brillante Technik, seine wun­dervolle Anschlagskultur und die impetuose Lebendig­keit seines Vortrages zu zeigen; namentlich Robert Schumanns blühend schöne und rhythmisch prächtige Fantasie spielte er mit der ganzen Hingabe eines temperamentgesegneten und empsindungsstarken Künstlers. Gegen Firkusnhs junge und stürmende Kumt vermochte fich der Sänger Sarobe nur schwer zu behaupten, obwohl er ein Meister des Bel canto ist; denn seine Stimme klingt nicht mehr frisch und warm genug und sein Liedvortrag wirkt allzu über­legen und selbstbewußt. Ein Künstler, der, ähnlich wie Firkusny  , immer größere Beachtung im Musik- leben der Gegenwart findet, ist der tschechische Cel­list Milos S ä d l a. Sein letztes Konzert bewies, wie sehr er diese Anteilnahme verdient; als Virtuose und als geistig bedeutender Musiker. Zur imponie­renden technischen Fertigkeit seines Spieles hat sich nun auch die Ausdrucksstärke im Vortrag gesellt. Und Sädlos Programme werden immer mehr zu Zeugnissen seines Kunstbekenntnisses, das dem Fort­schritt und daher vorzüglich der modernen Musik gilt. So brachte er auch bei diesem Konzerte neben Beet­hovens C-Dur-Sonate opus 102 eine aus der aller­letzten Schaffenszeit des Komponisten stammende Suite von dem hervorragenden russischen Neutöner Igor Strawinsky   und setzte sich im zweiten Teil sei­nes Programmes auch für eine kleinere Komposition des neuzeitlichen sudetendeutschen   Tonsetzers Kurt Seidl ein. Strawinskys Cello-Suite entspricht nur teilweise der temperamentvollen und draufgängeri­schen Musizierart dieses Musikrevolutionärs; ihre ersten Sätze sind sehr konventionell in der Form und im Ausdruck und satztechnisch zahm, erst im zweiten Teil des Werkes, namentlich in einer blendenden Tarantella, kommt Strawinskys Eigenart und sein urwüchsiges Musiziertalent zum Vorschein. An U. K r e d b a hatte der Konzertgeber einen zuver- läffigen und folgsamen Begleiter am Flügel.   Den Versuch, ein selbständiges Harfen-Konzert zu geben, machte eine junge tschechische Virtuosin, Fräulein G. Seidl. So sehr man sich der Harfe als klang­auflockernden Instrumentes im symphonischen Stil zu freuen vermag, so sehr man auch ihre instrumen- tale Bedeutung etwa in der Oper schätzt, wo sie soli- ftisch oder begleitend zum Gesang für eine wirksame Belebung und Abwechslung des Klangbildes sorgt, so wenig wird man chrer auf die Dauer eines ganzen Konzertabends als eines auf sich selbst angewiesenen Soloinstrumentes froh.. Schon die Literatur gerade für dieses Instrument ist zu klein und unbedeutend, um dem solistisch wißenden Künstler entsprechende Aufgaben zu bieten.. Das merkte man auch an dem Konzerte und seinem Programm, das Fräulein Seidl gab. obwohl diese Künstlerin ihr Instrument nicht nur technisch ausgezeichnet meistert, sondern es auch zu schönen Vortragswirkungen im klanglichen Sinne und hinsichtlich des Ausdruckes und der Stimmung auszunützen versteht. Ein Wohltätigketrs- konzert zugunsten des Prager   Tausftummen- Jnstitutes sah mehrere tschechische Konzcrtkünstler er­folgreich am Wert: Den rühmlichst bekannten Gei­ger Otto S.i l h a v h, der, von Vladimir P o l i v k a grundmufikalisch begleitet, Max Regers   C-Dur- Sonate und die A-Dur-Sonate von Cesar Franck  stilvoll, tonschön und mit ausgeglichener Technik spielte,> die Sängerin Rosa Varvazovsky- Kodes, die. vom Komponisten begleitet, stimmungs­starke Lieder von I. K. F ü r ft sang, und die Piani­stin Olga Surda-SasovyC, die mit beacht­licher Technik und schöner Anschlagskunst ein Orgel­konzert von Bach in der Klavierbearbeitung von August Stradal   spielte. Von dem zweiten Reger-Abend, den die Prager   Deutsche  Musikakad emi e als O rgelkonzert Besuchet die Felsenstädte Wekelsdorf   und Adersbach  Weltberühmt als einzig dastehende Sandsteingebilde. Die Naturdenkmäler zählen zu den beliebtesten Reise­zielen tausender Touristen. Sommerfrischen Herrlich angelegte Bäder Hotels: Felsenstadt Adersbach Eisenhammer, Wekelsdorf  . Prospekte durch die Felsenverwaltungen. 3496 ins Werk gesetzt hatte, konnten wir nur die letzten Programmsnummern hören, vier Orgelftücke und einen Largo-Satz für Violine und Orgel. Während bei dem ersten Reger-Abend anfangs Mai die Pro- fefforen der Musikakademie selbst als künstlerische Mittler und Werber Max Regers   auf dem Konzert­podium erschienen waren, hatten diesmal die Schüler der Anstalt die künstlerische Durchführung des Pro­grammes übernommen. Das Prager Ts che- chischeStaatskonservatorium batte in der Berichtszeit zwei öffentliche Musik- a b e n d e veranstaltet, bei denen vor allem die Pianistinnen, Pianisten und Geiger, aber auch ver­schiedene andere Instrumentalisten sowie Gesangs­eleven zu Gehör kamen. E. I.  Operetten-Gastspiele. Walter Müller  vom Stadttheater in Reichenberg, der vorgestern als Reporter Tommy Ouick in Jara Benes  ' Operette D er heilige Antonius" gastierte, wäre berufen, den scheidenden Erich Dörner als Ge­sangskomiker zu ersetzen. Weder der Sänger noch der Komiker in Walter Müller   sind von überzeugender Axt; denn von desem geht nicht jener warme und herzliche Humor aus, der wirklich erfreut, und jener ist durch ein auffallend sprödes Organ gehemmt. Auch die saloppe Art des Darstellers Müller, der, ohne die Hände in den Hosentaschen zu haben, nicht spielen zu können scheint, ist keine Empfehlung für ihn. Eine ausgezeichnet« Leistung bot der Gast dage­gen als Tänzer, der durch die groteske Note und origenelle Einfälle seiner Tänze imponierte. Je­denfalls müßte man den jungen Künstler in einer aufschlußreicheren Partie sehen und hören, als sie Joel Mc. Crea und Maurern O'Sullivon mit Adr irnne Ames in dem FilmFlucht vor der Unterwelt" der Reporter Tommy Ouick dem jugendlichen Ge­sangskomiker bietet. Um bei seinen Tänzen die ent­sprechende Unterstützung zu finden, hatte sich Herr Müller seine ständige Reichenhxrger Partnerin mtt- gebracht, Frl. Christi Hansi, eine temperament­volle und tanzgewandte Operettensoubrette von eben­so lleinen figürlichen wie stimmlichen Format. Die Stimmung des Gastspiel-Operettenabends war sehr animiert, obwohl es ohne etliche musikalische Schmisse nicht abging. E. I. Bon der Deutschen Musikakademie. Heute Interner Abend der Schauspielllasse der Deutschen Musik-Akademie, 20 Uhr Lyzeumsaal. Ausstel­lung der Bühnenbildklasse 4 6 Uhr, Vladislavovä Nr. 23. Wochenspielplan des Neuen Deutschen Theaters. Heute, Mittchow, halb 8: Glück muß man Ha­tz en, B 2.   Donnerstag halb 8: FraDia- v o l o, C 2. Freitag hall« 8: Gygesund sein Ring, Festspiele VIII, Gastspiel des Burg­theaters Wien   D 2. Samstag halb 8: Lumpa- civagabundus, CI. Sonntag halb 8: Der Rosenkavalier, Festspiele IX, Gast­spiel Erich Kleiber  , D 1. Wochenspielplan der Kleinen Bühne. Heute Mittwoch, 8 Uhr abends: Ein« Frau ohne Bedeutung.   Donnerstag 8: Das große ABC, Bankbeamte II und freier Verkauf. Frei­tag 8: Salzburg   ausverkauft. Samstag 8: Das große A B C. Sonntag: 8: Mens ch en aufder Eisscholle. Der Düw Liebeserwachen und ein Nazi-Propaganda-Film Liebeserwachen" ist der sentimental« Film einer Künstlerliebe. Ein Mädchen aus dem Dorfe verliebt sich in einen großen Geiger und erlebt bald, daß er auch andere Frauen küßt. Sie kehrt in die Heimat zurück und findet bescheidenes Glück an der Teste eines Jugendfreundes. Das abgenützte Thema wird breit ausgesponnen und obwohl das Ganze sich Lustspiel" nennt, hat der Zuschauer nichts zu lachen. Aber er kann sich immerhin an der schönen, schlan­ken Karin Hardt   erfreuen, an dem sympathischen Walter Rilla   und an dem kräftigen Humor Eugen Klöpfers. Er hört auch wunderbares Geigenspiel und die schöne Stimme Heinrich SchlusnuS  '. Schließlich werden prächtige Aufnahmen aus den bayrischen Bergen geboten. Ueberhaupt ist das ganze Programm auf Win­ter eingestellt. Vorher sieht man nämlich den offi­ziellen Film von der Winter-Olympiade in Gar­ misch-Partenkirchen   unter dem TitelJugend der Welt". Er bringt neben den aus Wochenschauen be­kannten Eröffnungs- und Schlußfeierlichkeiten der Olympiade einen Ueberblick über die sportlichen Ver­anstaltungen in Garmisch  . Wie zu erwarten war, benützen die Hakenkreuzler wie die ganze Olympiade auch diesen Film zum Borwand, um den bekannten Propagandarummel mit Massenaufmärschen, Fa- schiMngrüß, Hakenkreuzfabnen und Führerkult vor einem mit Sport herbeigelockten internationalen Pu­blikum zu demonstrieren. Es ist nicht einzusehen, was dieser Film hei uns in der Tschechoslowakei   zu suchen hat und warum eine sonst manchmal überemp­findliche Zensur diese faustdicke Nazipropaganda duldet. jk. Leichtathleten, Achtung k Sams­tag, den-20. Juni, tragen wir unseren zweiten Meisterschaftskampf in Pro sek aus. Es ist daher Pflicht eines jeden Sportlers, am PRAG   Mittwoch das Training zu besuchen, um sich über diesbezügliche Einzelheiten zu informieren. Treffpunkt am Sams­tag: halb 5 Uhr nachmittags Endstation der 15er und 19er in VysoCany. Neue Bttcher Die NovelleDie Zeit der Verachtung" von Andre M a l r a u x(Editions du Carrefour, Paris  ), ms Deutsche   ühertragen von Alfred Kurella  , schildert die Erlehniffe eines Gefangenen im Kerker der Gestapo  , eines Gefangenen, der sich durch die Kraft seines Willens aufrecht zu erhalten, vor dem körperlichen und seelischen Zusammenbruch in der verhältnismäßig kurzen Zeit seiner Haft zu retten vermag. Er wird frei, weil ein Genosse, der den Ge­fangenen für den Kampf als wichtiger ansah als fich selber, sich für ihn ausgab, sich anstatt seiner gefangen gab. Die Erlebnisse im Gefängnis, die Malraux   den vielen Tatsachenberichten dichterisch nachgestalten konnte, find überzeugend dargestellt. Ein wenig blaß, ja fast unwahrscheinlich wirkt da­gegen die Schilderung des Wiedersehens des Gefan­genen mit Frau und Kind. Auch die Stadt Prag  , in der er nach(schön geschildertem) gefahrenreichem Flug aus Deutschland   seine Familie wiederfindet, wird nicht recht lebendig. H In der an Umfang schon recht beträchtlichen antifaschistischen, besonders gegen den National­sozialismus fich wendenden Literatur verdient das im VerlagSociete d'Editions Europeennes, Paris  , erschienene BuchHitler gegen Christus" von Miles Ecclesiea besondere Beachtung, weil es eine bisher im Zusammenhang noch nicht dargestellt« Be­sonderheit des deutschen Faschismus ausführlich schil­dert: seinen Kampf gegen das Christentum. Der deutsche   Religionswirrwarr, das Durcheinander von halbchristlichen und ganzheidnischen Sekten, das dem Ausländer zumeist als äußerst lächerliche Folge der deutschenErneuerung" erscheint, ist nur Teilerschei- nung des nationalsozialistischen Kampfes gegen das Christentum. Der Nationalsozialismus ist, seinem verlogenenpositiven Christentum" zum Trotz, un­erbittlicher Feind des Christentums, nicht nur der ka­ tholischen Kirche  , er will selber Religion sein,«ine Religion, die an Stelle Gottes den Staat, an Christi Stelle den«Führer" stellt. Das wird bewiesen durch Lehre und Praxis des Nationalsozialismus. Eine Fülle von Beispielen der anttchristlichen Erziehung im Dritten Reich, der Verfolgungen aufrechter Ka­tholiken werden als Belege dieser Praxis angeführt. Im Anhang werden viele, viele Fälle der Verurtei­lung von Katholiken, vor allem von Priestern aufge­zählt. Auch den Nichtgläubigen packt das Grauen, wenn er«inen Blick in diese Sammlung von Ge­meinheiten, Brutalitäten, von moralischen Verkom­menheiten tut. Hoffentlich wird diese Schrift von vielen Katholiken außerhalb Deutschlands   gelesen und ttägt so mit bei zur Zerstörung eines Nimbus, den das Dritte Reich immer noch in den Augen vieler Katholiken hat.fb Zwei im gleichen Verlag(Schweizer Spi«gel Verlag, Zürich  ) erschienene Romane versuchen den Weg junger Menschen zu schildern, die ihren eigenen Weg gehen wollen, an keine Partei gebunden. Das sind gewiß nicht wenige, die jeder Uniformierung, der äußeren wie der geistigen, entrinnen wollen. Nicht wenige, die der politische Kampf anwidert, die ihm entrinnen wollen. Wie ist der Weg dieser jungen Menschen? Paolo Rossi erzählt in dem Roman »-Ich mache nicht mehr mit!" von einem italienischen Studenten, der aus einem Faschisten zum demokra  - ttschen Anttfaschisten wird, in die Schweiz   flüchtet und dort in kurzer Zeit Sozialdemokrat und Kom­munist und Anarchist wird und zuletzt, von allen Parteien angewidert, seinen Weg allein geht. Er ist. wenigstens bis zum Schluß des Romans, der Weg in eine Liebcsidllhe. Vorher aber hat der junge Mann schon recht viele Frauen verbraucht. Sobald er bei ihnen geschlafen hatte, waren sie für ihn er ­ledigt, hinderten sie ihn an seinemWachsen". Wenn nur der junge Mann, den Rossi da schildert, wirklich ein Kerl wäre, ein Kraftmensch, eine Persönlichkeit! Dann könnte man noch sich einreden laffen, daß er Menschen und Menschengemeinschaften verbraucht, nachdem es sie erlebt hat. Aber er ist eine schattenhaft bleibende Figur und sein Roman ist wertlos. Wesentlich ernster zu nehmen ist der Roman  »»Der Einzelgänger" von Ernst Erich Roth. Hier erlebt man wirklich«in Stück Rot der deutschen Jugend mit. Ein junger Stundent erlebt sie, diese Mühsal des durch den Hunger gehemmten Studierens, der durch den Hunger zerstörten Liebe, des Suchens der Jun­gen nach einer seelischen Heimat, des Verzweifelns an der Welt der Alten. Aber während die Freunde nach links und rechts viel mehr nach rechts abwandern, will er allein seinen Weg gehen, und erst recht, nachdem die Rechten, die Nazi, gesiegt ha­ben. Aber wollte der Autor seinen Helden nicht just in diesem Augenblick verlaffen, wollte er dessen wei­tere Versuch«, ein Einzelgänger zu bleiben, zeigen, dann müßte er schildern, wie er an diesem Versuche zerbricht. In den faschistischen Staaten, in den Staa­ten mit totalem Uniformzwang, wird der Individua­lismus erstickt. Keiner kann seinen Weg allein gehen, er wird auf den staatlich vorgeschriebenen Weg ge­zwungen. Erst wenn der Faschismus zerbrochen wird, kann auch der einzelne wieder frei sein. Auch Roths Buch muß deshalb abgelehnt werden, weil es eine in der Zett des Faschismus sehr gefährliche Lehre verkündet, es muß abgelehnt werden, weil in dieser Zeit niemand, dem es ernst ist um die Zu­kunft der Menschheit wie des Individuums, dem Beifpiele dieses Jünglings folgen und den Verpflich­tungen gegen die Gemeinschaft und damit gegen sich selber sich entziehen darf. Bedeutender als diese beiden Romane ist Martin Hallers im Europa-Verlag  , Zürich  , erschienener RomanEin Mann sucht seine Heimat"(Preis des Buches kart. Fr. 5., geb. Fr. 7.). Einer der vielen, die durch die Nachkriegswirren, in denen die neuen Staatengebilde sich formten und Staatsbür­gerschaften gewonnen und verloren wurden, ihr Va­terland verloren: die amtliche Bescheinigung der Zu­gehörigkeit zu einem Vaterland, hat durch die Hilfe eines Kriegskameraden in einer deutschen Kleinstadt  Arbeits- und Aufenthaltsmöglichkeiten bekommen und eine Heimat gefunden. Der junge Kunsthistoriker lernt die alte Stadt, die Landschaft, in die sie einge­bettet ist, und ihre Geschichte lieben und er lernt ein junges Mädchen lieben. Aber sein Aufenthalt in der neuen Heimat fällt in die Zeit des deutschen  Erwachens", und der völlig unpolittsche Mensch wird, bloß well er ein anständiger Mensch ist und ein nzenschlich fühlender, bald zum verdächtigten und dann verfolgten Ausländer. Denn der anständige Mensch muß Partei nehmen, muß Partei ergreifen für das Recht, für die Wahrheit, für die Menschlich­keit. Erschüttert erlebt er, erleben die Leser mit, wie ein sozialdemokratischer Redakteur verfemt und ge­hetzt, wie zuerst sein einziger Gefährte, ein Wolfs­hund, grausam umgebracht, lebendig verbrannt.und wie dann derRedafteur ermordet wird. Richt gesucht dürfen die Mörder, nicht geahndet darf der Mord werden, denn das Opfer ist ja bloß der rote Störer der nationalen Eintracht. Der junge Kunsthistoriker muß, well er Partei ergriffen hat, mit der Geliebten, die noch mehr erlitten hat als er, die neue Heimat verlassen. Ein Mann sucht eine Heimat 1 Ach, viele suchen in dieser Zeit eine Heimat! Geflüchtete und im Land gebliebene. Staatenlose und deuffche Staatsangehörige. Sie suchen eine Heimat der Menschlichkeit. H. Lüchereinlauf LUi Korber: Begegnungen im Fernen Osten Rußland Japan China. Biblos Berlag Budapest  Bezugsbedingungen: Bei Zustellung ins Haus cder bei Bezug durch di. Post monatlich KC 16.. vierteljährig KC 48.. halbjährig KC 96., ganzjährig KC 192.. Inserate werden laut Tarif billigst berechnet. Bei öfteren Einschaltungen Preisnachlaß  . Rückstellung von Manuskripten erfolgt nur bei Einsendung der Retourmarken. Die Zeitungsfrankatur wurde von der Poft- und Tele» graphendirektton mit Erlaß Nr. 13.800/VII/1930 bewilligt. Druckerei: ,F)rbis", Druck-, Verlags« und Zeitungs-A.-G. Prag  .