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Festgewachsene Tiere
Von C. Aldt
Wir pflegen uns das Tier im Gegensatz zur Bilanze als frei beweglich vorzustellen. Indessen wäre es ganz falsch, alle frei beweglichen Lebewesen als Tiere und alle festgewachsenen als Pflanzen anzusehen. Nicht das ist es, was die Organismen in die zwei großen Gruppen der pflanzlichen und der tierischen Lebewesen scheidet, sondern die Art und Weise, wie das Wesen seinen Körper aufbaut, wie es feine Nahrung erwirbt und bereitet, ob es sich ..selbständig" ernährt, wie die grüne Pflanze, d. H. unter Zuhilfenahme der Sonnenenergie von Luft und Bodenfeuchtigkeit lebt, oder ob es darauf angewiesen ist, organische Nahrung, bestehend aus Fettstoffen, Eiweiß, Kohlehydraten usw. aufzunehmen, also grob gesagt: zu fressen, Tiere oder Pflanzen zu töten, um sich in den Besitz ihrer Körperstoffe zu sehen.
Der nahen stammesgeschichtlichen Verwandt schaft der niedersten Tiere und Pflanzen entspricht es, daß auf der untersten Stufe des Lebens, bei den einzelligen Wesen, die festsitzende oder frei bewegliche Lebensweise noch durchaus nicht charakterisierend er scheint. Die erste hat sich bei den Pflanzen im Laufe der Entwicklung herausgebildet als die zweckmäßigste Lebensform, die den pflanzlichen Ernährungsbedingungen offenbar am besten entspricht. Der feste, un veränderliche Platz an der Sonne, die sichere Veranferung im waſſerſpendenden Boden sind die wich tigsten Erfordernisse. Das Tier muß Beute erjagen oder immer neue Weidepläße aufsuchen, muß dem Nahrungserwerb nachgehen. So will es die Regel
,, Sozialdemokrat"
reits einen Zellenstaat darstellt. Sie sind freilich jen: verschiedener Tiergattungen kommt, dafür sorgt der
Freitag, 26. Juni 1936. Nr. 149
Vielzeller, welche wir als die niederst organisierten chemische Sinn der winzigen, meist mikroskopisch fleis Der beiliegende Erlagschein ist zur
ansehen, weil bei ihnen die Differenzierung der ver schiedenen Körpergewebe, die Ausbildung verschie dener Organe nur den niedersten Grad erreicht. Os es mit der festsigenden Lebensweise zusammenhän gen mag, daß sie es zu keiner höheren Organisation gebracht haben? Ob sie wohl in ihrrer Entwicklung keinen höheren Aufschwung nehmen konnten, weil sie erdgebunden, dem Meeresgrund, den untermeerischen Felsenklippen auf Lebenszeit verwurzelt sind? Oder ob sie seßhaft wurden, weil sie vermöge ihrer besonderen Organisation den Kampf ums Dasein nur in dieser Form aufnehmen konnten? Wer wollte das entscheiden?
Solche Hohltiere sind die Schwämme, in all ibrer Vielgestaltigkeit. Da sind die zarten Glasschwämme, wie sie an den Küsten des stillen Ozeans gefunden werden, deren Rieselsfelett aussicht wie eine kunstvolle Spize aus gesponnenem Glas. Oder die Hornschwämme, deren einer unser Badeschwamm ist. Und die Kalfschwämme, mit einem Gerüstwert, das aus Kalf erbaut ist. Viele von ihnen prangen in leuchtenden Farben, gelb und rot und orange. wieder andere find dunkelbraunschwarz oder schneeig weiß.
Es ist wohl noch keinem gelungen, die Farbenlentiere in Worten so zu schildern, daß sich ein pracht der Seeanemonen und vieler SoralBild von ihrer Schönheit machen kann, wer sie nicht fennt. Und auch der Pinsel vermag den seltsame Schmelz dieser Farben, das eigenartig matt- leuch tende dieses Violett und Grünn nicht wiederzugeben. Die Farbenschönheit vieler dieser Tiere ist einfach Tiere, die feſtgewachsen sind und abwarten, was unbeschreiblich und will erlebt sein. Da brangt das ar Freßbarem der Zufall ihnen beschert, sind durchleuchtendste Ziegelrot neben dem zartesten Violett und tregs Wasserbewohner; die meisten sind Meerestiere. grüne, gelbe, blaue Farbentöne gehen in schillerndem Sie haben offenbar diese Lebensgewohnheit ange- Farbenspiel ineinander über. Diese Farben sind so nommen, weil es für sie keinen Mangel gibt, wei: merkwürdig leuchtend und gedämpft zugleich. Der ihr Tisch immer gededt ist. Mit Ausnahme der Sammetglang und die Farbabtönung sind einzigWirbetiere stellt fast jeder Tierstamm einen Beitrag artig schön. zur großen Gesellschaft der festgewachsenen Wesen. Meist sind freilich die Jugendstadien dieser Tiere
ner. Geschlechtspartner. Er läßt sie das Wesen der gleichen Art erkennen und von dem artfremden mu Eicherheit unterscheiden. Richtiger gesagt vielleicht: Nur der Geschlechtspartner der gleichen Art übt eine Anziehung aus. Das artfremde Wesen wird vieileicht gar nicht wahrgenommen.
An den Küsten des Stillen Ozeans tommen heute noch einige Formen der seltsamen Seelilien vor, verwandt den Seesternen, zierlich verästelte, schlankgliedrige Wesen, die auf langen, be= weglichen Stielen mit vielen, schlangenartig beteglichen Armen emporragen. Sie sind Vertreter eines uralten Tierstammes. In der Silurzeit schon, im Altertum der Geschichte unserer alten Erde haben diese festsitzenden Formen der Stachelhäuter eine weite Verbreitung gehabt und eine bedeutende Rolle gespielt in der zeitgenössischen Tierwelt. Das bezeugen die massenhaften Versteinerungen ihrer Kalf
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Die Verwaltung
stelette, wie sie z. B. in der Gegend von Prag viels fach zu finden sind. Andere, noch mächtiger entwif felte Formen des Jurameeres im Mittelalter der Erdgeschichte führten den Höhepunkt und die Glanz zeit in der Entwicklungsgeschichte der Stachelhäuter herauf. ( Schluß folgt.)
Prager Zeitung
Ferienlager der Noten Falken in Schelesen., von Tschaikowsky . Die Aufgaben, die den Absolven
werden, daß alle drei Absolventen glänzende
Die Vorarbeiten für dieses Lager sind nun abge- ten in diesen Konzertwerken gestellt worden waren, schlossen. Unsere Falken werden drei Wochen in erforderten weniger geistige Reife als vor allem herrlichster landschaftlicher Umgebung ihr Lager technisches Können. Und da muß anerkannt verwalten. Wanderungen, Bade- und Schulungs- Beispiele technischer Reise auf ihren Inſtrumenten stunden, Lagerfeiern und Propaganda- Aktionen gaben, wobei bei dem Geiger noch der schöne werden die Tage rascher beenden helfen. Anmel- und volle Ton, beim Cellisten die Klarheit dungen werden noch Samstag, den 27. Juni, im des Spieles und beim Pianisten die KultiParteiheim( Národni 4, 3. Stock) zwischen 5 und viertheit des Anschlages und die temperamentvolle 6 Uhr entgegengenommen. Bis zu dieser Zeit Art seines Vortrages besonders auffielen. Weniger müssen auch die restlichen Beträge eingezahlt gut entledigte sich seiner begleitenden Aufgabe das
werden.
Staatliche deutsche Volksschule Prag VII., 27. und 30. Juni d. J., Geburtsurkunde, Heimat Šimáčkova 14, Telephon 72572. Einschreibetage dokument, polizeilicher Meldeschein und Impfzeugnis.
Eine anschauliche Schilderung der untermeeri schen Tierwelt und ihrer märchenhaften Schönheit wie es dort unten in der Tiefe aussieht: William für Groß- Prag ersucht uns, mitzuteilen, daß dieser in gibt uns einer, der es vor allen andern wissen muß. Schuldeinschreibungen. Der Zentralschulausschuß Beebe, in seinem kürzlich in deutscher Uebersetzung Angelegenheit der Einschreibungen in die deutschen
spiegel." Dieſer kühne Amerikaner ist zunächst mit dem Taucherhelm und später mit seiner Tiefseekugel unzählige Male in der Tiefe gewesen. Die Zauberwelt, die sich ihm da erschloß, und die er uns mit erleben läßt, muß herrlicher sein, als wir sie uns je
und Ratschläge in der Zeit vom 25. bis einschließlich 30. d. M., und zwar an Werktagen während der Amtsstunden( von 9 bis 16 Uhr), am 28. und 29. d. M. von 10 bis 12 Uhr im 3immer Nr. 16, des Deutschen Hauses 2. Stock, alter Traft erteilt.
unter der Leitung Kapellmeister Friedrich Rie gers stehende 3öglings- Orchester der Akademie. Leider war der Besuch dieses Jahresdemie nicht so, wie es die materiellen Interessen der abschluß- Konzertes der Prager Deutschen Mujikataschwer um ihre Existenz kämpfenden einzigen höhe-
fordert hätten. ren deutschen Musikbildungsanstalt des Staates ers
E. J.
Zusammenschluß der Stadttheater von Brüg
meinsame fünstlerische und finanzielle Zeitung der Stadttheater von Brür und Saaz statt. Als der gemeinsame Leiter der beiden Bühnen kommt der neue Direktor des Brüyer Stadttheaters Moosbauer in Frage. ( DND)
noch frei beweglich, so daß dem jungen Tier die Wahl des Ortes, an dem es sich auf Lebenszeit feſtſeßen will, ermöglicht ist. Je günstiger die Ernährungsbedingungen eines Gebietes, desto bunter und artenreicher ist natürlich die Fauna der festgewachsenen erschienenen Buche: 923 Meter unter dem Meeres Schulen aller Kategorien von Groß- Prag Auskünfte und Saaz ? Es finden Verhandlungen über eine ges Tiere. So sind die Korallenriffe und die Austernbönke reiche Fundstätten für den Zoologen. Die meisten festsitzenden Tiere leben von mikroskopisch Kleinen Einzellern, die dem sogenannten Plankton angehören, d. H. der Gesamtheit der im Wasser fre: schwebenden Lebewesen. Es gibt nun gewisse Stels Ten im Meer, die in dieser Hinsicht besonders reiche Beute versprechen. Licht- und Temperaturverhält nisse, Wasserströmungen usw. spielen dabei die Hauptrolle.
erträumen fönnten.
Wenn wir uns Korallen vorstellen, so den= fen wir wohl meist zunächst an die roten, rosenfacs benen oder weißen, oft zu Schmuck verschliffenen Achsensfelette der Kalfforallen, an die Korallenriffe Es ist überraschend, zu sehen, wie sehr jene und Koralleninseln der Südsee, oder an die mächtigen Tiere, welche die auffallendste Eigentümlichkeit tieri Korallenbänke, welche auf Festlandsgebieten, die einst schen Lebens; die freie Beweglichkeit aufgegeben vom Meere bedeckt waren, heute als mächtige Gehaben, in ihrem Aussehen an Pflanzen erinnern. birgsstöde emporragen, wie etwa das Massiv des Diese Aehnlichkeit geht so weit, daß viele unter Schlerns und König Laurins Rosengarten . Aber es ihnen von den ältesten Naturforschern tatsächlich für gibt auch Korallen, deren Achsensfelett nicht aus Star Pflanzen gehalten oder als Uebergangsformen zivi- gebildet, sondern weich und elastisch ist. Die Hornschen Pflanze und Tier beschrieben wurden. Das forallen etwa sehen wie zarte, bunifarbige Bäum hat dazu geführt, daß man eine große Gruppe unier chen aus, deren Kronen von den Wellen bewegt we ihnen auch heute noch unter dem Namen„ BI uden, als striche der Wind durch den Wald. Und die mentiere" zusammenfaßt. Ihre Formenichön- prachtvollen, purpurfarbenen oder weißen„ Seeheit und Farbenpracht stellt sie allerdings den er federn" Teuchten im Dunkeln in einem grünlichweis Lesensten Blüten einer phantastisch üppigen Troven- Ben Licht. Sie alle faßt man als Blumentiere zu vegetation an die Seite. Heute weiß man, daß ce sammen. lebergänge zwischen Pflanze und Tier nur bei dea einzelligen Wesen gibt. Die Blumentiere" abe gehören zu den Hohltieren, deren Körper be
gar
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Kunst und Wissen
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Samstag halb 11 Uhr Nachtvorstellung! Einmalige Aufführung der Revue„ Wenn zwei dasselbe tun" unter Mitwirkung des gesamten Solopersonals und des Filmschauspielers Rolf Wantaa. G.
„ Ich hab's getan" in der Kleinen Bühne. 6, 12, Samstag Abschiedsvorstellung Dolores Moncaft 18 Kč.
Zwischenfall in Pilsen . Dieser Tage fam es im Pilsener Stadttheater bei der Generalprobe zu einer Aufführung von„ Madame Butterfly ", als die die japanische Sängerin Michiti= Mein I- Wochenspielplan des Neuen Deutschen Theaters. Tanaka gastierte, zu einem Zwischenfall. Frau Freitag, halb 8: Derfliegende Holländer, Meinl jang die Partie nämlich deutsch. Darob D 1. Samstag, halb 8: Orpheus in det größte Aufregung während der Probe. Der Stadt- unterwelt, volkstümliche Vorstellung, Abonn. rat so berichtet DND- wurde eigens einberafen, aufgehoben. im Rahmen einer tschechischen Aufführung in der um darüber zu verhandeln, ob dieses Deutschsingen zudem der Tenor Emmerich Godin italienisch sang erlaubt werden dürfte. Und nur der Umstand, daß das Haus ausverkauft war und Michiko Meinl- Tanaka ohne Honorar auftrat, ließ die Entscheidung der Stadtväter positiv ausfallen. Inmerhin gab es, auf alle Fälle, am Abend Polizeiverſtärfung im Theater.
Wochenspieplan der Kleinen Bühne. Freitag, 8: Das große ABC, Theatergemeinde des Kulturs verbandes und freier Verkauf. Samstag, 8 ch hab's getan, volkstümliche Vorstellung.
Vereinsnachrichten
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Daß es angewachsene Formen unter den Tierea des Festlandes nicht gibt, hängt nicht nur mit dem Absolventen- Abend der Prager Deutschen Von der Deutschen Musikakademie. Der zweite Nahrungserwerb zusammen. Die Errungenschaft Mujitakademie, der vorgestern abends im großen Saal Freie Vereinigung sozialistischer Akademiker. der freien Beweglichkeit steht auch im Dienste der der Produktenbörse abgehalten wurde, war als In- Freitag, den 26. Juni, findet in der kleinen Aula Mitteilungen aus dem Publikum. Erhaltung der Art. Zum Aufsuchen des Partners strumental- konzert gedacht, bei dem die des Karolinums die Promotion unseres Mitgliedes, und zur Vereinigung mit diesem ist Ortsveränderung besten Absolventen der Instrumentaltlassen Gelegen Genossen Josef Doppler, statt. Wir fordern Unangenehme Kopfschmerzen können durch ein- notwendig. Denn die Natur hat keine Methoo: heit haben sollten, ihre künstlerische Reife an ganz unsere Mitglieder auf, sich zur Promotion ein faches Bestreichen von Schläfen und Stirn mit ausgebildet, um die Verbreitung der Spermatozoer großen Konzertverken und zwar mit der für diese zufinden. Falken, Achtung! Samstag, 27. Juni, halb Alpa- Franzbranntivein gelindert werden. Einrei- socher Tiere in der Luft zu ermöglichen", wie sich vorgesehenen Orchesterbegleitung zu erweisen. Drei bungen mit Alpa lindern auch rheumatische Schmer- ein bekannter Zoologe ausdrückt. Wohl aber ist das we ber mit Lalos Symphonie espagnole", der ist Pflicht eines jeden zu erscheinen. Die restlichen Absolventen stellten sich vor: Der Geiger Josef 5 Uhr, Parteiheim, letztes gemeinsames Heim. Es zen und erfrischen bei Ermüdung. Verlangen Sie Wasser ein Medium, das sehr geeignet ist, die Ge- Gellist Rudolf Güttler mit dem Violoncello- Beträge für Schelesen müssen erlegt werden! Alpa- Franzbranntwein nur in Originalflaschen mit schlechtsprodukte verschiedener Tiere einander entonzert in B- dur von Boccherini und der Pianist Halb 7 Uhr wichtige Helferratsigung im Plombe. Ausgewogenen Alpa gibt es nicht! 4 gegenzuführen. Daß es dabei nicht zur Vermischung Heinrich Berg mit dem Klavierkonzert opus 23 Parteiheim. | Kunst ohne Tradition nicht vorstellen, und es fiel mir auch nie ein, die ziehung. An Dramen wie sie Ibsen, Tolstoi und Troß gegen die Todeshand des Strafgerichtes. Die nicht widerspenstige Künstlerin, darnach auszufor Hauptmann schufen, hätte die Künstlerin gewiß nicht Akzente der Sinnenfreude, das nervöse Augenzuden es sind diametrale Emil Faktor schreibt uns anläß- ichen, ob sie überhaupt brauchbares Material für so hohe Rangstufen erklommen und das Theater eines schlechten Gewissens lich des 70. Geburtstages Else Leh- Lehrmeister der Schauspielkunst gewesen ist. Ihr vielleicht wieder aufgegeben. So oft sie gelegentlich Kontraste, an der leidenschaftlichen Kunst der Lehmanns, der großen Schauspielerin, die Naturell, mäßig und selbständig von Anbeginn, von ihren Bemühungen um eine Klassikerrolle ermann auf eine erschütternde Formel gebracht. Nun ihre Altersjahre in Prag verlebt: brauchte außer der Ueberwindung anfänglicher Be- zählte, liefen ihr Heiterkeitstränen über die Wan- erinnert man sich an ihre Dina in der„ Wildente", Die Schauspielerin Else Lehmann kann sich fangenheit, nicht zu lernen, nichts abzuschleifen, an gen. Schiller war von ihr hoffnungslos ermordet an ihre Regina und später Frau Alving in den„ Gedarauf berufen, ihre Kunst, völlig traditionslos in Hergebrachten auszuproben. Es war eine Begegnung worden. Vielleicht hatte sich das Talent der Leh- spenstern", an ihr Aennchen in Halbes„ Jugend", an Angriff genommen zu haben. Nicht ihr Organ, nicht zwischen den Stücken, die gerade eine solche Darstel- mann an kleinen Komödien und Berliner Lokalstük- ihre Schwägerin von John Gabriel Bockmann und ihre Sprechform, nicht ihre Erscheinung machten den lerin brauchten, und zwischen eine Schauspielerin, ten erschöpft. Wer kann wissen, was ohne Natura- sieht lauter dichttreue Gestalten, dem Werke völlig Prozeß einer Annäherung an ein Vorbild durch. Der die nicht vom Theater, vom Uebungsplatz des emsigen lismus aus ihr geworden wäre? Den großen Tra- ergeben, mit den Figuren identisch und doch völlig fast völlige Mangel einer Anknüpfung an Vorheriges Rollenstudiums hertam. Jeder andere Versuch, Thea- gödien der Wirklichkeitsnähe gab sie starken Auftrieb. unfomödiantisch zustande gekommen, fast entgegen braucht nicht als preiswürdig zu gelten. Viele große ter um des Theaters willen zu spielen, hätte Else Leh- Auf der Bühne entstand ein neues, tieferes und allen Begriffen, die man unter Theater zusammen Künstler sind im Schatten eines Meisters aufgewach- mann nie den Weltruf bewilligt, den Durchbruch herzhafteres Erbarmen mit dem gequälten, mißhan- zufassen pflegt. Zu Else Lehmann gehörte die dasen und haben ihn vielleicht nur darum zu überbie- aller bisherigen Gepflogenheiten ermöglicht. Obwohl delten und mißbrauchten Menschen. Die Humanität mals neue Wirklichkeitssprache, die Menschlichkeitsten vermocht, weil er sie von Vorarbeiten befreite Else Lehmann niemals auf Intellektualität, auf begnügte sich nicht mehr mit Moral, mit schöngeisti- fonflikte, selbst wenn sie komisch wie im„ Biberpelz" und ihnen die Voraussetzung schnellerer Entwicklung theoretischen Begründungen ihrer enormen Bega- gen Worten, mit den Predigten der Güte. Sie re- waren, zu ihr gehörte eine Kontrollinstanz wie Otto schuf. Bei Else Lehmann muß man die Dinge ganz bung Anspruch erhob, darf man trotzdem behaupten, bellierte und schrie auf, sie wies an Erlebnisse, an Brahm. Schon Reinhardt hätte sie zu weit von ihrem anders betrachten. Während wir bei unseren heutigen daß ihr warmblütiges Wesen, ihr heißer Atem, ihre den Gemeinheiten der Umgebung, am Widerstande eigenen Naturell zu entfernen oder auf EigenheitsBühnenkünstlern nicht selten beklagen, sie seien fast Kraft, Leiden auszudrücken, das Verhängnis sinn- und an der Hilflosigkeit nach, warum der Mensch nuancen festzulegen gesucht. versagt, warum seine Liebe ins Unglück steuert, wenn ohne Schule und das mit ihr verbundene Repertoire licher Ergebenheit ins Bewußtsein zu drängen auf den Zuschauer losgelassen worden, hätte ihr, diese Mischung von Menschlichkeit und animalischer sie von der Selbstsucht quitt wird. Und eine Schauder Hauptdarstellerin des naturalistischen Dramas, Wärme war für die Dramatiker ihrer naturalisti- spielerin wie die Lehmann wandelte die Schicksale der nichts Schlimmeres passieren können, als wenn sie schen Epoche Anreiz zu produktivem Schaffen. May von männlichen Teufeleien gehezie Rose Bernd zu für diese Mission von einem Meister oder einer Mei- Halbe, Gerhart Hauptmann, Georg Hirschfeld, er einem Großgemälde eines Passionsweges aufgesterin, sei er Barnay, Possart oder Klara Ziegler tannten an der selbstverständlichen Bereitschaft einer peitschter Sinne. Im Anfang war es naiver Genuß dressiert worden wäre. Else Lehmann, an ihren Blicken, Gebärden und le- einer liebeträchtigen Unschuld, die sich von der Autobensnahen Lauten ihren eigenen Weg. Naturgemäß rität, von der Mannestraft des Gutsherrn verführen
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Ihr Theater nannte sich Leben und war die große unvergleichliche Kunst, es ohne Verluste des Dichters und der eigenen Persönlichkeit wiedergeben zu können. Wirklichkeit und Kunst gehen bei ihr auch heute noch ineinander über, wenn bei der Siebzigjährigen Gedanken an Menschen und Erlebnissen lebendig werden.
Man kann sogar behaupten, dieses Echlimme Sie selber mag nicht mehr spielen. Aber die hätte ihr gar nicht passieren können. Ich kann mir wurde es im Laufe der Jahre erfreuliche Wechselbe ließ. Schließlich wehrt sich verwilderter, verſtockter Klänge der Welt spielen in ihr weiter. Bezugsbedingungen: Bei Zustellung ins Haus oder bei Bezug durch di. Post monatlich Kč 16.- vierteljährig Kè 48.- halljährig Kč 96.- ganzjährig Kč 192.-. Inserate werden laut Tarif billigst berechnet. Bei öfteren Einschaltungen Preisnachlaß. Rüdstellung von Manuskripten erfolgt nur bei Einsendung der Retourmarken. Die Zeitungsfranfatur wurde von der Bosts und Teles graphendirektion mit Erlaß Nr. 13.800/ VII/ 1930 bewilligt. Druderei:„ Orbis", Druds, Verlags- und Zeitungs- A.- G. Prag.
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