Sette 2
Sonntag, 28. Ium 1838
Nr. 181
Wegs um einen nebensächlichen PunÄ des Programms der-.Volksfront". Auf dem Gebiete der inneren französischen Politik handelt eS sich um! die Einnahme einer der wichtigsten, ja viel-! leicht der wichtigsten Bastionen der Schwerindustrie. Um diesen Punkt wird i sich zweifellos ein erbttterter Kampf zwischen der, Volksregierung Blum und dem Comitö des F o r g e s, der Spitzenorganisation der Schwerindustrie und dem unoffiziellen Kampfausschutz der Großbourgeoisie, entspinnen. Ebenso wichtig sind aber die internationalen Konse-t q u e n z e n aus der Verstaatlichung der franzö sischen Kriegsindustrie. Die Regierung Blum wird, falls sie hier' siegt, einen gewaltigen Ein- flutz über ein weitverzweigtes Netz der internationalen Verbindungen von Schneider-Creu-s
sot erlangen. Die Quellen, aus denen die Kriegspropaganda in der ganzen Welt, aus denen die Hetze gegen die heutige französische Regierung finanziert wird, werden auf einmal versiegen. In England wird die Propaganda der Labourparty für die Verstaatli- chung von Wickers-Armstrong eine gewaltige Förderung erfahren.• Die Verstaatlichung der französischen Kriegsindustrie wird erst die wirklichen Voraussetzungen für eine tatkräftige internationale Friedenspolitik der Arbeiterklaffe und darüber hinaus aller aufrichtigen Friedensfreunde schaffen. Die französische Regierung steht hier vor einer gewaltigen Aufgabe, bei deren Lösung sie der Sympathien der sozialen Demokratie der ganzen Welt sicher sein kann!
zerschilder durch Holland an die Entente verdufte. Pikant ist folgendes Detail dieses zwei« fellos einträglichen Geschäftes: Thysien hat der Entente für jedes Panzerschild blotz 68 Emmchen berechnet, während er von dem deutschen Kriegsministerium 117 Mark erhalten hat. Wirtschaft, Horatio, Wirtschaft! Anfang 1916 hat die britische Admiralität den Admiral Consett mit der Kontrolle der ausländischen Lieferungen der englischen Konzerne beauftragt. An Ausführung dieses Auftrages hat Consett die skandinavischen Länder bereist, um an Ort und Stelle das Problem zu studieren. Am Dezember 1914 seien, nach Ansicht des englischen Admirals, Deutschland und Oesterreich wirtschaftlich bereits besiegt gewesen. Aber die Vorräte der Entente haben d en Mittelmächten immer aus der Ver- legenheit geholfen. Anfang 1915 habe Deutschland an Kohle Mangel gelitten, aber bereits einige Wochen später wurde über Schwe den eine große Lieferung englischer Kohle nach Deutschland transportiert. Damals hat Luden dorff das Wort fallen gelassen: Die englischen Bergarbeiter arbeiten ja für uns. Der englische Gesandte in Kopenhagen hat damals nach Lon don telegraphiert: Unsere Kohle mordet u.nsere Soldaten! Die dunklen Mächte, schließt der Admiral seine Ausführungen, denen cs vorteilhaft war, das Völkermorden zu verlängern, verstanden ihre Sache ausgezeichnet. Es handelt sich im wesentlichen um vier Weltkonzerne der Kriegsindustrie, die mit ihren Filialen und Tochtergesellschaften das ganze Waffenlieferungsgeschäft auf dem Erdball beherrschen: Wickers-Arm- strong(England), Schneider-Creu- sot(Fankreich), Steel Corporation (USA ) und M i ts ü i(Japan ). Damit soll na- tiirlich nicht gesagt sein, datz etwa die deut schen Konzerne, die Krupp und Thysien, in der Kriegsindustrie keine Rolle spielen. Deutschland stellt heute nichts anderes dar als eine grotze Waffenfabrik, aber die deuffchen Waffenlieferungen ins Ausland spielen, im Vergleich mit der Vorkriegszeit, eine untergeordnete Rolle. Vielleicht wird es nach der Balkan - reise von Herrn Schacht anders werden, vorläufig jedoch hat die deutsche Kriegsindustrie ihre ausländischen Verbindungen und Stützpunkte noch relativ wenig ausgebaut. Die Kriegskonzerne kennen kein Vaterland oder vielmehr ihr Vaterland ist die Welt, überall wo man aufrüstet und sich zum Kriege vorbereitet. Die internationalen Verflechtungender Kriegsindustrie sind äutzerst mannigfaltig. Wickers-Armstrong hat in Japan eine grotze Waffenfabrik gegründet, diese Fabrik gehört.aber, gleichzeitig zum Konzern Mitsui. Wickers kontrolliert die ganze" Kriegsindustrie Spaniens und zum Teil auch jene Italiens , hat eigene Wasfenfabriken in Rumänen, Polen , Holland . Wickers ist auch an der deutschen Gesellschaft Junkers-Dessau beteiligt, die die ganze deutsche Flugzeugindustrie kontrolliert. Die französische Firma Wickers- S ch n e i d e r ist ein gemeinsames Tochterunternehmen von WickerS-Armstrong und von Schnei- der-Creusot. Die internationalen Verbindungen von Schneider-Creusot sind fast ebenso bedeutend wie jene des englischen Waffenkonzerns, es ist i jedoch im Rahmen eines Zeitungsartikels unmöglich, über diese Dinge ausführlicher zu reden. Wenn also heute die R e g i e r u n gBlum die Verstaatlichung der französischen Waffenindustrie ankündigt, so handelt es sich hier keineS-
Die deutschen Regierungsparteien zur Centralbank-Frage Prag . Die beiden deutschen Regierungsparteien haben am Samstag der Presie folgendes Kommunique zur Verfügung gestellt: „Die in den letzten drei Wochen vonseiten der deutschen Regierungsparteien unter Teil- nahme von Fachleuten im Finanzministerium unter Vorsitz des Finanzministers sehr intensiv geführten Verhandlungen zur endgültigen Bereinigung der Centralbankfrage wurde heute zu dem Zweck vertagt, um noch vor den Ferien eine Entscheidung der politischen Minister in einigen grundsätzlichen Fragen herbeizuführen. Di« deutschen Regierungsparteien beharren nach wie vor auf der Schaffung einer eigenen deutschen Geldzentrale und der Erhaltung der einzigen »rutschen Emisiionsanstalt, vor allem auf der entsprechenden Befriedig«ng der Ein lege r."
Neues Phönix -Institut Zwei Varianten von der Regierung erwogen Prag . Im verfassungsrechtlichen Ausschutz gab am Freitag abends Innenminister Doktor Cerny eine neuerliche Erklärung zur Phönix- Affäre ab Blau werde keinen Schritt bei der öster reichischen Regierung und bei der Phönix-Zentrale in Wien unterlaffen, der zur Auftlärung der Entstehung des Defizits und der Haftung hiefür beitragen kann. Ueber die Gratispolizzen erklärte der Minister, datz solche Polizzen, soweü ficher- gestellt werden konnte, l e di gl i H zu hu Manila ren Zwecken(hen Hinterbliebenen der. Opfer der Einsturzkatastrophe auf dem Poric) ausgestellt wurden. Die Beträge, die pauschal Zeitschriften aller polttischen Parteien und Fachzeitschriften ausöe- zahlt wurden, erreichen nicht die in der Rede des AbgeoÄneteN Slansky angeführte Höhe. Sowett das Aktenmaterial schon überprüft wurde» bietet es noch keine Möglichkeit.sich davon zu überzeugen, inwieweit jene Betrag« der Insertion, angemessen waren. Was die Unterstützung einiger deut scher und tschechischer Vereine durch den Phönix betrifft, so handelt' es sich durchwegs um Sonder- provisionen aus den sogenannten begünstigten Versicherungsverträgen, die mit den Mitgliedern der betreffenden Vereine abgeschlossen wurden. Diese Vorzugstarife werden geregelt werden.
Die Bezüge der leitenden Beamten der Versicherung wurden herabgesetzt, die verantwortlichen Funkfionäre der Direktion, über die wegen des Verdachtes von Straftaten und inkorrekten Handlungen die Gerichtshast verhängt wurde, wurden ohne Anspruch auf Pension oder Abfertigung aus dem Dien st entlassen; es wurden Matznahmen getroffen, um ihr Vermögen sicherzustellen. Bezüglich der weiteren Regelung der Verhältnisse des inländischen Phönix erklärte der Minister, daß der Bersicherungsstock nach den Dispositionen der Regierung auf e i n n e u e r- irichtrtes Institut überführt werden wird, das entweder eine Aktiengesellschaft unter Teilnahme aller(auch der ausländischen) Le- bensversicherungsgesellschaften sei», wird, die ihr Geschäft in der Tschechoslowakischen Republik betreiben, oder ein Landesversicherungsinstitut. Die Frage, ob und in wieweit die Ansprüche der Versicherten verkürzt werden, wird die Regierung entscheiden. Es wird darauf Rücksicht genommen werden, daß Ansprüche aus Polizzen mit niedriger Versicherungssumme nach Möglichkeit nicht betroffen werden. Man wird auch nicht ermangeln, in geeigneter Form die Existenz der Angestellten sicherzustellen.
Abschluß der Parlamentstagung Prag . Das Abgeordnetenhaus schloß Samstag mittags seine Arbeiten programmgemäß ab und vertagte sich dann auf den Herbst. Än der nächsten Woche wird ab Dienstag der Senat die in dieser Woche vom Parlament angenommenen Gesetzentwürfe aufarbeiten, wobei be- rcit» zwei Ministerertläruiigen, de» Liu/»nz< Ministers und des INinisterpräfidenten, angÄün- digt sind. Innerhalb der Regierung finden andauernd Beratungen über die Gestaltung des Getreidemonopols für die nächsten Jahre statt; sie sollen am Dienstag mit einem Ministerrat abgeschlossen werden. <: Das Abgeordnetenhaus beendete zunächst die Debatte über die Verlängerung einiger Bestimmungen der Pressegesetznovelle. In der Debatte schlug Dr. Neuwirth(SdP) wieder beschwörende Töne an, die tschechische Oeffentlichkeit möge doch die Haltung der SdP. die mit einem»neuen Ethos" an die polttischen Dinge herangegangen sei. „psychologisch zu verstehen" suchen. Ihr Ehrgeiz erschöpfe sich nicht darin. Spina und Czech durch ibr« Männer abzulösen. Sie wollen sich nicht zu»Gefangenen von Maffenstimmunaen" machen laffen.
sondern sie fühlen sich als»Träger einer Aufgabe, deren gelungene Lösung der national« Friede im Lande sei". In Eger sei angeblich gar kein Bruch der bisherigen SdP-Linie erfolgt... In der gemeinsamen Aussprach« über die V er« längerung des Währungsschutzes und über die Rovellezum Finanzgcsetz, worin die Bestragsquote des Staates zur Entschuldungsaktion der Selbswerwaltungskörver neu geregelt wirb, machte der Referent Dr. Goldstein auf di« Tatsache aufmerksam. Last die- tschechoslowakischen Rückwanderer aus Deutschland infolge der deutschen Devisenbestimmungen dabei 72 Prozent ihres Vermögens drüben zurücklassen müssen. Bei der Bewilligung. von Devisen zum Olymviadcbesiich sollte die Nationalbank auf die Zahl der Ansuchen Bedacht' nehmen, damit für uns nicht ungünstige valutarische Folgen im Zahlungsverkehr mit Deutsch land entstehen. In der Selbswerwaltunasvorlage teilte der Referent mtt, datz der-finanzielle-Effekt der Zinsfuss» Herabsetzung und der Verlängerung der Amortisie- rungsfristen für die Selbstverwaltung sich nur schwer beurteilen lasse: er dürfte etwa 100 Millionen betragen. nicht aber 300, wie das Innenministerium annehme. Nach der Vorlage wird der Staat für 1936 106 Millionen Kö beizuschlietzen haben. Der Referent machte weiters darauf aufmerksam. datz durch das Staatsverteidigungsgesctz«nd die Bestimmungen über die zwile Flugabwehr den Gemeinden neue Ausgaben erwachsen, so daß die Gefahr besteht, datz die Selbstverwaltung bald wieder auf dem unerfreulichen Niveau von 1933 halten wird. Der Budgetausschutz hat u. a. darüber Beschwerde geführt, datz das Finanzministerium auch bei dieser Frage den Beirat für Selb st- verwaltungsfragen nicht zu Rate gezogen hat. In der Debatte beschwerte sich Sogs(SdP), datz die Zuweisungen an die deutschen Gemeinden nicht dem nationalen Schlüssel entspreche», datz Polizei und Gendarmerie im Grenzgebiet parteiisch Vorgehen, und gebrauchte dabei die Worte: Bis bie- her und nicht weiter! Ihm entgegnete der Referent, datz die Regierung schon alle Matznahmen getroffen habe, um auch ihrerseits sagen zu können: B i s hieber und nicht weiter! Alle drei Vorlagen wurden schietzlich in beiden Lesungen angenommen, worauf der Vorsitzende Malypetr mit dem Wunsche schloh, die Mttglieder des Hauses und alle ihre Mitarbeiter mögen sich in den Parlamentsferien gründlich erholen. z
Erweiterung der Koalition neuerdings aktuell Prag . Das Tschechosl. Preffebüro verlautbart: Im Verlaufe seiner Unterredungen mit einer Reihe oppositioneller Gruppen im Abgeordnetenhaus kam der Vorsitzende der Regierung Dt. Milan H o d z a auf seine am vergangenen Sonntag in Stubnanske Tcplicc gemachte Erklärung zu sprechen, datz die Koalition bereit sei, über dey. ßff n f t kt t einige r st ä a t§ 6 11 b e n- der oppositioneller Gruppen in die Regierungsmehrheit zu verhandeln. Der Vorsitzende der Regierung hob bei dieser Gelegenheit hervor, datz die Börbereitungen zum Eintritt in die Regierungsmehrheit so bald als möglich erfolgen müßten, also entweder s o f o r t, oder im Hinblick darauf, daß die Parlamentsarbeiten bereits ihrem Ende zugehen, gleichzuBeginnderHauptperiode. Es ist währscheinlich, datz es in dieser Hinsicht teilweise noch vor den Ferien, teilweise nach den Ferien zu einem Meinungsaustausch mit jenen oppositionellen Parteien oder Gruppen kommen wird, deren wirtschaftliches und politisches Programm sich mit dem wirtschaftlichen und politischen Programm der Koalition in Einklang bringen läßt.
24 Wir suchen ein Land
Roman einer Emigration Von Robert Grötzscl\
Copyright by Eugen Prager-Verlag. Bratislava . Er fegte die Gänge, wischte das Treppenhaus und goß die Gemüsebeete. Nachher sollte er die Wäsche mit auswinden helfen. Gegen Abend würde er Eva am Wasser treffen. Da mußte es sich entscheiden. Was denn? Was sollte sich entscheiden?— Er hielt im Kehren inne und stützte das Kinn sinnend auf den langen Besenstiel. Es gab wohl nur einS: einfach fragen, ob sie mit nach Palästina auswanderte! Wenn sie. mitginge— er lächelte versunken über den Besenstiel hinweg, es war ein Lächeln, daS auf. einem Beine stand. Vielleicht könnte man in eine Äpfelsinenfarm kommen... ein gemeinsames Häuschen... er würde neben Eva kein Heimweh haben... sie kannte die deutschen Wälder... sie war ein Stück der früheren. Heimat; jawohl, das war sie.... Wenn, er.mit Justus spräche! Wenn der ihr zuredete.... Hatte jq großen Einfluß auf sie,... Das andere wuvde dort im anderen Lande kommen, wenn sie weg wären von allem hier, was den Sinn beschwerte. Aber ob ihm Justus beistehen würde, wo er doch so an Eva hing— oder wie sollte man das nennen? Justus ging im Garten auf und ab, die Hände auf dem Rücken, den Kopf gesenkt, als trüge er eine Last. Oben lag seine Arbeit, er stakte wiedermal im Stauwasser. Bücher fehlten ihm, die er nur in den Bibliotheken der Hauptstadt bekam...,Er blieb stehen, bewegte die Lippen, sah ins Unbestimmte. Nun gut, auch die römischen Diktaturen gingen mit einer Entwertung -es Geistigen Hand in Hand, der.Gewaltkult-er
italienischen Renaissance dagegen vertrug sich mit einem mächfigen Auftrieb des geistigen Lebens... Justus griff mit den Händen in die Luft, als packe er einen Feind... Ob Diktaturen mit dem Geiste oder gegen ihn, zur Rettung oder zur Steinigung der Vernunft gemacht werden— darauf kommt es an. Die faschistischen Diktaturen sind gekommen, um den Geist abzuwürgen, weit er ganz neue Formen des menschlichen Gemeinschaftslebens fordert— aber im Kampfe gegen den Geist sind bisher noch alle Despoten gescheitert. Ein Schatten riß ihn aus seinem Denken. Der Schatten hatte einen Besen in der Hand und fiel damit gespenstisch über den Weg. Moses. „Meister, dürfte ich um Ihren Rat bitten?" Jy der Spinne war für alle das Du üblich, aber es blieb Moses oft im Halse stecken, wenn er mit dem Grauhaarigen sprach. Justus machte Halt. Der Wind wirbelte seinen Haarkranz nach oben.-» „Was würden Sie sagen, wenn Sie hörten, daß ich nach Palästina gehe" „Da würde ich so tun, Moses, als ob ich staune— obwohl ich's längst ahnte." »Wie.bitte?"— machte Moses verdutzt unbeugte sich nach vorn wie über eine Ladentafel. „Ihr habt euch doch immer laut genug davon unterhalten! Man konnte manchen Abend nicht über den Korridor gehen, ohne daß man den Kleinen in eurer Kammer schwärmen hörte: Auf nach Asien ! Mich ruft die Pußta l" Er lachte und ging wieder hin und her. Was der alles weiß, denkt Moses . Weiß das und hat niemand was gesagt. Sehr nett von ihm. „Und was würdest du sagen, Meister, wenn du hörtest, daß.. datz Eva mitmandert!" „Eva?" Er blieb stehen. Seine Augen verloren das Verschleierte, wurden klar.„Was soll denn die dort?"- Moses schwieg, zuckte die Achseln. Ach so, -achte Justus, hier hat sich einer schon zu sehr
verguckt... Wie der andere so vor.ihm stand, den Besen in der Hand, die dunkelblauen Augen aus sonnenverbranntem Gesicht erwartungsvoll empor gerichtet, fühtte er eine warme Welle übers Herz spülen,.schwer, da was zu raten, Moses ... Vielleicht als Lehrerin. Spricht ja vier Sprachen, nich? Palästina... Zukunft... junges Lmid..." Ein sachlicher, bekömmlicher Zeitgenosse, dachte Moses.„Ja, wenn du ihr das sagen wolltest.*." „Sehr schwer, das Schicksal zu spielen» Mo ses ; sehr schwer. Gewöhnt man sich im Laufe der Zeit ab... Aber ich will's versuchen."--* „Merci, Meister, Merci! Im Land meiner Väter werde ich ein Kollektiv auf Ihren Namen taufen." In der Hausflur-erschien mahnend Gustis volle Gestalt. Die Wäsche mußte raus, konnte ja auch Regen kommen. Moses präsentierte den Besen und verschwand. Bald darauf stand er am Waschtrog und wand die Wäsche mit einer Kraft, daß Gusti warnen müßte:„Langsam, Moses , das Zeug ist dünn!" Bekümmert senkt« sie das Gesicht über ihre Wanne. Der Waschtag war für Gustt immer eine traurige Begebenheit. Nicht wegen der Arbeit für neun Mann, daran hatte sie sich nun gewöhnt, jedoch bei jeder Wäsche zeigte sich drückender und drückender wie das Zeug zer- schliß, wie die Jungens herunter kamen. An manchem Hemd saß bereits Flicken an Flicken. Die Sttümpfe stopften sie sich selber, es war ein ewiges Gestopft. Jetzt liefen die Burschen ja meist halbnackt einher, aber wie sollte das im Winter werden?— Der Jammer lenkte von eignen Sorgen ab, nur am Waschtrog sah sie immer wieder, wie auch ihre Unterwäsche hinüber ging... Kein schönes Bild, wenn das so nebeneinander auf der Leine hing. Konnte man nicht stolz sein, wenn Fremde vorüber gingen. Die Sporthemden ihres
Mannes sahen aus wie die vom Frosch, nirgends mehr ejn ganzer Kragen, alles zerwaschen und zerflickt... Noch hatte sie einen Ring und eine goldne Brosche— wie lange noch? Eines Tages würde sie auch das verkaufen müssen... Ihr Blick fiel auf ein Monogramm: K. H.— Wurde das Wäschestück nicht plötzlich schwerer? Herk- ner.. Wo mochte er jetzt sein? Bei seiner Frau? Oder schon? Niemand sprach davon, alle dachten sie an ihn, jeden Tag... Im Garten ging Justus noch immer auf und ab. Der Kreislauf seiner Gedanken war gestört.' Immer wieder schob sich Eva dazwischen. Palä-» stina... Unsinn... Wieso denn Unsinn? Was ging's ihn an? Hatte er sich schon so an das Mäd-- chen gewöhnt? Komisch... Wieso komisch? Na ja, könnte ihr Großvater sein... nein, das noch nicht, aber der Vater...» Er stapfte in sein Zimmer hinauf, rückte die Vase mit Glockenblumen zur Seite, griff zur Feder, ließ die Tinte rieseln. Bald wurde es langsamer und langsamer, wieder stakte er durch Stauwaffer... Wieder sputte Eva zwischen den Sätzen umher. Es kam kein Gewitter. Der Wind jagte die Wolken über die Berge hinweg. Dort blieben sie eine Weile zwischen den Zacken und Tälern hängen, um dann gegen Nordwesten davonzujagen. Ein Wetter war es geworden, wie es sich an solchen Tagen jede Frau wünscht: blauer sonniger Himmel mit leichter Brise. Am frühen Nachmittag schon blähten sich die Leinewandstücken trocken im Winde. Moses und Gusti nahmen die flatternde Wäsche herunter. Jetzt erst wurden die Schäden offenbar: durch dünne Stellen schimmerte das Nichts und der Wind pfiff durch Fetzen und Löcher. ((Fortsetzung folgt.))