Nr. 151

Sonntag, 28. Ium 1938

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faddcnJenfedicr Zeitspiegel

Funktionäre der Deutschen Volksbank Leitmeritz verurteilt!

Dr. Hozda über die SdP Der samstägigeBeirr", das Abendblatt desBrnkov", meldet: Wie bekannt, wurde die merkwürdige Rede Henleins auf dem Parteitag der SdP in Eger nicht nur von der gesamten tschechoslowakischen Oeffrntlichkeit mit Entschiedenheit abgelehnt, sondern sie war auch Gegenstand der Regierungs­beratungen. Da Henleins persönliches Organ Rundschau" in der letzte» Zeit einigem«!« kon­fisziert werden mußte, wurde sie nach dem Egerer Parteitag der Henlemleute amtlich ganz einge­stellt: sie darf nicht erscheinen, obwohl sie Hen­ lein als Herausgeber bedeutend« persönlich« Einnahme» gewährte. Da über unsere Berhältnisse zu unseren Deutschen , welchen unser Staat weit mehr gibt als andere Stalaten nationalen Minderheiten geben, verschiedene wilde und unrichtige Gerüchte kursieren und da zu diesen jetzt auch Begleiter­scheinungen in der Henleinpartei auftraten, wird unsere Oeffentlichkeilt mit Dank die Nachricht auf­nehmen, daß Ministerpräsident Dr. Hodja selbst noch in der nächsten Woche im Senat über die Maßnahmen, das Verhältnis zu den Deutschen »nd die Erscheinungen nnter den Henlemleute» sprechen wird." Die tschechisch!: agrarische Rechte, welche den Beier" in der Hand hat, setzte sich bis in die letzte Zeit hinein aus parteipolitischen Gründen für die SdP ein. Die SdP selbst versuchte unter ihrer Anhängerschaft den Glauben z« erwecken, daß da« Verhalten der Agrarier von national- voli sicher Versöhnungstereitschaft geleitet sei. 2n diesem Zusammenhang ist nicht nur der In­halt, sondern auch der Ton derBeier"-Mel- dung bemerkenswert und aufschlußreich. $ TieP. P. " bemerkt zum Verbot der zwei TdP Aätter: Da die SdP laut Paragraph 34 des Schutzgesehes kein Blatt Herausgaben darf, das als Ersatzblatt für die verbotene Zeitung an­zusehen ist, ist die Henlein -Partei von nun ab auf ihre TageszeitungDie Zeit" angewiesen, die jedoch eine weit geringere Verbreitung hat als dieRundschau". Sie verfügt ferner noch über acht im»Sudetendeutschen Zeitungsverlag" in Prag zentralistisch zusammengefaßte Provinz­blätter, von denen die mejsten nur ein oder zwei­mal wöchentlich erscheinen, und denen lediglich eine sehr begrenzte lokale Bedeutung zukommt. Durch das Verbot verliert ferner Konrad Hen­ lein , der Herausgeber des Blattes, eine Einnah­mequelle, von der erst in jüngster Zeit behauptet wurde, daß er aus ihr seinen Lebensbedarf be­streite.

Treff» der Naturfreunde-Internatlonale 7. bis 16. August 1936 in Brünn Nur wenige Wochen tren­nen uns noch von den inter­nationalen Veranstaltungen der Naturfreunde in Brünn . Die Gastgeber unternehmen alles, um den Teilnehmern unvergeßliche Tage zu be­reiten. Festbeitragmit Verpflegung: a) 81 KL(Nächtigung im Massen» lager); b) 90 KL(Nächti­gung in Lagern); c) 111 KL(Nächtigung im Hotel). Fe st beitrag ohne Verpflegung: 15 KL(Nächtigung: Massenlager). Darin find ein­bezogen: Für die 3 Haupttage, d. i. 8. bis 10.August 2 Nächtigungen.(Massenlager find: Feldbetten mit Strohsäcken und Decken). Einlaßkarten in die Aus­stellungen, Kommers, Festabzeichen, Führungen und Trinkgelder. Für Maffenausspeisung wird gesorgt, jedoch rechtzeitige Meldung Bedingung. Fahrpreise auf Grund der Touristen« Begünstigung ab Sammelstellen: ab Eger tour und retour Pers.-Zug 119 KL, ab Komotau tour und re­tour Pers.-Zug KL 95.70, ab Aussig tour und retour Pers.-Zug KL 90.90, ab Warnsdorf tour und rewur Pers. -Zug 76 KL. Auszug aus dem Beranstaltungs» Programm: Phow-, Natur- und Volkskunde- Ausstellung Festkommers zu Ehren der ausländi­schen Teilnehmer(aus der Schweiz , Frankreich , Bel­ gien , Holland , Polen , Ungarn usw.) Kundgebung im Stadion Film- und Lichtbildervorführungen tägliche Stadtführungen sowie Besuch der Spielberg­kasematten und der Umgebung Brünns usw. Autobusfahrten: Mazocha, Bata« Werke Zlin , Znaim und Frainer Talsperre. Tagestouren: Eine größer« Anzahl Tagestouren in die weitere Umgebung Brünns wäh­rend der Haupttage. Urlaubstouren für anschließende Ur­laubswoche: S Tage Altvatergebirge , Teilnehmerpreis 160 KL; 7 Tage Tatra, Teilnehmerpreis 275 KL; 6 Tage Riesengebirge Anmeldungen sind jetzt, spätestens zum 15. Juli vorzunehmen. Weitere Informationen durch die Orts­gruppen, Gaue, sowie durch die Geschäftsstelle des Tv. »Die Naturfreunde", Aussig , Marktplatz 11, Telephon 3083.

Derköniglich-holländische Generalkonsul John van der Made existiert gar nicht I

Unsere Leser haben denlügenden Holländer" gewiß noch nicht vergessen; die­senJohn von der Made", dem dieB o h e- mia" dazu verhalf, die Franzensbader Greuelmeldung in Umlauf zu setzen. Nunmehr ist mitzuteilen, datzsichdieser Holländer"selberalsein«Lüge herausstellt. Denn gestern meldete die Prager Presse" von autoritativer Seite, daß der Herr- nigl.-holländ. Generalkonsul John van der Made" im holländische» AuHen- dienst nicht existiert und eine Persönlich­keit dieses Ramens völlig unbekannt ist. Ein Grubenhund"? Eher eine absichtliche My­stifikation, um nicht z« sagen Fälschung z u durchsichtigen Zwecken." Man erinnere sich: dieB o h e m i a" setzte diesen Generalkonsul alsalten Leser" und sei­nen Bericht über die Franzensbader Moritat in die Welt; dieseB o h e m i»"-Meldung wurde von den SdP-Leuten im Parlament als. Doku­ment verlesen; und dieB o h e m i a" fühlte sich, trotz der Erklärung des Außenministers und trotz unserer Aufforderung, nicht verpflichtet, ihre, bzw. die Darstellung ihres holländischen Generalkon-

suls zurückzuziehen! Und nun stellt sich heraus, daß dieser«alte Leser" derBohemia", dieser kostbareausländische" Kronzeuge gar nicht existiert! Das Pressegesetz macht es einem wahrhaftig nicht leicht, diesejournalistische" Leistung der Bohemia" richtig zu kennzeichnen. Aber unsere Leser und alle anderen, denen sich nun der Sach­verhalt allmählich enthüllt, werden mühelos sel­ber die derBohemia" gebührende Charakteristi! finden.' Was wird dieses Blatt, das den Henleins jederzeit freudig Schützenhilfe leistet, jetzt zur Er­klärung mindestens der Leichtfertigkeit anführen, mit der Es denkünigl.-holländischen Generalkonsul" zu Worte kommen ließ? Und wie erklärt es die«Bohemia" jetzt, daß sie mit dem erlogenen lügenden Holländer selbst post festum noch Staat zu machen suchte? And schließlich: was sagt dieBohemia" jetzt zu denpolitischen" Lausbuben, die sowohl den Holländer als auch seine Erzählung erlogen? Sollte dieBo­hemia" auch jetzt noch die Lausbuben zu decken versuchen, dann wird sie sich wohl nicht darüber wundern, daß unser Urteil dann in die­sem Falle keinen Unterschied machen könnte...

Oie Strafen verurteilter Nazis bestätigt In der Zeit vom 30. September bis 16. Ok­tober des Vorjahres fand vor einem Brünner Kreisstrafsrnat die Verhandlung gegen vier An­gehörige der aufgelösten Deutschen nationalsozia­listischen Arbeiterpartei statt. Angeklagt waren Erwin Gröger, Johann Richter, Oskar Judex und Karl Klug wegen Verbrechens der Vorbereitung von Anschlägen gegen die Re­ publik . Der fünfte Angeklagte Richard Wicker flüchtete vor der Verhandlung nach Deutschland . Gröger, Judex und Richter wurden schuldig ge­sprochen, nur Klug wurde freigesprochen. Gröger wurde zu 13 Monaten, die anderen beiden zu je 12 Monaten schweren Kerkers verurteitt. Die Verurteilten legten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein. Das Oberste Gericht verwarf sämtliche.Nichtigkeitsbeschwer­den und gab auch den Beruf un- gen nicht statt, so daß daS Ur­teil der ersten Jnstanz in vol­lem Umfang bestätigt wurde. In

Jasser gegen Einheitspartei und modernes Führertum DieDeutsche Landpost" veröffentlicht folgende Erklärung Dr. FranzJesserS: In Nordmähren werden zwei Gerüchte verbrei­tet: 1. Ich beabsichttge die Gründung einer neuen P artei. 2. Meine Kritik an d er S b P. sei ein GefälligkeitSaktfür Minister Spina. Das erste Gerücht ist eine falsche Kom­bination, daS zweite Ausdruck einer niedrigen Gesinnung, die sich eine per« sönliche Freundschaft nicht anders als einen Kuh­handel Vorteilen vorstellen kann. Ich habe we­der die Absicht, eine Partei zu gründen, noch die Absicht, irgend einer Partei beizutreten, daher auch nicht die Absicht, ein Mandat zu erringen. Meine Entmachtung" durch daS Parteiengesetz war mir lediglich wegen der Form peinlich, die Entmachtung selbst dagegen willkommen; habe ich doch in der Zeit vom Jahre 1923 bis 1933 fünfmal mein Mandat meiner Partei zur Verfügung gestellt. Kritik an der Henleinbrwrsnng begann an dem Tage, als di« B e r« i n b a r u n g e n zwischen Spina

und H e n l e i n, die identisch denen waren, welche ich im Oktober 1933 mit einem BertrauenS- manne HenleinS geschloffen hatte, nicht einge­halten wurden. Ich habe lange vor der Wahl 1935 im TageS- boten den W e g d e r S d P. als einenäberslüssi- ge» Umweg" bezeichnet, habe aber auch seit 1907 immer wieder die vollstümliche Meinung be­kämpft, daß eine einheitliche deutsche Politik nur von einer Einheitspartei durchgeführt werden könne. Gegen den Versuch der Einführung des modernen Führertums habe ich schon in der auf­gelösten nattonalsozialisttschen Partei e r n st e E i n- Wendungen erhoben. Ebenso habe ich stets Gelöbnisse irgendwelcher Art abgelehnt. Ich han­delte daher nur folgerichttg, alS ich an den M e i h o- denderSdP. Kritik übte. Der Verzicht auf politischeMacht" bedeutet nicht auch Verzicht auf das staatsbürgerliche Recht der politischen Krittk.

Zur Auflassung der Deutschen Staatsrealschule In MMhr.-Ostrau Bor einigen Tagen wurde die deutsche Oeffentlichkeit durch die Nachricht überrascht, daß die Deutsche Staatsrealschule in Mährisch-Ostrau ausgelassen werde. Diese Nachricht kam zu einer Zeit, da die Kinder schon eingeschrieben waren und sie widerspricht nach den Angaben der Ortspresse Vereinbarungen, die seinerzett über den Umfang des deutschen Mittelschulwesens in Mährisch- Ostrau getroffen wurden. Die Art, in der daS Schulministerium diese Angelegenheiterledigte", ist in der Tat geeignet. Unzufriedenheit hervorzurufen. Wenn es glaubt, daß die Auflassung der Deutschen Realschule ge- rcchtsertigt war, dann hätte es wohl den Weg der Verhandlungen und des rechtzeitigen Verständi­gens der beteiligten Faktoren wählen können, statt just in der Zeit, da der Präsident in Mähren treffliche Worte über den Takt in national-kultu­rellen Fragen gesprochen hat, ganz einfach zu de­kretieren. Zu dekretteren ohne jedes Verständnis für die psychologischen Wirkungen, die ein solcher Schritt Hervorrufen muß. Selbstverständlich hat sich die deutsche So­zialdemokratie der Sache angenommen; e« finden Verhandlungen statt, deren Zweck es sein soll, die Wünsche der Deutschen Mährisch-OftrauS in dieser Frage zur Geltung zu bringen.

Nach einem mehr als vierjährigen Gerichts­verfahren gegen die Vorstandsmitglieder der DVB Baumeister Hans Hollmann , Instru­mentenmacher Friedrich Z a n l l, Tischlermeister Wenzel Strohschneider und Sägewerksbc- sitzer Fritz Thieme , sämtlich aus Leitme­ ritz , wurden in der Hauptverhandlung am 24. Juni die Angeklagten zu jesechs Monaten strengen Arre st s verurteilt. Nach dem Gutachten des Sachverständigen hat die Bank statutenwidrige Geschäfte betrieben und Kredite an Jndustrieunternehmungen bewilligt, die später alle in Folge von Zahlungsschwierigkeiten von der DVB übernoinmen wurden, so daß alle Geschäfts­anteile oder zümindestens der grüßte Teil in Be­sitz der DVB kamen und eigentlich die Industrie­unternehmungen auf die eigene Rechnung der Bank geführt wurden. Der Vorstand der DVB sei bei der Kreditgewährung nicht mit der notwen­digen Vorsicht vorgegaitgen und habe auch die not­wendige Sicherstellung der Kredite außer Acht gelassen. Außer den Beschuldigten Hollmann und Thieme hatten auch andere Vorstandsmitglieder zum Teil nicht ordnungs- und statutengemäß Kredite erhalten, so Franz Seifert , Leitme­ ritz einen uneinbringlichen Kredit von 530.000 AL, Prof. Emil K r i e b i ch ebenfalls unein­bringlich für Zeichnungen und Lombardierungen von Kriegsanleihe 386.094 KL, Ernst Holl­man», Kinobesitzer, Lettmeritz, einen unter Um­ständen noch einbringlichen Kredit von 1,157.850 KL, wovon aber nur ordnungsgemäß 100.000 KL bewilligt waren. Verschiedene Kredite an an­dere Vorstandsmitglieder, zum Teil bewilligt und eindringlich, bewegen sich in der Höhe von 36.000 bis 250.000 KL. Die Reisesprsen 1931 hatten eine ungewöhnlich«Höhe erreicht. Es wurden viele Autofahrten zum Zwecke der persönlichen Eintreibung der Schul­den und zur Aquisttion neuer Kunden unternom­men. Besonders hervorzuheben sind die Reisen des Direktors Zitterbart und des Vorsitzenden des Auffichtsrates, Pfarrer Lindner-Rcsendorf nach Prag und nach München . PfarrerLind- n et hatte sich auf Kosten der Bank ein eige­nes Telephon einrichten lassen. Zur Illustration des Unternehmens seien noch einige Daten festgehalten: Die 1920 vom Kinübesitzer Ernst Hollmann errichtete Champag- necom war ein Unternehmen, an dem außerhalb der Bank stehende Personen die Anteile gezeichnet hatten. Nach erfolgter Herabsetzung des Aktien­kapitals 1923 gelangte die Bank in den Besitz aller Anteile. Das Debetsaldo war von 644.000 Kronen im Jahre 1926 auf 4,619.873 Kronen zum 11. April 1935 gestiegen. Der Verlust von 832.000 KL im Jahre 1923 auf 4,009.000 KL im Jahre 1933 angewachsen... Das Konw Wolfram-Film, Nachfolger Ernst Kobosil, Aussig , wurde nur bei der Aussiger Filiale geführt und wies 1927 einen Debetsaldo von 1,299.300 KL und am 1. Juli 1935 von 4,794.127 KL auf. Das Saldo wurde durch Rea­lisierung von Einlagebüchern abgedeckt. Zum Schluß der Haupwerhandlung wurde von den Sachverständigen noch bekannt gegeben, daß die Bilanz 1980 eine Ueberschuldung von 74 Millionen hatte und 1931 bei 48 Millionen Attivvermögen 56 Millionen Ueberschuldung. Oie Prager Deutsche Arbeitersendung bringt in dieser Woche: Sonntag, den 28. Juni, 14.30 14.45; Bilder aus dem Böhmerwold(Adolf Schmidt); Mittwoch, den 1. Juli, 13.40 13.50 Arbeitsmarkt, 18,20 18.40: Dir Konsumgenossen­schaft als sittliche Kraft(Emmy Riedl); 18.40 18.45: Soziale Informationen. Freitag, den 3. Juli; Aktuelle zehn Mi­nuten. S o n n t a g, 5. Juli: 14.3014.45: Frage« der fudetendentschen Wirtschaft.(L. R. Schwarz- Leitmeritz).

Blick auf das Trautenauer Gefechtsfeld vom 27. Juni; gesehen von der Höhe oberhalb von Hohenbruck, von wo die Brigaden Wimpffen und Knebel zum Sturm auf den Kapellenberg antraten