Sosialdemokra

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .

16. Jahrgang

Donnerstag, 2. Juli 1936

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 153

Blum als Führer zum Frieden Geist und Tradition

der Armee

Zum Tage von Zborow

Genfer Rede des französischen Sozialistenführers Friedenssicherung unter Umständen auch durch Krieg ben ebentag der Schlacht bei Zborow , jener

Léon B I u m, der sozialistische Ministerpräsident Frankreichs , hielt am Mittwoch in Genf eine große Rede, in der er sich als Staatsmann von europäischem Format offenbarte. Die Rede zeigt den Weg zur Organisier rung des Friedens: nicht Schwäche und Resignation, sondern mutiges An faffen aller Probleme und positive Abwehr der Gefahr, sei es auch um den Preis eines Krieges. Der Geist, von dem Blums Rede erfüllt war, kann Europa den Frieden retten und den Völkerbund auf neue, feste Grundla gen stellen.

ohne Umschweife sprechen. In Besprechung der internationalen Situation lehnte er die Vor­

Einleitend sagte Blum er werde offen und Die Alternative des Krieges Alle pazifistischen Staaten, fuhr Léon würfe ab, daß der Einfluß Frankreichs in der in- Blum fort, müssen sich zu diesem Zwede fest zu­ternationalen Politik in der letzten Zeit schwächer sammenschließen. Die auf der Koalition höhe­geworden sei. Im Gegenteil. Frankreich und rer Kräfte gegen den Angreifer begründete kol­seine Regierung seien entschlossen, wirksam mit lektive Sicherheit muß eine gefahrløsere- und zuarbeiten und die internationale Arbeit zu un­terſtüßen, namentlich den Völkerbund und dessen Unternehmungen. Léon Blum stellt sich gegen die Hegemonie der Staaten außerhalb des Völker­bundes. Dann führte Redner die verschiedenen Gerüchte auf das richtige Maß zurück, denen zu­folge Frankreich in letzter Zeit durch Arbeiter­streifs und innere Unruhen geschwäch t wor­den sein soll. Die Debatte darüber, sagte Léon Blum , falle nicht in den Rahmen des Völkerbun des. Redner erklärte, daß die große soziale Bes tvegung in Frankreich in absoluter Ruhe vor sich gehe und dem tatsächlichen Willen des franzö fischen Voltes entspreche.

den

Frankreich will den Frieden

Das französische Volt wolle auch den Frie­den Frieden bei Gleichberechtigung und internationaler Moral Aller. Der Friede, wie ihn das französische Volk wün­sche, sei nicht nur ein französischer Fric­den, es sei dies ein unte il barer, ein europäischer und Weltfrieden. Der Umstand, daß Frankreich zum Beispiel am 7. März ds. J., als Deutschland den Locarnovertrag auffündigte und die Rheinzone beseẞte, nicht mo­bilisiert habe, dürfe nicht als Schwäche Frank­ reichs , sondern im Gegenteil als Friedensliebe Frankreichs ausgelegt werden. Juristisch genom­men bedeute diese Tat Deutschlands unzweifel­haft einen Angriff, andererseits aber sei es wahr, daß französisches Territorium unangeta­stet geblieben sei und daß die französische Regie­rung in Zusammenarbeit mit den übrigen Lo­carnoſtaaten einen versöhnlichen Weg zur Rege­Tung dieser Situation erreichen wollte. Rettung des Friedens

liebend wie Frankreich , dessen Regierung und

Zwischen den Konferenzen Wenn in den Genfer Konferenzen, eine Pause eintritt, so verhandelt man von Hotel zu Hotel. Von links: Delbos, Avenol und Bum pflegen hier ein offenbar sehr ernstes. Gespräch.

sichere Lage für den Frieden schaffen. Die der kollektiven Sicherheit beitretenden Staaten müssen in diesem ihrem festen Willen bis an Ende gehen und sie eventuell bis zu dem Ent­schluß verteidigen, zum Kriege zu greifen. Es ist also notwendig zur Rettung des Friedens mit der Alternative des Krieges zu rechnen. Ich erkläre ohne Zögern, sagte Redner, daß dieses Riskieren des Krieges zum Schuße des Friedens beherzt und ohne 3 andern in Er­wägung gezogen werden muß. Die kollektive Sicherheit must später mit der allgemeinen Ab­rüstung kombiniert werden.

Wer ist guten Willens?

Der französische Ministerpräsident sprach hierauf von dem wahnsinnigen Wettrüsten und erklärte, er sehe es ein, daß bei der gegenwär­figen Sitration tein Staat an die Abrüstung schreite insolange die Organisierung der kollek= tiven Sicherheit und die gegenseitige Hilfe nicht die Sicherheit einer absoluten Garantie vor dem Kriege gewähre. Redner kommt dann auf den tonkreten Fall der Beseßung der Rheinlandzone und den abessinisch- italienischen Konflikt zu spre­hen und sagt, daß Frankreich durch das Eingehen auf die Aufhebung der Sanktionen damit nicht verkünden wolle, daß vielleicht der Krieg das Recht ersetzen solle. Die Erfahrungen aus die sen beiden Ereignissen müssen jedoch, so erklärte Redner, zum wirklichen Frieden, zum o r= ganisierten, unteilbaren Frieden beitragen. Es ist notwendig, daß eine neue bessere Zukunft unter der Patronanz des Völkerbundes aufgebaut werde. Blum stellt die Frage, ob die Staaten für diese bessere Zukunft vorbereitet seien oder nicht.

Die tschechoslowakische Armee feiert. Heute

ersten größeren Gefechtshandlung im Sommer 1917, bei der die Legionen als selbständiger Faltor eingesetzt wurden und einen Sieg über die ihnen gegenüberstehenden f. u. f. Truppen heimbrachten... Zborow" ist für die Legionen und für die Armee ein Symbol geworden. An den Namen 3borow knüpft all das an, was man Le gionärgeist und Legionärstradition nennt und was zugleich eines der wesentlichsten und stärk­stellt. Der Ideologe und Führer der Legionen, sten geistigen Fundamente der Republik dar Majaryt, hat in der Schrift Das neue Europa", welche während des Weltkrieges in Rußland ers schienen iſt, auseinandergefekt, daß die tschecho­

slowakischen Legionen, indem sie Krieg gegen Desterreich- lingarn und für die staatliche Frei­heit des eigenen Volkes führen, für die Demokra= tic, für ein neues Europa , für eine bessere so­ziale Ordnung fämpfen. Darum kann der Tag von Zborow auch von denen gewürdigt werden, die während des Weltkrieges nicht auf der Seite der Legionen standen, sondern in den Gräben

diesseits der Verhaue. Dennoch birgt 3 bo- row ein Problem in sich.

Man hat wiederholt darauf hingewiesen, daß 3borow zu einem guten Teil ein Kampf von Tschechen gegen Tschechen gewesen sei, denn der besiegte und mit schweren Verlusten unterlegene Heeresteil war vorwiegend aus westböhmischen Truppen zusammengesetzt, unter denen sich Pil­ſener und Slattauer Tschechen befanden. Aber selbst wenn dem nicht so wäre, besteht doch das Problem, wie die rein militärische Legionärstra­dition sich in einer Armee auswirken kann, die zu nahezu einem Viertel aus Deutschen , zum Teil auch aus Magyaren, zum sehr großen Teil aus den Nachkommen jener Tschechen zusammenge­setzt ist, die im Striege nicht die letzte entscheidende Handlung setzten, sondern bis zum Ende in der österreichisch- ungarischen Armee blieben.

Werden übirgens die Staaten ebenso wie Frankreich der Aufrichtung dieses besseren Fric­Vor kurzem ist ein überaus interessantes dens beistimmen? Welche Angebote machen sie Buch erschienen, das abgesehen von seinen sonsti­und welche Garantie geben sie? In dem von der gen verdienstlichen, als Geschichtsquelle bedeut­italienischen Regierung der Völkerbundversamm- samen Beiträgen zur Geschichte unserer Armee lung eben vorgelegten Memorandum wolle die schon darum wichtig ist, weil es die entscheidende franzöfifche Regierung einen gewiffen positiven ideologische Frage unserer Wehrmacht aufrollt: Beitrag zu diefer Frage sehen. Die französische Budování Armády( Aufbau der Ar­Regierung spricht den Wunſch aus, daß auch die mee) von Rudolf Kathous( Verlag morandum ein positiver Beitrag zur Schaffung der Schöpfer unserer Armee, aber er war nicht beutfce Antwort auf das britische Me- Melantrich, Prag ). Der Autor iſt ſelbſt einer einer befferen Situation in Europa sein möge. Legionär, sondern bis zum Umsturz t. u. t. Offi­Der gute Willen eines jeden Staates müsse nun zier, zuletzt zugeteilt dem Armee- Ober- Kom­öffentlich überprüft werden. mando in Baden. In der Organisierung einer bewaffneten Macht, bei der Besetzung der deut­ schen Randgebiete, in der Behebung jener Män gel, die unser junges Heereswesen im Kampfe mit der ungarischen Noten Armee gezeigt hatte, spielt Oberstleutnant Kalhous eine hervorra gende Rolle. Er ist dann ebenso wie manche an derer seiner Kameraden der alten Armee aus dem altiven Seeresbienſt ausgeſchieben, weil er Meinungsverschiedenheiten mit der französischen

Lester nach Genf

durch Rettung Genfs Leider, sagte Redner weiter, seien das heu Deutscher tige Europa und die heutige Welt nicht so fried­Das ,, Prager . Tagblatt" erfährt aus Genf , christlichsozialer Minister dessen Volk. Der französische Ministerpräsi daß die Reise des Hohen Kommiffärs von Danzig , Schon seit längerer Zeit wird über Lester, große Aufmerksamkeit hervorrufe. Es dent legte hierauf die bereits bekannte These dar, daß Frankreich um die Aufrechterhaltung des den Eintritt der deutschen Christlich . Friedens bemüht jei und daß es verhindern wolle, fozialen in die Regierung verhandelt werde ein Appell Leſters an Genf erwartet und Militärmiſſion hatte. Kalhous iſt unſeres Grz daß Europa dorthin gelange, wo es vor dem Diese Verhandlungen haben bereits zur fein Hinweis darauf, daß die nationalſozialistische achtens zu Recht und mit gutem Grunde Jahre 1914 gewesen sei. Der Weg zur Vermei- Rennung des christlich sozialen Mini- Danziger Regierung alle dem Völkerbund durch frühzeitig für die kürzere 14monatige Dienſt­dung dieser Situation führe eben über Genf sterkandidaten geführt. Es handelt sich den Senatspräsidenten Greifer gegebenen Ver- zeit eingetreten( die er auch noch während der durch Festigung der internationalen Solidarität um den Abgeordneten Erwin 3 afprechungen gebrochen habe und daß das lidu" verteidigt hat), er hat sich gegen das fran­legten Debatten über dieses Thema im Právo und Stärkung der Aittorität des Völkerbundes. Es iſt unbeſtreitbar, ſagte Blum, daß der Völk, beffen Ernennung burch den Prä. Berhalten: der Danziger Regierung geeignet zöſiſche Syſtem gewandt, das die Armee vor­terbund in der letzten Zeit in einigen seiner Be- fibenten der Republik in den nächsten scheine, den Frieden zu stören. strebungen gescheitert ist und an seiner Autori- Stunden erfolgen dürfte. Zajiček. wird, tät und seinem Prestige gelitten hat. Grund hie- wie Dr. Spina, Minister ohne für ſei jedoch nicht so sehr der Völkerbund selbst. Portefeuille fein. als cher die späte und unvollkommene Anwen­

Re- Der

dung des Wölferbundvaktes. Deshalb münche Frankreich keine akademische und pauschale Re Der Präsident vifion des Völkerbundpattes und lehne sie ab. Die französische Regierung will aber nach reiflicher

Kämpfe In Westabessinien

züglich für den Stellungskrieg ausbildete, weil er eine in erster Linie, rasch bewegliche und für den Bewegungskrieg taugliche Armee angesichts unserer Grenzverhältnisse für notwendig hielt, er hat sich überhaupt dagegen gewandt, daß man Chartum. Reisende aus Westabessinien er alles im Lande Ueberlieferte und hier Gewach­klären, daß der Negus nach dem Verlassen des fene als schlecht und erledigt abtat und haupt­Landes das Prestige bei den abessinischen Häupt- fächlich fremde Muster übernahm. Er verweist nach Reichenberg ingen und bei der abessinischen Bevölkerung ver- insbesondere darauf, daß 1919 die französische Erwägung und vorheriger Befragung aller in- Der Bürgermeister Neichenbergs lud den loren habe. Die Regierung in Gore ſetzt sich nur und vor allem die italienische Führung in der teressierter Staaten nach ihrem Urteil eine neue Staatspräsidenten anläßlich der gestrigen Audiens auf die übrigen abessinischen Provinzen feinen system sich dort als unzulänglich erwiesen und daß aus einigen lokalen Führern zusammen und hat Slowakei manches verabsäumt, daß ihr Kordon­prattischere Auslegung und Anipendung der Hauptartikel des Bölkerbundpaktes vorschlagen. zu einem Befuche Reichenbergs ein. Dr. Bene Anspruch. Demgegenüber haben die Italiener be- die ungarische Heeresleitung, deren Berater Frankreich verkündet vor diesem Forum feierlich erwiderte, daß es ſein Wunsch sei, die Bedürfniffe, deutende Schwierigkeiten mit den Stämmen in Generalſtäbler aus der alten t. u. t. Armee ge­feine Treue zum Völkerbund. Es wünscht die Or Forderungen und Nöte der nordböhmischen Beder unmittelbaren Nachbarschaft: der Hauptstadt. wesen seien( ſo vor allem Strom fel d) fich ganisierung der tollettiven Sicherheit und wird Die Straße von Addis Abeba nach Dessie war ihrer Aufgabe besser gewachsen gezeigt habe. aus allen Sträften zur Belebung des Völkerbune ölkerung, kennenzulernen und daß er die Reichen- einige Male von abeffinischen Kriegern befest, mit Wesentlicher aber als diese Argumente und des beitragen, desgleichen auch zur Belebung des berger Meffe zum Anlaß nehmen werde, Reichen denen die italienischen Abteilungen Kämpfe füh- Thesen des heute abseits stehenden Organisators Vertrauens unter allen Staaten guten Willens. berg einen Besuch abzustatten. unserer Heimat- Armee sind seine Betrachtungen

ren mußten,