Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .

16. Jahrgang

Pyramide"

Water

Donnerstag, 16. Juli 1936

Die römische Sphinx

Was plant Mussolini ?

Paris . Die letzten Meldungen der Londoner sowie der römischen Korrespondenten der Pariser Presse sprechen neuerlich von einer Absicht Mussolinis, die Anregung zur Einberufung einer Konferenz der sechs eventuell der acht Großmächte für den Monat Sep­tember zu geben. Im letzten Faile würden auch die Kleine Entente und Spanien eingeladen wer­den. Das Konferenzprogramm würde 1. ein allgemein europäisches Abkommen, 2. die Rück­kehr Deutschlands in den Völkerbund noch vor der Herbstsession und 3. die Völkerbundsreform umfassen.

Nachrichten dieser Art werden an französischen amtlichen Stellen als private Meinungen, eventuell als Versuchsballons bezeichnet.

Wien.( Tsch. P.-B.) Die illegale natio­nalsozialistische Korrespondenz Illkor" ist nach mehrmonatiger Pause wieder erschienen.

Wi e n.( Tsch. P.-B.) Mittwoch nachts ver­streuten Nationalsozialisten, welche dem linken Flügel der Partei angehören, Blätter, in denen dem Reichskanzler vorgeworfen wird, daß er durch

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den drei Wochen stattfinde, während sich Groß­ britannien für die Verschiebung der Brüf­feler Konferenz auf eine spätere Zeit ausspricht, um, wenn dies möglich sein wird, eine Fünf Wächtekonferenz zwischen Großbri­ tannien , Frankreich , Italien , Belgien und Deutschland vorzubereiten.

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 164

Das tägliche Brot

Nach wochenlangen Verhandlungen ist die Form unserer Getreidewirtschaft für die nächsten drei Jahre bestimmt worden. Im letzten Jahre hat es sich immer mehr gezeigt, daß die bisherigen gefeßlichen Bestimmungen geändert werden müssen soll nicht der Monopolgesellschaft und dem Staat ein Millionendefizit erwachsen.

Die bisherigen Mängel des Monopols haben darin bestanden, daß man mehr an den Getreide­preis als an die Planmäßigkeit der Getreidewirtschaft gedacht hat. Das Getreide­monopol sollte nach sozialistischer Auffassung die Spekulation mit Brotfrüchten und Futtermitteln verhindern, den Bauern einen angemessenen und festen Preis sichern, hingegen die Konsumenten vor Verteuerung schützen. Die Agrarparteien haben aber diesen Gedanken verfälscht. Die Aufgabe einer Planwirtschaft, als deren Bestandteil ein Getreidemonopol anzusehen ist, muß in erster Linie in der Verhinderung einer planlosen, ledig­lich auf Spekulation gerichteten Erzeugung beste­hen und nicht nur in der Preisregelung. l e ber hohe Preise bei Weizen und die viel zu spät erfolgte gesetzliche Be­Montreux. In der Nachmittagssitzung schränkung der Produktionsflä der Meerengenkonferenz ist am Mittwoch über die chen, die infolge jeglicher Kontrolle überhaupt entscheidende Frage der Durchfahrt der nicht durchgeführt wurde, sind die wesent­Kriegsschiffe kriegführender Mächte eine Eini- lichen Fehler unserer Getreide gung zwischen England und Rußwirtschaft. Sie haben es mit sich gebracht, I and erzielt worden. Die Türkei erhält domach daß wir, wie der Präsident des Getreidemonopols, das Recht, in Kriegszeiten den Schiffen derjeni- Dr. Feierabend, vor einigen Tagen den gen kriegführenden Staaten die Durchfahrt, und Pressevertretern erklärt hat, ungefähr 70.000 Waggon Weizen vorrätig haben. Die ver

das Abkommen vom 11. Juli die österreichischen Einigung in Montreux

Nationalsozialisten verraten habe.

England wünscht Verschiebung der Konferenz

England macht Konzessionen

-

Paris.( Tsch. V. B.) Der britische Bot­schafter Sir George Clerk wurde Mittwoch ,, Und nun unsere Glanznummer: die faschistische admittags vom französischen Außenminister Delbos empfangen, dem er die Ansicht der britischen Regierung bekanntgab, daß es bei dem gegenwärtigen Stand der Dinge vielleicht beffer wäre, die Brüffeler Konferenz zuen, daß war Guverned in 5 Str Saffet bun bi ang amorlichen Agrarpolitifer entriiſten ſich jetzt

Ungünstiges

Ausfuhrergebnis im Juni

aber die britische Regierung i

men mit der franzöfifchen Regierung handeln wolle. Die Antwort des französischen Außen­ministers ist nicht bekannt.

Nach den Erhebungen des Statistischen Staatsamtes weist unser Außenhandel im Mo­Vorläufig beharren, wie es scheint, Frank­nat Juni 1936 folgende Daten aus: es betrug reich und Großbritannien auf ihren Ansichten, die Einfuhr 529,245.000( im Vorjahre das heißt Frankreich wünscht noch immer, daß die 478,701.000), die Ausfuhr heuer 534,959.000 Locarnokonferenz an irgendeinem Tag der näch ( im Vorjahre 543,459.000). Wie man sieht, ist also zwar die Einfuhr ge= stiegen, die Ausfuhr dagegen etwas geringer geworden. Bemer­

Yenswert ist, daß die Verminderung der Aus- Pilsudskis Diktatorenmacht fuhr nicht diejenige der Fertigwaren trifft. Wäh- auf Rydz- Smigly übertragen

rend die Ausfuhr der Fertigwaren im Juni

Warschau . Ministerpräsident Sfladkowski

der

eine Aktion imternehmen oder die einem Staate darüber, daß die Landwirte ihre Weizenanbau­Silfe leisten, mit dem die Türkei durch einen flächen in den letzten Jahren immer mehr erivei­Pakt oder durch ein Unterstützungsabkommen tert haben und an eine Einschränkung nicht verbündet ist. Auf die ausdrückliche Wahrung der denken, nachdem durch einen hohen Weizenpreis Rechte der Kriegführenden in dem neuen Abkom- der Anreiz für die Erweiterung des Weizenan­men, die die letzten Schwierigkeiten bildete, haben baues gegeben wurde. Wenn die Grundpreise für die englischen Vertreter verzichtet.

- Kredite an Rumänien

Weizen 164.-, für Roggen und Gerste 125. und für Hafer 112.- betragen, dann kann man sich nicht wundern, wenn die Landwirte mehr Weizen anbauen.

Selbstverständlich hatte der hohe Weizen­preis einen Konsumrüdgang zur Folge. Bukarest . Die rumänische Presse verzeichnet Auch darüber beklagt sich der Präsident der Getreidegesellschaft, als ob er erwartet hätte, daß mit großer Befriedigung den Abschluß des rumä - bei diesen Preisen die Buchteln und Kuchenesser 1935 377,737.000 betrug, ist sie im Juni 1935 um eine Kleinigkeit gestiegen, nämlich richtete an alle Minister und Wojwoden ein nisch- tschechoslowakischen Finanz- Abkommens, wel- ihre Ration verdoppeln würden. Nach seiner Auf­328,512.000. Die Ausfuhrverminderung Schreiben folgenden Inhaltes: ches Dienstag in Prag vollzogen wurde. Es umfassung seien aber am Konsumrückgang nicht die trifft die Post Lebensmittel und Getränke. faßt einen fünfprozentigen Kredit von 200 Mil- hohen Weizen- bezw. Mehlpreise schuld, sondern die niedrigen Preise der übrigen Levensmittel. lionen zur Bezahlung der tschechoslowakischen Bei Fortsetzung dieses Gedankenganges müßten Waffenlieferungen an Rumänien sowie einen also auch die übrigen Lebensmittel noch verteuert zweiprozentigen Kredit von 90 Millionen zur werden, damit ein Ausgleich mit den Mehlpreisen Errichtung von strategischen Eisenbahnlinien auf und dadurch eine Erhöhung des Absatzes und dis rumänischem Territorium mit Anschluß an das Erhaltung des Monopols erreicht werden. Die Herzen kommen, nachdem sie nun in der Sackgasse tschechoslowakische Eisenbahnnetz. Beide Kredite stecken, wahrhaftig schon auf die verwunderlich­haben eine zwölfjährige Laufzeit und sind durchsten Gedankengänge. anderthalb Jahre unverzinslich.

Betrachtet man den Außenhandel im er= sten Halbjahr dieses Jahres, über das nun die Ziffern vorliegen, so betrug die Einfuhr im ersten Halbjahr 1935 2.883,665.000, im er sten Halbjahr 1936 3484,626.000, die Aus fuhr im ersten Halbjahr des vorigen Jahres 3277,516.000, in der ersten Hälfte heuer 3488,580.000. Es sind also sowohl Einfuhr als auch Ausfuhr höher als im Vorjahre, wobei das Steigen der Einfuhr jenes der Ausfuhr weit übertrifft.

Feterliche Bekräftigung

der Politik Titulescus dnrch den rumänischen Ministerrat

Bukarest . Das amtliche Nachrichtenbüro Nador hat folgendes Kommuniqué ausgegeben: Außenminister Titulescu hat Mittwoch im

Gemäß dem Willen des Präsidenten der Republik ordne ich folgentes an: General Rydz Smigly , der von Marschall Pilsud­sfi als erster Verteidiger des Staates und als crster Mitarbeiter des Präsidenten der Republik in der Leitung der Geschicke des Staates be­stimmt wurde, soll als erste Person in Polen nach dem Präsidenten der Republik betrachtet und geachtet werden. Alle staatlichen Funktionäre mit dem Minister­Was die Aktivität unserer Handels­bilanz betrifft, so war diese in der ersten Hälfte präsidenten an der Spitze sind verpflichtet, ihm des vorigen Jahres mit 393,851.000 aktiv, Ehre und Gehorsam zu bezeigen." in der ersten Hälfte des heurigen Jahres mit 3,954.000 aktiv. Die Aktivität unserer Die halbamtliche Nachrichtenagentur ,, I 3- Handelsbilanz ist also im heurigen Jahr bera" versieht die Nachricht von dieser Anord­trächtlich zurückgegangen. nung des Ministerpräsidenten mit einem Kom­Die vom Statistischen Staatsamt veröffent- mentar, in dem es u. a. heißt: Die besonderen lichten Ziffern zeigen also die großen Schwierig- geopolitischen Verhältnisse Polens sowie die keiten, die dem Aufschwung unseres Außenhan- historisch en Erfahrungen( 1) dels und daher dem durchgreifenden Aufstieg der machen der Nation erhöhte Wachsamkeit und Vor- Miniſterrat eine ausführliche Darlegung über die sicht auf dem Gebiete der Landesverteidigung so- Entwicklung und über die Ereignisse der inter­wie die psychische und materielle Kampfbereit- nationalen Lage abgegeben. Der Ministerrat ge­schaft ihrer Bürger zum Gebot. Aus diesem Grunde nimmt der Mann, dem die Obhut und nehmigte sein Erposé einmütig und erklärte die Macht über den gesamten Stompley der Kräfte sich mit der Außenpolitik Ministers Titulescu Botschafter oder Vizekanzler? und Mittel zur Sicherung der Unantastbarkeit der völlig solidarisch. Der Ministerrat Paris. Der Berliner Korrespondent des Landesgrenzen anvertraut wurde, in den Augen beschloß, alle notwendigen Vorkehrungen zur Havas- Büros erfährt, daß Herr von Papen an der ganzen Nation eine Ausnahmestellung ein. weiteren Geltendmachung die Stelle des durch den fürzlich erfolgten Tod des Diese Tradition, welche ihren Anfang in dem Botschafters von Hoesch freigewordenen Posten ersten und siegreichen obersten Führer der Nationer Politik des Außenministers Titulescus des deutschen Botschaffers in London ernannt in dem wiederaufgerichteten Staate, Marschall zu treffen, von der der Ministerrat konstatierte, Pilsudski, nahm, soll im Sinne des Wun- daß sie die Politik der gesamten Regie Demgegenüber erklärt der Berliner Korre- ches des verstorbenen Marschalls fortgesetzt wer- rung und des ganzen Landes sei. spondent des Paris Midi", daß von Papen an­Der Ministerrat sprach Minister Titulescu den gesichts der erfolgreichen Beendigung seiner Die politischen Kreise Polens betrachten die- ticfen Dank für dessen bisherige Arbeit und das Mission in Desterreich neuerlich in Gnaden auf­gnommen und wieder zum Vizekanzler er- und des Ministerpräsidenten als die Einführung unbeschränkte Vertrauen hinsichtlich der weiteren

Konjunktur bei uns entgegenstehen.

v. Papen

werden soll.

-

nannt werden soll.

den."

fen neuen Schritt des Präsidenten der Republik

eines Driumvirates in Polen.

Erfüllung seiner Aufgaben aus.

Wie will nun die Novellierung all den Uebel­ständen abhelfen? Zuerst wird bestimmt, daß das Monopol um drei Jahre verlängert wird.( Die Agrarier verlangten eine zehnjährige Frist.) Dann werden die Monatszuschläge bei allen Getreidearten bis Ende 1936 je 50 Heller, jedoch ab Jänner bis Juni 1937 bei Weizen 2.­bei Roggen( nur bis Ende Mai) ebenfalls 2.-, bei Gerste mit 1.50( nur für Jänner und Feber) und bei. Hafer für November und Dezember mit 1.- und für Jänner bis Juni mit 1.50 pro Meterzentner festgesetzt. Die wichtigste Bestimmung jedoch sieht Preis her­abse yungen bei den Landwirten vor: und zwar bei Weizen 18.-, bei Roggen 8.-, bei Gerste 12.- und bei Hafer 7. je Meterzentner. Der Ertrag dieser Ab­schläge soll zum Ausgleich des Defi zites des Monopols dienen. Außer dem trägt der Staat zum besonderen Reserve­fonds solange bei, bis ein Betrag von 60 Millio­nen erreicht ist. Das dürfte den Staat noch an­nähernd 20 Millionen fosten. Ferner muß er noch den Aufwand von etwa 90 Millionen für die Aufrechterhaltung der Reservevorräte für 1936/37 übernehmen. Zu dem soll in einer neuen Verordnung noch eine Neugestaltung und Ver­schärfung der Bestimmungen über die Einschrän­fung des Weizenanbaues ausgesprochen werden. Man glaubt dadurch die Weizenanbauflädje auf den Stand des Jahres 1930 zurückschrauben zu