Seife 4Freitag, 17. Sufi 1936Nr. 165Litwinow 60 Jahre- Es Ist ein-Zufall, daß an demselben Tage,da der tschechoslowakische Außenminister. Krostaals Sohn eines Bankdicners in Bialystol geborenworden, trat 1901 der russischen sozialdemokratische» Partei bei, arbeitete illegal in Rußland,lebte lange als Emigrant iin Ausland(er lvarauch Vertreter seiner Partei in der Internationale) und wurde nach der Oktoberrevolution1917 Gesandter in London. 1921 wurde er derStellvertreter des jüngst verstorbenen Tschitscherin und 1980 selbst Volkskommissar des Aeußern.Seine größten Erfolge waren der Eintritt derSowiet-llnion in den Völkerbund und der Ab-schluh der Pakte mit Frankreich und der Tschecho-slowakei. Er ist der Vertreter einer undogmatischen, realistischen Außenpolitik und bezeichnetseine Richtung als sozialistischen Realismus.General Alksnls bei FlachnlkPrag. Der Chef der Delegation des russische» Militärflugwesens, Armeegeneral AI k s-n i S, wurde Donnerstag vormittags vom Minister' für Nationalverteidigung Machnit empsan-grn. Dann besuchte er den Generalinspektoc- dertschechoslowakischen Wehrmacht ArmeegeneralS y r o v h und den Generalstabschef Armeegeneral KrejH. Mittags veranstaltete derMinister für Nationalverteidigung für die Gästeein Dejeuner am Barrandov. Der Nachmittaglvar der Besichtigung Prags gelvidmet.General AlkSniS ist heute einer der bedeutendste» Männer der Sowietunion. Er wurde im Jahre1897 in Lettland als Sohn eines landwirtschaftlichenArbeiters geboren, absolvierte eine Mittelschule undwurde-Lehrer. Im Jahre 1917 rückte er ein undabsolvierte in Odessa eine Schule für Infanterieoffiziere.. Während der Oktober-Revolution und inden Kämpfen an der russischen Westfront zeichneteer sich aus und wurde bald auf höhere Kommandostellen befördert. Er steht schon seit Jahren an derSpitze des Flugressorts, das heute in Rußland zude» wichtigsten Ressorts zählt. Ihm hat das Flugwesen der Sowjetunion zum großen.Teil seine heutige Entwicklung zu verdanken.Uli dem Flugzeug Ins Meer gestürztPolnischer General tödlich verunglücktWarschau. Der Luftabwehr-Inspektor Polens,Divisionsgeneral O r l i c z- D r e s z e r, fandDonnerstag nachmittags bei einer. Flugzeug-Katastrophe an der polnischen Meeresküste in derNähe von Gdingen den Tod. Der Apparat, inwelchem der. General in Begleitung des PilotenHauptmann Lagieswski und des Obersten Lothaus Warschau einen Flug nach Gdingen unter-nonnneN hatte, stürzte in der Nähe von Orloivowahrscheinlich infolge Motordefektes insMeerab. Alle Flugzeug-Insasse» fanden hiebei den Tod.General Orliez-Dreszer hatte die Absicht, aufeinem Flugplatz in der Nähe von Gdingen zulanden, um seine von einer Amerikareise in dieHeimat zurückkehrcnde Gattin im GdingenerHafen zu begrüßen. Die Leichen der Verunglückten konnten erst nach angestrengtem Suchen ansdem Meere geborgen iverden.Fememord In BukarestBukarest. Der ehemalige AbgeordneteMichael S t e I c S c» wurde am Donnerstag imKrankenhaus ermordet. Etwa 12 Personen dränge» in das Krankenhaus, in dem sich Stelescuzur Behandlung befunden hatte, ein, und tötetenihn durch mehrere Revolverschüsse, Die Täter wurden verhaftet.Stelescu trat bereits vor längerer Zeit ausder Opilanisatson der„Eisernen Garde",die inzwische» aufgelöst worden ist, aus undführte dann eine heftige Pressekampagne gegensie, wobei er insbesondere den Führer dieser Organisation, Cornelius Codreanu, heftig angrijk,Mysteriöser Anschlag<-auf den englischen KönigLondon.(Reuter.) Bei der feierlichen Fahnenübergabe an einige Militärabteilungen dec.Londoner Garnison im Hydepark ereignete sicham Donnerstag ein aufregender Vorfall. EinMann drängte sich rasch durch die Menge in derRichtung zum König. Drei Polizisten ergriffenihn sofort und führten ihn auf das nächste Kommissariat, wo der Mann. in Hast genommenwurde. Auf dem Weg wurde ein R e v o l dergefunden.Es wurde bisher noch nicht ganz einwandfrei festgestellt, ob der Unbekannte in der Tat dfeWaffe gegen den König richtete, als er sich durchdie Menge hindurchdrängte. Mehrere Augenzeugen erklären, daß er den Revolver i n einemLappen versteckt hielt und ihn derart umhüllt gegen den König schleuder t Andere'sagen aus, daß das so entstandene Bündel das Pferd traf.Al? die Polizeibeainten den Verhafteten abführten, unternahm ein anderer Mann den Versuch, den ersteren den Beamten zu entreißen; auchder zlveite Mann wurde, verhaftet. Der Könighatte diese ganze Szene mit angesehen, doch ritt erruhig weiter, als ob nichts passiert wäre.Der amtliche Bericht besagt, daß der Mannnicht geschossen habe, daß jedoch der" bei ihmgefundene Revolver mit vier oder fünf schärfenPatronen geladen war. Ansonsten ist der ganz"Vorfall noch immer überaus mysteriös. Das Blatt„Cvening Standard" behauptet, der Mann habeden Revolver abgedrück i, doch hätte dieWaffe versagt. Der Verhaftete ist britischerStaatsangehöriger.•Der vermeintliche Angreifer auf den Königerklärte bei der vorläufigen Einvernahme, daß erGeorg M a h o n heiße, und Journalist sei.Er erzählte den Journalisten, daß an allem. SirJohn Simon schuld sei, dem er Mittwochabends geschrieben und Donnerstag früh telephoniert habe. Er behauptet, daß er dem König keinLeid zufügen wollte und daß er seine heutige Tatzum ZeichendesProtestes-verübt habe. Mahon ist ein Krüppel; er hat ein verunstaltetes Bein. Es wurde gegen ihn die Klagewegen unbcftigten Waffentragens mit der Absicht,Leben zu^gefährden, erhoben.. Den Detektivenzeigte der Verhaftete einen fünfschüssigen Revolver, der mit 4 Patronen geladen war. Er wiederholte immer wieder, daß er den König nicht ermorden wollte.Soziale Bilanz von„Kraft durchFreude**Eine» naiv-ronommistischen Beitrag zumWesen des als Gcwerkschaftsersatz dienendenAmüsierbetriebes von„Äraft durchFreude" im Rahinen der„Deutschen Arbeitsfront" liefert jetzt die„Gauwartung"(diesesarische Wort stammt nicht von uns!) des GaueSEssen der D. A. F. Sie setzt nämlich in derletzten Nummer der Ley-amtlichen„DeutschenArbciterkorrespondenz" auseinander und rechnetnach, wer alles im letzten Jahr den Vorzughatte, mit,Alraft durch Freude", bestritten vonden Beitragspsennigen von Millionen schwer ar-beitender deutscher Menschen, die zum Zahleneinfach gezwungen sind, durch bic halbe Welt zujuxen. Und dabei kommt cs an den Tag. daß„fast" die Hälfte der Fahrtcntcilnehiyer Arbeiter, aber rund 40 ProzcntAngestelltcgewesen sindl Nun gibt es in Deutschland ettvasiebenmal so viel Arbeiter, als solche Berufstätige, die sich im Angestclltenvcrhältnis befin-.den. Danach kann nian sich ausrechncn,>vas dieArbeiter in ihrer Gesamtheit zulegcn müssen,um sogenannten„Bcsscrsituierten" ohne odermit Stehkragen zu einer wcinfrohcn Fahrt nachMadeira zu verhelfen! Noch drastischer kommtdieser eminent„soziale" Charakter der Lcy'schenHauserrungenschaft in den folgenden Zahlenseiner so schlicht-naiven„Ganwartung" Essenzum Ausdruck: Nämlich: Fährtteilnehmer miteinem Monatseinkommen bis zu 100 Mark waren es nur 22 Prozent, Fährtteilnehmer miteinem solchen bis zu 250 Mark aber waren es28 Prozent! Welcher Arbeiter verdient heute inDeutschland noch 250 Mark? Man müßte ihnmit der Laterne suchen... Auch das beweistklar,, daß sich Buchhalter, Kassierer und Pro-kuristen ihren Jux von den Zwangsbeiträgen derAormsten der Hitler'schen„Volksgemeinschaft"seelenruhig bezahlen lassen.„Ich werbe mich bemühen!" Am Dienstagweilten tschechische Kinder aus Bulgarien, die zueinem Ferienaufenthalt in der Tschechoslowakeieingetroffen sind, in Lany als Gäste des Roten.Kreuzes zu Besuch. Im Schloßpark begegnetensie den P-räsidcnten-Befreier Masaryk, an den derFührer der Exkursion den Wunsch richtete, er mögein voller Gesundheit noch recht lange leben. Masaryk antwortete darauf scherzhaft:„Ich werdemich bemühen!"Autounglück auf der St. Gotthard-Straße.Der französische Automobilist Abbö Courtois, deraus Paris in der Schweiz eingetroffen war, umhier seine Ferien zu verbringen, nahm in seinemWagen eine Schweizer Familie,- bestehend auseiner Frau und drei Kindern auf, um mit ihnennach Schwyz zu fahren. Auf der St. Gotthardtstraße stürzte das Auwmobil zwischen Luzern undSchwyz in den Lowerzsee. Alle Insassen kamenums Leben.AutobuSunglück. In Plowdiw, der größtenStadt Südbulgariens, stürzte auf der Straße eingroßer Autobus um, der mit 35 Personen, größtenteils einheimischen Armeniern, die einen Aus-slüg Üntc'rnahineti, besetzt' wär. Es' gelang nurmit Mühe, die Passagiere zu befreien, von denen'viele, darunter einige schwer, verletzt wurden.' Beseitigte Choleragefahr. Die Gefahr desAusbruches der Cholera in-Alexandrien, die infolge der Unvorsichtigkeit eines betrunkenen- Matrosen, der in ein chemisches Laboratorium- eingedrungen war, bestand, scheint abgewendet zusein. Die Behörden haben erklärt, daß keine derPersonen, die in erster Reihe betroffen seinkonnten, unter Anzeichen von Cholera erkranktist. Der Vorfall hat auch in Kairo große Aufregung hervorgerufen und viele Leute, die nachAlexandrien reisen wollten, haben ihre Absichtaufgegeben.Die Gefangenen der Bastille. Wie alljährlich, feierte auch diesmal gapz Frankreich denNationalfeiertag der Erstürmung der Bastille durchTanz und Volksfeste. Im Jahre 1789 wurde aufdem Place de la Bastille nicht getanzt, sonderndie Menge eroberte' das Staatsgefängnis derBourbonen, um angeblich die dort fcstgehalfenenFreiheitskämpfer zu befreien.. Die wenigstenwissen, daß man nach der Erstürmung der Bastille im ganzen sieben Gefangene lebend vorsand. Darunter ein Fälscher, Jean Bachade, undseine drei Komplizen Laroche, Pujade und Lacau-Am französischen Nationalfeiertagfand in Paris eine Militärparade statt, bei d er auch dir modernen Kricgsmittel vorgefiihrtwurden.Eine Windhose wütetAm Vergangenen Mittwoch, den 15. Juli,zog über die Gegend von Einsiedel-Neudörfel im Bezirke Schluckenau trotz des verhältnismäßig kühlen Tages ein schweres Gewitterauf, das sich hauptsächlich über Neudörfel entlud.Nachdem die Megemnassen schon verlaufen waren,setzte plötzlich eine Windhose mit ungeheurerWucht ein. Die Windhose nahm ihren Weg überden Friedhof von Neudörfel gegen die ObjekteMeusel und Werner und von dort ivelier gegendas Dorf. Am schwersten betroffen'ivurden dieLandwirte Werner, Meusel und Hentschel. Beiden drei Gebäuden, den Scheunen Werners undMeusels und dem Gasthaus Lehngericht fand dieWindhose den ersten Ansatzpunkt. Das Ergebnisist furchtbar. Die beiden Scheunen wurden vollkommen demoliert und stürzten zusammen. Dezimeter st arle Balkenwurden 200 bis 300 Meter weitfortgetragen. Auf der dänebenliegendenWiese spießten sich Bretter und Balken mctertiefin den Erdboden. Beim Gasthaus Erb- undLehngericht wurde der Giebel eingedrückt undvollständig demoliert. Der Rauchsang liegt untenaus der Wiese, während der rückwärtige obereTeil des Hauses eingestürzt ist. EigenartigerWeise ging das Univetter dann über das in derMulde liegende Dorf hinweg. Dort wurden vorallem Obstbäume, allerdings in großer Zahl, inMitleidenschaft gezogen. Außerdem wurden lediglich einige Zäune und zwei oder drei Schupfenumgelegt. Erst am unteren Ende des Dorfes richtete die Windhose wieder größeren Schaden an.Die dort stehende Scheuer des LandwirtesHentschel wurde derart mitgenommen, daß sievollständig abgetragen werden muß. Der Schaden,der hier binnen wenigen Minuten an Gebäuden,Obstbäumen etc. angerichtet wurde, ist heute nochnicht zu übersehen.rege. Außer ihnen befand, sich ein Ire de Whyteund ein gewisser Tavernier in der Bastille, diebeide von der jahrzehntelangen Haft irrsinnig geworden waren, und von den Revolutionären insIrrenhaus gebracht wurden. Ein einziger vonden Häftlingen konnte als politisch gelten, cs warder Graf de SolageS, der wegen Aufwiegelungder Jugend sieben Jahre in der Bafttlle faß.Diese geringe Zahl der Gefangenen der Bastillehat zu unzähligen Gerüchicn Anlaß gegeben.Man hat namentlich angenommen, daß die Gc-sängnisleitung beim Sturm alle Gefangenen inden Kellern ermordet habe, aber man hat keineLeichen und nicht einmal Skelette gefunden. Dagegen hat man allerdings im Lazarett der Bastilleeine Menge von Präparaten entdeckt, die manaber nienigls pekogiwszirren konnte,-,Au»flug»züge der Staatsbahnen. Vom 18. bis26. Juli quer durch den Böhmerwald 420 Ke, am19. Juli Motorsonderzug nach Eisenbrod 75 Xö, vom25. Juli bis 2. August kreuz und quer durch dieSlowakei 595 Xi, vom 14. bis 28. August kreuz undquer durch die Slowakei 600 Xi. Anmeldungen mitShtga&e im Basar neben dem Wilsonbahnhof inPrag,, Telephon 88385.Tropische Hitz« in Bulgarien. Ganz Bulgari«»wurde in den letzten Tagen von einer geradezu tropischen Hitze bctrosfen.- An vielen Stellen, insbesondere um Rur an der Donau, um Plowdiw undanderwäris stieg die Temperatur auf 40 Grad Celsius im Schatten. Es wurden viele Fälle von Hitz«schlag festgestellt, Todesfälle wurden aber bisher nichtgemeldet. In Sofia sind die Straßen wegen derunerträglichen Hitze von Mittag bis in die erstenAbendstunden menschenleer. In der Umgebung vonPlewna in Südbulgarien ging ein so starker Hagelschlag nieder, daß die Schloßen in vielen Dörfernalle Fensterscheiben und auch die Fenster des vonSofia nach Varna fahrenden Zuges einschlugen. Inder Nähe der Station Svoge an der gleichen Streckeschlug der Blitz in eine Schafherde, wobei 112 Schafegetötet wurden.Bessere» Wetter in Sicht. Unter dem Einflüsseeines DruckhochS, welche» sich aus Frankreich gegenunsere Gebiete aulbreitet, erfährt die Wetterlageeine fortschreitende Besserung.- In Mitteleuropawehte Donnerstag noch ein frischer Westwind, derwiederum eine leichte Abkühlung gebracht hatte. Verschiedentlich traten am Nachmittag Regenschauer auf,die vereinzelt von Gewittern begleitet waren. InSüdosteuropa«inschließlich Karpathorußland ist e»jedoch schön geblieben und die Temperatur istdort noch angestiegen.'— Wahrscheinliche» Wettervon h e.u t e: Von Südwesten her fortschreitend»Wetterbesserung, nächt» etwa» stärkere Abkühlung,untertags jedoch meist wiederum wärmer. Abflauender Wind,— Wetteraussichten fürSam»tag:Im ganzen schön und ziemlich warm.Vom RundfunkSamSta»Prag: Sender L.: 7.00 Morgenmusik. 10.05Deutsche Presse. 12.10 Bakule-Sänger. 14.00 Musikvon Grieg. 16.05 Kompositionen von Strauß. 17.55-Deutsche Sendung: Da» grüne Licht, Hörspiel vonFaktor. 18.45 Deutsche Presse. 19.50 Musikstunde.22.80 Bläserkonzert.— Sender St.: 7.80 Populäre» Konzert. 14.80 Mozart: Klavierkonzert. 15.15Deutsche Sendung: Mädchenlieder. 15.40Kultur-reltef. 15.50 Deutsche Nachrichten.— Brünn: 12.85Mittagskonzert. 17.40- Deutsche Sendung: Unterarundbahn, Rundfunkspiel. 18.15 Chansons.— Kn-schau: 12.05 Gesang auf Schallplatten. 18.00 Ge«sangSkonzert.