Sosialdemokra

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

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16. Jahrgang

Sonntag, 19. Juli 1936

Nr. 167

Militär- Revolte in Spanisch- Marokko Zerstörter Führer- Nimbus

Im Mutterland Ruhe

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Die Regierung bereits Herrin der Lage?

Madrid  . In Spanisch- Marokko ist eine Militärrevolte ausgebrochen. Ueber Me I= lila, wo sich die spanische Fremdenlegion an die Spitze der Erhebung gestellt haben soll, ist der Belagerungszustand verhängt worden. Die aufständischen Afrika  - Truppen( Tercios), die sich unter dem Kommando des Generals Romer a les befanden, werden von einem als Mon­archist bekannten Obersten angeführt. Auch die Eingeborenentruppen sind an dem Aufstand betei­ligt. Die Polizeitruppe Guardia Civile wird sich der Bewegung nicht anschließen und Maß­nahmen zur Verteidigung der Regierungsinteressen ergreifen. Die sozialistische Miliz, soweit diese in Nordafrika   organisiert ist, hat sich der Regierung für den Kampf gegen die Aufstän­dischen zur Verfügung gestellt.

Es scheint, daß der Aufstand in Spanien   und in den Kolonien schon längere Zeit vorbereitet war, daß jedoch der Ausbruch desselben durch die Ermordung des monarchistischen Abgeordneten Sotelo beschleunigt wurde.

In Madrid   sind ungewöhnliche Sicherheits- aus Sicherheitsgründen das außerhalb Madrid  maßnahmen getroffen worden. Der Telephon  - gelegene Parodschloß am Freitag abends verlaffen verkehr mit dem Ausland ist unterbrochen. Auf und im Präsidentenpalais in der Stadt Wohnung den größeren Plätzen der Stadt in der Stadtmitte genommen. haben sechs Tanks sowie starke, mit Ma- Die spanische Regierung hat durch Nundfunk schinengewehren ausgerüstete Polizeiabteilungen eine Mitteilung an die spanische Bevölkerung ver­Aufstellung genommen. Die fozialdemokratische breitet, worin es heißt, daß ein neuer verbrecheri­und kommunistische Miliz ist alarmiert worden scher Versuch gegen die Republik   gescheitert sei. und patroulliert in den Straßen, zum Teil mit Ein Teil der Armee in Marokko   habe sich gegen Gewehren bewaffnet. Der Staatspräsident hat die Republik   erhoben. Die Aufstandsbewegung sei

Gesundheitsminister

Genosse Dr. Czech in Ostböhmen

Trautenau.( Eig. Bericht.) Auf Ein- In Johannisbad   wurde der Minister vom Tabung der østböhmischen Genossen nimmt unser Bürgermeister 3o cher und dem Kurdirektor Parteivorsitzender Genosse Dr. Czech Sonntag Bönsch empfangen und ließ sich vom leitenden am Bezirksarbeitertag in Jungbuch teil. Diese Arzt Dr. Sellner die Einrichtungen des Kur­Gelegenheit benützte der Gesundheitsminister hauses und insbesondere die neu eingeführte Genosse Dr. Czech), um einige der sozialen und fozialhygienischen Einrichtungen des ostböhmischen

auf gewisse Städte des spanischen   Protektorates in Marokko   beschränkt; in Spanien   selbst habe sich niemand an diesem Aufstandsversuche betei ligt. Die spanischen   Landtruppen marschieren in diesem Augenblicke gegen die Aufständischen. Die Regierung sei absolute Serrinder Lage in Spanien   und den Kolonien. Sie werde fofort mitteilen, wenn die normale Situation wiederhergestellt sein werde.

Die Regierung hat ein fremdes Flugzeug beschlagnahmt, das einen Führer der Bewegung nach Spanien   bringen wollte.

Die letzten Nachrichten aus Madrider   amt­lichen Kreisen versichern, daß die regierungs­treuen Truppen die Aufstandsbewegung bereits unterdrückt haben und daß zahlreiche aufstän­dische Offiziere bereits nach Französisch- Marokko geflohen sind. Die spanische Regierung hat an die marokkanische Küste einige Kriegsschiffe entsandt, um zu verhindern, daß die Aufständi schen sich nach der Pyrenäischen Halbinsel ein­schiffen.

Warm- Springs- Therapie zeigen. Schließlich be­Genoffe Dr. Czech auch noch das Kur­heim in Freiheit, welches der Bezirkskran­kenanstalt in Trantenau und Braunau   und der Trautenauer Revierbruderlade gehört. Es ist hauptsächlich für Rekonvaleszente und Gesund­heitsgefährdete beſtimmt, entspricht aber allen Anforderungen einer modernen Heilanſtalt. Hier wurde Genoffe Dr. Czech von den Funktionären unter Führung des Genossen Ruffer und den Pfleglingen der Anstalt überaus herzlich begrüßt.

Gebietes zu befichtigen. Er konnte babe vielfach Sozialdemokratische Kundgebung in Braunau  

Wort.

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Führerkult und Führerlegende gehören zu den wirksamsten und vom Begriff des Faschismus nicht zu trennenden Rauschgiften der modernen Konterrevolution. Wie sie dort, wo der Faschis­mus einmal an die Macht gelangt ist, zerstört werden können, läßt sich bis heute nicht mit Sicher­heit aussagen, obwohl wir überzeugt sind, daß die Krise des Führer- Idols auch in den diktatori­schen Staaten selbst unausbleiblich ist. Umso bedeutungsvoller und interessanter ist aber der Prozeß, der sich jetzt in der SdP abspielt, der einzigen genau nach dem Muster der NSDAP  aufgebauten deutsch  - faschistischen Partei in Europa  , die den Aufstieg zur Massenpartei er= lebt hat, aber nicht in den Besitz der Staatsmacht gelangt ist. Daß in dieser totalitären Partei der Führer- Nimbus ein Loch bekommen hat, daß die letzten Ereignisse das ganze Führer= problem aufgerollt haben, ist nach dem Brief Liebls an Henlein   nicht mehr zu bezweifeln.

Im 19. Jahrhundert hat sich an Stelle des alten Systems der Auslese, das von einer auto­fratischen Spike her bestimmt war ohne daß man freilich der monarchistischen Spitze des Staates jene wundertätigen Eigenschaften zuge= schrieben hätte wie den faschistischen Führern" ein neues System durchgesetzt, das im Grunde auf der Konkurrenz und Bewährung der Einzel­nen vor der Gesamtheit beruhte. Gewiß hat auch dieses System manche Mängel gehabt, wie es denn keine unfehlbare Methode der Auswahl der " Besten" gibt. Aber seine positive Seite war es, daß die Möglichkeit bestand, eine schlechte Aus­wahl zu korrigieren, einen Funktionär, einen Parlamentarier, einen Parteiführer, Minister und in demokratischen Staaten selbst Staatsoberhäup­ter, Generäle und langjährige Regenten ohne Bürgerkrieg abzuberufen, wenn die große Mehr­heit davon überzeugt war, daß diese Männer sich zu ihrer Aufgabe nicht mehr eigneten.

Der Faschismus ersetzt dieses System der Auslese durch ein grundfäßlich anderes. Er fragt nicht nach Bewährung und Leistung, er setzt einen Gößen ein, vor dem die Arbeit und die Leistungen unserer ostböhmi­sich alle anbetend neigen, den sie nicht kritisieren fchen Genossen mit Genugtuung anerkennen. Ge- Am 18. Juli fand in Braunau   eine große bildliche Treue zur Organisation, die sich, um nur dürfen, dem sie bedingungslos gehorchen müssen. noffe Dr. Czech traf kurz nach halb 12 Uhr in Funktionär- Konferenz der sozialdemokratischen ein kleines Beispiel herauszugreifen, schon darin Mit jenen Methoden der Propaganda und Trautenan ein, wo sich ihm der Abgeordnete des Organisationen statt, auf der Genosse Dr. Ez e d) eigt, daß bei den in zurückliegenden Jahren abges der Massenvergiftung, die er auch sonst anwendet, Kreises, Genoffe Krejči, anschloß. In seiner und der Kreisvertrauensmann Genosse Nam= führten Betriebsausschußwahlen unsere Genossen die Begleitung begab er sich dann ins Rathaus, vor b a uske referierten. Wir werden über diese nach fieben harten Striſenjahren nach wie vor das Ueberzeugung ein, es handle sich bei dem Führer" weitaus größte Rahl aller Mandate bejeßen und hämmert der Faschismus seinen Anhängern die dem zahlreiche Genossen Aufstellung genommen Tagung noch berichten. Vertrauen der proletarischen Massen besitzen. um einen Gottgesandten, ein Werkzeug des hatten, die ihn mit Freiheit- und Freundschafts- Vor dem Gasthaus Valenta, wo die Tagung Welch eine herrliche Vertrauensbasis und Schicksals, ein überirdisches, mit Wunderkräften Nufen herzlich begrüßten. Im Nathaus wurde der stattfand, hatten sich hiele hunderte Parteigenoffen das sagen wir mit berechtigtem Stolz- besißt der ausgestattetes Wesen, eine Verkörperung endlich Minister von dem Bezirkshauptmann und zah eingefunden, um den Parteiführer stürmisch und Sozialismus gerade in diesem hart geprüften, Ge- der Nation, und schiebt so alle Bedenken zur Seite, reichen Deputierten der Gemeindevertretung herzlich zu begrüßen. Genoffe Dr. Czech begab biete. Genossen! Dafür bitte ich Sie den inniasten die man gegen den raschen Aufstieg eines noch unter Führung des Bürgermeisters Liebig fich, nachdem er die Begrüßungen der Vertreter Dank der ganzen Bewegung entgegenzunehmen, nicht Bewährten erheben könnte. Hat die Legende empfangen. Der Bezirkshauptmann Oberrat der Bezirksbehörde und des Stadtrates entgegen- welche zu Ihrem schwierigen Kampf, zu Ihrer großen einmal zu wuchern begonnen, wirft das Rausch­Vorel, der Bürgermeister und sodann genommen hatte, durch ein Spalier von NW  - organisatorischen und sozialen Leistung mit Bewun­im Namen der beiden fozialdemokratischen Par- Männern und die immer wieder in Beifallsrufe derung aufschaut. Ihre Kundgebung ist der Vorläu- gift des Führerkuïts, sind die Maſſen daran ge­teien und der tschechischen nationalsozialistischen ausbrechenden Parteigenoffen zur Rednertribüne. Kreise Ihrer Vertrauensmänner abgehalten werden Erlöser zu sehen, so versinkt alles andere, auch fer wichtiger Beratungen, die unmittelbar darauf im wöhnt, in dem Führer" einen wunderwirkenden Partei Vizebürgermeister Genoffe Dr. Mühl= Genosse Anton Just eröffnete die Kund- sollen. Gern bin ich Ihrer Einladung gefolgt, um die geschichtliche Wahrheit über den Ursprung des berger begrüßten den Genossen Dr. Czech und gebung, indem er darauf verwies, daß die Arbei- gemeinsam mit Ihnen die notwendigen Wege zur Führers in einem undurchdringlichen Nebel." So trugen ihm die Wünsche der Stadt und des Be- terschaft im Braunauer Bezirk aller Not unge- Abhilfe in Ihren Nöten zu suchen. erfahren, vor allem wenn der Faschismus an der zirkes vor. Genoffe Dr. Czech, der über die Be- achtet in unerschütterlicher Treue zur Sache des Genossen! Gestatten Sie mir noch ein politisches Macht ist, die Anhänger auch nicht mehr, wie dürfniffe des G Gebietes ganz informiert war, Sozialismus stehe. Genosse Dr. Czech, wiederum es zur Berufng des Führers tam, konnte bereits über einige Maßnahmen berichten, von stürmischen Zurufen der Genossen empfangen, Wir leben in einer ernsten Zeit; Tange schon so wenig wie ihnen bekannt werden darf, wer die der Arbeitsbeschaffung dienen und insbeson- richtete darauf an die Versammelten eine an- war der internationale Horizont nicht so umwölft den Führer" führt, wie seine Ent­dere den dringend notwendigen Krankenfeuernde Ansprache, in der er u. a. sagte: und verdüstert, als gerade in diesen Stunden. Die haus zuba u fördern sollen. An den Besuch im internationale Politit hat in wenigen Stunden eine chlüsse zustandekommen. Konrad Heiden   schildert Rathaus schloß sich die Besichtigung des Jugend- Werte Genossen, werte Freunde! Umformung erfahren, die die vollste Wachsamkeit des in seiner Hitlerbiographie, wie Hitler   ,, gemacht" sozialistischen Proletariats erheischt. Wieder verzeich- wurde, wie andere Leute, Reichswehroffiziere, heimes der Bezirksjugendfürsorge an. Es hatten fich zum Empfang des Ministers die Funktionäre i Ich danke Ihnen für Ihren lieben Gruß, den net der Faschismus wenigstens in diesem Augenblick Literaten. Abenteurer, systematisch einen geeigne= ich namens unserer Gesamtpartei quittiere. Üniere einen neuen außenpolitischen Machtzuwachs, wodurch ten Mann suchten, der als ihr Werkzeug fungie­der Jugendfürsorge, die Aerzte und Schwestern ganze Bewegung tenni die schwierigen Lebensver- sich die große Gefahr, die ihm innewohnt, wieder für ren könnte und wie sie auf Adolf Hitler  , den des Heimes eingefunden. In ihrem Namen be- hältnisse der Arbeiterschaft Ihres Gebietes und blickt die Arbeiterklasse zwangsläufig in den Vordergrund deklassierten Kleinbürger und gescheiterten Intel­grüßte Dr. Gans den Minister und zeigte ihm mit Bewunderung zu Ihrer Arbeit auf, die eine schiebt. Für uns verstärkt sich diese Gefahr durch die lektuellen, stießen. Aber in Deutschland   darf das die wirklich vorbildlichen Einrichtungen des Hingabe erheischt, derer nur sozialistische Menschen Faschisierung eines großen Teiles des Sudeten  - niemand erfahren, in Deutschland   lernen die Heims. Genoffe Dr. Czech verbrachte kurze Zeit fähig sind. Mit Ergriffenheit habe ich den Bericht deutschtums. Wohl ist der sudetendeutsche Faschismus Kinder in der Schule schon von dem Gotteswunder in herzlichem Gespräch mit den Kindern, die ihm gelesen, den der Genoffe Erben als Sekretär der gerade im Augenblick in einer schweren Krise ver­Blumen überreichten und verließ das Heim mit Union der Textilarbeiter Ihres Gebietes in den let- fangen. Nichtsdestoweniger erfordert er unsere stän- der Herabkunft des Führer- Erlösers. ten Unionstagen in Reichenberg erstattet hat. Aus dige Bereitschaft, die naturgemäß in dieser Stunde Henlein   verfügt zwar über einen mächtigen der Versicherung, daß das Ministerium für Ge- diesem Bericht wird das schwere Schicksal Ihres noch mehr verstärkt werden muß. Partei- und Presse- Apparat. Aber Henlein  fundheitswesen ihm die möglichste Fürsorge zu- Streifes offenbar. Man bedente: 22 vollkommen und Genossen! Alles in allem können wir sagen, daß ist nicht Herr der Staatsmacht. Er wenden werde. Darauf besuchte Genoffe Dr. Czech dauernd eingestellte Betriebe mit 5094 Arbeitern, 17 die Scharte vom 19. Mai längst schon ausgewekt| fann nicht verhindern, daß Stück um Stück die in Begleitung des Bezirkshauptmanneß das Be- weitere vorüberachend eingestellte Betriebe mit 2998 war und daß wir auf der ganzen Linie tüchtig vor- Wahrheit über sein Führertum" an den Tag zirkskrankenhaus und den im Bau befindlichen Arbeitern, das allein läßt die große Tragödie dieſes wärts kommen und guten Wind im Rücken haben. tommt. Verfolgt man die Ereignisse der letzten Bubau. Er ließt sich hier vom Primararzt Doktor Gebietes plastisch vor Augen treten. Nimmt man ir find überzeugt, daß unsere tapferen Braunauer Wochen, so muß man zu der Ueberzeugung kom­Erkes und vom Verwalter Müller die dazu die Gesamtzahl der Arbeitslosen des Braunauer in den entscheidenden Stunden ihren Mann stellen Wünsche nach Ausgestaltung vortragen und ver- Bezirkes, die Ende Juni 1986 4545 betrug, dann werden. Sie sind nicht nur infolge ihrer exponierten men, daß es in der SdP Hunderte Funktionäre tann man erst ermessen, welche schweren Opfer die Lage ein Vorposten unserer Bewegung, sondern sie gibt, die den Führerkultus, die Führerlüge, nur sprach auch die weitmöglichste Förderung. Wirtschaftskrise von den arbeitenden Menschen dieses sind auch eine ihrer besten Sturmtruppen. Ihrer zähneknirschend ertrugen und die leidenschaftlich Gebietes erheischt. weiteren Arbeit, Ihrem weiteren Kampf rufe ich ein darnach streben, den Schwindel aufzudecken. Die herzliches Freundschaft" au! Zeitungen und Parteibüros der Gegner der SdP werden mit Enthüllungen und Nachrichten aus dem engsten Kreis der Führerclique nur so über­

Ohne Aufenthalt begab sich dann Genoffe Dr. Czech nach Iohannisbad. Die Fahrt ging durch Jungbuch, das Festschmuck zeigte und rege für den morgigen Arbeitertag rüstete.

Und trotz all dieser schweren Mühsal des Lebens erleben wir eine wunderbare Hingabe der Braunauer Nach einem Schlußwort des Genossen Just Arbeiterschaft aur sozialistischen Idee und eine vor- wurde die Kundgebung geschlossen.

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