Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .

Dienstag, 21. Juli 1936

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

16. Jahrgang

Die spanische Regierung im Kampf

Die Arbeiter bewaffnet

Die Regierung in den industriellen Provinzen erfolgreich

Soweit sich aus den einander meist widersprechenden und oft den Stempel der sensatio­nellen Erfindung tragenden Meldungen aus Spanien in den Abendstunden des Montag cin Bild der Lage ergibt, kann man feststellen, daß die gut vorbereitete und auf das marokkanische Kolonialgebiet basierte Militär revolte im Süden der Halbinsel augenscheinlich noch immer gefährlichen Umfang hat. Während General Franco die Regierung auffordert, das Blutvergießen einzustellen und keine offenen Städte zu bombardieren, nehmen feine Kriegsschiffe die südspanischen Häfen- so Cadix unter schwerstes Feuer, auch zu Lande wird Artillerie eingesetzt und Malaga soll in Flammen stehen. Ueber Sevilla haben Luftkämpfe stattgefunden. Während im Süden die Revolte gewisse Erfolge zu verzeichnen hat, scheint sie in Madrid nnd in Aragonien ( Catalonien) rasch zusammengebrochen zu sein, da sich dort nicht nur die Bevölkerung geschlossen gegen die Rebellen stellte, sondern auch der Groß­teil des Militärs der Regierung die Trene hielt.

Im Laufe des Sonntags übernahm die Regierung Barrio von Quiroga die Geschäfte, gab sie aber nach wenigen Stunden an ein Kabinett Giralt ab. Daß die Sozialisten nicht der Regierung angehören, erweist sich jetzt als schwerer Fehler, da sie bei den Arbeitermassen natürlich größeres Vertrauen genießen als die bürgerlichen Republikaner.

Paris.( Tsch. P.-B.) Montag Mittag war erklärten, daß die Besaßungen dieser Schiffe die noch immer nicht genau bekannt, was in Spanien aufständisch en Offiziere in ihrer und in Spanisch- Marokko vorgeht. Die Madrider Gewalt haben, und fügten hinzu, daß sie Regierung zensuriert sehr streng alle Telegramme die Verproviantierung durch Schiffe aus Malaga der großen Presseagenturen. Die Madrider Re- abwarten, um dann die Häfen an der marottani gierung ist immer noch Herrin der Lage in Mad- schen Stüste bombardieren zu können. rid und in zahlreichen Industrieſtädten, wo sich Nachrichten aus Gibraltar besagen, daß die bewaffnete Arbeitermiliz und insbesondere die gegen Abend von Gibraltar aus vier Kriegsschiffe Bergarbeiter den Regierungstruppen an gesichtet wurden, die gegen Ceuta , wo sich das die Seite gestellt haben. Auch in Barcelona und Hauptquartier der Aufständischen befindet, das in Katalonien sollen die Miliz im Verein mit der Feuer eröffnet haben. Bürgergarde und der Bevölkerung den Aufstand unterdrückt haben. Im ganzen sind außer Madrid Sender Sevilla und Umgebung die mittleren und nördlichen Pro­vinzen regierungstreu geblieben. Während sich Südspanien in den Händen der Aufständischen be­findet mit dem Hauptzentrum in Sevilla unter

mit Umgebung beherrscht.

wieder regierungstreu Um 22 Uhr begann die Rundfunk Führung des Generals Ulan, der auch Algeciras ſtation in Sevilla , welche zwei Tage hindurch die Befehle und Nachrichten Die Madrider Funk station, die sich der Aufständischen verbreitete, die offi­in den Händen der Regierung befindet, und die Funkstation von Sevilla , über welche die Auf- zielle Erklärung der Madrider Regie ständischen verfügen, haben sich gegenseitig den rung auszusenden. Aethertrieg erklärt.

derum zum Schlag gegen die Demokratie aus, wobei zur Stunde nicht feststeht, ob die Monarchie oder die faschistische Diktatur das Ziel ist.

Nr. 168

,, Leuchtendes Signal"

Dr. Czech über die Aufgaben unserer Bewegung, die außenpolitische Lage und die Krise der SdP

Auf dem Arbeitertag in Jungbuch bei Trautenau , über dessen Verlauf wir besonders berichten, hielt der Parteivorsitzende Minister Dr. Czech eine Rede, in welcher er einleitend der großen Kundgebungen gedachte, die unser: Partei in den letzten Wochen veranstaltet und denen er beigelohnt hat. Er gedachte dann der Gewiß haben auch die Kinderkrant- vier Jahrzehnte Arbeiterbewegung Ostböhmens. beiten der spanischen Arbeiterbewegung, und ging schließlich auf die politischen Probleme der Gegenwart über. Er führte da aus: Anarchismus und Syndikalismus dazu beigetragen, durch wilde Streifs, Gewalt= Wir verleben jetzt schwere Tage Gegenſchlag zu erleichtern. Es fragt sich auch, über Nacht ist mitten im Herzen Europas ein taten und überſtürzte Vorstöße der Reaktion den politisch, innerpolitisch und wirtschaftlich. Schier ob die Taktik der Kommunisten sehr flug mächtiger faschistischer Block entstan gewesen ist. Auch sie geht offensichtlich seit landen, dessen tragende Säulen Mussolini und Hitler gem auf einen verschärften Konflikt los, der viel- sind. Neben Deutschland und Stalien, Ungarn und leicht eine radikale Wendung bringen kann, der Polen . nunmehr auch noch Desterreich im Bunde. aber vorläufig eine ernste Bedrohung der Repu­ blik geschaffen hat.

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außen=

Wer vermag in dieser Stunde die Auswirkungen dieses Ereignisses zu ermessen? Wohl versichert Daß der Aufstand in diesem Ausmaß mög- Hitler, durch diesen Schritt seinen Friedenswillen lich wurde, ist wohl auf das Konto der Regie bekunden zu wollen, wir aber, Genossen, wissen, rung zu seßen, die nach dem Sieg sich mit hal- daß der Faschismus in allen seinen Formen Krieg ben Maßnahmen begnügte. Der Sieg der Volks- ist und daß wir hier so lange nicht zur Rube Reaktion oder zur Errichtung der Arbeiterherr nicht die letzten Kriegsgefahrenherde ausgetilgt front mußte notwendigerweise zur Wiederkehr der kommen, solange nicht der Faschismus, solange schaft führen. Eine andere Lösung war auf die sind. Dauer nicht möglich. Die Negierung hatte nicht erkannt, daß es ums Ganze ging, und hat sich mit demokratischer Geduld davon zurückgehalten, zuzugreifen. Die Republik tannte ihre Gegner; aber sie tat ihnen wenig. Man verhinderte nicht die Flucht der Neaktionäre ins Ausland, von wo sie Komplotte schmieden konnten.

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Die Kumpels von Asturien im wesent lichen keine Anarchisten, sondern organisierte So­zialisten und Kommunisten, die im Oktober 1934 nicht nur bewundernswert gekämpft, sondern auch sofort eine organisierte, ohne Terror arbeitende Arbeiterrepublit gegründet hatten und ihre südspanischen Kameraden vom Rio Tinto sind fofort geſchloſſen in den Kampf eingetreten. In innerhalb weniger Stunden die Oberhand er Barcelona , wo im Ottober 1984 die Truppe rungen hatte, haben die Arbeiter und die Duardia Civil, die sich unter der neuen Regie­rung in großen Teilen Spaniens umzustellen be­gonnen hat, einen Teil der Truppen geschlagen Noch kurz vorher hatte die Rundfunkstation und ihnen Geschüße abgenommen. Das ist ein be­von Sevilla gemeldet, daß im Laufe des Nachmit deutsamer Vorgang, erstens weil er nicht nur ein tags an einigen Stellen der Halbinsel Abteilun militärischer, sondern auch ein moralischer Gr­gen der Aufständischen ausgeschifft wurden und folg ist, zweitens weil man aus ihm erfährt, daß daß sich sowohl Malaga , als auch Gradie Truppe in Barcelona ( dem Sitz der fata­na da, Valladolid und Burgos in den Händen der Aufständischen befänden. In Madrid ständen hinter der Regierung lediglich die Flieger, die Gendarmen und die Polizei.

lanischen Division) nicht geschlossen, sondern offenbar zunächst nur zu einem Bruchteil mit den Rebellen gegangen ist.

Das wichtigste Ereignis ist die von der Re­gierung beschlossene Bewaffnung der Arbeiter, der Entschluß, aus Mißtrauen gegen die Generale nicht den Belagerungszustand zu verhängen, und

Ultimatum an die Putschisten Montag um 21.45 heure beber die Verfügungen, durch die in Seer und Marine

Die Regierung gab Montag am späten Nach­mittag durch den Rundfunk bekannt, daß sie in Madrid , in Barcelona und in Nord spanien Herrin der Lage sei, wo überall der Aufstand allmählich unterdrückt wurde. Nach vierstündigem Kampf in Madrid haben sich die Aufständischen in den Madrider Kasernen den Re­gierungstruppen ergeben. Die regierungstreuen Truppen haben etwa 100 Offiziere festgenom­men, die dann in die Haft eingeliefert wurden; unter ihnen befindet sich der Kommandant der Putschisten General Fanjul. funtstation in Madrid eine Erklärung Re­In Sevilla gewinnen die regierungstreuen gierung in einigen Sprachen gesendet, in welcher Truppen ständig an Boden. Das Arbeiterviertel die Regierung verkündet, daß sie herrin der Tirana , wo der Widerstand gegen die Aufständ Situation sei und daß sie die Aufstands­schen organisiert wurde, ist in Verbindung mit bewegung unterbrüdt habe. Die Regierung for den Behörden von Huelva getreten. Von Huelva dert die Bevölkerung und die Arbeiter auf, die wurden tausend Mann mit einem Sonderzug nach Faschisten daran zu hindern, das Volk um ſein Sevilla geschickt, die den Befehl erhalten haben, Hecht zu berauben. unverzüglich einen Angriff gegen das von den Aufrührern besetzte Zentrum der Stadt zu unter­nehmen.

Eine Flug- Estadre hat Ca diy bombar diert, wo der Gouverneur mit der Zivilgarde den Aufständischen Widerstand leistet. In Malaga werden die Nachrichten von der Ausschiffung marokkanischer Truppen auf das entschiedenste dementiert. Die einzige Ausschiffung von Ein­geborenen- Truppen hat in Algeciras statt gefunden, doch wurde deren Angriff zurüd­geschlagen.

Reglerungstreue Matrosen verhaften ihre Offiziere

Tanger.( Havas.) Ein Kreuzer, ein Torpe doboot, ein Kanonenboot und zwei Striegsschalup­pen sind Montag nachts in der Bucht von Tanger vor Anter gegangen. Matrosen des Torpedobootes

Den Aufständischen wird eine Frist bis zum 21. Juli gestellt, innerhalb deren sie sich ergeben follen. Die Zivilgarde und alle Beamten wurden aufgefordert, Dienstag früh in ihre Aemter zurückzukehren.

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Die junge spanische Republik erlebt die Er­schütterungen, denen die demokratischen Nach kriegsstaaten seit ihrer Entstehung ausgesetzt waren, in einem unvergleichlich rascheren Tempo und mit größerer Wucht als Mitteleuropa , wo fich erst nach einem Jahrzehnt die Verhältnisse zu lockern begannen. Der Sturz Spaniens aus dem tiefften Feudalismus in eine radikaldemokratische Gegenwart begünstigt den Fieberprozeß von Revolution und Konterrevolution. Nach dem Schlag, den die Reaktion 1934 geführt hat, holt sie nun, nachdem die Linke sich im Frühjahr 1936 von neuem in den Sattel geschwungen hat, wie

viele( eine Meldung sagt: alle) Offiziere abge­fest und die Truppenteile und Schiffe unter das Stommando von Unteroffizieren oder absolut zu verlässigen Subaltern- Offizieren geſtellt wurden. damit hat die Regierung gezeigt, daß sie die Lage und das Schicksal der spanischen Republik ist uns erkannt hat: es geht um Sein oder Nichtsein; lösbar mit dem der Arbeiter und der armen Landbevölkerung verbunden.

Sie hier den Krieg mit allen seinen grauen­Werte Freunde! 70 Jahre sind es her, seit haften Auswirkungen auszufosten hatten. Noch gibt es unter Ihnen levende Zengen für die Kriegsgreuel, für die unsäglichen Opfer, d damals gerade die arbeitenden Menschen brin­gen mußten. Hier auf diesem Boden war der letzte Kriegsschauplatz im Bereiche der bistorischen Länder unseres Staates. Müssen vir da nicht. eingedenk der damaligen Kriegstragödie, deren Ursache in der Linie der heutigen Kriegsgefahr liegt und die noch in den lleberlebenden von damals nachzittert- alle alle Kräfte zuſammentun, um uns der Kriegs­gefahr wirksam entgegenzuwerfen? Und da gibt des Faschismus. es teinen anderen weg als die Niederschlagung

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Genossen, noch immer haben wir gerade im deutschen Gebiete unseres Staates den Feind im Lande. Es gibt daher keine wichtigere Aufgabe, als alle unsere Straft auf seine Bekämp fung zu konzentrieren, ihm die irregeführten proletarischen Menschen wieder zu entreißen, den verblendeten indifferenten Arbeitsmenschen und der der nazistischen Abenteuerideologie verfalle­nen Jugend die Augen zu öffnen und ihnen allen Klarzumachen, daß sie, indem sie den Henleinis­mus die Wege ebneten und in sein Lager über­liefen, nicht nur ihre eigenen Interessen preis­gaben, sondern auch die Sache der Arbeiterschaft verrieten und unermeßliche Not und Elend über uns brachten.

Genossen, der Henleinismus befin

det fich augenblicklich in fdi er ſter Sert t Nicht morgen schon oder übermorgen, aber in nicht allzuweiter Ferne wird sich sein natürliches Schicksal vollziehen. Er hat jetzt schon das tödliche Gift, er hat den Brand im Leibe und wird ihn nicht mehr los. Da nüßen alle großen autoritäten nichts, die gerade in den letzten Tagen Sprachen, alle Führerbesprechungen, alle Führer­von Herrn Konrad Henlein , von dem Führer in höchst eigener Person, taputt gemacht wurden. D: r Nach einem Sieg wird die Situation keiness Becsegungsprozeß der Henleinbetwegung, den wi legs einfach sein. Die Bewaffnung der Arbeiter seit der ersten Stunde vorausgesagt haben, hat bedeutet in Spanien : Bewaffnung auch der Anar- begonnen, der Nimbus und der Glorienschein ist chisten, die sehr schwer für eine fonstruttive, weg. Zwangsläufig wird sich der Untergang die­systematische Politit zu gewinnen sein werden. ser Bewegung vollziehen. Die Entlarvung des In diefer Lage wird Largo Caballero grandiosen Voltsbetruges, dessen Opfer leider vielleicht die wichtigste Person in Spanien wer- zum großen Teile Arbeitsmenschen gewesen sind, den. Der Ausbruch des Aufstandes hat seiner ist im Gange. Es gibt de für Konrad Einschätzung der Situation und seiner These von enlein kein Gntrinnen. In dieser der Notwendigkeit aktiver Abwehr der Reaktion Stunde ist es die Hauptsache, daß die sozialdemo durch eine geeinte, zum politischen Angriff, nicht kratische Arbeiterklasse festbleibt, nicht locker läßt, nur zur Verteidigung entschlossene Arbeiterschaft Schlag auf Schlag folgen läßt und in jedem recht gegeben. Außerdem ist er der einzige, der Augenblick kampfbereit ist und auf der Höhe ihrer die Gewinnung der Anarchisten für diese Arbeiter- großen und verantwortlichen Aufgaben bleibt. front erstrebt hat und der, ohne die von den Anarchisten angezettelten Streits zu billigen, sie verstanden und als politisches Symptom regi­striert hat.

Genossen! Indem wir dies doppelt und drei­fach unterstreichen, wollen wir der großen und sehr schmerzvollenSorgen der Arbeitsmenschen dies jes Gebietes und besonders der Arbeitslosen