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Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .

16. Jahrgang

Morgen Locarno - Konferenz

London . In London , Paris und Brüssel wurde Dienstag gleichzeitig ein Kommuniqué über die Einberufung der Dreimächte- Konferenz

Mittwoch, 22. Juli 1936

Nr. 169

Vor dem Entscheidungskampf

Weitere Fortschritte der Regierungstruppen/ Regierungstreue Flotte greift ein?

nach London auf Donnerstag biefer Woche an Sebastian in den Händen der Putschisten

ausgegeben. Der Zweck dieser Zusammenarbeit

bestehe darin, daß die Lage geprüft und erwogen werden soll, wie der Wunsch der drei Mächte, den Frieden durch das Mittel einer allgemeinen Re­gelung zu konsolidieren, am besten gefördert wer­ben kann."

Neue englische Rüstungskredite

London . Das Unterhaus hat die Nach­tragskredite für die Aufrüstung genehmigt. Sie betragen für die Armee 6,6 und für das Luft­fahrtswesen 11,7 Millionen Pfund Sterling ( zusammen etwa zwei Milliarden).

Türkisches Militär

besetzt die Dardanellen Istanbul . Nachdem um Mitternacht das Ge­heul der Sirenen im Hafen und in der Stadt die Unterzeichnung der neuen Meerengen- Konvention angekündigt hatte, begannen in den ersten Mor­genstunden des Dienstag die ersten Truppenbe­wegungen. Infanterie, Artillerie und motori­fierte Truppen wurden auf beiden. Ufern des Bosporus in Marsch gesetzt und erreichten gegen Morgen die Orte des oberen Bosporus . Die alten auf Grund des Vertrages von Lausanne un brauchbar gemachten Befestigungen, die die Ein­fahrt sichern, wurden militärisch besetzt. In zahlreichen Ortschaften, die die Straßen längs der Ufer säumen, bereiten die Menschen den heran­ziehenden Truppen einen begeisterten Empfang. Auch der größte Teil der türkischen Flotte ist be­reits unterwegs nach den Dardanellen, um sich an der Besetzung der Meerengen zu beteiligen.

Zur Dollfuẞfeier-

London.( Renter.) Die aus Spanien eintreffenden Meldungen deuten darauf hin, daß die Entscheidungsschlacht des Bürgerkrieges knapp bevorsteht, denn es steht eine Schlacht zwischen den aus Madrid gegen die Aufständischen entsandten Regierungstruppen und den Aufständischen­abteilungen, die gegen die Hauptstadt vorrücken, zu erwarten. Eine Armee der Aufständischen hält bereits bei Segovina, ungefähr 60 Kilometer von Madrid .

Die Madrider Note Miliz in der Stärke von 10.000 Mann wird von zwei Offizieren be­fehligt, die der Regierung treu geblieben find. 5000 bewaffnete Bauern und Arbeiter wurden nach Saragossa gesandt und zu diesem Zwecke wurden Autos aller Art requiriert.

Eine andere Madrider Nachricht meldet, daß es Dienstag unweit von Madrid zu zwei Gefechten gekommen sei, in denen die Aufständischen von Regierungstruppen, welche aus Polizei, Gendarmerie, Zivilgarde und roter Miliz bestanden, geschlagen wurden.

In Nordspanien konnten die Aufständischen Dienstag nachmittags die Stadt San Seba stian besetzen. Sie ziehen nunmehr gegen die Stadt Bilba o. Die Stadt Irun befindet sich noch in den Händen der Regierungstruppen.

Die Sonderberichterstatter der Pariser Abendblätter melden aus dem spanischen Grenz­gebiet und aus Marokko , daß die Kämpfe zwi­schen den beiden Parteien in Spanien , der Regie­rung und den Aufständischen, auf Gnade und Ungnade geführt werden. Die Regie­rung und die Aufständischen geben ihre Erfolge bekannt, schicken einander Ultimaten und ver­fünden die allgemeine Mobilifierung.

Die Regierung verkündet die Bildung von fünf Heeresfäulen regierungstrener Truppen- aus der Volksfrontmiliz, Polizei, Guardia civil und Guardia Salto, um so die Aufständischen in Valladolid , Burges und Sarragoffa niederzu­werfen.

Einige tausend Mann bewaffnete Arbeiter­miliz haben Madrid verlassen, um den Aufstand in Andalusien , in Saragossa und in Valladolid zu unterdrücken. Die aufständischen Abteilungen, die unter dem Kommando des Generals. Molla

die Dollfußmörder in Freiheit?

Oesterreich in freundschaftlicher Umklammerung

Wie die Pr. Presse" aus Wien erfährt,

"

vom Norden nach Madrid zogen, wurden, wie die Regierung mitteilt, unweit Aranda von Regie­rungsflugzeugen vernichtet.

Wenn nicht überraschende Ereignisse eintre­ten, dürfte die spanische Regierung der Armee= oder besser Offiziersrevolte in einigen Tagen Herr werden. Die Krise scheint bereits überschritten, die Kräfte der Republik wachsen, während sich die ihrer Gegner langsam erschöpfen. Wie bei den meisten Aufständen lag auch diesmal die größte Chance der Rebellen in der Möglichkeit, einen plötzlichen Ueberraschungs­erfolg davonzutragen. Da aber die Basis der Rebellion weit von der Hauptstadt entfernt war, so genügte die anscheinend gelungene Ueberrum= pelung nicht, um mehr, als die südlichen Provin= zen zu überrennen. So darf man hoffen, daß die spanische Demokratie aus dem Auf­stand der Offiziere gestärkt hervorgehen und, um eine Erfahrung reicher, die dringend nötige Armeereform durchführen wird.

Die Emeute der reaktionären Offiziere bedeutet nicht nur für Spanien , Die Rundfunkstation von Barcelona hat sondern für ganz Europa eine Montag abends ein Manifest der sozialistischen ernste e fah r. Noch sind die Kräfte, die hin­Partei verbreitet, in welchem die Arbeiter aufge- ter dem Unternehmen der Militärs stehen, nur fordert werden, mit der Regierung zusammenzu- undeutlich und nebelhaft zu sehen. Aber es läßt arbeiten und die Arbeit wieder aufzunehmen. An

General Franco

die Arbeiter wird ferner der Appell gerichtet, ge­sind die Vorbereitungen für die große Amnestie klärt, daß sich die Ehrlichkeit der deutschen Erklä- teidigung der Republik und den Schutz der öffent­Der Legitimistenführer Wiesner hat er meinsam mit den Regierungstruppen an die Ver­in Desterreich in vollem Gange. Es sollen schon rung an der Haltung zur Restaurationsfrage erzlichen Gebäude gegen die faschistischen Angriffe zu in. den nächsten Tagen nicht weniger als 4500 weisen werde. Wenn Deutschland wirklich die schreiten. In dem Manifest werden die Arbeiter Nazi, auch die nach dem Juliputsch 1934 verur Souveränität Desterreichs anerkenne, so müsse es teilten, in Freiheit gesetzt werden. Zugleich soll auch zugeben, daß die Frage der Staatsform eine aufgefordert, sich nur nach den Weisungen des die Amneſtie angeblich auch Sozialdemokraten innere Angelegenheit Desterreichs ſei, die feine langsausschuſſes vor ſozialiſtiſchen Partei zu

richten.

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sich leicht abschäßen, wer die Nuznießer eines Sieges der militärischen Konterrevolution ge­worden wären und man mag daraus Schlüsse auf die Urheber und Förderer des Unternehmens ziehen.

Daß es sich um einen regelrechten Versuch zur Wiedereinsetzung der Monarchie handelt, er scheint wenig wahrscheinlich. Der Erkönig hält sich fern vom Schauplaz, in Bad Königswart in Böhmen , auf und hat erklärt, er sei an dem Un­ternehmen weder beteiligt, noch interessiert. Der in Amerita lebende Gy- Thronfolger hat eine Er­flärung gleichen Inhalts abgegeben. So nahelie gend die Annahme ist, daß beide die Unwahrheit sagen, so befremdend wäre ihr weites räumliches Abrücken von einem Unternehmen, an dem sie unmittelbar beteiligt wären. Es scheint doch eher, daß zunächst eine Militär­diktatur geplant und die Rückberufung Don Alfonsos in das mit Kanonen gesicherte Nest erst für eine spätere Etappe vorgesehen war. Da auch Gil Robles , der Führer der katholischen Voltsaktion nicht im Aufstandszentrum weilte, sondern sichtlich überrascht nach Frankreich ge­weber unmittelbar von den monarchistischen flohen ist, darf man mit einigen Vorbehalten schließen, daß die Generale und Stabsoffiziere Cliquen, noch von der Klerikalen Reaktion beauf­tragt sind. Andererseits ist die Revolte doch zu gut fundiert, als daß man annehmen könnte, es handle sich um einen der beliebten Borstöße einer Offiziersjunta. Die Rebellen müssen über be­wiffen finanziellen- Rückhalt verfügen. trächtliche Mengen Munition und über einen ge

Erinnert man sich einmal an den letzten Aufstand der Veniselisten in Griechenland , der ähnlich verlaufen ist und dessen Hintergründe niemals ganz aufgeklärt wurden, so daß man nur Die Regierungstruppen haben mit Unter- bermuten konnte, es handle sich um eine größere stüßung der Artillerie und der Flieger die Stadt Mittelmeer - Schiebung, deren Urheber nicht in Alcala de Henares beſezt. Die Aufständischen, Griechenland sißen, so wird man auch gegenüber welche große Verluste erlitten, verbarrikadierten der spanischen Revolte auf die Vermutung ge­sich im Rathaus, in der Kathedrale und in ande- führt, fie könnte mit Plänen zusammen­ren Kirchen. Die Regierungstruppen haben zahl hängen, die außerhalb Spaniens reiche Gewehre und Maschinengewehre erbeutet. entstanden sind und in denen Spanien nur eine Der Kommandant der in Almeria lie- begrenzte Rolle zu einem bestimmten Zweck spie­genden Zerstörerflotte hat dem Marineminister Ten würde. mitgeteilt, daß die Aufständischen sich ergeben und Der Sturz der spanischen Volksfrontregie­dem Zivilgouverneur zur Verfügung gestellt rung wäre vor allem ein empfindlicher moralischer haben. Auch in Gijon , so heißt es weiter. Schlag für die französische Boltsfront gewesen. laufen zahlreiche Aufständische zu den Regie- Ohne die Stellung des Kabinetts Blum et va un­rungstruppen über.

und Kommunisten umfassen. Man tennt das ja: fremde Macht etwas angehe. Demgegenüber haben die werden ein paar Tage später auf administras die Hitlerblätter ja den Paffus in der Erklärung Madrid und Barcelona hat die Madrider Negie­In einer Rundfunkmitteilung der Sender tivem. Wege von den Nazi- Polizisten wieder ein- Schuschniggs, daß Desterreich ein deutscher rung bie Zivilbevölkerung und die Sturmscharen gesperrt! Da auch zahlreiche Flüchtlinge aus Staat" sei, sofort dahin ausgelegt, daß es dem­Deutschland zurückkehren dürften, wird Dester- nach eine Einseßung der nicht deutschen aufgefordert, den Marsch der Aufſtändischen auf reich den 25. Juli, den großen Trauertag für Dynastie Habsburg - Bourbon Parma " Madrid zu verhindern. Dollfuß , unter Teilnahme der Anstifter und Mit- nicht erwägen dürfe. täter an dem Mord und dem Putsch begehen Wie wir erfahren, hat Schuschnigg in den können. Wirklich ein großartiger Erfolg des Geheimklauseln des Abkommens Hitler Herrn Schuschnigg! nicht nur zugefagt, daß die Nationalen" die In Berlin arbeitet man unterdessen an der gleiche Agitationsfreiheit genießen sollen, wie die Aufhebung der 1000- Mart- Sperre. Es ist be- Monarchisten, sondern auch, daß die Wieder zeichnend, daß Berlin , obwohl es am meisten an einführung der Monarchie nur der Aufhebung interessiert ist, die ja Tausende a uf Grund einer Bolts abstim Reichsdeutsche als Propagatoren nach Desterreich muna stattfinden würde. Darin sehen die Le­führen soll, aus dem Handel möglichst viel heraus- gitimisten einen Verrat Schuschniggs, zuholen sucht und, wie es scheint, immer denn es liegt auf der Hand, daß bei einer Volts­neue Bedingungen stellt. abstimmung Hitler alle Minen springen ließe, um Langsam wird in Desterreich auch Oppo- fie zu einem Plebiszit für den Anschluß zu machen sition gegen den Vertrag vom 11.( wie denn für diesen Autokraten Boltsabstim­Juli laut. In der Zeitschrift Der christliche mungen" nachgerade das tägliche Brot werden). Stände staat" deren Verbot die Berliner Außerdem lehnt Otto a bsburg aus le­Blätter gleich nach der Anerkennung der Sou- gitimistischen Bedenken die Volt& abst im= veränität" Desterreichs gefordert haben wen- mung, fozusagen einen öffentlichen Wettlauf det sich Karl Ernst Winter dagegen, daß zwischen dem Haufe Habsburg und der Dynastie man die österreichische Tradition" auf die Schückelgruber aus Braunau , en t f chieben ab. Pflege der Militärmärsche beschränke, Desterreich Man ist sich aber in den antifaschistischen Kreisen aber der Gefahr ausseße, ein V a fallen Defterreichs darüber klar, daß die Entscheidung staat Deutschland 3 und in deffen Kata- über den endgültigen Anschluß binnen Monaten strophe hingezogen zu werden. Winter proklamiert fallen wird, da die braune Propagandawelle bis als einzig mögliche Garantie der Unabhängigkeit zum nächsten Frühjahr alle Widerstände weg Desterreichs die soziale Monarchie". gefchwemmt haben wird.

"

Der Kommandant des englischen Torpedo­bootzerstörers Shamrock", der Montag in Ma­ laga eingetroffen ist, meldete nach Gibraltar , daß die Stadt unter der Kontrolle der Volts­front steht.

Eine amtliche Depesche besagt, daß sich am Montag der Sekretär der sozialistischen Partei gemäß einem vom Präsidenten der Republik ( Fortsetzung auf Seite 2.),

mittelbar zu gefährden, hätte er sie doch erschwert, weil die Voltsfrontbewegung in rankreich im Frühjahr dieses Jahres ihren stärksten moralischen Antrieb durch den großen Erfolg der spanischen Boltsfront erhalten hat und umgekehrt nun ein Sieg Francos und Sanjurjos die französische Rechte um de la Roque und Pétain ermuntern Schwächung der französischen Voltsfront ist aber und gestärtt hätte. Am Sturz oder an der zur Zeit, vom Comité des forges und den, 200 Familien" abgesehen, am stärksten Signor M u s- folini intereffiert.

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