Nr. 172
McMahon vor dem Polizeigericht. Vor dem Polizeigericht in der Bow Street hatte sich Freitag der Königs- Attentäter Mac Mahon zu verant worten. Der Generalstaatsanwalt erklärte, daß außer der Anklage auf Waffenbesitz mit der Absich der Bedrohung eines Menschenlebens eine Anklage gemäß Artikel 2 des Gesetzes aus dem Jahre 1842 vorbereitet sei. Das erste Delikt, das Mac Mahon zur Last gelegt wird, besteht darin, daß er sich dem Sönig mit einem Revolver in der Absicht näherte, die öffentliche Ordnung zu stören. Zweitens 303 Mac Mahon die Waffe in der Nähe des Königs in der Absicht, den Herrscher zu erschrecken. Nach seiner Verhaftung erklärte MacMahon :„ Ich hätte sehr leicht den Revolver gegen den König abfeuern können, doch habe ich den Revolver nur geschleudert. Ich wollte meinen Protest vorbringen, ich wollte vor dem König einen Schuß abfeuern, ich habe jedoch den Kopf verloren." Hierauf begann das Zeugenverhör. Die Angestellte des Ausschants, in dem Mac Mahon am 15. Juli( das Attentat ereignete sich am 17. Juli) sich aufhielt, sagte aus, daß ihr der Angeklagte an jenem Tag gesagt habe: Ich gehe und Sie werden mich nicht wiedersehen. Es wird etwas Schreckliches ge= schehen, was Sie aus der Zeitung erfahren werden." Die Augenzeugen des Attentates wurden eingehend über alle Einzelheiten vernommen. Entgegen den Aussagen einiger Zeugen, die behaup ten, daß der Gegenstand, den Mac Mahon in der Hand hielt, zu Boden gefallen sei, als Mac Mahon plößlich von jemand an der Hand gefaßt wurde, gab ein Polizist als Augenzeuge an, daß Mac Mahon den betreffenden Gegenstand selbst von sich geworfen habe.
Samstag, 25. Juli 1936
Der türkische Außenminister Rustu- Aras unterzeichnet in Montreux den Vertrag, welcher der Türkei die Herrschaft über die Meerengen einräumt
Fleischvergiftung. In der Gemeinde Mata- Ausland
niah in der Nähe von Kairo erkrankten 20 Personen nach dem Genusse verdorbenen Kamelflei= sches unter Vergiftungserscheinungen. Zehn Per= sonen sind im Krankenhause bereits gestorben.
Bevölkerungssorgen in Frankreich . Die große Boulevard- Presse hat in weitem Ausmaße den Kampf um die Aufklärung der Oeffentlichkeit über die Gefahren des zunehmenden Bevölkerungs. schwundes und Geburtenrückganges aufgenommen. In der Tat ist die Lage äußerst bedrohlich. Im Jahre 1868 wurden in Frankreich 1,034.000 Geburten verzeichnet. Im Jahre 1934 waren es nur nod 667.000, 1935 nur 650.000( wovon rund 50.000 überdies auf Kinder von in Frankreich lebenden Ausländern fallen). Zu Beginn des 19. Jahrhunderts tamen auf jede Familie 4,5 Kinder; Ende des Jahrhunderts waren es nur noch 3, und 1935 sogar nur noch 2,2. Zwischen 1860 und 1870 hatte Frankreich eine Bevölkerungszunahme von rund 100.000 pro Jahr. Von da ab bis 1936, d. h. in 66 Jahren, ist die Bevölkerung insgesamt nur um 3 Millionen gestiegen, was pro Jahr 46.000 ausmacht. In der gleichen Zeit stieg da gegen die Bevölkerung Großbritanniens von 26 auf 47 Millionen, Italiens von 25 auf 43, Ja pans von 33 auf 69, Deutschlands von 39 auf 67( tros des Gebietsverlustes nach dem Kriege) und von Brasilien sogar von 10 auf 47 Millionen. Die Folge dieses dauernden Geburtenrüdganges in Frankreich ist, daß das Land vergreift. 1860 famen auf zehn Menschen im Alter von 20 bis 60 Jahren drei über 60; heute sind es bereits 6, 1970 werden es 8 sein. Frankreich wird dann zu 45 Prozent ein Land der Greise sein.
Ein Selbstmörder stirbt an Herzschlag. Ein gewisser Charles Richard aus Stove in Tennessee wollte Selbstmord verüben. Ez tat dies auf offener Straße und nächtlicherweise. Aber der Schuß ging fehl und riste nur die Kopfhaut. Dagegen hatte die Detonas tion die Folge, daß Richard auf der Stelle wegen ruhestörenden Lärmes aufnotiert wurde. Als er an nächsten Tage vor dem Polizeigericht erschien und von diesem zu einer Geldstrafe von 30 Dollar verurteilt wurde, erregte ihn dieser Urteilsspruch so, daß er einen Herzschlag belam und im Verhandlungssaal verschied.
Die älteste Frau Jugoslawiens lebt in Kobaš in Bosnien . heißt Hamie Mulagič und ist 121 Bahre alt. Ste fiegt und hört gut und ist niemals trant gewesen. In den sechziger Jahren begann sie Kaffee zu trinken und zu rauchen. Sie ist sehr rege und hat ein gutes Gedächtnis. Es lebt noch ein Sohn von ihr, der 80 Jahre alt ist.
Kommunisten
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Reichstages weichen mußte, wurde Michaclis über Wunsch Ludendorffs am 14. Juli 1917 Reichstanzler. Aber schon wenige Monate später zeigte es sich, daß Michaelis den Anforderungen dieses Amtes nicht gewachsen war. Im November 1917 trat er zurück. Nach der Revolution zog er sich ins Privatleben zu= rück. Im kirchlichen Leben spielte Michaelis als Mitglied der evangelischen Generalsynode eine nicht un= beträchtliche Rolle.
An der Wahl Michaelis zum Kangler erwies sich die ganze trostlose Unfähigkeit der politischen Leitung Deutschlands im Weltkriege. Michaelis , cin naiver pietistischer Beamter ohne jede politische ErJahre früher die gleiche Vernunft wie 1936 befahrung, ohne Kenntnis der Aufgaben, wurde von wiesen hätten. Ludendorff geschoben, der bekanntlich die ressort= mäßige Vorstellung hatte, für jeden Reichskanzler müßte schon ein„ Ersatz" auf Lager sein, den man nur vorzuschieben brauche. Michaelis , der sich bei sei ner Berufung in der Bibel durch ein„ Stecknadel
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- Nat holte und, als es gut ausfiel, an die Arbeit ging, ist durch sein Wort über die Friedens= resolution des Reichstages, er nehme sie an vie ich sie auffasse" berühmt geworden. Viel mehr wird von diesem Unglücksmenschen in der Geschichte nicht lebendig bleiben.
Geiviß, Zurückschauen nußt nichts. Man soll eine Wandlung zum Guten auch dann begrüßen, wenn sie recht spät erfolgt. Aber, so fragen viele Menschen aus dem sozialistischen Lager, und Einheitsfront it bas Angebot der kommunioratel" sten auch ehrlich? Man denkt an den Unter diesem Titel schreiben die in orasenden Wechsel kommunistischer Paroenhagen erscheinenden ,, Voltssozialistischen len in der Vergangenheit. Damals wurde geBlätter" u. a.: wöhnlich mit einem Wechsel der Parole zugleich eine ganze Führergarnitur der KPD über Bord neue Parol en wurden in die Massen gegeworfen. Neue Männer famen und schleudert. Abwartend und mißtrauisch stehen daher auch heute viele Menschen den neuen Parolen der KPD gegenüber.
ten darüber, daß die Einheitsfront mit der SPD Nun sind die Kommunisten sehr ungehals nicht zustandekommen will, dadurch auch die Volksfront nicht in greifbare Nähe gerückt wird. Ab und zu lassen die Kommunisten ihrem Unmut freien Lauf und, wie bei zornigen Leuten üblich ist, ergießt sich die Schale ihres Bornes über Unschuldige; in diesem Falle über die Leitung der SPD . Diese soll allein die Schuld tras gen, daß die Einheitsfront noch nicht ins Leben getreten ist. So einfach liegen die Dinge nun nicht. Wir glauben vielmehr, daß es in der gefamten SPD keinen Menschen gibt, welcher nicht positiv zur Einheitsfront, darüber hinaus zur Sammlung aller Sozialisten eingestellt ist. Es ist aber so, daß bei Lösung die ser Probleme eine Menge persönlicher Hemmun gen eine Rolle spielen, desgleichen aber auch sehr ernste grund fäßliche Fragen. ueberaus start rächen sich nunmehr die Sun den der Vergangenheit. Wer ehr lich die Einigung wünscht, darf nicht mit geschlossenen Augen an diesen Tatsachen vorüber gehen oder sie als untergeordnet abtun. Wir müſſen die Menschen nehmen, wie ſie ſind, und nicht, wie sie sein sollten. Es ist auch nicht so, daß jene Tatsachen nur bei der Leitung der SPD eine Rolle spielen oder nur in der Emigration. Richtig ist vielmehr, daß diese Fragen gerade bei den illegalen Arbeitern der SPD die entscheidende Rolle spielen. Es ist unleugbare Tatsache, daß gerade von diesen i II egalen Arbei tern Proteste gegen die Einheitsfront erhoben werden. Will man also in dies ser ernſten Sache weiterkommen, so muß man die Einwände prüfen und die Hemmnisse beseitigen.
Verbittert fragen sich viele Sozialdemokra ten, warum tommt bei den Kommunisten die Erkenntnis so spät, daß die Demokratie der beſſere Stampfboden, für den Sozialismus ifti Warum nicht schon früher auf dem Boden der Demokratie die Einheitsfront! Der Sozialdemo trat argumentiert weiter, jedenfalls regierte Hitler heute nicht, wenn die Kommunisten einige
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Dardanellen. Das Blatt ,, Ethnos" veröffentlicht ge= Auch die Griechen wollen Festungen vor den legentlich der Unterzeichnung des Meerengenabkom= ist die Ueberzeugung verwurzelt, daß die kommu- Außenministers Argiropulos, der die Ansicht ausIn weiten Kreisen der Sozialdemokratie mens in Montreug einen Artikel des ehemaligen nistischen Parteien aller Länder nichts anderes spricht, daß jebt auch die übrigen Zonen remilitarisind als Auslandszentralen der Sowjetunion . Die Politit dieser kommu- fiert werden müßten, die im Zuſammenhang mit dem nistischen Parteien wird daher stets bestimmt von Meerengenstatut demilitarisiert worden waren. Es den Erfordernissen der russischen Außenpolitik. handle sich hiebei insbesondere um die griechischen Man sagt sich zur Zeit im sozialistischen Lager: Inseln Samothrati und Lemnos, die Griechenland Rußland hat erkannt, daß der deutsche Faschis nunmehr nach Abschluß des internationalen Abkom mus zu ner Riesengefahr für Rußland gewor den ist, daher die neuen Parolen der Komin mens befestigen sollte. Die Frage der Wiederbefeſtitern für die einzelnen kommunistischen Parteien. gung der im Aegäischen Meer gelegenen Inseln Doch voller Mißtrauen fragt man sich nun wie- Mitilene und Chios müßte durch direktes Einvernehder: Wenn nun eine Wendung in der Weltpolitit diese Gefahr mildert oder men zwischen Griechenland und der Türkei geregelt beseitigt, kommt dann wieder eine neue werden. Parole? Die deutschen sozialistischen Arbeiter erwarten von der kommunistischen Partei eine ständen gewillt iſt, Bolitik nur auf deutſche eindeutige Festlegung, daß sie unter allen Ums Menschen und deutsche Verhältnisse einzustellen; daß sie eventuell auch gegen den Willen der ruffischen Regierungsmänner an den Vereinbarungen mit ihren deutschen Partnern festhalten würden.
Ludendorffs Kanzler gestorben
Bab Saarow. Freitag vormittags verschied hier der ehemalige Meichskanzler Dr. G. Michaelis infolge eines Hersschlages im 79. Lesensjahre.
In Kürze
Tokio.( Tich, B.-B.) Achtzehn Kommuniston find in Keijo auf Korea hingerichtet worden, die wegen antijapanischer Umtriebe in Südmandſchukuo als Anhänger der chinesischen Kommunistischen Partei zum Tode verurteilt worden waren.
Kairo . Ueber die Militärklauseln des Mittwoch abends paraphierten englisch - ägyptischen Vertrages wurde ein Einverständnis erzielt. Der militärische Teil dieses Vertrages wurde Donnerstag der briti schen und der ägyptischen Delegation unterbreitet.
London . Dem Lordfanzler Lord Hailsham, der an einer Erkältung ertrantt ist, ist, vie vetiqu ständig von der Staatsarbeit zurückzuziehen. tet, von seinen Aerzten geraten worden, sich voll
Dr. Georg Michaelis , geboren als Sohn eines Kreisrichters zu Hahnau in Schlesien , widmete sich nach Absolvierung der Rechtsstudien der Beamtenlaufbahn unb wat bis au sriegsbeginn als Unter- Jaffa. Die jüdische Presse in Palästina berich staatsekretär im preußischen Finanzministerium tätig. tet, daß 150 jüdiſche Emigranten aus Deutſchland 1917 wurde er zum preußischen Staatskommissär für in die Reihen der spanischen Regierungstruppen einErnährungsfragen ernannt. Als Bethmann- Hollweg getreten seien, um die Faschisten zu bekämpfen. der vereinigten Opposition der Heeresleitung und des
Der achtzigjährige Shaw lebendig war. Ihm ſchien es allerdings nicht die oder unfaßbar geworden wie Shaw, der abwech=| Aufgabe des Dichters von heute zu sein, Schönheit mit den Mitteln geistreiEr ist, wie man weiß, noch immer ein rüstiger selnd Mussolini und Stalin als die Erfüller seiner zu schaffen, sondern Mann, und er hat im achten Jahrzehnt seines sozialen Forderungen gefeiert hat, fettiererischen her Satire und dramatisierter Debatten-aufund nur in einem fonses tlärend und rebellisch zu wirken. Sein Mangel, der Lebens nicht weniger geschrieben als in einem der Phantasien huldigte vorangegangenen. Aber zwischen der heiligen quent blieb: in der Verhöhnung der jeweiligen sich heute klarer noch als früher erkennen läßt, ist, Johanna", die er vor zehn Jahren, und der ,, Mils englischen Regierung, auch dann, wenn sie einmal daß er kein Revolutionär war. Politisch kommt er lionärin", die er voriges Jahr schrieb, ist ein bes etwas Gutes begann, wie im Falle der Sants von den Fabiern", einer fortschrittlichen Geselltrüblicher Unterschied, und alle Werte dieses legten tionen. schaft, die durch literarische Propaganda sozialistiJahrzehnts," Der Kaiser von Amerika"," Auf Ueber Shaws Bedeutung entscheidet freilich sche Reformen zu erreichen strebte. Und Shaw ist den Trümmern"," Bu wahr, um schön zu sein". nicht dieses leste Jahrzehnt, sondern das, was er ein geistreicher Debattierer und spottender Aufkläund ,, Der Narr der Inseln" wirken nur noch wie früher schuf: die lange Reihe von politischen und rer geblieben, oft mit Mut und prophetischem Versuche, die früheren Erfolge mit alter Routine, tulturkritischen Essays, in denen er gegen Kolos Blid, aber nie mit der letzten Entschiedenheit. Da aber ohne die alte Kraft nachzuahmen. Was ihn nialgreuel, Bildungspribilegien, tapitalistische außerdem die bürgerliche und besonders die eng manche schon früher vorwarfen, daß er Bike um Philantropie", englischen Gesellschaftsdünkel und lische Gesellschaft, die seine großen Erfolge nur jeden Preis mache und ein bloßes Feuerwerk von anarchistische Irrtümer zu Felde 30g und die nod) widerstrebend anerkannte, schließlich Shaw in die Bointen für eine Satire ausgebe, das trifft auf die längere Reihe der satirischen Gesellschafts- und Rolle ihres Hofnarren gedrängt hat, und jeden Berte dieses Testen Jahrzehnts beinahe völlig zu, Gefchichtsdramen, in denen er mit der bürgerlichen Schlag, den er dagegen führte, nur als eine neue auf diese Stüde , in denen er abwechselnd die Re- Moral", dem heroischen Schwulst und den ge- Narrheit des Klassilers" ausgegeben hat, ist der publik und die Monarchie, den Parlamentarismus wohnheitsmäßigen Vorurteilen des Mittelstandes Erfolg feines Schaffens immer mehr zum bloßen und die Raffentheorie, den Rapitalismus und die Abrechnung hielt. Shaws Gegner haben ihm sein Bühnenerfolg geworden, au einem Bühnen Sozialpolitik verspottet und ironisiert hat. Die Künstler- und Dichtertum überhaupt bestritten. erfolg freilich, der von Dauer war. Noch immer Enttäuschung, die so manche der alten literari- Aber Tatsache ist, daß Shaw von der Musik zum gehören Shaws Stüde, wie Frau Warrens Ge schen Größen unserer Zeit ihren Verehrern berei- Drama tam, daß er in der ,, Candida" und der werbe", Helden". Pygmalion "," Caefar tet hat, ist auch den einstigen Verehrern George Heiligen Johanna" unleugbar dichterische Sze Cleopatra"," Mensch und Uebermensch" zu den Bernard Shaws nicht erspart geblieben. In einer nen und Gestalten geschaffen hat und daß in ihm, meistgespielten in aller Welt und das Theater dec Zeit, in der man von diesen Berühmtheiten Ent- dem Iren, eine echte Leidenschaft gegen englischen lezten dreißig Jahre wäre ohne Shaw kaum zu Scheidungen erwartete, sind sie umgefallen wie hochmut und Rapitalismus von Jugend auf denten gewesen.
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―eis
und
Ljuba Drlova