Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB  . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

16. Jahrgang

Freitag, 21. August 1936

Berlin   droht mit Intervention in Spanien  

Berlin  . Zum völkerrechtswidrigen Anhalten deutschen

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 194

Der Staatspräsident als Mittler

Wie Hitler die Nichteinmischung versteht es beiden Bampfers Kamerun  " ſchreibt der Staatsoberhauptes einer demokratischen Republik: Ueberraschung im Westen

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Ein an sich unbedeutsamer Zwischenfall aus den letzten Tagen hat die politische Situa­tion in überraschender Weise verschärft. Ein spanisches Kriegsschiff hat den deutschen   Dampfer ,, Kamerun  ", von dem es annahm und nach allen Erfahrungen annehmen durfte- daß er Kriegsmaterial für die Nebellen führe, angehalten und durchsucht. Das geschah in der Weise, daß einige Kanonenschüsse, nicht gegen den Dampfer, sondern vor seinen Bug, abgefeuert wurden, wie das bei Blockaden üblich ist, wenn das angehaltene Schiff auf Signale nicht reagiert.

Daraus hat die deutsche Regierung einen diplomatischen Konflikt gemacht, den sie durch entsprechende militärische Maßnahmen auf die Spitze zu treiben sucht, so daß man nun auch in dem gut gläubigen London   und dem hoffnungsfreudigen Paris   den Eindruck hat, daß Deutschland   einen Konflikt provozieren will. Besonders verschärft wird der an sich schon ungewöhnliche Ton der deutschen   amtlichen Weifungen durch den Ton der nazistischen Presse gegenüber der spanischen   Regierung.

In Paris   und London   bringt man den Berliner   Vorstoß mit dem Ausbleibender italienischen Antwort und der deutlichen Sabotage der ganzen Neutralitätspolitik durch Mussolini   in Zusammenhang. Auch die naiven Gemüter, die sich von der Neutralität ber Westmächte eine gleiche Haltung der faschistischen Großmächte erwartet hatten, beginnen einzu­sehen, daß es beiden Kabinetten, dem römischen wie dem Berliner  , nur darauf ankam, Zeit zn gewinnen und entsprechende Anlässe für ein maritimes Eingreifen, das bei der militärischen Lage ja das Blatt schnell zugunsten der Marokkaner wenden könnte.

Die Haltung auch der sudetendentfchen Nazi- und Mauren preffe, voran der Bohemia" zu den deutschen   Dre hungen beweist, daß es sich dabei um einen be= deutsamen Vorstoß des nazistischen Imperialismus handelt.

In Berlin   felbst dürfte dem Schritt wohl ein Kampf der Richtungen vorangegangen sein, bene Neurath   hat ſich bisher gegen das Engagement in Spanien  , das Deutſchland   mit England

verfeinden

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um nicht zu sagen: muß

Mit allen Mitteln"

Berlin.  ( DNB.) Die deutsche   Regierung hat ihren Geschäftsträger in Madrid   telegraphisch Weifungen gegeben, unverzüglich in schärfster Form gegen das völkerrechtswidrige Verhalten der spanischen   Kriegsschiffe Vorstellungen zu erheben und dabei zum Ausdruck zu bringen, daß die deutsche Regierung die spanische Regierung für alle Folgen verantwortlich machen wird, die sich aus der Wiederholung ähnlicher Vorfälle ergeben könnten. Der deutsche Geschäftsträger ist zugleich angewiesen worden, die spanische Regierung davon in Kenntnis zu seken, daß die deutschen   Kriegsschiffe Befehl erhalten haben, die deutschen  Schiffe vor ähnlichen völkerrechtswidrigen Ueber­griffen außerhalb der spanischen   Hoheitszone mit allen Mitteln zu schützen.

Berlin.  ( DNB.) Der Befehlshaber der Linienschiffe, dem die zur Hilfeleistung in die spanischen   Gewäffer entfandten deutschen   See streitkräfte unterstellt sind, hat an den Chef der ſpaniſchen   Regierungsflotte ein Telegramm ge­

heftig gewehrt.

,, Völkische Beobachter" u. a.: Das Piraten  Attentat auf die Kamerun  " zeigt die völlige Entfesselung des bolschewistischen Chaos, in dem unter der Herrschaft der Marristen befindlichen Spanien  .

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Die ,, Berliner Börsenzeitung" sagt u. a.: Jenes bolsche wistische Piratenschiff hat einen flagranten Rechtsbruch begangen. Der bol­schewvistischen Mordbande, die jeßt das unglück­liche spanische Volt so unmenschlich leiden läßt, ist der Kamm offenbar so geschwollen, daß sie die Scheu bor der Flagge des Reiches fallen läßt. Wir sind überzeugt, daß die deutsche Regierung zu denjenigen Maßnahmen schreitet, die geeignet erscheinen, das internationale Recht und die Gesetze der Menschlich feit( 1) zu wahren und die Tätigkeit der deutschen  Schiffe zu sichern.

Die Deutsche Allgemeine Zeitung" meint u. a.:,,Es liegt nicht nur ein Bruch des internatio­nalen Rechtes vor, sondern das lebel ste, was zur See überhaupt passieren fann, meuternde(!) Matrosen richten die Schiffsgeschüße auf einen Dampfer eines befreundeten(?) Landes. Die Sachlage ist vollkommen klar. Alle deutschen   Damp  fer, welche die spanische Küste passieren, haben den Auftrag, spanische Häfen zur Rettung von Flücht Tingen anzulaufen. Es blieb einem roten Pirq en fchiff vorbehalten, dieſe internationale Silfs

aftion zu stören."

Ein Sieg im Guadarrama- Gebirge

Das ist die Funktion des freigewählten verstehender und tatentschlossener Mittler zu sein zwischen den verschiedenen sozialen Schichten der Bevölkerung, in unserem Staate auch zwischen den Nationen, und Mittler auch zwischen dem Staate und seinen näheren und ferneren Nach­barn und damit Erhalter des Friedens. Das Prä­sidentenamt gibt seinem Inhaber keine uneinge­schränkte Macht, aber es betraut ihn mit größerer iirklicher Verantwortung als einen absoluten Monarchen oder einen Diktator- denn die Mitt­lerfunktion, die Funktion des Führens einer Ge­meinschaft, in der so viele Interessen einander durchkreuzen, dem Staatsoberhaupte übertragen vom Vertrauen der Staatsbürger, entscheidet mit über den Weg des Staates kunft und es bedarf keines besonderen Bewei­ses, daß in dieser Zeit der Lähmung unserer Wirt­schaft durch die Krise und der allgemeinen poli­tischen Unruhe in Europa   es größter Klugheit und Umsicht bedarf, den rechten Weg zu gehen.

über seine Zu­

Dr. Edvard Beneš   hat in Reichenberg   und Gablonz   und in einer start außenpolitisch gefärb­ten Rede, die er beim Abschlusse seiner Reise in Eisenbrod   hielt, nicht zum ersten Male, aber mit besonderer Wärme sich zu seiner großen Aufgabe bekannt. Seine außenpolitischen Darlegungen be­mühten sich, den Pessimismus, der mit dem Striege als unabwendbaren Geſchick rechnet, entſchieden

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zurückzuweisen und das für die Tschechoslowakei  so wichtige Verhältnis zu Deutschland   ruhig, ohne Nervosität, als nicht ohne Schwierigkeiten, aber doch lösungsmöglich darzustellen. Die europäisch orientierte Politik der Tschechoslowakei  - der Präsident betonte die Notwendigkeit des Festhal= tens an dem jezigen Bündnissystem unseres Staates sei der definitiven Regelung unseres Madrid.( Reuter.) Wie die Regierung mel- sitionen und bereiten neue Angriffe vor. Die Verhältnisses zu Deutschland   nicht hinderlich. Der det, hat einer ihrer besten Generale, Man Mangat- Abteilung gelangte bis Navalperal. Die Präsident sicht zwar den Ernst der Situation, daga, auf den Höhen von Guadarrama einen in der Guadarrama- Front eroberten Positionen aber er bewahrt sich doch den Optimismus, der ihm Sieg errungen, wobei er zahlreiche Auf- find von großer strategischer Bedeutung. Eine eigen ist und ohne solchen Optimismus, ohne ständische gefangennahm und fünf schwere Ge- Regierungsabteilung steht vor den Toren Teruels. den festen Glauben an die Möglichkeit der Erfül­schüße erbeutete. Die Verluste der Aufständischen Die Truppenabteilungen in der Provinz Gui- lung seiner Aufgaben, vermöchte heute kein beziffern sich, wie es heißt, auf 500 Tote und puzcoa rücken erfolgreich vor. Die aufständischen Staatsmann zu arbeiten. Nichts ist selbstverständ­Verletzte. Die Requisitionen in der Hauptstadt Generale benüßen als Helfer die Erbfeinde Spa­und in den Provinzstädten haben so wird er- niens und der katholischen Religion". klärt große Summen an Bargeld und Wert­papieren eingebracht. Das von der Miliz tonfis zierte Kapital wurde in der Bank von Spanien  und anderen sicheren Orten hinterlegt.

Nachrichten über die Operationen des Kapi­täns Bayo auf Mallorca   sind bisher nicht ein­gelaufen. Wie es scheint, haben die Regierungs­truppen dort bisher keine Erfolge erzielt, denn die Positionen der Aufständischen sind sehr start. Der Minister des Innern teilte im Rund­

richtet, in dem er wörtlich erklärt: Ich bin nicht gewillt, folche Gewaltakte zu dulden. Ich habe meine Seeftreitkräfte angewiesen, jedem unberech- funt mit: tigten Gewaltakt Ihrer Schiffe mit Gewalt entgegenzutreten."

Yvon Delbos  

WRO

dessen Außenpolitik in der spanischen   Frage von den Sozialisten immer kritischer betrachtet

wird

t " Die optimistischen Meldungen vom Mitte woch werden durch die neuen Siege bestätigt. Nach den Siegen in Medellin   in Estremadura   befestig­ten die Regierungsabteilungen die eroberten Po­

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licher als der Wunsch, unseres Präsidenten Opti­mismus möge in jeder Beziehung durch die kom­mende Entwicklung rerechtfertigt werden, auf dem Gebiete der Außenpolitik ebenso wie auf dem der Innenpolitik.

Dr. Beneš, der erklärte, die Arbeit an der

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Paris  . Zu der Lage in Spanien   teilen die heutigen Pariser   Blätter mit, daß sich die Regie­rungstruppen in der Umgebung der nordspani­fchen Stadt Jrun zähe gegen den Ansturm der Aufständischen zur Wehr sehen. Die Blätter wid- Lösung der nationalen Probleme von Masaryk men auch der neuen außenpolitiſchen Lage, wie sie übernommen zu haben, fühlt ſich ſicher, dieſe Auf­ausführliche Artikel. Den äußern Anlaß dazu macht er sich keine Illuſionen über die damit ver­durch die Ereignisse in Spanien   geschaffen wurde, gabe erfolgreich beenden zu können. Allerdings bietet. der deutsche   Proteſt in Madrid   in der An- bundenen Schwierigkeiten: es sei häufig auf gelegenheit des Dampfers Kamerun  ", der von beiden Seiten mehr Mut notwendig, einem spanischen   Kriegsschiff angehalten wurde. diese Schwierigkeiten zu sehen und zu begreifen. Einige Pariser   Blätter erblicken in diesem Protest Dr. Beneš hat durch seine Reichenberger Rede ge= der deutschen   Regierung das erste öffentliche Be zeigt, daß er diesen Mut hat denn wenn die tenntnis Deutschlands   zu den Grundsätzen des Behauptung gilt, daß auch das Wort eine Tat Führers der spanischen   Aufständischen General sein kann, dann war die Erklärung, daß Fehler Franco. der Vergangenheit, wie jener, daß aus tschechischen Gegenden Arbeiter und Unternehmer in deutsche oder gemischtsprachige Gegenden gebracht wurden, eine Tat! Dr. Beneš   wird damit, in anderer Zeit. und unter anderen Verhältnissen, wie einst Tho­ mas G. Masaryk   zum Lehrer und wahren Führer seines Voltes. Und selbstverständlich auch zu dem jener Sudetendeutschen, die sich nicht im vorhin­ein jedem von tschechischer Seite kommenden Mahnworte verschließen

Jouhaux für Unterstützung Spaniens  

Auch Labour gegen

die selbstmörderische Neutralität

Paris.( Eig. Ver.) Léon Jouhaux   ver:| Volksfront fortgefeht. In den großen Metall­öffentlicht in Le Peuple" einen Artikel, in dem industrien, wie Reynault, Hotctif, Citroen, er fich für die Lieferung von Krieg 8- Gnome et Rhône   usw. find befondere Ausschüsse material an die spanische Regierung einfekt. eingesetzt worden, die diefe Sammlungen zentra­Die Aufstandsbewegung des Generals Franco, lisieren. schreibt Jouhaug, fei nur eine Episode des allge­Dr. Beneš ist von der deutschen   nordböh­meinen Kampfes zwischen Faschismus und Na­mischen Bevölkerung mit wirklicher Herzlichkeit tionalfozialismus auf der einen Seite gegen die empfangen worden. Er wird gewiß von seiner demokratischen Regime auf der anderen Seite. Reise die Ueberzeugung mit nach Prag   genommen Den Beweis dafür liefert nicht nur die heraus London  . Die Führer der englischen Ar- haben, daß ihm großes Vertrauen entgegenge­fordernde Haltung der beiden Länder( Italien   beiterbewegung sprachen Mittwoch abends bei bracht wird, und er wird dieses Vertrauen als und Deutschland  ) gegenüber Spanien   und die Eben vor und teilten ihm ihre Ansichten zur größtes Geschenk seiner deutschen   Mitbürger zu unverschämte Antwort auf die franzöfifchen Neu- gegenwärtigen Lage in Spanien   mit. Wie Daily schäzen wissen. Und er wird auch wissen, daß er tralitätsvorschläge, sondern auch die Versorgung Herald" hörte, drückten die Labour- Vertreter ihr mit seinen Worten auch Hoffnungener= der Militärgruppe mit Waffen, Munition, Flug Bedauern darüber aus, daß eine Unterstüt- io e ckt hat. Und diese Hoffnungen dürfen nicht zeugen, Männern und Gelb. Die Neutralität" zung der spanischen   Regierung durch die von enttäuscht werden! fei eine Uebertölpelung, deren Auswirkungen für England, Frankreich   und andere Staaten befolgte Ja, es ist richtig, daß es genügt, wenn ein die franzöſiſchen   Intereffen sehr ernſt ſein föneutralitätspolitik verhindert Bruchteil der deutschen   Bevölkerung lockenden, nen. Der Gewerkschaftsverband forbere das Recht werde. Eben habe, wie anzunehmen fei, die Stel- unrealisierbaren Schlagworten erliegt, um auf für die spanische Boltsfrontregierung, in aller lungnahme der britischen Regierung dahin ge- tschechischer Seite Besorgnisse entstehen zu lassen. Unabhängigkeit das zu kaufen, was sie braucht. kennzeichnet, daß jede Anstrengung gemacht wer- Aber man darf wohl sagen, daß ein sehr beträcht­Von allen linksgerichteten Verbänden werden in den müsse, um das von Léon Blum   vorgefchlagene licher Teil, daß die Mehrheit der sudetendeutschen  zwischen die Sammlungen für die spanische Nichteinmischungsabkommen zustandezubringen. Bevölkerung nicht irredentistisch ist, daß sie gerne

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