,SözIäldemokrat" Nr. 202
Svnntag, SV. August 1030
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Sozialdemokrat
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_ Zentralorgan der deutschen sozialdemokratischen, Arbeiterpanei in der tschechoslowakischen Republik^
Don deutschen Genossen in der Tschechoslowakei , die auf schwierigstem Kampfposten unermüdlich der Sache der Arbeiterklasse dienen, herzlichste Wünsche zum Jubiläum Ihres Zentralorgans. Friedrich Adler .
ZHes war der Eindruck, den ich bei meinem kurzen Besuch davon trug. ■ Ec war ein erschütterndes Erlebnis, das nun auf mich einstürmt, da ich unserem Zentralorgan den Gruß zum 15jährigen Jubiläum sende. Er genügte, um mir wieder einmal die gewaltige Bedeutung unserer Presse für unser' Leben, unsere Arbeit und unseren Kampf plastisch vor Augen zu führen. Der„Sozialdemokrat v, dessen Entstehungsgeschichte mehrere Dezennien zurückreicht und sehr bewegt war, war düroh die Neukonstituierung unserer Be wegung zur zwingendsten Selbstverständlichkeit geworden..Nun er da war, hat er sich über alle Schwierigkeiten und Fährlichkeiten hinweg, die für ein sozial- demokratisches Blatt typisch■ sind, prächtig entwickelt. Er ist in den zurückliegenden anderthalb Jahrzehnten ein lebenswichtiges Requisit unserer Bewegung geworden Er hat in jeder Lage unseres harten Kampf es seinen Mann gestellt und sich in jeder Position, die wir bwogen, glänzend bewährt und immer td/pfer. gefochten. Er ist der haßerfüllten bürgerlich-nationalistischen Presse, die uns immer und immer wieder in den Rücken fiel, nicht nur nichts schuldig geblieben, sondern ist ihr stets hart an den Fersen gewesen. Er hat in den Auseinandersetzungen mit ihr nicht nur stets eine scharfe,. Klinge geführt, Sondern immer kräftig zugeschlagen. Und er ist -‘-‘- was das Wichtigste ist— unseren Arbeitern immer nicht nur ein guter W6gbahner gewesen, er war ihnen mehr.
B r ü s s e I, 26. August 1936 Werte Genossen, mit großer Freude schließe ich mich den Glückwünschen an,, die, wie ich nicht zweifle, dem tapferen»Sozialdemokrat« anläßlich seines Jahrestages von der gesamten Internationalen Arbeiterbewegung zugehen werden. Ihr Blatt hat sich, indem es mit großem Mute für die Demokratie, die in Mitteleuropa so schweren Prüfungen und Bedrohungen ausgesetzt ist, indem es mit großem Eifer das unerläßliche Einvernehmen zwlsdten den deutschen und tschechoslowakischen Arbeitern in Ihrem Lande verficht, um die Sache der Völkerverständigung und des Sozialismus verdient gemacht. Nehmt, werte Genossen, meine brüderlichen Grüße entgegen! Der Vorsitzende der S. A. I. Louis de Brouckbre
Glückwunsch der Sozialistischen Arbeiter-Internationale
als dies. Er war die Fahne, die unseren Kämpfen voranschritt und ihnen voranleuchtete. Als sich dann der Faschismus in den letzten Jahren der deutschen Staaten Mitteleuropas bemächtigt hatte, als er der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung dieser Länder den Lebensfaden abschnitt und die sozialdemokratische Presse abwürgte, da war der„Soziald?■- mokraf'• nicht nur das Kampforgan unserer Bewegung, sondern auch der Wortführer der unter dem faschistischen Joch schmachtenden Brüder der Nachbarlän- ler und ihr Sprachrohr bei ihren Kampfrufen und ihrem Appell an den zivilisierten Teil der Welt. Dadurch wurde er—
Fünfzehn Jahre„Sozialdemokrat?‘I Doppelt; dreifach sollte man sie, besonders die letzten Jahre zählen und nicht nach dem kalendermäßigen Zeitablauf, sondern nach dem fürchterlichen Geschehen, das die ganze Welt in diesem Zeitabschnitte nahezu ununterbrochen in beklemmendem Atem hielt und darum auch uns alle tief aufwühlte. Und wenn wir heute Rückschau halten, fragen wir unsi was wäre aus der sozialdemokratischen Bewegung unseres Landes, was aus der kämpfenden sozialdemokratischen Arbeiterklasse geworden ohne unsere Presset loh kam vor wenigen Tagen auf mei nen Wegen in ein Land, in dem man die Pressefreiheit ausgelöscht hat und die öffentliche Meinung autoritär verschleißt. Man muß nur den Heißhunger der arbeitenden Menschen, der denkenden Bevöl- kerungsschichten nach einem wahren, nach einem orientierenden- Wort, miterlebt haben, um das herrliche Wart von Karl Marx zu begreifen: „Goethe sagte einmal, dem Maler glück- ten nur solche weibliche Schönheiten, deren Typus er wenigstens in irgendeinem weiblichen Individuum geliebt habe. Auch die -.Pressefreiheit ist eine Schönheit— wenn auch gerade keine weibliche— die man geliebt haben muB, um sie verteidigen zu können. Was ich wahrhaft liebe, dessen Existenz empfinde ‘ich als eine Notwendigkeit, als eine, deren ich ' bedürftig bin, ohne die mein Wesen nicht erfülltes, nicht befriedigtes, nicht vollständiges ■Dasein haben kann."
Der Gruß der SASI Den tapferen Kämpfer für Demokratie und Volkswohlfahrt, den treuen Führer der sudetendeutschen Arbeiter begrüßen für den achten Kongreß der Sozialistischen Arbeiter- Sport- Internationale Julius Deutsch Leopold Vaverka Rudolf S i I a b a Antwerpen, den 28. August 1936
das einzige deutsche sozialdemokratische Zentralorgan Mitteleuropas — zum Treuhänder der sozialistischen Ideen, die in den Herzen und Hirnen der vom Faschismus gequälten deutschen Arbeiterklasse Weiterleben und in nicht allzu weiter Ferne zur freien und schönsten Entfaltung gelangen werden. Das ist unser fester Glaube. Unseren tapferen„Sozialdemokrat“ aber, dem von der ersten Stunde an unser Herz gehörte und an dem wir alle mit wahrer Liebe hängen, werden wir auch weiter mit unseren heißen Wünschen begleiten. Wie unsere ganze Bewegung,• hat auch er noch einen harten Weg und schwere Kämpfe vor sich. Auch er wird sich— unsere herrliche Idee im Auge— über alle Hemmnisse und Schwierigkei- l ten hinweg, tapfer ans Ziel durchschlagen.
In den Stürmen der Nachkriegszeit Bon Wenzel Jaksch I. Fünfzehn Jahre Partcigcschichte ziehen an unserem geistigen finge vorüber, indem wir einen Augenblick der Rückerinnerung dem Jubiläum unseres Zcntralorgaus widmen. Bilder grosser Erlebnisse nehme» lvieder Farbe und Gestalt an, Namen klinge» aus, die mit dem Ringen des sudc- tendeutsche» Arbcitervolkcs unlösbar verbunden sind. Immer wieder zwingt eine grosse Dankes- schnld dazu, Loses Seliger, Karl i! c r m a k und Oswald Hillebrand zu nennen, dieses herrliche Dreigcstirn, das auf deutschböhmischem Boden mit so vielen treuen Helfer» das HauS gezimmert hat, das wir nun belvohnen. S c l i g e r S unerfüllter Traum lvar es, zuerst der dcutschbühmischc» und dann der sudc- tendeutschen Arbeiterbewegung ein zentrales Sprachrohr zu schaffen. Mit verlöschender Kraft kämpfte er noch auf dem SpaltungSpartcitage in Karlsbad um die Rettung der Partei, der er seine Tage und Nächte geopfert, an der er hing mit der ganzen Liebe seines flammenden Herzens. Sein Tod rih eitle klaffende Lücke in den vordersten Reihen. Die Gegner wähnten uns führerlos und steigerten ihren Ansturm auf der ganzen Linie. Doch cs sprangen andere Männer in die Bresche, um' das groge Erbe Scligers zu retten. Karl Lermals Tatwille erlahmte auch in schlitninstcn Tagen nicht. Denn cs war eine bitterharte Zeit, als wir in jedem deutschen Zipfel des Landes gegen die Spaltungsgcister ringen muhten, und als die Gcmeindcwahlcn des Jahres 1923 die Gröhe des Rückschlages offenbarten, schien es, als wollte Mutlosigkeit so manchen braven Soldaten übermannen. Damals reifte der Entschluh, dah man erst recht ein sichtbares Zeichen des ungebrochenen Lebenswillens der Bewegung aufpflanzen müsse. Unter Uehertvindung unsäglicher Schwierigkeiten wurde das Zentralorgan in Prag gegründet und nlit ihm eine Organisation der Parteipresse, die nicht vollkommen ist, aber doch in fünfzehn Jahren ihre Mission erfüllt hat, das Sprachrohr einer armen und schwcrriu- genden Bewegung zu sein. Dies war das lebte groge Werk Karl Cermaks und indem lvir das fünfzehnjährige Jubiläum unserer Zcntralpresse begehen, sei daran erinnert, dah ihr Bestatid Zeugnis ablegt von dem unvergänglichen Wirken der besten Männer, welche die dentschböhmische Arbeiterbewegung hervorgebracht hat. Nacheinander trafen uns drei furchtbare Schläge. Nach Seliger pnd Ecrmak verloren lvir auch Hillebrand, den Abgott der lvestböhntischen Arbeiter. Alle diese Bcrluste muhten in schwerster Zeit überwunden werden und es gelang, weil ailch der alte Wurzclbodcn der deutschmährische» Arbci- terbelvegung Führer horvorgebracht hat, die sich ohne Zögern in den Dienst der Gesamtbclvcgung stellten. Seither ist die Geschichte der Partei und ihrer Presse verknüpft mit den Namen der Genoffen C z e ch, Taub und N i e ss n e r, die sich als würdiger. Bewahrer eines grossen Abes und einer ruhmvollen Tradition erwiesem Hier auszusprechen, lvas z. B. Taub für den Bestand und die Weiterentwicklung Unseres Zeitungswesens getan hat, hiehe einen bösen Konflikt mit seiner grenzenlosen Bescheidenheit heraufbeschlvürciu Niessner war cs, der die besten Traditionen des sozialdemokratischen Journalismus auf eine neue Generation von Mitarbeitern übertrug und der sich dadurch in der Geschichte der Partcipressc einen ehrenvollen Platz sicherte. Und dem Genossen Czech fiel die opservolle Bestimmung zu, die Bewegung durch Zeiten schwerster Bcdränguiffe zu führen. ES ist unmöglich, sich mit der-Geschichte der Partei zu befassen, ohne die Menschen zu nennen', welche diese Geschichte gemacht haben. DaS möge vor allem unsere jüngere' Generation wissen, dah eS wenig proletarische Bewegungen in der Welt Zeben dürste, für deren Bestand und Gedeihen, Liebe, Fleih und Sorgfalt ohne Mah hlngegeben wurden. Es ist Schicksal, dah die Nachteile unseres dornenvollen Kampfbodens dauernd durch die restlose Aufopferung der sozialistischen Menschen, wettgemacht werden müssen/ die ihm entsprössen sind. Unsägliche Mühe hat es im Kleinen wie im Grossen gekostet, die Schäden der verhängnisvollen Spaltung lvieder Halbwegs zu überwinden. Kaum 'war mit den Hetbstwahlen de« Jahres 1925 die Konsolidierung'speriode abgeschlossen, muhte schon nach kurzer Zeit das Ringen mit der BUrgerütock- Reaktion begonnen werden. DieGemeindewahlen des JahreS 1927 und die Ländeswahlen 1928 brachten trotz härtester Anstrengung aller Ber - trauensmänner nur Teilerfolge. Zu tief gingen' die Wunden, welche die Spaltung geschlagen. Nur', längsam vernarbten sje. Wer eS ging wieder auf-.'