Sozialdemokrat" Nr. 202

Sonntag, 30. August 1936

Seite 27

Tropenfrüchte am Elbestrand Die Industriestadt Aussig  

Eingeschlossen von den sanften Höhen des Böhmischen Mittelgebirges  , liegt die größte fude­

Als Richard Wagner   1842 auf der Burg  -| Wie bei allen technischen Fortschritten muß- Erzeugung von sechs Waggons Seife ausreicht, tendeutsche Stadt, Aussig  , an jenem weits ruine Schreckenstein den Plan zum Tannhäuser  " ten auch bei der modernen Seifenindustrie ver- mit Laugen- und Sodalösungen kochend gemischt geschwungenen Elbebogen, an dem sich die Land­entwarf, kann das liebliche Elbetal den Dichterschiedene Schwierigkeiten, nicht nur die Delfrage, wird. Der chemische Prozeß beginnt, bei dem Gly- schaft nach dem Westen öffnet, um dann in das Komponisten zu allem andern nur nicht zu der überwunden werden. Bis in die Mitte des vorigen zerin und alle Verunreinigungen ausgeschieden Teplitz  - Schönauer Becken überzugehen. Auſſigs tropisch- schwülen Ueppigkeit des Venusberges bes Jahrhunderts verstand man nicht, aus künstlicher werden und zum Schlusse die reine klare kochende geistert haben. Die Landschaft, die er damals sah, Soda fonzentrierte Laugen herzustellen, sondern Seife oben schwimmt. überragte zwar noch kein Fabrikschornstein, die mußte sich mit wässrigen Auszügen von Pflanzens Die Seife erstarrt in Gichmaschinen, deren Aderschollen waren noch nicht unter Produktions- asche behelfen; was die Qualität der Seife über Wasserkühlung den Erstarrungsvorgang in einer hallen verschwunden, die Luft roch noch nicht nach aus beeinträchtigte. Und doch war auch diese Seife halben Stunde vollendet. Oder es erfolgt die verbrannter Braunkohle und den Abgasen der schon ein großer Fortschritt, denn wir müssen uns Trocknung in Eisenfästen mit abnehmbaren Seis Aussiger Chemischen, aber tropisch- üppig war sie vor Augen halten, daß das vorchristliche Beit- tentvänden und die Formung durch besondere deshalb noch lange nicht. alter die Seife überhaupt noch nicht kannte, daß Seifenschneidemaschinen. Die Seifenriegel oder Hundert Jahre sind ins Land gegangen, hun ihre gewerbsmäßige Erzeugung erst aus dem 9. Seifenplatten sind fertig. Schnell wird noch die dert Jahre, die das Antlitz der europäischen   Erde Jahrhundert nach Christi bezeugt ist und daß sie Fabriksmarke eingepreßt und dann die bereits stehende Kiste gefüllt und verschlossen. Der Ver= sand fann beginnen.

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Das ist so einer der Produktionszweige, die man im Schredensteiner Schichtwerk bewundern fann. Andere Räume widmen sich den Waschpul bern oder den Scheuermitteln oder es werden Kerzen gegossen; man kann auch alle möglichen Toiletteartikel, meist alte Bekannte, begrüßen, Bahnpasten, Hautcrèmen, Toiletteseifen, die viel fetthaltiger sind als die einfachen Waschseifen und einem schwierigeren Produktionsprozeß unterlie gen, da sieht man Waschmittel für blondes und dunkles Frauenhaar und Streupuder für Säug­linge, eine vertvirrende Fülle von Erzeug­nissen...

Man ist benommen, wenn man den Betrieb berläßt. Zu viel hat man gesehen. Jeder Zweifel an der Güte der Organisation ist durch die Fülle des Gebotenen erschlagen worden. Im Surren der Maschinen hat man das Denten verlernt. Man braucht eine getvisse Zeit, um sich zu erholen, wies der zu sich zu kommen. Der Mund plappert auto­matisch: Herrlich weit haben wir es gebracht!" Biz dann auf einmal der Bann gebrochen ist und der Gedanke zu Bewußtsein kommt, daß bei dies fer blendenden Organisation leider das wichtige Endglied vergessen worden ist: die zahlungskräf> tige Käuferschaft. Friz Tejessy.

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Schreckenstein.

Landschaft ist von eigenartigem Reiz. Sieht man von der Ferdinandshöhe gegen die Elbe, so ge= wahrt man im Vordergrund den Schreckenstein, jenseits des Stromes aber hat eine riesige Fabrik ihre Gebäude ausgebreitet und rings um sie ist eine schmucke, moderne Wohnstadt grupiert: es sind die Schichtwerke, die Wohnstadt ist Schrecken­stein. Am Fuße der Ferdinandshöhe strebt die alte Brücke über den Strom, ein wenig weiter flußabwärts spannt sich die neue Benešbrücke über den Fluß, auf der sich nunmehr das betwegte

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die Marke

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erprobt bewährt beliebt.

mehr verändert haben als je ein Jahrhundert vor- bis ins 19. Jahrhundert ein Vorrecht weniger her. Die Gegend um den Schreckenstein hat sich wohlhabender und kultivierter Menschen gewesen jedoch keinesfalls den Vorstellungen vom Venus- ist. Wenn berichtet wird, daß das Händchen" der berg angeglichen. Den Strom beherrscht eine angeblich so schönen Tochter Gustaf Adolfs von mächtige Staustufe, neben

rusteten Schmuß nicht zu sehen war und der

atoße" Ludwig XIV  , von Frankreich   ſich trok aller Bracht von Versailles   höchstens alle Mo­nate den Körper wuſch, können wir ermessen, was wir der Seife, verdanken.

terburg noch mehr als frühere Rits Schweden  , der Königin Christine  , unter dem bers berſpielzeug witlt, die Waſſer find geftaut und be­wegen sich ordentlich zwischen Dämmen wie es sich fürs 20. Jahrhundert gehört, und aus dem Aus­figer Beden ragen die hohen Stamine der Indu­strielverke empor, höher als Berg und Burg zu­sammen.

Heute geht es mit der Seifenerzeugung " ganz schnell". Der Apparat ist eingespielt, die Guinea   bis zum Laden im entlegensten Erz­Organisation flappt vom Eingeborenendorf in gebirgstal.

Und doch hat die Gegend heute einen tropi­schen Einschlag. Tausende und aber tausende Ton­nen tropischer Früchte werden hier verarbeitet, Früchte aus Blüten, deren Schimmer den Früh­lingszauber des Elbetales nicht bereichert hat. Sie Erst kommt die Reinigung der Delfrüchte. find tausende Kilometer weit übers Meer gefah- Wenn sie von tropischen Beimengungen und dem ren, haben erst in Hamburg   den Ueberscedampfer Meisestaub gesäubert sind, werden sie in schweren verlassen und sind dann in Kähnen elbaufwärts Walzenstühlen zerkleinert, worauf das grobe Pro­bis zu jenem Aufsig gezogen worden, dessen Was duft mit Dampf ertvärmt, befeuchtet und in Sei­renumschlag noch immer größer ist als der irgend- fenpressen dem Drud von hunderten Atmosphären eines anderen Flußhafens am Strome, von Hams ausgesebt wird. Das Del rinnt ab, die Deltuchen, burg   abgesehen, das Fluß- und Seehafen die ein vorzügliches Viehfutter bilden, bleiben zugleich ist. zurüd.

In Westafrita ist die Delpalme zu Nun reinigen Filterpressen das Del, das Hause. Ueber eine Milliarde Tschechentronen be- darauf in mächtigen Refseln, von denen jeder den trägt der Wert des Palmöls und der Palmkerne, Rauminhalt eines großen Zimmers faßt und zur die allein aus diesem Gebiet ausgeführt werden. Doch die wirtschaftlichen Interessen der Menschen haben sie längst über alle heißen Bonen der Erde verbreitet. Ueberall, wo die Sonne tropisch nies derbrennt, kann man sie bis zu einer Meereshöhe von 1000 Metern antreffen. In Ost- und West­ indien   gedeiht sie nicht minder gut als im tropis schen Südamerika  .

Aus den brasilianischen Kampos stammt ein anderes Gewächs, dem vor hundert Jahren auch niemand geweissagt hätte, daß seine Früchte einst Auffiger Schlepptähne füllen würden. Heute wächst die Erdnuß in fast allen tropischen und sub­tropischen Gegenden der Erde, im nördlichen Afrifa wie in Asien  , ja sogar in einzelnen Gebie ten Südeuropas   tommt sie fort. In ihrer stroh­gelben, leicht zu öffnenden dünnen Schale wird fie manchmal als billige Näscherei für anspruchs, Tose Geschmäce in Lebensmittelgeschäften verkauft. Sie wächst an einer trautigen Pflanze; erst die reifende Frucht sentt den Stengel aum 1 Boden, bohrt sich in die Erde und reift als Erdnuß" aus.

Ohne das Del der Delpalme und der Erd­nuß ist die Auffiger Seifenindustrie undenkbar. Es ist noch gar nicht so lange her, daß die Del ferne und Erdnüsse die Elbereise machen. Noch bis in die siebziger Jahre des vorigen Jahrhun berts mußte sich die mitteleuropäische Seifener zeugung auf inländische Rohstoffe beschränken und brachte daher in fleinen Betrieben nur ein für unsere Begriffe sehr mindertvertiges Erzeug nis austande. Als jedoch die billigen Rohstoffe auf f dem Weltmarkt erschienen, fchoffen überall, wo ihre Anfuhr billig herbeigeführt werden tonnte, also vor allem in See- und Flußhäfen, bie Großbetriebe empor. Aussig  - Schredenstein berbantt feinen Schichtbetrieb dem gleichen Stand ortsgefeß, das ähnliche Werke in Hamburg  - Sar burg  , Bremen  , Stettin  , am Nieber- und Mittel­rhein oder an der Elbe   bis nach Niesa entstehen ließ.

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Leben zwischen den beiden Städten abspielt. Schleppdampfer und Personenschiffe ziehen unter den Brücken ihre Bahn, Segler flißen über die Wellen. Am linken Elbeufer droht der düstere Marienberg  , einer der größten Basaltfelsen Europas  . Auf dem schmalen Streifen zwischen dem hochragenden Fels und der Elbe   befinden sich die Straße und die Eisenbahn, die nach Bodens bach   und Dresden   führen. Zwischen der Fers dinandshöhe, dem Marienberg   und den dem Erz­ gebirge   vorgelagerten Höhen des Mittelgebirges ist Aufsig gelagert, Rauch qualmt über die Stadt, Lärm schallt empor, grau liegen mächtige Fabri­ten da: die Große Chemische und die Glasfabrik am westlichen Ausgang der Stadt. Aussig   hat eine sozialdemokratische Verwaltung: der Bürger­meister der Stadt, Leopold Pölzl  , ist aum Symbol des Fortschritts geworden, den die Stadt in den letzten Jahren gemacht hat.

Carl Dürschmidt

Lad, Firnis- u. Farben- Fabriten Aussig   a. E.

egründet 1857

8666

Huften? Heiferkeit? Diese oft bösen Folgen einer Berkühlung beseitigen rasch und sicher die längst in allen Rreifen der Bevölkerung belannten Mars­mala- Bonbons. Reine Quälerei mit einem harts nädigen, Körper erschte Husten, der jede Bebenstraft raubt, wenn man au Wlarsmala greift