Sozialdemokrat" Nr. 202

Der Böhmerwald  

Die landschaftlichen Reize der Böhmerwaldes

Sonntag, 30. August 1936

Und die Industrie? Einst gab es im Böh­

Der Zentralverband der deutschen  

Kleinbauern und Häusler   in Prag   VII

find schon oft geschildert worden. Wer einmal merwald eine große und künstlerische Glasindus bieſes Gebiet befucht hat, der vergißt nie met ferie. Wie erinnern uns alle an bie Stillegund die herrlichen Tannen, die wunderschönen Berge der Glasfabrik in olleischen und wissen, und die tiefen Seen, in denen sich diese ganze daß von der Glasindustrie fast nichts mehr bor­Bracht widerspiegelt. Wenn alſo der Böhmerwald   handen ist. Mit Ausnahme der Baberabit in in der Welt der Touristen und Naturfreunde Krumau   tänn auch von diesem nicht jenen Ruf genießt, den er verdient, so liegt Erzeugniszweige sagen. Die Forste sind zum das nicht an mangelnder Schönheit; es wird nur großen Teil verstaatlicht und wir hören immer viel zu wenig davon gesprochen und geschrieben und immer wieder bittere Klagen darüber, wie und es wird für den Fremdenverkehr zu wenig die staatlichen Forstverwaltungen die Löhne drüts 8729 Borgesorgt. fen und wie sie bestrebt sind, die ansässigen Denn der Böhmerwald   ist in wirtschaft- deutschen   Arbeiter gegen Tschechen auszutauschen. Ticher Hinsicht seit je ein Sorgentind gewesen. Vor Rum Böhmertvaldgebiet im weiteren Sinne ges dem Umsturze war er ein wahres Menschen- hört aber auch der weltberühmte Kurort reservoir für Wien  , er war eine Quelle der Arbeit Marienbad  , der alljährlich zahlreichen Men­für das benachbarte Bayern  . Wie viele tausende schen eine faisonmäßige Arbeitsgelegenheit gab. Böhmerwäldler verließzen zu dieser Zeit ihre Damit ist es nun fast auch vorbei und wir wissen, dürfische Heimat, um nach der Hauptstadt der daß daran wieder das Dritte Reich die Haupt­Monarchie zu ziehen! Sie gingen nicht freiwillig, schuld trägt, das es so vielen Reichsdeutschen uns vielmehr zwang sie die Not dazu, den väterlichen möglich meilquellen dieses Kurortes zu Sof zu verlassen und meist als Bauarbeiter in besuchen. die Welt zu ziehen. In Bayern   wiederum arbei­teten unsere Böhmerwaldmenschen als Forst arbeiter, aber auch in den zahlreichen Glas­fabriken und Porzellanerzeugungen, die an der Grenze des Böhmerwaldes vorhanden waren.

Das alles haben der Krieg und der darauf

folgende Umsturz gewaltig geändert. Die neuen staatlichen Grenzen und die schleichende Wirt­schaftstrise, die das neue Desterreich von allem Anfang an erlebte, duldeten keinen Zuzug aus dem fremden Staate mehr. Als auch in Deutsch­ land   die Zahl der freien Arbeitsstellen immer Kleiner

ersten wurde, waren die Böhmerwäldler die

die ihre Arbeit verloren. Und seit Hitler  ift es noch schlimmer geworden. Die Nagis reben avar viel von den Grenzlanddeutschen, unseren Böhmerwaldarbeitern aber, die von der Not ge­vungen drüben Arbeit verteren fie fie sogar der reichsdeutschen Bevölkerung verboten, tschechische Waldbeeren zu kaufen, womit die lehte schmale Verdienstmöglichkeit unserer Böb­merwäldler genommen wurde.

Ergoß sich früher der Menschenüberschuß des Böhmerwaldes in das heutige Ausland, fo vers suchen jetzt die wandernden Bauarbeiter im In­lande Beschäftigung zu erhalten. Aber auch das scheitert oft an der mangelnden Baubewegung und noch viel öfter daran, daß es sich um Deutsche  handelt, denn in den Augen vieler tschechischer Unternehmer ist jeder Deutsche   ein Henleinmann und daher ein Staatsfeind. Daß diese Tattit dem Staate nicht dient, wurde von uns schon so oft gesagt, daß man es eigentlich gar nicht mehr wiederholen müßte.

So müſſen die Menschen alſo melift in der

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dem Böhmerwäldler eigent­lidh- von kleinen Ausnahmen abgesehen nur die Heimarbeit übrig. Hier handelt es sich um Berlmutters und Holzbrechsler, die Knöpfe und andere Gegenstände aus dem Material erzeugen und in einer anderen Gegend wieder die Zwirn

knöpfemacher. Was Heimarbeit bedeutet, bas

läßt sich hier nur andeuten. Die Menschen sind oft gezivungen, das Holz aus den Wäldern zu stehlen, weil sie für die Arbeit einer ganzen Fas milie in vierzehn- und sechzehnstündiger Arbeitss zeit nicht einmal so viel verdienen, um das Noh­material kaufen zu können.

Wirtschaftlich ist der Böhmertvald also ein

Glendsgebiet. Wohl rauchen in der größten Stadt Westbögments, in Billen, bie Galote Rüstungsindustrie  . Aber Pilfen ist eine tschechische Stadt und es sperrt sich wirtschaftlich vom deuts schen Sprachgebiet, das hart am Rande der schen Arbeiter in den Stodawerken ist gering, die Zahl der deutschen Kumpels in den Kohlengruben des Pilsner Beckens wird immer Kleiner.

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Sind nun die Böhmerwäldler ſamt und fon va ders Staatsfeinde und Gegner ber Demokratie? wärmstens ein Glas Bilfner Urquell bei Überfäue­Troß Henleinsieg und wirtschaftlicher Not sind unsere Organisationen, die oft stundentveit von

der Bahn entfernt liegen und deren Betreuung

aus diesen geographischen Gründen besonders schwer ist, unerschüttert geblieben. Daß der Ges dante des Sozialismus in den Menschen weiter lebt, daß sie troß dem Terror der Großbauern und der Unternehmer unserer Bewegung die Treue halten.

a cha u wirklich prachtvoll gezeigt, der nur aus , das hat im Juni der Kreisarbeiterlag in hem Teil des Böhmerterthes faft ftebentaufenb feierlichen Kundgebung für den Sozialismus vereinigte.

Menschen

Heimat bleiben. Wie sieht es dort nun aus? Nach dem Umſtura haben die Sozialdemokraten ein Bächterschutzgesetz geschaffen, dessen günstige Wir­Die Böhmerwäldler sind aufrichtige, fie find fungen fich heute noch zeigen. Aber der Böhmer- Aute Menschen. Sie hängen unerschütterlich an waldbyden ist mager. Kaum genug Kraft gibt einer Idee, die fie einmal erobert hat. Von hier er, um ein paar Kartoffeln anzubauen und so ist aus ging die schöne Kleinbauern- und Häusler­die wesentliche landwirtschaftliche Produktion betwegung, die soviel zur Anschließung des Dorfes eigentlich die Viehzucht. Da der kleine Böhmer- füt den Sozialismus beigetragen hat. Von hier waldbauer sehr arm ist, hat er nichts von den aus kommen die treuen Menschen, die dem Staate hohen Bichpreisen, zumal das Getreidemonopol geben, was der Staat will. Mögen bie maß­ihm die Futtermittel, bie et taufen muß, vergebenden Männer des Staates bies beheraigen teuert hat. Er muß das Vich gerade zu einer Zeit verkaufen, da das Fleisch am billigsten ist und wird auf diese Weise oft um den Ertrag der bits teren Arbeit geprellt, die ihn das ganze Jahr an die Scholle bindet.

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