Nr. 215

Was ist mit

Carl von Ossietzki?

Die Bohemia" hat am vergangenen Sonn­tag ein Interview wiedergegeben, das ein Be­richterstatter des in Kopenhagen   erscheinenden Blattes Berlingske Tidende" mit Carl von Offietti in einem Berliner   Krankenhaus gehabt haben will. Carl von Ossietzki, der tapfere Friedenskämpfer, befindet sich schon seit Beginn des Dritten Reiches   in einem Konzentrations= lager und Göring   hat vor einiger Zeit er­flärt, daß Ossiezti niemals mehr aus dem Kon­zentrationslager herauskommen werde! Nun behauptet der dänische Journalist, Ossiekti habe eine Wendung zum Nationalso­zialismus vollzogen und zum Abschied mit ,, eil it I er" gegrüßt.

In Kreisen, die Carl von Offietti tennen, wird eine solche Wandlung für unmöglich gehalten. Es ist auch nicht gut anzunehmen, daß ein Mann, der durch mehr als drei Jahre un menschlich gequält wurde, infolge dieser Duäle= reien seine Sterkermeister schäben gelernt hat. Auch wir bezweifeln die behauptete Wand­lung Ossießtis, der sich ja, da ihn nicht ein­malseine Frau besuchen darf, zu niemandem frei äußern fann. Bei der Unterre­dung mit dem dänischen Journalisten waren wie der Bericht selbst sagt Gestapobeamte zu­gegen.

Chlorodent

Dienstag, 15. September 1936

Taufende können fich treen, Millionen aber nicht! Das ist die Erklärung dafür, daß heute Millionen täglich Chlorobont­3ahnpaste benußen und schöne weiße 3ähne haben. Chlorodont ist ein Begriff für Qualität und Preiswürdigkeit.

CHLORODONT

Chlorodont

Volkswirtschaft und Sozialpolitik

Günstige Außenhandelsbilanz

Ausfuhr heuer erstmalig über einer halben Milliarde

August dieses Jahres: Das Statistische Staatsamt veröffentlicht folgende Daten über unseren Außenhandel in

Reiner Warenverkehr

Einfuhr

Ausfuhr

"

August 1936 583,413.000.­696,474.000.­

-

Selbst wenn Ossietzki die Aeußerungen Die Augustbilanz ist in mehrfacher Hinsicht getan haben sollte, so spricht das höchstens gegen erfreulich. Es ist nicht nur der gegenüber dem das Sy ste m, das mit Folter und ausgesuchten Vorjahr stark gestiegene Ueberschuß der Ausfuhr Quälereien aufrechte Menschen in Wracks ver- über die Einfuhr positiv zu werten, sondern auch wandelt. Von Freunden Ossietzkis wird nicht mit die Teildaten über die Einfuhr von Rohstoffen Unrecht darauf aufmerksam gemacht, daß das und den Export von Fertigprodukten. Die Aus­Interview gerade zu einer Zeit veröffentlicht fuhr von Fertigwaren hat mit 534,283.000 wird, da über die Buteilung des Friedensnobel  - gegenüber 477,323.000 im Vorjahrs- August preises an Offietti verhandelt wird. Wahrscheins eine Steigerung von 57 Millionen aufzuweisen lich will man der Gefahr, daß der Pazifist den und hat heuer erstmalig eine halbe Milliarde im Nobelpreis bekommt, dadurch entgehen, daß man Monat überschritten. Seit Anfang 1933 hat un­den Kandidaten zu diskreditieren ver- fere Fertigwarenausfuhr diese Höhe nur im Okto­fucht. ber und November des Vorjahres erreicht. Die Rohstoffeinfuhr ist ebenfalls um 30 Millionen,

Warum hält die Gestapo   Officzki weiter gefangen, wenn sie ihn für einen Nationalsozia­listen hält? Warum gibt sie ihn nicht frei, warum verschafft sie ihm nicht Gelegenheit, im Ausland feine Stimme zu erheben und unkontrolliert die Wahrheit über sich zu sagen?

Weil das braune System diese Wahrheit ebenso fürchtet wie den Gefangenen! Gestapo  

- Leiter ermordet

Die Deutschen   Informationen" melden: " Am 2. September veröffentlichte die fäch­fische Preffe die kurze Mitteilung, daß der Leiter

des Geheimen Staatspolizeiaeger

Brigadeführer Friedrich

sei. Die Gerüchte, daß Schlegel, der für zahlreiche

U

pwortlich ist,

getötet

worden sei, finden ihre Bestätigung in den wider­spruchsvollen Texten der Traueranzeigen. In der Traueranzeige, die die nationalsozialistische Zei­tung ,, Freiheitskampf", Dresden  , am 3. Septem­ber, unterzeichnet von Gauleiter Martin

De u t f dj non te veröffentlicht, heißt es, ban Friedrich Schlegel  

plötzlich und unerwartet ver­schieden ist". In der gleichen Nummer derselben Zeitung findet fich eine Traueranzeige, unter­zeichnet vom Führer des   SS- Oberabschnitts Elbe. Berkelmann, in der es heißt, daß Friedrich Schle­ gel   nach langen schweren Leiden" verschieden ist. Schlegel foll in seiner Wohnung erschossen aufgefunden worden sein."

Vom norwegischen Wahlkampf

AP. Im norwegischen Wahlkampf sucht die Opposition die Troyki- Affäre gegen die Regierung Nygaardsvold   und gegen die Arbeiterpar tei auszuschlachten und auf diese Weise eine Mas jorität der Arbeiterpartei zu verhindern. Bekannt lich ist die jetzige Regierung, die seit März 1935 im Amte ist, eine Minderheitsregierung, die auf die Unterstützung der Bauernpartei angewiesen ist. Das Ziel der Arbeiterpartei war nun, die zu der absoluten Mehrheit fehlenden sieben Mandate zu gelvinnen und sich dadurch von der Notwendigkeit, der Mitte Konzessionen zu machen, zu befreien. Bei den letzten Wahlen hatte sie ihre Stimmen zahl von 375.000 auf 500.000 und ihre Mandate von 47 auf 69 zu steigern vermocht. Kommunisten, Konservative und Faschisten versuchen nun in fel­tener Einheitsfront, die sich auch in der gemein­samen Forderung auf Ausweifung Troykis äußerste, diesen Stimmenzuwachs der Arbeiter­partei zu vereiteln.

August 1935 526,543.000.­615,644.000.­

1936 + 56,879.000.­+ 80,830.000.­

gegenüber dem Vorjahr, und zwar von 291,569.000.- auf 321,757.000.- gestie gen, nach den starken Importen in den Vormo­naten zweifellos ein Zeichen, daß der Rohstoffbe= darf, hauptsächlich auch für den Inlandsmarkt, ein starker geblieben ist.

Seite 5

folgende Veränderungen( Ende 1927 ist gleich 100):

8. August

5. September Mailand  

New   York Brag

104.2

106.6

105.3

104.3

80.8

87.5  

London

78.9

79.  4

Wien

45.6

48.2

Amsterdam

42.7

42.9  

Zürich

40.4

41.7  

Berlin

40.7

39.8  

Paris

30.9

33.7

Brüssel

31.9

34.0

24.6

23.5 Stockholm  

Während demnach in   Berlin, in   London und in Stockholm   ein Rückgang der Aktienkurse zu ver­zeichnen ist und an den anderen internationalen Börsenpläßen die Erhöhung nur gering ist, be= tragen die Kurssteigerungen für Industrieaktien an der Prager Börse in vier Wochen nahezu sieben Prozent. Der Kursstand der tschechoslowakischen Industriepapiere rückt im raschen Tempo jenem aus dem Konjunkturjahre 1927 näher.

Die Baubewegung

die in 38 größeren Städten der Republik  auf Grund der Baubewilligungen nach dem ver­bauten Raum erhoben wird, hat sich abermals wesentlich gebessert, wie sich aus der Zunahme des

Bautätigkeit in 38 größeren Städten ( Baubewilligungen f. Neubauten nach d. verbauten Raum in 1.000 m2,

1.200

1.200

2.100

L100

000

1000

900

900

1932

800

800

700

700

600

600

500

500

export

480

400

August 1933 August 1934 August 1935 August 1986

232

312

269

439

300 200

300

200

292

477

100

322

534

Es betrug( in Millionen Kronen) der Rohstoff Fertigwaren­import

Für die ersten acht Monate des Jahres ergeben sich folgende Ziffern: Reiner Warenverkehr Jänner- August Jänner- August 1935 3,898,112.000.­4,466,825.000.­568,713.000.­

Einfuhr. Ausfuhr. Attivum

.

.

( in Milliarden K

1936 4.616,831.000.­4.764,625.000.­147,794.000.­

SOS

1936

+ 718,719.000.­+ 297,800.000.­

Rohstoffeinfuhr, welche die Exportsteigerung an Fertigwaren weit übersteigt, und eine bedeutende Bunahme der Fertigwareneinfuhr( um 200 Mil­lionen auf 1.386,436.000 Kronen). Es betrugen ( in Millionen Kronen) in den ersten acht Mona ten des Jahres

........ Fertigwarenausfuhr

1935 1936

4

1935 1936

..

.

b

3.258,672.000.­3.549,066.000.­+ 290,394.000.­

Rohstoffausfuhr 2.078.022.000.­2.544.790.000.­+ 466,768.000.­Das Volumen des reinen Warenverkehrs ist ( in Millionen Kronen) von 1.142,178 im August 1935 auf 1.279,887 im August 1936 und von Das Aftivum ist gegenüber dem Vorjahre 8.864,937 in den ersten acht Monaten 1935 auf also beträchtlich gesunken, woran zivci Umstände 9.881,456 in den Monaten Jänner bis August ausschlaggebend beteiligt sind. Es ist die starke j des heurigen Jahres gestiegen.

Industrie und Konsumvereine

Wessen Steuerbelastung ist schwerer?

" Družstevník"( Der Genossenschafter) illustriert die ständigen Klagen der Gegner der Kon­sumgenossenschaften über die angebliche Bevorzugung der Genossenschaften bei der Steuerbelastung durch eine Aufstellung, aus welcher hervorgeht, wieviel große Industriewerke und wieviel der Mähr.- Ostrauer Konsumverein Budoucnost" relativ an Steuern und Gebühren zu leisten haben. Im Jahre 1985 betrugen:

Berg und Hütten. Bivnobant Unionbant Länderbank

Aftienkapital Reserven

Steuern auf 1 Million u. Gebühren Betriebskapital 8,600.000 4.119 8,500.000

250,000.000 624,000.000 240,000.000 850,000.000 150,000.000 77,000,000 120,000.000

14.406

2,000.000

8.810

124,000,000

1,337.000

5.479

Königinhofer Bement

48,000.000 Kabelfabrik  

Bratislava

Prager Eisen

72,000,000

Spiritus Kolin

Stoda

40,000.000 8,000.000 200,000,000

5,800.000

112,000,000 87,000,000 181,000.000 112,000.000 55,000.000 18,000.000 646,000,000 7,800.000

2,100.000

18.125

1,584.000

9.428

1,200.000 10.088

2,207.000 988.000 16,100,000 994.000

28.281

36.407

24.767 71.000

Křižit

Budoucnost( Anteile bat. Nes.)

Es ist aber der Konsumverein, der die relativ stärkste Belastung zu tragen hat.

Die Aktienkurse steigen

Von den übrigen Parteien verfügen die Kon­servativen über 80, die Bauernpartei über 23, bie zu berzeichnen. Auch die Aktien der Aufsiger Che­Freifinnigen über 24 Mandate. Außerdem haben mischen sind sprunghaft gestiegen. Diese Kurs­die Freifinnige Volkspartei, die radikale Volts- Die Besserung der industriellen Produktions- erhöhungen erfolgen, obwohl in dem Wirtschafts­partei, die Christliche Volkspartei und die Volts- lage hat nahezu in allen Ländern schon vor läns teil der bürgerlichen Blätter fortgefeßt nachgewie­gemeinschaftspartei je einen Abgeordneten. Die gerer Beit ein Steigen der Kurse für die Indus sen wird, daß zu diesen hohen Kursen keine ent­Kommunisten und die faschistische Nasjonal Sam triepapiere ausgelöst. Die Kurssteigerungen sind sprechenden Verzinsungen erzielt werden können. ling waren bisher im Parlament nicht vertreten. nicht einheitlich. Gelegentlich sind auch Rückschläge Anscheinend erwarten die an der Börse laufender Daß die Kommunisten diesmal besser abschneiden zu verzeichnen, die aber meist schon nach wenigen Kapitalisten von dem Fortgang der Aufrüstung sollten, hält man für absolut ausgesch Pof- Tagen durch eine neue Hauffe- Bewegung mehr und aus den staatlichen Aufträgen so gewaltige sen. Dafür   hat der Moskauer Prozeß unter als ausgeglichen werden. Gewinne, daß alle wirtschaftlichen Mahnungen ihnen eine viel zu große Verwirrung ange An der Prager Börse hat die ungehört verhallen. Jedenfalls sind die Kursstei­richtet. Die Aussichten der Rechtsradikalen, die ausse in Industrie papieren in den gerungen in den lezten   Wochen an der Prager bei den Storhingwahlen 1933 noch ein so großes leßten Wochen wieber einen beson Börse am höchsten. Wir geben zum Vergleich die Fiasko hatten, sind dagegen gebessert. Sie haben ders starten Umfang angenommen. für die Industrieattien errechneten Inderziffern auf dem Lande und unter der Sugend sowie in Ganz besonders hohe Kurssteigerungen haben die vom 8. August und vom 5. September 1936 vies intellektuellen Kreisen Anhang gewonnen. Rüftungspapiere, allen voran die Skoda- Attien, der. Innerhalb vier Wochen zeigen diese Ziffern

SUS

. IV. V. VI. VII. VI. IX. X. XI. XII. 1.

verbauten Naumes der bewilligten Neubauten von 595.000 Subikmeter im Mai auf 688.000 Kubikmeter im Juni ergibt. Im ganzen ersten Halbjahre ist der verbaute Raum der bewilligten Neubauten, der in der gleichen Zeit des Vorjah­res 1,452.000 Subikmeter betrug, auf 2,703.000 Kubikmeter, also ungefähr auf das Doppelte des Vorjahres gestiegen  .

Frankreich unterbindet Import von Gablonzer Bijouterie

Die Nachricht,   daß das französische Kontin­

dafür the storage bijouterienaren er­fchöpft Grenze für jede   wei die französische G tere Einfuhr mit sofortiger Wirkung gesperrt ist, hat unter den Gablonzer Interessenten die größte Bestürzung hervorgerufen, um so mehr, als auch der   Export nach Spanien wegen der politischen Vorgänge völlig darniederliegt und die Export­ möglichkeiten   nach Italien sich als völlig unge­nügend erweisen. Als ein weiteres schweres Handicap betrachtet die Gablonzer Industrie den Umstand, daß die Verteilung der Kontingente für die gesamte Bijouterie- und Kleinmetall­industrie dem Kleinmetallwarenverband   in Prag übertragen wurde, während vom einschlägigen  französischen Einfuhrbedarf zirka 80 Prozent ursprünglich auf die Gablonzer Gruppe, 5 Pro­zent auf die Eisenbroder Gruppe und 15 Pro­zent auf die Mitglieder des Kleinmetallwaren­verbands entfielen. Während die Gablonzer In­dustrie sonach den größten Anspruch auf Kon= tingente geltend machen darf, ist sie jeglicher Einflußnahme auf die Verteilung ebenso wie jeglicher Kontrolle( die sie früher wenigstens in bezug auf die eigene Quote hatte) beraubt.

Englands Mode im Zeichen der Königskrönung Auf einer   Modenschau in London wurde dieses Her­melincape im Stile eines Krönungsornates vorge= führt. Es ist mit scharlachrotem Samt und goldener Spize besetzt. Man sieht, daß die Neichen große Sorgen haben