Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: KARL KERN, PRAG .

16. Jahrgang

Freitag, 9. Oktober 1936

Einzelpreis 70 Heller

( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 235

Endgültige Abwertung: 16 Prozent Grenzen der Neutralität

Weiterer Spielraum bis 18,68 Prozent für den äußersten Notfall Die Währungsvorlage vom Parlament genehmigt

Prag . Ebenso wie die Nachtsitzung des Budgetausschusses, die erst um 1 Uhr 15 früh mit der unveränderten Annahme der Währungsvorlage endete, stand auch die Plenarsitzung des Ab­geordnetenhauses, die Donnerstag um halb 10 Uhr früh begann, im Zeichen der Verhandlungen über eine weitere Senkung des Goldwertes der Krone, um die Abwertung jener des französischen Franc enger anzupassen. Nach den Erklärungen des Ministerpräsidenten im Budgetausschuß, daß die Abwertung sich in bestimmten engen Grenzen halten müsse, wenn Retorsionsmaßnahmen der anderen Mächte gegen Iſchechoslowakische Dumpingpreiſe vermieden werden sollen, ſtand von vornherein fest, daß es sich nur um einen geringfügigen Bruchteil handeln könne. Immerhin bedurfte es noch angestrengter Verhandlungen innerhalb der Koalition, bis endlich am Nachmittag ein außerordentlicher Ministerrat den endgültigen Wert der Krone in den Gren= zen von 30,21 bis 32,21 Milligramm Feingold festsetzte.

Der Goldgehalt der Krone wurde also um genau ein Milligramm weiter herabge-. fett. Die zweite Devalvation der Krone bewegt sich demnach in den Grenzen von 13,30 bis 18,68 Prozent. Gegenüber dem ursprünglichen Goldwert der Krone vor der ersten Devalvation( 44,58 Milligramm) beträgt die Abwertung 27.75 bis 32,23 Prozent, während nach der ursprünglichen Regierungsvorlage dieser Prozentsatz 25,5 bis 29,99 betragen hätte. Innerhalb dieser Grenzen kann die Regierung im Verordnungswege den definitiven Wert der Krone festsetzen.

Aus den Erklärungen, die der Ministerpräsident am Abend vor dem Senatsplenum abgab, geht hervor, daß die Regierung entschlossen ist, die auf dem Mittelkurs, das ist auf einem Goldgehalt von 31,21 Milligramm, zu erhalten. Auch der Referent Teplansky hatte im Parlament betont, daß die Devalvation über 16 Prozent hinaus bis höchstens 18,68 Prozent lediglich für den äußersten Notfall in Betracht komme, wenn Devalvationen in weiteren Staaten uns erheblich tangieren sollten.

An der Debatte im Abgeordnetenhaus betei­Ligten ſich ausschließlich oppoſitionelle Medner. Die Koalition begnügte sich damit, gegen Schluß durch den tschechischen Sozialdemokraten Nemes eine gemeinsame Erklärung abgeben zu laffen, in der es u. a. heißt:

Wie jede wirtschaftspolitische Maßnahme hat auch die vorgeschlagene Währungsregelung ihre Vor­teile und Nachteile. Wir sind der Meinung, daß auch die Gegner dieser Vorlage sie als ein wirksames Mittel anerkennen, um aus dem gegenwärtigen Bu­stand herauszukommen, den auch sie als unhalt­bar bezeichnen müssen.

Wir setzen in die Regierung das Vertrauen. daß sie im Bewußtsein ihrer Verantwortung dazu beitragen wird, daß das Gesamtergebnis des Gesetzes unserem Staat und seiner Bevölkerung eine grund= Legende Erleichterung in der heutigen schweren Situation bringe, daß es nicht zu einer un­begründeten und ungerechten Preißsteigerung miß­braucht, sondern dazu verivendet werde, um zur Er­weiterung des Absages und zur Vermehrung der Arbeitsgelegenheiten und damit auch zu einer ange= messenen Entlohnung aller arbeitsfähigen und arbeitswilligen Menschen, vor allem der Arbeitslosen. beizutragen. Dann wird es hoffentlich möglich sein, Angestellten zu erhöhen, das während der Krise her­abgesetzt wurde.

auch das Einkommen der privaten und öffentlichen

Die vorliegende Regelung soll nicht nur unserem Außenhandel, sondern auch der inländischen Wirtschaft dienen. Zur Erreichung dieses Zieles wird es notwendig sein, eine Reihe weiterer Maßnahmen anzufügen. Hier gehört die Lockerung des Handels­und Rahlungsverkehrs mit dem Ausland, die Siche­rung eines ausreichenden und billigen Kredites, die Reform des Rolltarifes und der Steuerpolitik, die Reform der Verkehrstarife, namentlich mit Rücksicht auf die Interessen der entlegenen Gebiete und die Reform der öffentlichen Verwaltung, die nicht wieder die neu sich drehenden Räder durch ein schwerfälliges Verfahren bremsen darf.

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Esterházy( Ung. Chr.- Soz.) begründete die ab­

Der Kampf um Spanlen als europäische Entscheidung

Der Vorstoß der russischen Regierung in der Nichteinmischungsfrage rollt ein Problem auf, das trop dem Neutralitätspakt nie aufgehört hat zu bestehen und das in den letzten Tagen für ganz einer festen und unveränderlichen Währung über Europa wieder brennend geworden ist. Daß die die Interessen einzelner Klassen und Gruppen". Er faschistischen Mächte den spanischen Aufstand vom wirft der Regierung u. a, auch vor, daß sie nicht ersten Augenblick an unterstügt haben, ist jedem rechtzeitig der Industrie einen Wint gegeben habe. politisch informierten Menschen klar, ob er es nun sich mit Rohstoffen einzudecken. Ing. Richter( Sd)

warf die Frage auf, ob die Devalvation genügen gibt oder leugnet. Daß sie den Aufstand vor­werde; man hätte noch abwarten sollen. Seine Bar- ereiten halfen, daß er weit weniger eine inner­tei könne der Regierung nicht dadurch ein Ver- ſpaniſche als von Haus aus eine europäiſch e trauensvotum geben, daß sie für die Vorlage stimme. Auseinanderseßung war, liegt auf ( Nach der Rede Richters tommt es zwischen Kom- der Hand. Aber die französische, die russische und SdP- Leuten zu schweren Auseinander- die englische Regierung waren sich ebenso im kla­

munisten Sie zu Ordnungsrufen gegen zwei Komren darüber, daß ein gleich entschiedenes Eingrei=

febungen,

muniſten führen.) Endlich erklärt auch noch Doktor fen der demokratischen Staaten oder Rußlands zu­Branžovsty namens der Faschisten, gegen die Vorlage gunsten der rechtmäßigen spanischen Regierung stimmen zu wollen.

einen Krieg heraufbeschwören könnte, den weder Nach der Wiederaufnahme der unterbroche Frankreich , noch Rußland , noch England wün­nen Sizung sprach nach Remes nur noch der schen. In dieser Lage griff die französische Re­Referent, der den Abänderungsantrag der Koali- gierung zu dem Vorschlag der Nichteinmischung. tion auf Herabsetzung des Goldgehaltes um ein Sie nahm an, daß es gelingen werde, die faschisti­weiteres Milligramm damit begründete, schen Großmächte für den weiteren Verlauf des Konfliktes von einer aktiven Unterstützung der Re­bellen abzuhalten, wiewohl nicht zu verkennen war, daß ihre Einmischung bereits sehr weit­gehende Folgen gezeitigt hatte.

daß man der Regierung die Möglichkeit geben wolle, sich jenen Währungsmaßnahmen anzupassen, die eventuell noch Staaten treffen könnten, die mit uns in Handelsbeziehungen stehen. Die Regierung erhalte dadurch die Voll­bigkeit zu diesem Mittel zu greifen.

lehnende Saltung feiner Bartei gegenüber der Der der Borg, im Falle äußerster Notwendere

lage damit, daß

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Für die Vorlage, die hierauf in beiden Lesungen angenommen wurde, stimmte ledig lich die Koalition und mit ihr zum ersten mal seit langer Zeit auch die deutschen Christlich­sozialen als neue Regierungspartei.

es duibe, daß bie ugend im Sowietgeiste erzogen werde, munisten führt. Zápotocký( Stomm.) variieri im was zu heftigen Auseinanderseßungen mit den Koms wesentlichen seine ablehnende Rede aus dem Aus­schuß und stellt die Frage, ob eine einseitige Export politik bei uns der richtige Weg zur Besserung sei: die Hebung des Inlandmarties erscheint ihm wich­tiger. Pružinský( Slow. Volkspartei) kommt nach langen Erwähnungen au einer Ablehnung der Nächste Sizung Donnerstag, den 15. d. M., Vorlage, auch deshalb, weil sie die Ermächtigung an um 11 Uhr vormittags. Auf der Tagesordnung die Regierung nun auch auf valutarische Fragen aus- steht das Flaggengesez und die Novelle zum dchne. Ježek( Nat. Ver.) stellt Rašins Grundsat Ordensgesetz.

Erfolgreicher Widerstand der Regierungstruppen

Tellerfolge der Rebellen Bomben gegen Caballero

Die

Franco Ariegslage bei Madrid hat ſich nicht wesentlich geändert. Den Truppen des Generals

kleinere örtliche Erfolge zu erringen. Ihr Plan ist, Madrid von drei Seiten einzuschließen. Sie befinden sich auf allen drei Frontlinien im Durchschnitt noch 55 Kilometer von Madrid entfernt und stießen noch nicht auf die eigentlichen Verteidigungsstellen der Regierungstruppen. Diese leiden unter einem immer fühlbarer werdenden Munitions­mangel, aber ihr Widerstandswille ist ungebrochen. Er wurde noch verstärkt durch den Schritt der Sowjetunion , der in Madrid und an der Front Begeisterung ausgelöst hat und die Hoffnung erweckte, daß sich die grundsägliche Haltung der demokratischen Länder zum Spanienkonflikt ändern werde.

In der pretären Lage, in der sich insbeson

die franzöſiſche Regierung befand,

Arbeiterschaft zum Eingreifen ge­drängt, von ihren bürgerlich- radikalen Koalitions= flügel mit dem Sturz bedroht wurde, blieb im Sommer kaum ein anderer Weg offen, zumal da die Haltung Englands für den Fall eines Krieges auf dem Kontinent keineswegs geklärt schien. Die Haltung Englands und der öffentlichen Meinung Englands würde sich aber, das wußte man in Pa­ ris , zugunsten der demokratischen Front wandeln, wenn die faschistischen Mächte es vagen sollten, eine vertraglich beschworene Neu­tralität zu verletzen.

Dies ist nun dauernd geschehen. Die Madri­ der Regierung hat dem Völkerbund Material über die deutschen und italienischen Waffenlieferungen, über die Rolle Portugals als Zwischenhändlers und Zutreibers übergeben. Europäische Reisende haben in neutralen Zeitungen ganz offen berich­tet, daß bei der Eroberung der Balearen italie= nische Truppen und Schiffe in den Kampf cin= gegriffen haben. Der Augenblick ist gekommen, da die demokratischen Staaten den flagranten, täg­lich betriebenen Neutralitätsbruch nicht ohne Ge­genivehr mitansehen können,

Für die Sowjetregierung sind bei ihrem Vorstoß gewiß nicht in erster Linie ideologische Erwägungen maßgebend. Die Sowjetregierung hat die Neutralitätspolitik Blums diplomatisch, sie hat sie durch die KPF innerpolitisch gebilligt. Aber die Sowjetregierung sieht die Kräfte rastlos am Werte, die in Frankreich gegen die Allianz mit Rußland wühlen und die von dem Sieg der spa­ nischen Rebellen eine entscheidende Hilfe erwarten. In Moskau weiß man, daß die Niederlage der spanischen Demokratie unter Umständen das ganze Gebäude der Sicherheit durch Defensivallianzen ins Wanten bringen, daß es Blum und die Volks­front zu Fall bringen könnte. Wenn Rußland nun in ultimativer Form wahre Neutralität fordert und andernfalls Akte der Selbsthilfe an

In Oviedo wird noch immer gekämpft. Es teilt mit, daß die Regierungstruppen im Abschnitt scheint, daß eine Abteilung der Regierungstrup- von Sierra Gredos geschlagen wurden und am pen am Mittwoch tatsächlich tief in die Stadt ein- Kampfplaß eine Million Stück Munition zurück­gedrungen war, daß es sich jedoch nur um einen gelassen habe. überraschenden Ueberfall gehandelt hat, dem kein Wir wünschen, daß die erwartete wirtschaftliche Dauerfolg beschieden war. Die Stadt wurde Bomben gegen Caballero Befferung, die wir von dieser Regelung erwarten, auch zur Lösung gewiffer politischer und durch Regierungsflugzeuge wiederum bombardiert. Lissabon.( Reuter.) Der spanische Mi­Nationalitätenprobleme unferes Die Regierung meldet: Die Regierungs - nisterpräsident Largo Caballero entrann fündigt, so weiß es zweifellos, daß auch heute noch Staates beitrage. Bon diefer Regelung und den wei- truppen besetzten die Gemeinde Nunquillos in der knapp dem Tode, als ein Flugzeug der Auf- aus dieser Politik eine überaus ernste Lage ent­teren Maßnahmen, die mit ihr zufammenhängen, er- Provinz Toledo . Negierungsartillerie beschoß ständischen das Auto verfolgte, in dem der Mi- stehen kann, aber es handelt auch in der Erfennta warten wir eine grundlegende Belebung der Wirt- Huesca. Die Aufständischen, welche einen An- nisterpräsident aus Aranjues zurückkehrte, daß man durch frit, bie curent berränittgen gell unferer beut griff auf Navalperal unternahmen, wurden zu er die Stellungen der Regierungstruppen befich- mutlich noch diskantere rigantes Spiel einer ver fchaft, namentlich auch Zweige Indu­fchen Mitbürger den Lebensunterhalt bietet. Wir rückgeschlagen. Im Abschnitt bei Casarey fielen tigt hatte. färben wünſchen, bak biefe barin unseren Aufständische in einen inte helt en tigt Das Flugzeug warf eine größere met no guten Willen fehen, ihnen in ihrer besonders eiligem Rückzug gezwungen. Sie ließen 40 Tote mußte sich schließlich und der Ministerpräsident Die Aktion der Labour Party, unter eine Brücke verstecken, die Pressestimmen aus dem sozialistischen Lager wo er abwartete, bis das Flugzeug verschwand. Englands, Hollands , Belgiens und Frankrc.chs Aber auch ein noch so gut gemeintes Geseb würde Die Aufständischen melden, daß die Nord­wenig helfen ohne die bereitwillige und treue Mit- Armee der Aufständischen eine lebhafte Tätigkeit Deutsche Waffen beweisen, daß man auch in sozialistischen arbeit aller, die sich nach ihm richten sollen. Zu dieser Sereisen nicht gewillt ist, Neutralitätspolitik treuen Mitarbeit rufen wir alle Bürger und Bür- insbesondere in Asturien , in Avilla, Sierra, Gre­Madrid. Das Blatt ,, Politica " meldet bis zur Selbstpreisgabe zu treiben. Freilich, die dosa und Biskaya entfaltet und wichtige Positio- aus La Coruña , daß im dortigen Hafen gerinnen dieses Staates auf! und teien ist schwieriger als die Situation Moskaus.

fchweren Situation zu helfen.

zurüd.

Bomben ab

=

nen besetzt wurden. Im Abschnitt bei Toledo be- deutsche Schiff2eipzig" eingetroffen. Das Lage der in der SAJ zusammengeschlossenen Par­Ru Beginn der Sibung hatte Teplanffy ale festen die Aufſtändischen Alomoroy und Escalona, eine große Zahl von Gewehren en und Maschinen. Denn in feinem Staate verfügen wir Sozialiſten Referent ebenfalls bie Bebeutung der inneren, Mak- einen von den Regierungstruppen befestigten sewehren ausgelaben habe, die für die Aufstän- über die totale Macht, auch in Frankreich teilen nahmen auf dem Gebiete der Aufloderung des De- Bahnhof. Unter den Gefangenen befindet sich der difchen in der Provinz Galifien beſtimmt feien. wir sie mit bürgerlichen Demokraten. Auch ist die visen- und Bewilligungsverfahrens betont. die der Militärkommandant von Santa Cruz und De - Gleichzeitig wurde Kriegsmaterial deutscher Bro- Lage Frankreichs nicht mit der Rußlands zu ver= Währungsregelung folgen müssen. retamar. Der Rundfunksender von Sevilla venienz im Hafen von Vigo gelöscht. gleichen. So sehr die Sowjetunion die Erschütte­