Seite 2

Freitag, 0. Oktober IMS

Nr. 236

rangen eines Krieges fürchten mag, sie kann ihm doch wesentlich ruhiger entgegensehen als Frank­ reich , dnS ohne englische Hilfe einen Krieg kaum durchfechten zu köuuen glaubt und das insbeson­dere einer gemeinsamen deutsch -italienischen Front gegenüber nicht unbeträchtlich gefährdet erscheint. Die Sozialistische Arbeiter- Internationale hat durch ihre Exekutive vor kurzem erklärt, daß sie nicht neutral sein will und nicht neutral i st. Nur gilt es zu be­denken, daß die SAJ weder mit den Waffenlie­serungen der faschistischen Mächte konkurrieren, noch gegen Deutschland und Italien Krieg führen kann. In anderer Lage ist Rußland . Wir freuen uns, daß die Sowjetunion der wir gewiß nicht kritiklos gegenüberstehen, wie wir in der jüngsten Zeit zur Genüge bewiesen haben die Initia­tive ergriffen und durch ihren Vertreter im Reu» tralitätSkomitä einer Meinung Ausdruck gegeben hat, die auch die Meinung der meisten Sozialisten Westeuropas ist. Ob der ivesteuropäische Sozialis-

vr. Hodza vor dem Senat;

MUS stark genug sein wind, die öffentliche Mei­nung Frankreichs und Englands mitzureißen, wenn es gilt, eine beinahe selbstmörderische Neu­tralität durch eine entschiedene und den Groß- machtinteressen Frankreichs und Englands wie den Lebensinteressen der europäischen Demokratie ent­sprechende Politik zu ersehen, das ist eine andere, heute und hier kaum zu beantwortende Frage. Wir zweifeln nicht daran, daß ein geschlossenes Auftreten der Westmächte und Rußlands Italien und Deutschland kirre« machen und eine wahre Neutralität erzwingen könnte, wir verkennen aber auch nicht die Gefahr, die durch eine Isolierung des westlichen Sozialismus in diesem Augenblick her­aufbeschworen würde, und wir dürfen die Augen nicht vor der Gefahr schwer st er Kon­flikte verschließen, die entstehen können, wenn die Demokratien mit der bisherigen Politik elasti­scher Nachgiebigkeit gegenüber der FaustrechiS- manier des Faschismus brechen.

unauffällig Pablo zu. Er war zwar gerade in einem Gespräch mit dem Kapitän derProspe­rity" begriffen, der wiederum seinen Arm um die blonde Elisabeth hielt, aber es merkte niemand, daß er dieses Gespräch abbrach und zur TU'e schlenderte. Seine Mutter trat dafür an den Tisch. Ja, meine Elisabeth: Sonst ist sie gar nicht so zutraulich, Eecellenza, da» müssen Sie nicht glauben, nur für die Herren von der Marine, da hat sie eine Schwäche. ES ist auch kein Wunder, sie hat da» von mir geerbt, ja, ja, in meiner Jugend war ich immer siir die Seeleute. Elisa­beths Vater war auch Schiffskapitän, Eecellenza, von einem Handelsschiff nur, aber doch ein Schiffskapitän. Und ein schöner Mann dazu. Einen Bartl Wie Seidel" Der Kapitän derProsperity" trank seinen zwölften Cocktail, war daher von den Reminiszen­zen Frau RivadeneiraS gerührt unh zog die Tochter des Kollegen von der Handelsmarine auf sein Knie. Das Grammophon kratzte die letzten Harmonien vonI list up my. finger" von der Platte hinunter, die Offiziere sangen in ewig er­neuter Begeisterung ,tweet, tweetl" Es war eine Atmosphäre echter Gemütlichkeit. Draußen allerdings stand Pablo mit seinem Freund Jaquino, der noch atemlos von einem langen Ritt war, und die Stimmung war weniger lauschig. Fünftausend, sagst Du?" Jaquino war. einer jener Genossen PabloS, die die Revolution mitgestartet hatten. Bi» zum Umsturz war er Verkäufer in einem Zigaretten-' laden gewesen, jetzt hatte man ihn aufS Land geschickt, um dort da» Volk zugunsten der neuen Regierung zu bearbeiten. Mindestens fünftausend! Und bewaffnet sind sie apch; spätesten» morgen müssen'sie da sein, ich bin ihnen nut mit sehr großer Mühe entkommen."

Verflucht", meinte Pablo. E» war auch eine böse Nachricht. Die Deputierten, die geflo­hen waren, hatten das Vofl tatsächlich so weit ge­bracht, daß nun fünftausend Landarbeiter und Bauern'ich zusammengerottet hatten und auf Salvadolid marschierten. PMo» sonst recht be­wegliche» Hirn wußte noch nicht, wie er diese Neuigkeit zu seinen Gunsten benützen sollte. So bald hatte er den Kämpf nicht erwartet. Was tun wir jetzt", fragte Jaquino, kannst Du mir ein paar Pesetas geben? Wenn sie mich hier finden, ist e» aus mit mit. Ich muß fort." Warte einmal, wir wollen überlegen." Ueberlegen? Zum Teufel! Wenn Du Lust hast, Dich hängen zu lassen, dann bleib hier und überlege! Ich habe das Pferd da, in zwei Stun­den bin ich über die Grenze." -Guten Abend, junger Herr Pablo", sagte eine bekannte Stjmme im Dunkel dicht neben den beiden. Pablo fuhr nach der Tasche, wo er den Browning als Zeichen seiner revolutionären Würde trug. E» war Tommy Barbox, dessen Kommen sie in ihrer Austegung gar nicht bemerkt hatten.Und das ist ja wohl auch ein Bekanntet, wie?" Die beiden waren nicht sicher, ob Tommy nichts gehört hatte; auch das noch! Mer Pablo, dein gar kein Ausweg einfallen wollte, fand, daß e» vielleicht noch am flügsten war, sich mit dem Reporter zu beraten. Herr Barbox, Sie kommen wie gerufen", begann er. Immer, immer, mein Lieber, haben Sie das noch nicht heraus?" «Nein, Nein, es ist sehr ernst." Ich glaube sölbst. Darum komme Ich ja gerade." WaS? Sie wissen?..." (Fortsetzung folgt)

Für den Wiederaufbau der sudetendeutschen Wirtschaft Abs. de Wüte über Devalvation und Wirtschaftspolitik

Die endgültige Währungsregelung der Schlüssel zur wirtschaftlichen Besserung

Der Senat trat zur Entgegennahme der Währnngovorlage nachmittag» um 6 Uhr zusam­men. Nach Nachrufe» für drei in den Ferien ver­storbenen Mitgliedern de» Hause» erbat sich Mini, sterprästdent Dr. H o d j a da» Wort zur Wäh- rungSvorlage. Ec betonte, daß die Wirkungen der zweiten Devalvation, trotzdem sie kleiner sei als die erste, diesmal größer sein werden al» seinerzeit im Jahre ISS », denn mit dem heutigen Schritt führen wir die endgültige Regelung der tschechoslowakischen Währung durch. Mit einem Ge­samtausmaß von rund 80 Prozent erreichen wir ungefähr da» Ausmaß der Devalvation in,Frank- reich und in der Schweiz . Aus Gründen der Wäh- cungSsi^erheit wird für den Ai-Kurs eine obere und untere Grenze festgesetzt. Innerhalb diese» Rahmens soll die Ki auf der mittleren Basis, da» ist aus 81.21 Milli­gramm Feingold, gehalten werden, was einer Deval­vation um rund 10 Prozent entstzrlcht. Diese Ai wird fest und dauernd sein ebenso wie die WöhrungSmatznahmen des WefttlockS. Die Überzeugung^ daß es sich um ein D e fi­nit i v u in handelt, entspringt der Tatsache, daß wir diesmal nicht au» einem inneren BedürsniS oder au» einer Doktrin« heraus an die Ablvertung gehen, sondern deshalb, um un» der kollektiven Währungs­regelung anzuschließen, zu der eS nach dem Zerfall de» ÄoldbloiteS kommen mußte. Die mäßige, aber dauernde Wirtschaftsbelebung, die wir in den letzten Monaten"verzeichnen können, hat ihre Quelle vorwiegend auf dem inneren Mqrkt. Wenn sie nicht auch von einer Besierung des Exporte» begleitet wäre, so müßte es zu gewissen Un- stimmigkeiten in der Zahlungsbilanz kommen. Da» entfällt, sobald sich auch unser Export in die freien Länder bessert. Eine zweite wichtige BorauSsehung für die Wirksamkeit der WührmtgSmatznahmen ist die S t a. btlität der Preise: auch deshalb haben wir beim AuSmais der Devalvation einen Mittel­weg gewählt. Jede höhere Abwertung hätte «ns eine entsprechende Verteuerung der Einfuhr gebracht und die Schwierigkeiten der Industrien er­höht, die auf ausländische Rohstoffe angewiesen sind. So hätten wir uns an jenen Schichten der Be ­

völkerung versündigt, die von der innere« Kaufkraft der Shene abhängig sind. Gegen jede unbegründete Ver­teuerung müßen wir sehr energisch auftreten, nicht nur au» wichtigen sozialen Gründen im Inter­esse der Festangestellten sondern auch aus wirt­schaftlichen Gründen, da jede solche Ver­teuerung den Erfolg der Devalvation bedrohen würde. Auch der Export ist davon abhängig, daß die Tschechoslowakei ein Land mit verhältnismäßig niedrigem Preisniveau, ein Land der sozialen Ruhe und Gerechtigkeit, ein Land mit einem inneren wlrt- schaflichen Gleichgewicht bleibe. Die Warnung: Spielen wir nicht mit der Teuerung!", die Hodza vor einigen Wochen in anderem Zusammenhang aus­gesprochen hat, gelte jetzt um so mehr. Die Tatsache, daß die mit inländischen Rohstoffen arbei­tende Industrie nicht verteuert und natürlich auch nicht die landwirtschaftliche Produktion, bildet die Grundbedingung für die Stabilität der Preise. De: Kampf gegen jede ungerechtfertigte Teuerung-muß daher gelingen. Kein Produzent darf eine größere Preiserhöhung zulasten, als es dem Anteil der ausländischen Rohstoffe an den gesamten Pro­duktionskosten entspricht, und auch erst dann, wenn die billig eingekauften Rohstoffe auSgehen. Jede unbegründete Verteuerung würde in diesem Kamps dem Hochverrat gleichkommen. Zusammenfaffend könne man sagen: 1. der definitive Wert der Xi bildet jetzt eine sichere Kalku- lationSbasiS für unsere ganze Wirtschaft; 8. der definitive Wert der Xi und Ihre stabilisierte Kayfz kraft bildet einen festen Maßstab für die Kaufkraft!- der Löhne und Gehälter: 8. der definitive Wert der K£ schäft die Voraussetzung für die Bildung von neuem Kapital auf dem inländischen Geld­markt und für den Ausschluß jeder Thesaurierung, und 4. ist er auch die Grundlage des Gleichgewichte» zwischen Gläubiger und Schuldner. Der Senat vertagte sich dann auf Freitag 8 Uhr früh. Am Abend trat derB u d g e t a u ö- s ch u ß zusammen, der in Gegenwart des Finanz- lNinisterS die Vorlage genehmigte. Nach abgeführ- ter Debatte, an der sich fast alle Mitglieder des Ausschusses beteiligten, antwortete der Finanz­minister ausführlich auf alle gestellten Anfragen. Referent für daS Plenum ist Senator Dr. Kara».

In der Sitzung de» Budgetausschuffe» der Abgeordnetenhauses, die in der Nacht von Mitt­woch, den 7. auf Donnerstags den 8. Oktober, stattfand, gelangte wie wir bereit» berichtet haben Abg. de Witte zu Morte, der erst die von un» gestern veröffentlichte Erklärung der Partei abgab und dann noch einige Dar­legungen hinzufügte, au» denen wir die nach­stehenden Stellen wiedergeben: Wir stimmen der Devalvation zu, obwohl sie worüber wir un» nicht täuschen wollen viel­fach Opfer fordern wird. Denn wir halten die Ab­wertung unserer Währung für unausweichlich und wir hoffen, daß die Opfer durch größere wirt­schaftliche Erfolge mehr als ausgewogen werden können. Und da» Gebiet, das uns hieher entsen­det hat, braucht eine wirtschaftliche Wiederbele­bung in ganz besonderem Maße. Im Randgebiete der Republik herrscht unge­mildert die Krise weiter. Die offiziellen Feststel­lungen sagen, daß in Böhmen al» arbeitslos ge­zählt wurden: In den vorwiegend tschechischen Bezirken am 81. August 1v8ö 87.780, am 81. August 1086 79.92B Berufstätige, während in den vorwiegend deutschen Bezirken in denselben Jahrgängen 184.212, bzw, 170.672 Arbeitslose amtlich registriert waren. Während die Deutschen in Böhmen ein Drittel der Bevölkerung stellen, stellen sie zwei Drittel ' der Arbeitslosen. In den historischen Ländern hat die Arbeitslosig­keit in den tschechischen MehrhettSbezirken seitdem um 19 Prozent, in den deutschen nur um 8.7 Pro­zent abgenommen. Dabei sind alsvorwiegend deutsch " nur die Bezirke registriert, die zu mehr als 60 Prozent deutsche Einwohner zählen. Viel­fach schlimmer steht es in den zu 80 und 90 Pro­zent deutschen Bezirken. JmBezirkKarlS- bad z. B. ist die Ziffer der Arbeitslosen gleich 12 Prozent der Gesamtbevölkerung, bzw. gleich einem Drittel aller Erwerbs­tätigen, und seit einem Jahr ist die Arbeit»-! losenziffer dort um abermals rund 1000 gestie­gen. In GraSlitz ist e» noch schlimmer, und ähn­lich ist eS in Nordmähren . Zwanzigjährige Leute trifft man In Massen, die noch nie in ihrem Leben gearbeitet haben. Hohlwangig, heruntergefetzt, eine leichte Beute eines jeden Abenteurer», gehen die jungen Menschen umher. Die Löhne in der Industrie unsere» Gebsetes sind auf ein.-unmenschliches Niveau-herabqedrückt. Der Verlust der Kaufkraft so vieler Menschen wirft Gewerbe und Handel nieder. JA den deutschen Bezirke« haben wir«».mit einer Stabilisierung der Arbeitslosigkeit zu tun," da» ist die fast allgemeine Meinung. Die Devalvation allein tut e» nicht, Die ge­bundene Devisenwirtschaft bindet unzählige Hände, die sonst arbeiten könnten. Die Tschecho­slowakische Republik muß auch von sich aus all«» tun, um die Verkehrswege wieder freizulegen. Sie muß der Industrie in den besonders bedrängten Gebieten auch ein ganz besonderes Augenmerk zu­wenden./

\ Unser UnierstühungSsystem ist sehr mangel­haft. Ein Versäumnis in der Zeit der guten Kon­junktur.ist derzeit schwer oder fast nicht mehr gut­zumachen. Unsere Unternehmer haben rationali­siert, sie haben einen Großteil ihrer Gewinne auf die Uebertechnisterung verschleudert, aber alle Sorge um die Opfer der Rationalisierung und der Krise haben sie einfach dem Staat und den Arbei­tern ausgebürdet. Mit dem Genter System war diese Lücke nur mangelhaft zu schließen. Die Er- nährungSaktion ist ebenfalls nur ein mangelhaf­ter, wenn auch wichtiger Notbehelf. In beit' ersten Jahren>var sie eine Tat, heute ist sie nur ein Tropfen auf heiße Steine und viele heiße Steine bleiben ohne Tropfen. Es kommt dazu, daß nach Richtlinien vorgegangen wird, die längst nicht mehr zeitgemäß sind. Wo bleiben die Jugendlichen? Immer noch steht man ihnen gegenüber auf dem unseligen Verlangen nach einem dreimonatlichen Arbeitsnachweis. Immer noch schließt man die Kleinrentner aus der Er- nährungsaltion auS und die.Hausbesitzer", denen kein Nagel auf dem Dach gehört. Oft gehen Staatsorgane ohne jede soziale Einsicht mit Kürzung der Ernährungskarten vor. Die alien Richtlinien sind eben heute unhalt­bar geworden. Denn die Gemeinden können keine Zubußen mehr leisten, die Arbeitslosen haben ihren Hausrat verlauft und ihre Kleider abge- rissen. Vergessen wir nicht, daß lvlr eben sieben Jahre Krise haben! Alle menschlichen und staat­lichen Erioägungen sprechen für eine gründliche Besserung dieses Zustandes. Deshalb auch erheben wir den dringenden Appell, die ergänzende Hilfe schleunigst auszübauen, die Winterhilfs- aliion besser zu dotteren und damit länger zu führen als im Vorjahr. DaS Wichtigste freilich ist Arbeitsbeschaffung. Selbst Notstandsarbeiten sind kein Ersatz auf die Dauer. Die Frage steht: Wie bauen'wir die Industrie wieder auf?. Wo und wie schaffen wir Ersatzindusttien für die unrettbar verlorengegangenen Arbeitspositionen? Der Herr Ministerpräsident hat gezeigt, daß er den Willen hat, Wege zu suchen. Auf seine An­regung und Initiative ist die Errichtung der Ex­portausschüsse für die Länder zur Erhebung der Wiederausbaumöglichkeiten zurückzusühren; aber diese Ausschüsse bedürfen unbedingt der Ergän­zung durch Regionalkomitees- in bett" von der Krise am schwersten betroffenen Distrikten von Westböhmen, Nordböhmen und Nordmähren . DaS Allerwichtigste aber ist, daß rasch begonnen werde. Ein Aufatmen ging durch Hunderttausende nach den letzten schönen Worten des StaatSprä- sidenien von wahrer Versöhnung, von Hilfe für die Bedrängten und von der vollen Einsetzung des Staates für alle feine Gebiete und Völker. Nun gibt«S gewiß keine maßgebliche Gruppe, die nicht den Präsideiüen verehren würde. Von allen wird er gefeiert; aber alle mögen doch auch bestrebt sein, IhndurchdieTatzuehren und das beißt: sein schönes Wollen durch staatsmännische Taten zu unterstützen und zur lebendigen Wirk­lichkeit werden zu lassen I

41 Jommy üSarftox matfit(Revolution fflmnan von 9rit» Uondu Aber er hatte schon deutlich durchblicken lassen, daß er durchaus nicht so überzeugt von BonamariaS guter Sache sei, als es den Anschein habe. Und Rodriguez schien ihm auch zu trauen. Es gab ja einen Belveis für Pablos Zuverlässig­keit. Wußte er nicht Fulvias Zufluchtsort? Wenn, er wollte, konnte er sich bei dem neuen Präsiden­ten ungeheuer beliebt machen. Er brauchte nur heute abends Bonamaria zu sagen, daß gerade in dem Zimtner oberhalb des gelben SälonS Frau Caldelari wohnte. Er hatte auch dunkle Andeutungen gemacht, daß er keinesfalls die Exekution de» Rodriguez znlasse» würde; daß er mächtig genug fei, um sie noch im letzten Augenblick zu verhindern. Ganz klar war ihm ja nicht, wie er das anfangen sollte, aber es schadete nichts, das zu behaupten. Kani es zur Erschießung, nun, so war eben sein Plan sehlgeschlagen, kam es aber nicht dazu, dann schuldete Rodriguez ihm Dank.^Und auch Pablo hatte Instinkt genug, um zu merken, daß Rodri« gnez, wenn er den nächsten Morgen erlebte, noch nicht am Ende seiner Laufbahn war. ES war ein Viertel vor elf, als er Bona­maria abholte. Allein zu gehen, traute sich der große Staatsmann nicht, eine Wache konnte er auf dem Wege in das Haus Rivqdeneira auch nicht gut mitnehmen. So blieb nichts anderes, als den vielseitigen Pablo zu bitten; der hatte zu seinen anderen Fähigkeiten sich auch rasch da» Autolenken angeeignet, und so dauerte der Weg vpm RegierungSgebäude bis zu Pablo» Eltern­haus nicht lange. Vorläufig benützte der neue Präsident das kleine Auto feine» Vorgänger».

Aber er fand eS reichlich verbraucht und ging damit um, sich einen schönen, großen Wagen aus Amerika zu bestellen. Eine Anspielung gegenüber dem Konsul konnte sich dahin deuten lassen, daß der Präsident ein geschenkte» Auto bei einigem Drängen nicht ablehnen Ivürde. Doch der Konsul überhörte die Anspielung oder wußte sie nicht richtig zu deuten, kurz, Bonamaria vertröstete sich auf günstigere Zeiten und fuhr unterdessen in dem Auto des Rodriguez. Vor der Türe stand der brave alte Rivade- neira, machte eine tiefe Verbeugung und meldete, daß die Treppe frei und der gelbe Salon bereit sei. Bonaniaria war huldvoll erregt, klopfte ihm auf die Schulter, sprach ein paar lapidare Sätze, wie eben ein mächtiges Siaa.tsoberhaupt gegen­über dem einfachen Mann a>n Hintereingang zum Freudenhaus sie immer bei der Hand haben soll, dann stieg er die freie Treppe hinauf. Frau Rivadeneira, charaktervoller als die männlichen Familienmitglieder, zeigte sich nicht; sie leitete den lebhafte» Betrieb in den Parterre­räumen. Ihrer Bürger» und Wirtinnenpflicht entledigte sie sich dadurch, daß sie dem neuen Prä­sidenten zwei Flaschen Sekt und die beiden jun­gen Indianerinnen in den gelben Salon hinauf­schickte. Pablo ging von einem Tisch zum anderen und unterhielt sich mit den Seeoffizieren; er ver­achtete sie zwar, well sie nicht viel vertrugen, aber man konnte immer und gerade darum manches von ihnen erfahren. Daß die Schwestern de» Staatssekretär» der Schönen Künste von einem Knie auf da» andere wanderten, störte ihn wenig; seine Stellung hafte ihn nicht stolz gemacht, die letzten Ereignisse belehrten ihn über die Wandel­barkeit politischer Größe, dagegen zeigte- ihm ein Blick in den Salon seiner Mutter, auch ohne Goethe gelesen zu haben, den Sieg de» ewig Weiblichen. An der Tür erschien.die alte Indianerin, die die Hausarbeiten zu besorgen hatte, und winkte