Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077, HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB  . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: KARL KERN, PRAG  .

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16. Jahrgang

König Carol   unterwegs

Bukarest  . Montag abends sind König Carol   und Kronprinz Michael von Sinaja nach Prag   abgereist, um den Besuch des Präsidenten der Tschechoslowakischen Republik Dr. Beneš   im Sommer dieses Jahres zu erwidern. Im Gefolge des Königs befinden sich u. a. der rumänische Außenminister Antonescu   und der tschecho­flowakische Gesandte in Bukarest   Šeba. Zur Verabschiedung hatte sich auf dem Bahnhof in Sinaja   die gesamte Regierung unter Führung des Ministerpräsidenten Tatarescu   eingefunden.

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Statt ,, Marsch auf Brüssel  " Aufenthalt im Polizeigefängnis Brüssel  . Der faschistische„ Marsch auf Brüffel" wurde am Sonntag von Polizei und Gendarmerie im Keim erstickt. Der Führer" Degrelle   wurde verhaftet und erst Montag früh freigelassen.

Sonntag sammelten sich die Neristen in einer übrigens nicht allzugroßen Zahl in verschiedenen Straßen und auf den Boule­vards und zogen ins Zentrum der Stadt zur St.- Gudula- Kirche unter dem Rufe„ Rer wird ſiegen!" Unterwegs trafen sie mit sozialistischen  und kommunistischen Manifestanten zusammen. Beide Parteien schrien einander zu, doch kam es nur vereinzelt zu Gewalttätigkeiten. Auf dem Platz vor der St.- Gudula- Kirche betrat ein Meristenführer den Balkon eines Hauses und hielt an feine Barteigenoſſen eine Anſprache. Gr fonnis nur einige Säße vorbringen, in denen er die Regierung angriff, und mußte seine Kund­gebung rasch schließen, denn die Polizei und be ritiene Gendarmerie begannen bereits den Play

zu zäumen.

Als Degrelle sein Haus verließ, wurde er von der Polizei verhaftet und auf die Polizei direktion gebracht. Nach längeren Bemühungen gelang es der Polizei, den ganzen Platz zu

räumen.

Degrelle   ist Montag um 1 Uhr früh wieder freigelassen worden. Die Gesamtzahl der bei den Ausschreitungen Verhafteten betrug ungefähr 800, davon elf Parlamentsmitglieder. Fast alle wurden in der Nacht gleichzeitig mit Degrelle entlassen. Die Zahl der Verletzten beträgt 78, darunter zwei Schwerverletzte.

Staatssekretär Schmidt.

in Budapest Budapest  . Der österreichische Staats­fefretär des Aeußeren Guido Schmidt   ist Montag mittags im Flugzeug zu einem offiziellen Befud bei der ungarischen Regierung eingetroffen. Die Beratungen gelten in erster Linie der Vorbevci­tang der für Mitte November nach Wien   einbe=

rufenen Dreierkonferenz der Römischen Proto­

follmächte.

Strelkgefahr. in Polen  

Dienstag, 27. Oktober 1936

Belgien  

Sozialdemokratischer Kongreß gegen Neutralität und für Genf  

der kollektiven Sicherheit treu

Brüssel  . Der Kongreß der sozialistischen  [ gien den passiven Standpunkt nicht beibehalte, Partei nahm eine Tagesordnung an, in der er sondern weiterhin aktiv im Völkerbund an der die Richtlinien der Außenpolitik der sozialistischen   Festigung des Völkerbundpaktes, des Systems der Partei festlegte. Er konstatiert, daß die Frage der kollektiven Sicherheit und der gegenseitigen Hilfe Rückkehr Belgiens   zur Neutralität niemals mitarbeite. gestellt wurde, auch nicht die Frage, daß Bel­

Das Mitglied der sozialistischen   Partei gien feine sich aus dem Locarno   ergebenden Ver- Außenminister Spaak   erklärte, er bleibe der pflichtungen gelöst habe. Die Außenpolitik Bel- kollektiven Sicherheit treu, wolle

giens müffe sich auf den Bölkerbund mit aber nicht, daß die Sicherheit Belgiens   nur durch Ausschluß jedwedes Militärbündnisses mit wel- dieses System gewährleistet werde. Er erklärte dem Staat immer stüken. nachdrücklich, daß Belgien   nicht daran denke, den Die Kongreßresolution verlangt, daß Bel- Völkerbund zu verlassen.

Ausgebliebene Sensationen

Mageres Kommuniqué über Clanos Besprechungen

Nom Die Agenzia Stefani meldet aus Vergangenheit auch weiterhin in enger und München  : Nach Beendigung der politischen Be- freundschaftlicher Fühlung bleiben, was die Si­Graf Eiano in Deutschland   hatte, wurde fol- gierungen würden die mit dem Donaubecken zu­sprechungen, die der italienische Außenminister tuation in Donqu- Europa   betreffen. Veide Re­ gendes   amtliches Kommuniquee ausgegeben: fammenhängenden Probleme im Geiste freund­schaftlicher Zusammenarbeit behandeln.

„ Während des Besuches, den der italienische Außenminister Graf Ciano dem Führer und Reichstamaler abgestattet hat, und während der Sefpremningen, bie er mit dem s Leiter der bents

fchen Bolitik hatte, wurden die wichtigsten attu ellen Fragen politischen, wirtschaftlichen fozialen Charakters und insbesondere die Fra­nen geprüft, die sich enger auf die beiden Länder beziehen. Die Unterredungen wurden in einer Atmosphäre freundschaftlicher Herzlichkeit ge= führt und es wurde mit gegenseitiger Genug tuung die Nebereinstimmung der Gesichtspunkte und Absichten der beiden Regierungen fonstatiert, eine gemeinsame Aktion zugunsten dos allgemei nen Friedenswerkes und der Nekonstruktion zu entfalten. Beide Regierungen haben beschloffen, sweds Erreichung diefer Ziele in Verbindung zu bleiben.

München   den Pressevertretern vorlas, heißt es In dem Kommuniqué, das Graf Ciano   in u. a., die beiden Regierungen würden wie in der

daß die nationale Regierung des Generals Die beiden Regierung erkennen weiters an, Francobon dem feſten Willen der ſpaniſchen   We

bietes unterstüßt werde"; doch sei neuerdings der völkerung des größten Teiles des spanischen   Ge­gelegenheiten Spaniens   nicht einzumischen und Grundsatz betont worden, sich in die inneren An­die in diesem Sinne übernommenen internatio­nalen Verpflichtungen einzuhalten.

ligte Erbgut der europäischen   Zivilisation mit Beide Völker würden weiters das gehei­allen Kräften verteidigen"; es sollen unverzüge lich Verhandlungen über den Abschluß eines tul­turellen Abkommens eingeleitet werden. Den Ver­einbarungen wurde die Form eines Protokolls gegeben.

Graf Ciano   ist Montag nachmittag zur Be­richterstattung über die Ergebnisse feiner Befpre­Ciano war zwei Stunden zur Berichterstattung chungen von Mussolini   empfangen worden. Graf beim Duce.

Nur eine Straße noch frel...

Zähe Verteidigung Im Frontring um Madrid  Schwere Verluste der Rebellen

Madrid  . Der amtliche Regierungsbericht der Kavallerie des Obersten Monasterio durchge­meldet, daß den ganzen Sonntag an der Nord­und Westfront sowie auch im stabschnitt der Zentralfront Ruhe herrschte. Die Regierungs­truppen befestigen ihre Positionen im Abschnitt Loriana- Escamplero und zwangen die Aufstän

führten Operationen wurde Madrid   von der Ver­bindung mit dem Osten abgeschnitten. Madrid  disponiert nurmehr bloß über eine nach Valencia  über Tarancon führende Straße.

Nr. 250

Danzigs   Vergewaltigung

Warschau  . Wie die Polnische Telegra phen- Agentur meldet, ist der Generalkommissär Polens   in Danzig  , Minister Papé, nach mehrtägigen Aufenthalte in Warschau   nach Dan­ zig   mit neuen Instruktionen der polnischen Ne­gierung zurückgekehrt. Der Minister wird in Verbindung mit dem vom Völkerbundrat Polen erteilten Mandat dem Senat der Freistadt Dan­zig den Standpunkt der polnischen Regierung gegenüber den letzten Ereignissen auf dem Gebiete der Freistadt Danzig mitteilen und gleichzeitig beim Senat zwecks Beseitigung der durch diese Ereignisse verursachten Schwierigkeiten in Danzig  intervenieren. Aus dieser amtlichen Meldung geht hervor, daß sich Minister Beck entschlof. sen hat, in Erledigung der ihm vom Völkerbund anverizanten Mission beim Danziger Senate be­treffend die Einhaltung der Bestimmungen der vom Völkerbund garantierten Verfassung der Frei­stadt Danzig fowie wahrscheinlich auch wegen der Nepreffalien gegenüber den oppofitionellen Par­teien und schließlich wegen der Ignorierung des Völkerbundkommissars zu intervenieren.

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Der Artikeï unseres Berichterstatters ist ge­schrieben worden, ehe die vom Samstag datierte Warschauer Meldung ausgegeben wurde. Man wird die Fragen, mit denen der Artikel schließt, nunmehr also mit einiger Vorsicht freilich dahin beantworten können, daß Polen   doch intera venieren oder doch eine Intervention versuchen dürfte.

-m. Danzig  , im Oktober.

Danzig   im April 1935 erreichten die National­Bei den letzten Wahlen in der Freien Stadt sozialisten mit Hilfe der ganzen, riesigen Pro­pagandamaschine der Reichsregierung, der ihnen Danziger Polizei- und Verwaltungsapparates, zur Verfügung gestellt wurde, und mit Hilfe des der damals schon in ihrer Hand war, eine knappe Mehrheit. Die Zweidrittelmajorität, die zur Aenderung der demokratischen Verfaſſung not­wendig wäre, erhielten sie nicht. Kurz nach den auf Kosten der arbeitenden Klasse durch. Ein Teil Wahlen führten sie eine Währungsänderung allein ihrer Anhänger fiel daraufhin offen von ihnen ab, und seither bildeten die Anbeter des Hafenkreuzes nur noch eine Min­derheit in der Freien Stadt. Wiederholt stell ten die Oppositionsparteien Anträge auf Neu­wahlen, welche die Nationalsozialisten immer wie= der ablehnten.

Die Gewaltmaßnahmen der letzten Wochen und Monate, welche mit der Beleidigung und Boykottierung des Völkerbundkommissars began­nen und mit der Auflösung und Unterdrückung der Ende gefunden haben, sollen der Wehrheit der Sozialdemokratischen Partei noch nicht ihr Danziger Bevölkerung gegen ihren Willen die restlose Gleich schaltung mit de m Dritten Reich auf zwingen. Die Die Operation am rechten Flügel der Armee ser Versuch hat nicht nur örtliche Bedeutung, und Warschau  . Wie aus Kattowitz   gemeldet wird, dischen zum Rückzug, die schwere Verluste erlitten. des Generals Varela stellt eine Ergänzung tausend Einwohner der Freien Stadt um ihre sein Gelingen würde nicht nur einige hundert­swurden dort die am 22. Oktober begonnenen Be- Eine Abteilung der Aufständischen, die an diesem der zu Beginn dieser Woche durchgeführten Ope= sprechungen zwischen den Vertretern der Bergar- Orte operierte, hat mehr als 600 Mann verration dar, deren Ziel die Einnahme von Illescas Rechte bringen. Es iſt zugleich ein Schlag beiterorganisationen und des Verbandes der Soh- loren. An der aragoniſchen Front im Abschnitt war. Das Ergebnis diefer Operation könnte das gegen den Bölzer bund, der da inter­Tenindustriellen in der Angelegenheit der von den bei Tardiante haben die Regierungstruppen drei Schicksal der Hauptstadt Madrid   im Laufe eines nommen wird, denn der Genfee Rat iſt völker­Bergarbeiterorganisationen geforderten Kürzung neue Stellungen besett. Nördlich von Sierra Tages entscheiden. Auf Aranjuez   wurde kein An- rechtlich Bürge der Danziger Verfassung. Es ist der Arbeitszeit( von acht auf sechs Stunden täg- Guara haben die Wilizionäre einen heftigen griff unternommen. Die Stadt Aranjuez   ist auf ferner ein Schlag gegen Polen  , das nach lich bei unveränderten Löhnen) fortgesetzt. Nach Kampf begonnen. Im Sübabschnitt diefer Front Felsen aufgebaut, was ſeine Verteidigung sehr dem Friedensvertrag die Außenpolitik Danzigs  ganztägiger Verhandlung sind die Verhandlun=| opezieren katalanische Kolonnen aus Valencia   im erleichtert, so daß zu ihrer Einnahme sehr viel zu führen hat, während die Danziger National­gen definitiv gescheitert, da die Koh- Anschluß an die Zone von Teruel  . Menschenmaterial und große Anstrengungen er sozialisten ihre Politik natürlich gänzlich den Wei­Tenindustriellen unter teinen Bedingungen auf An der Südfront bombardierten die Flieger forderlich wären. Mit beiden sparen die Auf- fungen Hitlers   unterordnen. Ihre Führer spre= eine Kürzung der Arbeitszeit eingehen wollen. der Aufständischen Montero, es gelang ihnen aber ständischen. Sie operieren deshalb im Norden chen bereits öffentlich von der wiedergeivonne­Entgegen den Vorstellungen der Bergarbeiter nicht, die Stellungen der Regierungstruppen zu der Stadt und haben bereits alle Verbindungen nen Souveränität" der Freien Stadt und ge= organiſationen vertraten die Kohlenindustriellen ändern. An der mittleren Front nahmen ben die Aranjuez  ' mit Madrid   abgeschnitten. Die Ne- loben im gleichen Atemzug bedingungslosen Ge­den Standpunkt, daß eine Kürzung der Arbeits- Flieger der In der Ebene vor Madrid   wurden Aufständischen Die scheinbar nur innerpolitischen Maßnahmen Tants   in großem Ausmaß eingesetzt, die die in Danzig   tommen also praktisch einer Annegion Tätigkeit der Kavallerie mit großem Erfolg durch das Dritte Reich gleich. unterſtüßen.

zeit im Bergbau. einerseits die anhaltende Ar- Stellungen und Linien der Regierungstruppen beitslosigkeit im Bergbau noch mehr steigern und vor. Bei Fereguerinofa wurden die Aufständi eine derartige Verteuerung der Gestehungskosten fchen nach mehrſtündigem Kampf zurückgeschlagen. verursachen würde, daß von einem Sohlenexport Die Milizionäre leisten mit großer Entschloffen kaum mehr die Rede sein könnte. Infolge des heif den. wütenden Angriffen Widerstand, die sich Scheiterns der direkten Verhandlungen ist mit in diefen Abschnitten abspielen. Bei Siguenza  einer Intervention der Regierung zu rechnen. Die haben die Regierungstruppen die Stellung bei Bergarbeiterorganisationen haben bekanntlich den Allgora, befest und die Stellungen der Aufständi Beschluß gefaßt, für den Fall einer Ablehnung fchen wirtfam bombardiert, die diese in Sierra ihrer Forderungen nach Kürzung des Arbeitstages San Christobal eingenommen haben. im Kohlenbergbau im November einen Gene= ralstreik in der Kohlenindustrie zu pro­

flamieren.

Illescas.( Havas.) Der Sonderberichter­statter der Agence Havas meldet: Infolge der von Kolonnen der Aufständischen und insbesondere

gierungsartillerie entfaltete eine große Tätigkeit. horfam gegenüber dem deutſchen   Reichskanzler.

Im einzelnen werden gegen die drei Mehr­heitsparteien Danzigs   verschiedene. Methoden Baris. Eine halbamtliche Note dementiert angewandt, die ihrem sozialen Aufbau angepaẞt mit aller Entschiedenheit die in der ausländischen sind. Die bürgerlichen Deutschnationalen fucht Bresse verbreiteten Nachrichten, daß die Sowjet- man durch individuellen Terror mürbe zu machen. regierung Frankreich  , namentlich das Außen. Ihr Vorsitzender wurde zum Verzicht auf jede minifterium, um freie Disposition für fowjet politische Tätigkeit gezwungen, indem man alle ruffifche Schiffe in den franzöfifchen Häfen ersucht Aften seines Anwaltsbüros beschlagnahmte, ihm habe, damit die sowjetruffifche Flotte der Regie- nahestehende Personen verhaftete und ihn selbst rung in Spanien   Hilfe leisten könne. mit polizeilichen und gerichtlichen Strafen be­