Sosialdemokrat
ZENTRALORGAN
DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK
ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077, HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: KARL KERN, PRAG .
16. Jahrgang
Dienstag, 10. November 1936
Widerstand der Verteidiger ungebrochen
Die Brücken über den Manzanares- Fluß gehalten
Madrid . Der Rat für die Verteidigung der Stadt Madrid veröffent. lichte Montag mittags einen Bericht, in dem erklärt wird, daß alle Versuche der Aufständischen, in Madrid einzudringen, unmöglich gemacht wurden. Die Positionen im Süden von Madrid , welche am Sonntag auf Grund des starken feindlichen Druckes geräumt werden mußten, wurden wieder einge. nommen. Heftige Angriffe im Abschnitt Posuelo werden abgeschlagen.
Die bis Blattschluß aus verschiedenen Quellen vorliegenden Meldungen laffen erkennen, daß die Regierungstruppen längs des Ufers des Flusses Manzanares, der den südwestlichen Teil Madrids durchfließt, weiterhin er bitterten Widerstand leisten und ihre Positionen halten. Allerdings haben sie der Artillerie der Aufständischen fast keine Geschütze, sondern meist nur Ma schinengewehre entgegenzusetzen, die freilich gerade im Straßenkampf eine furchtbare Verteidigungswaffe find. Erbittertes Ringen
Der gelegentliche Berichterstatter des tschechoslowakischen Preſſebüros in Spanien fandt: am Montag ein Telegramm, das um 12.30 Uhr expediert und nach 20 Uhr durch Vermittlung einer Schiffsrundfunkstation in Prag eintraf. In dem Telegramm heißt es:
Die ganze Nacht hindurch wütete eine furchtbare Schlacht. Der Horizont war durch die ununterbrochenen Artillerieſalven ständig erleuchtet. Ueber der Stadt, die von den AufständischenFlugzeugen Bombarbiert wurbe, fanden heftige Luftkämpfe ftatt. Montag früh herrschte vollkomnene Ruhe, die nur von vereinzelten Kanonenschüffen unterbrochen wurde. Die Granaten gehen hauptsächlich in den südlichen Stadtvierteln nieber. An der Madrider Front ist die Situation unverändert.
Ein Madrider Havas- Berichterstatter sagt: An amtlichen Stellen ist das Bestreben offenbar, Ruhe zu bewahren und alle Kraft zur Konfolidierung der Positionen aufzu
wenden, was bereits in Carabanchel Alto gelungen ist. Die Regierungstruppen warfen fich in sehr guter moderner Ausrüstung unter Abfingung der Internationale auf die erste Linie der Aufständischen, die durch sechs Tanks verteidigt wurde. Ein junger Milizionär, heißt es in der Madrider Quelle weiter, hat unter Einfeßung seines eigenen Lebens vier Tanks Surch Granaten beschädigt. Den Regierungstruppen gelang es, bei Carabanchel Alto vorzurücken und die Aufständischen etwas zurückzudrängen.
von Bomben zu paralysieren. Der Mangel an Lebensbedürfnissen ist bereits längere Zeit fühlbar, die Teuerung ist gestiegen und die Fronten vor den Lebensmittelgeschäften werden länger. Es herrscht, wie der gelegentliche Berichterstatter des Tschechoslowakischen Presbüros mitteilt, hauptfächlich Mangel an Kohle, Kaffee, Bucker,
barauf hindeuten würde, daß die Aufſtändischen
in
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Nr. 261
tiefer in das Stadtinnere eingedrungen sind und und Stunden nicht schlüge für die Genossen auf daß die Kämpfe über den Manzanares dem verlorenen Posten von Madrid , der nicht voll In vorgetragen wurden. In Madrider diplo- Vangen und doch erhobenen Hauptes, voll Stolz matischen Kreisen ist man der Ansicht, daß das über soviel Heldenmut der Todesbataillone von Schicksal der Hauptstadt Spaniens sich in den Spanien , vor den Lautsprecher träte, nicht fienächsten Stunden entscheiden wird. bernd nach der Zeitung griffe, die Nachricht gibt von den Ereignissen in dem fernen, uns innerlich so nahen Spanien .
Die Regierung
zum Ausharren entschlossen Samstag abends hat General Franco die Valencia.( Havas.) Das Eintreffen der Besetzung der Stadt gemeldet. Sofort haben spanischen Regierung hat hier großes Interesse einige Pressekulis der Reaktion auch hierzulande geweckt. Nach einem Ministerrat wurde ein amt- sich bemüßigt gefühlt, ihre schmierigen Pfoten an licher Bericht ausgegeben, in dem es heißt, die den Toten und den Ueberlebenden der Kämpfe Regierung sei schweren Herzens nach Valencia ge- um die Hauptstadt Spaniens abzuwischen. Aber gangen, wollte aber die besten Bedingungen für der Triumph der Hinterlandshelden und feigen die Konzentrierung der Kräfte Leichenfledderer war immerhin verfrüht. Gewiß, aller Gebiete schaffen, die entschloffen sind, zur Madrid ist verloren, aber so rasch und glorreich, Verteidigung Madrids beizutragen. Zum Verlaf- wie es sich Franco und Valera und ihre Freunde fen der Hauptstadt sei die Regierung auch durch in den Stříbrný-, Henlein- und Hitler- Redaktiointernationale Rücksichten veranlaßt worden. Es nen vorstellten, geht der Einzig in die Metropole fei klar, daß die Aufständischen mit allen ihren Kräften bemüht find, Madrid einzunehmen und die gefeßmäßige Regierung gefangen zu nehmen, um so die Anerkennung der Aufständischen- RegieDas Kriegsbild der belagerten Stadt wäre rung zu erleichtern. Die Aenderung des Regieunvollständig, wenn nicht daß Detail angeführt rungsfiyes bedeute weder eine Flucht noch ein würde, daß vor einigen Tagen in den Madrider Nachgeben. Sie ist nur ein Beweis für das BeStraßen große Serben von Schafen streben, den Endsieg zu erringen. und Ziegen zu sehen waren, die in der Zahl von ungefähr 20.000 tie in die Cauptftabf gele Aufständischen melden: trieben wurden, um die Stadt in den ärgiten Augenblicken der Belagerung mit Fleisch zu verforgen.
Eiern usw.
6 Uhr abends: Neuer Angriff? Prag . Dem tschechoslowakischen Presbüro in Prag ist es gelungen, Montag um halb 8 1hr die telephonische Verbindung mit der tschechoslowakischen Gesandtschaft in Madrid herzustellen, von wo vor allem bestätigt wurde, daß die 15 tschechoslowakischen Staatsangehörigen, die von ben am meisten bedrohten Stadtteilen auf der Gefandtschaft Buflucht gefunden haben, sich in völliger Sicherheit befinden und unversehrt sind.
Kastiliens doch nicht vonstatten. Während Samstag schon die Ueberwindung der letzten Widerstände ausposaunt wurde, muß man Montag zugeben, daß in den Vorstädten, an den Brücken, in den Häuserblocks noch immer gekämpft, daß die Millionenſtadt Schritt für Schritt erſtürmt werden muß. Während die feigen Schmieranten in Berlin und Prag nur noch von Auflösung und Flucht redeten und sich der Behauptung erdreiste= ten, es stünden nur noch die roten( natürlich russischen") Tants im Kampf, während die Milizionäre geflohen feien, müssen dieselben Lügenwische Montag zugeben, daß die Marokkaner und Fremdenlegionäre einen schweren, blutgezeichneten Weg nach Madrid haben und daß der„ Befreier" und Nationalheros Franco wieder zu Fliegerangriffen auf das Stadtzen trum, auf Frauen und Kinder, übergehen mußte, um die Milizen moralisch mürbe
zu machen.
Die Meldungen der Aufständischen besagen, daß die Positionen der Aufständischen- Abteilungen am rechten Ufer des Madrider Fluffes Manzanares durch die Eroberung des Bahnhofes, des Gefängnistrantenhauses und der ganzen Zone Neal Cafa del Campo ergänzt wurden, was sechs Abteilungen der Aufständischen die Eröffnung des Angriffes auf das Zentrum der Stadt ermöglichte. Die Eroberung Madrids sei eine Frage weniger Stunden. Reuter meldet aus Lissabon , daß der nord- Was die Tanks und die Milizionäre betrifft, westliche Teil Madrids von marokkanischen Le- s liegen die Verhältnisse leider anders, als die gionären nach schrecklichem Kampfe unter Ein- bürgerliche Preſſe ſie ſchildert. Gerade die Tanks fegung vieler Tanks besetzt worden ist. Ein der Republikaner sind im Kampfe nicht eigentlich Seit ben Morgenstunden war heute hef Frauenbataillon der Regierungstruppen habe in zum Zug gekommen. Die Handhabung der moderses Artilleriefeuer zu hören der Nacht auf Montag bei einem heftigen Kampfe nen technischen Waffen, das Fahren mit Panzerwagen, das Manövrieren von Tankgeschwadern Gleichzeitig trenzten über Madrid Militärflug - in Cafa del Campo schwere Verluste erlitten. ( und im freien Felde hat nur der Masseneinsatz senge. Einige Artilleriegeschoffe schlugen auf dem Mit und ohne Königskrone einen Sinn), das Feuern aus dem fahrenden, in Hauptplatz von Madrid Puerta del Sol ein und eine Granate traf auch das Gebäude der Tele- Die spanischen Gesandtschaften in Berlin rasender Geschwindigkeit über die Geländehinderphongesellschaft. Ueber die genaue Lage tann man und Budapest sind zu der Regierung in Burgos niffe gleitenden Panzertvagen, wollen gelernt fich von der Gesandtschaft aus tein richtiges übergegangen und haben die rot- gold- rote Fahne und lange geübt sein. Nicht umsonst fordern die Bild machen, da die Fenster der Gebäude im allerdings ohne Königstrone- gehißt. Auch Militärs aller Staaten heute die längere DienstGesandtschaftsgürtel mit Brettern verschlagen die spanische Botschaft beim Heiligen Stuhl wurde zeit, die Ausbildung von Spezialisten und Anfind. Bemerkenswert ist jedoch, daß nach den von von Beamten der Burgos - Regierung über- Werbung von Berufssoldaten. Franco hat diese außen dringenden Geräuschen Montag abends nommen. Hier wurde jedoch die gelb- rote Fahne Berufssoldaten, abgesehen von den italienischen gegen 6 Uhr das Geschützfeuer aufgehört hat, mit der Königskrone gehißt. und deutschen Freiwilligen", die unter seinen wofür jedoch deutlich das Rattern der Ma Merito. San Salvador hat die Regie- Fahnen fechten, in den gut ausgebildeten Kolofchinengewehre zu vernehmen ist, was rung Franco anerkannt. nialtruppen. Die Miliz hat, nachdem sie sich endlich in ihren Arsenalen zur Not mit einigen Panzerivagen versorgt hat, teine zulänglich geschulte Bedienung. So ist der Gegenangriff der Milizen, und haben die unterminierte Toledo - und Segoviabrücke vermieden. Ihr Vormarsch wurde den sie zunächst in todesverachtendem Ansturm weit vorgetragen hatten, am Ende gerade deshalb durch Tanks vorbereitet. Die Artillerie der Auf- Warschau. In Gdingen fand Sonntag ein gescheitert, weil die modernen Angriffswaffen, ständischen ist zwischen den beiden genannten von über 20.000 Polen besuchtes Meeting statt, nationalsozialistischen Agitatoren provoziert. Die mit denen allein eine, mit Maschinengewehren Brücken poftiert und bombardiert die Umgebung in welchem ein scharfer Protest gegen die anti- Resolution schließt mit dem dringenden Appell an besetzte, Feldstellung überwunden werden kann, der Buerta del Toledo , wo viele Häuſer in Brand polnischen, Ausschreitungen der Nationalsozialisten die polnische Regierung, sie möge entschlof= berjagt haben. Die Berichte der Rebellen selbst In Südwesten verwenden die Aufändischen von mehreren Rednern, welche den hakenkreuz- Bolens auf dem Gebiete der Freien Stadt Danzig benlegionäre herankamen. Der unter schweren in Danzig beschloffen wurde. Nach Ansprachen fenauftreten, um die vergewaltigten Rechte gaben zu, daß die Tanks der Miliz gar nicht bis an die Feuerlinien der Marokkaner und Frem Terischen Terror in Danzig gegenüber der pol- wieder herzustellen und den Senat zur Einhal- Verlusten erfolgte Zusammenbruch der Gegennischen Minderheit aufs schärfste verurteilten, tung der übernommenen Verpflichtungen und der nahmen die Versammelten eine Resolution an, in unterfertigten Verträge zu verhalten. offensive hatte natürlich, da die Verbände dezimiert und aufgelöst waren, dann ein rasches Vorbringen der Feinde bis an die Tore Madrids jur Folge und Franco mochte geglaubt haben, daß er die Stadt nun einfach beseßen könne.
Anderen Nachrichten über die blutige Schlacht vom Sonntag zufolge stehen vier Kolonnen der Aufständischen von Nordwesten nach Südoften bis zur Toledo - Brücke. Die Aufständischen haben drei bis vier Divisionen mit dazu gehöriger Artillerie in den Kampf eingesetzt. Auf Seite der Regierung fämpfen 100.000 Mann, aber ohne Artillerie. Spät nachs haben sich die Aufständischen am linken Ufer des Manzanares
Fluffes rechts von der Toledo - Brücke eingegraben Gegen den Terror
geraten find.
ungefähr 15.000 Mauren zu den Kämpfen.
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Das Flieger- Bombardement der letzten Tage hat zwar eine durchgreifende Aenderung im Leben Hauptstadt, wo verursacht,
welcher u. a. konstatiert wird, daß der Danziger Senat durch sein Vorgehen den nationalen Stolz Rolens beleidigt und die nationale Minderheit mit Hilfe der aus Deutschland eingetroffenen
Im Kompensationsweg
gegen landwirtschaftliche Produkte
In der Verteidigung aber erwies sich, wie schon 1934 in Asturien , wie. Heuer in Irun , so nun auch in Madrid die spanische Volts armee als ein hartnädiger und an Mut und Todesverachtung nicht zu
trondem ist der Verkehr in den Hauptstraßen nur etwas schwächer, wenn auch Militärautos den Standort der Maschinengewehre nach Bedarf ieben Augenblick ändern. Borerst traten Aende- Wien . Ueber die neuen österreichisch- deut- höhung der gegenwärtigen Kontingente und die rungen in den Madrider Vorstädren ein, die ge- fchen handelspolitischen Verhandlungen berichtet österreichische Landwirtschaft wird im Falle der wneben meiſtens baß ber der ärmsten Klaffe angehören, mit Decken und die vom Geheimrat Dr. Clodius geführt wird, den Ab fat ihrer Produkte enthoben. Anderer- gegenwärtig in Madrid abspielt, diese Verteididem notwendigsten Bedarf im Zentrum der Stadt Borschläge vorbereitet hat, denen zufolge die Ein- feits foll Desterreich eine erhöhte Abnahme deut- gung der proletarischen Wohnviertel, der öffentZuflucht gesucht haben. Die Geschäfte mit fuhr österreichischer landwirtschaftlicher Produkte scher Kohle garantieren und Maßrahmen treffen, lichen Gebäude der Straßen und Brücken, erLuguswaren blieben geöffnet. nach Deutschland erhöht werden foll, und zwar bak die österreichische Aufrüstung innert in jeder Einzelheit an den Heldenkampf Nur die Auslagefcheiben wurden mit Papierstrei-| namentlich die Einfuhr von Milchprodukten, Vich unter Mitwirkung der deutschen der Pariser Communarden von 1871, die auch fen überklebt, um den Luftdruck bei der Explosion und Holz. Es handelt sich um eine mehrfache Er- Industrie durchgeführt werde. erst in ihren„ Quartieren" dem Feind zeigten,