Nr. 265

Der Personalmangel bei den Versicherungsgerichten und seine katastrophalen Folgen

In der Budgetdebatte befaßte sich Genosse Taub u. a. mit der Frage der Versiche rungsgerichte.

Das Justisministerium tenne die Verhältnisse und tue alles, um die Uebelstände abzustellen, doch scheitern diese guten Absichten an der Unmöglichkeit, die notwendigen finanziellen Mittel aufzubringen. Gerade hier wäre eine Abhilfe aber sehr dringend, da es sich um die Aermiten der Armen handelt, die auf die umstrittene Rente angewiesen sind. Bei den Versicherungsgerichten beträgt die Zahl der einges brachten Klagen 4577, die der nichterledigten ettvas über 600. Dagegen sind beim Oberversicherungsge­richt von 2538 Slagen zum 30. Juni d. J. 2026 unerledigt! So fann es nicht weitergehen und es ist unter allen Umständen notwendig, daß man die Ge­richte entsprechend ausstattet. Auch wenn nach der Statistit 80 Prozent der Klagen a bgewiesen werden, so geht es immer noch um die restlichen 20 Prozent, die zu ihrem Recht kommen wollen und auf die Rente warten. Dem Herrn Finanzminister müßte man flar machen, daß es Situationen gibt, in denen das Sparen ganz und gar nicht am Plage ist. Für Ausgestaltung

des Obersten Verwaltungsgerichtes Zu den Absichten, durch eine entsprechende No­Ivelle eine Entlastung des Obersten Verwaltungsge= richtes herbeizuführen, sagt Genosse Taub, daß durch eine Einengung der Kompetenz dieses Gerichtes, durch die Einschränkung der Berufungsmöglichkeiten, wohl die armen Schichten der Bevölkerung besonders getroffen würden. Deshalb müsse man den umge= tehrten Weg gehen und das Oberste Verwal fungsgericht berat a us   a eft a Iten, daß es ben Anforderungen wirklich gerecht werden kann. Auch Maßnahmen zur Erleichterung des Verfahrens wer den nottvendig sein. Redner verlangt weiters, daß auch die deutschen   Richter entsprechend berücksichtigt werden. Er regt auch an, die großen Gesezesvorla= gen, die in Vorbereitung sind, das Allgemeine Bür­ gerliche Gesetzbuch  , die Zivilprozeßordnung und das Pressegesez, zunächst einer Enquete von Juristen, Advokaten und Richtern zugänglich zu machen, die mit dem braktischen Leben in Verbindung stehen. Erst dann sollten sie zur varlamentarischen Verhand­lung gelangen..

Uebernahme in die Staatspolizei

Beim Kapitel Innenministerium wirft Taub die Frage auf, ob bei der Verstaatlichung der Polizei in einer ganzen Reihe von Städten nicht doch mehr Leute von der früheren Gemeindepoli­zei aufgenommen werden könnten. Das Innenmini­sterium war wohl bemüht, die Gemeindewachleute mit zu übernehmen, aber in einzelnen Fällen sollte man doch über das Maß dessen hinausgehen, was bis­her geschah, denn durch die Zurücksetzung der Ge­meindebeamten wird eine außerordentliche Verstim­mung hervorgerufen. Es ist selbstverständlich, daß nur staats treue Elemente übernom men werden. töunen. Die Polizeiorgane müssen aber auch die Sprache ber Bevölkerung sprechen, unter der sie leben, denn sonst kann ihre Arbeit nicht vollwertig sein.

Regierungssekretäre oder nicht?

Zu der vom Referenten aufgeworfenen Frage der Bestellung von staatlichen Gemeinde­setretären saat Taub folgendes: Wenn es sich barum handelt, Menschen zu bestellen, die die mili­tärische Agenda in den Gemeinden übernehmen sol­len, die vom Staat bezahlt werden und die auf die Autonomie der Gemeinde feinen Einfluß nehmen, so fann dagegen nichts eingewendet werden. Daß die militärischen Agenden auch in den Gemeinden einen ziemlichen Umfang annehmen werden, muß ja jeder sehen, der die Verhältnisse tennt. Ich hoffe aber, daß man bei der Auswahl dieser Personen keines­wegs die nationale Rugehörigkeit in Betracht zichen wird, sondern wirklich nur die staatliche Zuverlässig feit.

Samstag, 14. November 1936

Wenn Vater waschen müsste

... dann würde er sich an Radion erinnern, das rasch und gründlich die Wascharbeit leistet, denn er wird ja am Stammtisch so erwartet! Die kluge Haus­frau aber nimmt immer schon Radion, denn sie weiß, daß der Waschtag dann keine Plage ist!

D

RADION

RADION wäscht allein

Siebzigster Geburtstag

Der Gemeindevor: steher von Dorf Schneeberg bei Bodenba ch, Ge­noffe Josef Soma mer, vollendet am Sonntag, den 15. No­vember, sein siebzig= stes Lebensjahr. Gut die Hälfte dieser lan= gen Zeit steht der auch heute noch rüstige Ge­noffe im Dienste sei­ner Klasse als pflicht­treuer, stets dienstbe= reiter Funktionär de:

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Partei. Durch volle 28 Jahre steht er als Vor­steher an der Spitze der Gemeinde und dieses Amt in der kleinen und armen, nur auf das bißchen Fremdenverkehr angewiesenen Gemeinde mag ihm nicht immer leicht geworden sein. Genosse Som mer erfreut sich des absoluten Vertrauens der Ge­nossen und selbst die anständigen Gegner fönnen ihm ihre Achtung nicht versagen, was auch schon daraus hervorgeht, daß er 33 Jahre ununterbro chen Kommandant der Schneeberger Freiwil ligen Feuerwehr ist.

Wir nehmen den Ehrentag unseres Freun des gerne zum Anlaß, um ihm unsere herzlichsten Glückwünsche darzubringen und die Hoffnung auss zusprechen, daß ihm noch recht viele Jahre bei bestem Wohlbefinden beschieden sein mögen.

Der Präsident der Republik empfing am Freitag den italienischen bevollmächtigten Minister de Fascendis, ferner den scheidenden und den an­tretenden Militärattaché der Vereinigten Staaten  von Nordamerika   Oberst Gilmor und Major des Generalstabes Winslow, ferner den Professor der Agramer Universität Dr. Šišič und schließlich den Vorsitzenden des militärischen soziologischen Kreises Universitätsprofessor Dr. Josef Král.

Sudetendeutscher Zeitspiegel

Was sagte Robert Hohlbaum  

vor wenigen Tagen in Berlin  ?

Heute veranstaltet wir haben darauf be­reits s hingewiesen der Verband der de ittschen Akademiker" im Saal des Deutschen Handwerkervereines in Prag   einen Vortragsabend Robert Hohlbaum   3. Vor vier Tagen auch das stellten wir bereits fest sprach derselbe Herr Hohlbaum auf Ein­ladung des Nationalsozialistischen Studentenbundes und des Studenten­rings der NS.  - Kulturgemeinde in der Alten Aula der Friedrich- Wilhelm- Universität zu den Ver= Iiner. Studenten über Pflicht und Sendung des grenzdeut

chen Dichter 3". Wir haben für diesen Vortrag Hohlbaums einen Zeugen, der, obwohl von uns befragt, nicht einmal von den ,, loyalsten" Anhängern des Herrn Henlein angezweifelt wer­den dürfte: den Völkischen Beobach ter", der in seiner Nummer vom 12. November 1936 die Perlen Hohlbaums in Dreispalten­

Ausdehnung vor die Leser wirft.

und weiter:

,, Wie die Volkstumsnot der Nachkriegslage an den Grenzen nun jeden zu Entscheidung und Be­tenntnis zwang, kam für die Grenzlanddichter die Stunde ihrer Mission. Gegenüber der Dichtung

der Auslandsdeutschen sei..

Vom deutschen   Schulfunk

In der Zeit vom 6. Oktober bis 11. Novem­ber hat der deutsche   Schulrundfunk in Prag   drei­zehn Sendungen veranstaltet. Hievon entfiel die Hälfte auf die Oberstufe und brachte eine Repor= tage aus der Deutschen Landeskommission für Neben dieser zur Nächstenliebe erziehlichen Sen­Kinderschutz und Jugendfürsorge in Reichenberg. dung folgte dann ein Querschnitt durch die Oper Der Freischüt" von Weber, worin den hier also gibt der Völkische Beobachter" in wurde. Am 20. Oktober hatte sich der Schulrund­Kindern ein ideales Stück Musikerziehung geboten indirekter Rede direkt Hohlbaums Gedankengang funt auf die Wehr erziehung eingestellt. Am 27. Oktober wurde ein feierliches Programm zum sei die grenzlanddeutsche Dichtung Spina sprach zu der deutschen   Schuljugend. Staatsfeiertage ausgesendet. Minister Doktor der ewige Sehnsuchts ruf Am 29. Oftober erlebten die hörenden Kinder im der Harrenden vor den Geiste einen Ausflug in die alte Stadt Ezer. Toren Deutschlands  , daß am 31. Oktober trug ein dramatisiertes Märchen fie fich ihnen einmal den Gedanken des Weltspartages in die auftun.

wieder

Kein Zweifel also, daß es die Tore zu Hitz lerdeutschland find, auf deren Sich- Deffnen die Hohlbäume mit solcher Innigkeit warten, gleich. viel, ob sie sich einmal Oesterreicher   und ein ander Mal Sudetendeutsche nennen.

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Außer dem Innenminister sprachen im Aus­schuß am Freitag noch die Minister Dr. Dérer ( Justiz), Dr. Šrámek( Unifizierung) und Laut diesem Bericht trat Hohlbaum, für der erste Präsident des Obersten Verwaltungsters die Prager   Kommilitionen den heutigen fügen. Höchstens die Frage: wer dessen Empfang als eines sudetendeutschen Dich- Wir brauchen dem wohl nicht viel hinzuzu­gerichtes Dr. ch a. außer der Abend rüsteten, in Berlin   als eine Art Literatur- Loyalen" aus dem Lager Henleins diesen Am Nachmittag wurde die Schuldebatte er­öffnet, in der Schulminister Dr. Franke wart der großdeutschen kulturellen Verbunden- Herrn Hohlbaum für geeignet hält, nun in Prag  sprach. Die Sizung wurde erst spät nachts be- heit Deutschlands   und Desterreichs" auf, gefeierter vor den deutschen   Studenten zu sprechen, deren endet und die Aussprache auf Dienstag früh ver- Dichter der Grenzlandtragödie als schicksal nationaliſtiſcher Teil wahrhaftig, nicht zuletzt nach tagt. Aus Raummangel müssen wir einzelne after Aufgabe". Herr Hohlbaum iſt, an Hand der Affäre Kelſen  , ohnehin genug auf dem Kerb dieſer Erposés und auch das sehr intereſſante Re- seines Berliner   Vortrags, dem Völkischen Beob- holz hat und die dringendst eine ganz andere Er­ferat des Berichterstatters Dr. Macek zum Schul- achter" Gewährsmann dafür, tapitel für morgen zurückstellen.

Exportförderung

,, daß die Sehnsucht der Jungen jenseits der Grenze Deutschlands   inniger beschwor, als der Deutsche   im Reich",

denn:

,, der Grenzlanddeutsche hatte kein Vaterland. Aber wenn er das Wort aussprach, sprachen es bie Jahrhunderte mit ihm, und es leuchtete wie der Gral."

[

ziehung brauchen, als sie Herr Robert Hohlbaum  , der Mann mit dem ewigen Sehnsuchtsruf nach Hitlerdeutschland, zu bringen in der Lage und willens ist!

Verboten!

Wie wir bei Blattschluß erfahren, wurde der Vortrag von der Polizei doch im letzten Moment, verboten.

Deutsche   ehrend gedenken müsse. Herr Proksch Dieser Kampf erforderte Opfer, deren der vergaß dabei auch nicht auf den Helden Schla geter", in dem er offenbar den gleichen Helden sieht. Nachdem er noch seiner Befriedigung Aus­druck verliehen hatte, daß es in Deutschland   nicht amber3 détommen ware, lie in Spanien  , wenn das nicht verhindert worden wäre, rief er mit erhobener Stimme: Wenn ich euch von solchen Helden erzählte, dann müßt ihr habtacht stehen!" und tatsächlich standen die Mädchen eine halbe Stunde zu Ehren dieser Toten, bevor in den eigentlichen Unterricht eingegangen wurde.

Im Ministerrat Fürsorgeaktionen weiter verlängert Prag  . Im freitägigen Ministerrat wurde ber Bericht der beteiligten Ministerien über die Vorbereitungen für die fünftige Regelung der Einfuhr und ihrer handelspolitischen Ausnüßung Eine verwechselte Totenehrung bei der Exportförderung im Rahmen der Her­stellung intensiverer wirtschaftlicher Beziehungen Im ersten Jahrgang der Mädchenbürger­der Tschechoslowakei   mit dem Auslande erstattet. schule in Tür mit veranstaltete am 9, Novem­Nach Abschluß dieser interministeriellen Borbe- ber, dem Tage, an dem der Nazirundfunk des ratungen wird sich mit dem Elaborat ehestens das Dritten Reiches   die Welt an den Bauchrutsch des fid, it but afterat e feta basilien stovember 1928 in Wündjen erins Bewilligt wurden ferner die erforderlichen nerte und allivo 16 Geführte zum Ruhm und Mittel zur Durchführung der produktiven der Ehre des Führers" ihr Leben lassen muß Arbeitslofen fürsorge durch In- ten, Herr Fachlehrer Protsch vor Schulbeginn vestitionsarbeiten der öffentlichen Bauherren und ebenfalls eine Totenehrung. Er leitete die Feier gemeinnützigen Sorporationen sowie weiters zur zunächst mit einem Goethe- Zitat und einer Vor­Durchführung der staatlichen Ernäh- lesung aus einem Buche ein, dessen Umschlag ein rungsaktion für Arbeitslofe großes Eichenblatt zierte und das nunmehr un- Daß sich mit diesem sonderbaren Lehrstoff and der Milch attion für die Kinder auffindbar sein soll. Er erzählte daraufhin den und dem gleichfalls sonderbaren Fachlehrer einer Arbeitslofer in einem weiteren Zeitraum. In Kindern von dem Zusammenbruch Deutschlands   Schule in der Tschechoslowakei   noch die Schul­Analogie zum Vorjahr wurde sodann die Durch im Jahre 1918, wo angeblich die Bolschewisten behörde beschäftigen dürfte, ist klar, aber auch die führung der Ernährungs- und Bekleidungsaktion Lande das ganze Reich zerstören wollte und wo es Eltern werden nicht dulden, daß unsere Schulen für die Kinder Arbeitsloser und turzarbeitender nur der Tapferkeit der wahren Deutschen  " zu zu Brutstätten faschistischer Gewaltanbetung Familienernährer im Winter 1936/37 genehmigt, danten war, daß Deutschland   gerettet wurde. werden.

Schulklassen. Der 3. November brachte eine nicht!" einen Vortrag, eine Reportage aus einem Tierschußsendung Vergeßt die Tiere Tierasyl und heitere Szenen nach Tiergeschichten friedenstage Minister Dr. Krofta und Professor von Kyber. Am 10. November sprach zum Welt­Longin bot Bruchstücke aus Schillers Lied von der Glocke". Auch die Sendungen für die Unterstufe hatten start erziehlichen Charakter. Ein Märchen Hört, Kinder, helft!" warb für den Kinderschutz­monat. Die Bremer Stadtmusikanten" stellten sich in einer glücklichen Bearbeitung heiter und munter vor. Dann flangen Herbst lieber, die den Kindern neu und uns Erwachsenen so al vertraut find. Für den Tierschuß und auch für

den Sachunterricht gut zu verwenden waren die Hörszenen von Bergmann über das Pferd. Und dem Herbstwetter entsprechend schloß sich als lette Sendung In der Spielstube" an, wobei den Kindern gezeigt wurde, wie auch im heiteren, selbstvergessenen Spiele Sinn und Gefühl sein fönnen.

Die Gattin des Präsidenten der Republik, Frau Hanna Beneš, besuchte gestern nach­mittags die Frauenarbeiten Aus= stellung im Deutschen Haus in Prag  , die vom anstaltet wurde und die der Bekleidungs­Deutschen Kulturverband ver­aktion gewidmet ist. Frau Benes widmete nach eingehender Besichtigung der ausgestellten Frauenarbeiten einen namhaften Betrag der Bekleidungsaktion des Kulturverbandes.

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Budapest felert Clano Budapest. Der italienische Außenminister Graf Ciano   traf mit seiner Begleitung Freitag mittags im Sonderzug aus Wien   hier ein. Auf dem Bahnhof hatte sich der Ministerpräsident und der Außenminister zur Begrüßung eingefunden. Vor dem Bahnhof brachte eine große Menschen­menge dem Gast begeisterte Ovationen dar. Am Nachmittag besuchte Ciano   das Parlament; als er während der Sitzung in der Diplomatenloge erschien, wurden ihm gleichfalls große Dvationen Buteil,