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Sosialdemokrat
ZENTRALORGAN
DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK
ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077 HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: KARL KERN, PRAG .
16. Jahrgang
Donnerstag, 3. Dezember 1936
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Weltgeschichte im Unterhaus...
Im Laufe des Mittwoch sind von den verschiedensten Presbüros, die ihre Berichterstatter in Spanien haben, alarmierende Berichte eingelangt, die von der Landung einer größeren Zahl deutscher ,, Touristen" in Spanien wissen wollen. Die Zahlenangaben schwanken zwischen 4000 und 10.000. Einige Meldungen behaupten, daß es sich um das 9. Garde- Regiment ( Potsdam ) handle. Daß es einfache Touristen wären, glaubt natürlich niemand und selbst das DNB, das ein amtliches Dementi bringt, toagt sich nur bis zu der Feststellung vor, es könne sich höchstens um ,, Freiwillige" handeln, nicht aber um reguläre Truppen. Wenn man andererseits die bedenkliche Lage Francos vor Madrid erwägt und an Hitlers konkrete Zusage denkt, er werde eine Niederlage Francos nicht dulden, sondern ihn praktisch unterstützen, so wird man der Nachricht von der Entsendung einer größeren Truppen, macht, die natürlich als Touristenflub oder als Freiwilligen- Bataillon getarnt wird, als durchaus ernst und glaubwürdig ansehen. Sind doch schon in den letzten Tagen neben Flugzeugen und Tanks bekannter Herkunft von Madrid neue 21- Zentimeter- Langrohr- Geschüße aufgetaucht, die zweifellos deutscher Herkunft sind und deren ballistische Leistungsfähigkeit in dem Versuchslaboratorium des neuen Weltkrieges", eben an der ſpaniſchen Hauptstadt erprobt werden soll. Im englischen Unterhaus befaßte sich Eden mit den Freiwilligen im spanischen Bürgerkrieg und wandte sich ganz allgemein gegen ihr Auftreten, das den diplomatischen Zündstoff vermehre. Der Nichteinmischungsausschuß hat beschlossen, Freitag einen Unterausschuß mit der Angelegenheit zu befaffen. Am treffenosten hat wohl die Abgeordnete Wilkinson ( Labour- Party) die Sachlage charakterisiert, als sie den Außenminister fragte, ob es angesichts der sich entwickelnden Kämpfe zwischen den europäischen Mächten auf spanischen Boden nicht das richtigste wäre, Spanien von allen Spaniern zu evakuieren und die fremden Divisionen ihre Schlachten allein austragen zu lassen.
Die Kampflage vor Madrid wird durch die wachsende Initiative uns Angriffstraft der Volts miltzen gekennzeichnet. Im Universitätsviertel ha ben die Milizen nach schweren Kämpfen die Oberhand gewonnen. Auch in den Lufttä fen zeigen fich die Milizionäre den Rebellen mehr und mehr gewachsen. Wenn Franco nicht tatsächlich den angekündigten deutschen Entsaz binnen wenigen Tagen erhält, wird seine Lage in kurzem äußerst schwierig werden.
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Bei Hitler haben neuerlich Beratungen stattgefunden, in denen der Führer" vornehmlich über Spanien gesprochen haben soll. Es verlautet, daß die Reichswehr und Schacht heftig gegen eine noch stärtere Einmischung in Spanien opponieren, da Deutschland , den möglichen Folgen eines solchen Unternehmens weder militärisch noch finanziell gewachsen sei.
und wurden kampfunfähig. Es ist bisher nicht bekannt, welches Gas die Aufständischen verwen= den.
Madrid.( Havas.) Der amtliche Bericht des Kriegsministeriums meldet, daß im mittleren Teil der Front die Regierungstruppen mit den Aufständischen einen heftigen Kampf zu bestehen hatten. Schon in den ersten Morgenstunden griff die Artillerie der Regierungstruppen die feind lichen Positionen an und es gelang ihr, die Abteilungen der Aufständischen, die Dienstag einen Angriff unternahmen, in Verwirung zu bringen. Die Regierungstruppen unternahmen einen Angriff auf den Abschnitt Huesca und Pozueo und es gelang ihnen, die Aufständischen aus
SAI und IGB
Exekutive einberufen
Paris . Für Freitag sind nach Paris zu einer gemeinsamen Beratung der Volkszugsausschuß der zweiten Internationale und der Generalrat der Allgewerkschafts- Internationale einberufen worden, um ihren Standpunkt zu den Ereignissen in Spanien einzunehmen.
ihren Stellungen zu vertreiben. Die Regierungstruppen konnten hierauf auf Cafa Quemeda und Carabitas vorrüden. Ein dreimotoriges Flug ber Aufständischen wurde abgeschoffen. deug be Madrid.( Fabra.) Flugzeuge der Aufständischen bombardierten die Stellungen an der
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Nr. 281
Ein Genosse berichtet uns über eine WienReise: Die Atmosphäre des Unbehagens, die über Oesterreich liegt, teilt sich dem ausländischen Besucher auch dann sofort mit, wenn er mit größter Unbefangenheit an die Prüfung der Verhältnisse und der Stimmungen geht. Man hört auf den Gehsteigen oder an den Straßenbahn- Haltestellen die kritischesten politischen Bemerkungen, für deren Aeußerung man in anderen Ländern schwer bestraft würde. Die Umstehenden stimmen ge= wöhnlich in das Schimpfen gegen die Regierung ein, Naderer haben in der Regel auch bei den Po lizisten wenig Glück. Die amtshandeln nur, wenn sie müssen.
Die Regierung genießt bei einem großen Teil des Volkes keine Achtung. Am Montag sollte es eine Parade des Bundesheeres vor Horthy geben. Die Parade war wegen schlechten Wetters abgesagt worden, aber der Marsch der Truppen durch die Stadt wurde durchgeführt. Hat man einmal Gelegenheit, etwa in Prag einen Vorbeimarsch der Truppen zu sehen, ist man beeindruckt von dem warmen Interesse, welches den Soldaten entgegengebracht wird. Nicht Gleichgültigkeit war das, was die Wiener Bevölkerung bei dem Truppenaufmarsch äußerte, sondern haẞerfüllte Feindseligkeit. Selbst die Polizisten, die das schüttere, immer wieder auseinanderlaufende Spalier auf österreichisch - schlampige Art bewache ten, sparten nicht mit kritischen und ironisierenden Bemerkungen.
Madrider Front und den Bahnhof Bozuelo. Eine Mündungen im Feber 1934 die Granaten gegen
Sappeurabteilung der Regierungsmiliz hat in ber Universitätsstadt das Krankenhaus in die Luft gesprengt, in dem sich die Aufständischen verbarrikadiert hatten. Regierungsflugzeuge bombardierten den Bahnhof in Algeciras und setzten einen Zug der Aufständischen mit Kriegsmaterial in Brand. Auch der Flugplatz füdöstlich von Sn= lamauca ist von Regierungsflugzeugen bombar
diert und ein Hangar in Brand gefcht worden.
Paris.( Havas.) Der französischen Negierung ist die offizielle Information zugegangen, daß auf Grund der Beschwerde der spanischen Regierung in Valencia der Völkerbundrat zu einer Tagung in der Zeit vom 10. bis 17. Dezem. ber einberufen wurde.
Transport- Kontrolle
Telegramm erinnert del Vayo daran, daß sich durch den Vertrag vom 7. Feber 1923 die Nepubliken Costarica , Guatemala , Honduras , Niuaragua und Salvador verpflichteten, keine RegieLondon.( Reuter.) Einer der sechs Abge- rung anzuerkennen, die aus einem staatlichen ordneten des britischen Unterhauses, die die spa- Umsturz hervorgegangen ist, insolange die legale nischen Kampfplätze besuchten, James, erklärte Regierung am Nuder ist. Im Jahre 1982 untergestern im Unterhause, daß, wenn es nicht zu ir zeichneten 19 amerikanische Staaten eine Erklägendeiner Intervention in Spanien komme, es rung, in welcher sie bestätigen, kein Land anzuals sicher anzusehen sei, daß der spanische Bürger- erkennen, welches durch bewaffnete Straft erobert krieg sich tatsächlich zu dem verkündeten Kampf wurde. Der spanische Minister betont, daß die auf Leben und Tod entwickeln werde, da beide Erklärung aus dem Jahre 1932, welche das Prin- London . In dem nach der Sitzung des NichtBarteien unerbittlich entschlossen sind, die andere zip der staatlichen Oberhoheit anerkennt, in Hin- einmischungsausschusses ausgegebenen Stommu Partei bis auf den letzten Mann niederzumachen. blick auf die Tatsache, daß die Balearen niqué heißt es, daß der Ausschuß die britische ReBeiben Parteien werden ständig bedeutende Un- von fremden Kräften befebt gierung ermächtigt habe, in Balencia und Burgos terstützungen sowohl materieller als auch mora- find, aktuell ist. In dem Telegramm wird auch Vertreter erklärte, er könne für diesen Antrag nicht lischer Art aus dem Auslande zuteil. James an den Vertrag vom 10. Oktober 1983 erinnert, nien zu Lande vorzulegen. Der portugiesische fügte hinzu, daß er die internationale Freiwil- durch welchen die Signatare auf militärische Ein- einen Plan der Kontrolle aller Zugänge nach Spaligenbrigade, die auf Seite der Regierungstrup- griffe in fremden Staaten verzichten. stimmen, doch wurde der Antrag trotzdem ange= pen kämpfe, gesehen habe; es handle sich hier um nommen. Der Vorsitzende des Ausschusses, Lord eine wirklich er ft klaffige Kampf for= PIymonth, erklärte, die britische Regierung mation, die mit großem Mute, aber auch mit Madrid. ( Havas) In Madrid sind Nach sei mit der Wirkungsweise des Nichteinmischungsgroßer Wildheit kämpfe und daß nur dieser For- richten eingetroffen, daß bei der Explosion von abkommens nicht zufrieden und schlage den ande mation die Nettung Madrids tatsächlich in den Granaten der. Aufständischen im Abschnitt Huren Regierungen vor, nach britischem Beispiel die mera und Pozuelo weißliche Dämpfe beobachtet Notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, durch die Der Neuterkorrespondent in Madrid tele- wurden. Die Regierungsfoldaten, die diese der Transport von Munition und Waffen in die phonierte Dienstag abend nach London , daß der Dämpfe einatmeten, erlitten Gasvergiftungen spanischen Häfen verhindert werde. fürchterliche Ueberfall der Aufständischen auf das
letzten Minuten zu danken war.
Universitätsviertel der Stadt in der Nacht auf
Giftgas?
vorgestern von der Regierungsmilis und ben Protest gegen den Freiwilligen zurückgeschlagen wurde, baß die Re- deutschen Vertragsbruch
gierungsformationen ihre Positionen behaupten
Das Volk aber sah die Kanonen, aus deren den Mary- Hof, das Ottakringer Arbeiterheim und andere Gebäude geflogen waren. Eine vom Feind eroberte Stadt muß ohnmächtig und voll Wut den Durchmarsch der feindlichen Armee erdulden: das war der Eindruck, den der Aufmarsch des Bun desheeres hervorrief.
Dies ist eine Armee, deren Kriegstauglichteit zu bestreiten ist. Sie ist nur gegen den inne ren Feind" zu verwenden; für dessen Niederhal tung genügt die Bewaffnung und technische Ausstattung, die da zu sehen war. Die Motorisierung des Heeres ist nicht sehr weit fortgeschritten. Die Miniaturtants sind zwar alle mit einer Totentopffahne geschmückt, fönnen sich aber höchstens gegen unbewaffnete Volksgenossen behaupten. Verglichen mit den Waffen, die etwa die tschechoslowakische Armee am 28. Oktober gezeigt hat und mit der Straffheit der tschechoslowakischen Trups pen wirkte dieser Armee- Marsch durch Wien ein wenig lächerlich. Aber Schuschniggs Bundesheer ist ein blutig- ernster Fattor der österreichischen Regierung neben der Polizei zur Verfügung steht. Innenpolitik, der einzige allerdings, welcher der Immerhin: mit Bajonetten läßt sich in gewissen Zeiten auch gegen achtzig oder neunzig Prozent des Volkes regieren.
Allerdings beruht dieses Regieren zum nicht geringen Teil auf einer Täuschung. Denn als attiver Regierungsgegner kommt der Nationalsozialismus nach dem 11. Juli nicht in Betracht. Er hat es kaum mehr nötig, sich von der kämpferischen Seite zu zeigen. Bei den jungen nationalsozialistischen Heißspornen, die hie und da ver
haftet werden, handelt es sich um Leute, denen das Tempo des nationalsozialistischen Fortschritts zu langsam ist.( Sie riskieren übrigens nicht viel, denn die Intervention Glaise- Horstenaus gibt ihnen in der Regel sofort die Freiheit wieder.). Die flügeren Nationalsozialisten aber, die in dei tonnten und daß es ihnen endlich gelungen fei, Prag . In Angelegenheit der am 14. No. vorzurücken und einen Teil der Krankenhausge- vember erfolgten einseitigen Berlegung der inter . Warschau . Die gestern eröffnete General: Bürokratie fiben, begnügen sich mit dem Bea wußtsein, daß die nationalsozialistische Durch bäude und der Kliniken zu befehen, die die Uni- nationalen Verpflichtungen betreffend das Re- Budget- Debatte im Sejm brachte Beschwerden bringung Desterreichs sicher fortschreitet. Und sie versitätsstadt beherrschen. In der Nacht auf gime auf den Wafferwegen in Deutschland über- darüber, daß in der Erklärung des Ministerpräs tragen das ihre dazu bei, so daß die Papen- Rolle Mittwoch unternahmen die Milizionäre immer reichte Außenminister Dr. Kamil Krofta bem sibenten Skladkowski Danzig nicht erwähnt Schuschniggs immer offenbarer wird. Mit dem wieder Angriff auf Angriff in dem Bestreben, eutschen Gesandten Eisenlohr eine Note, in wel. wurde. Abgeordneter Dudzinsti aus Posen er- Ergebnis, daß auch der„ kleine Mann", der Gedaß ganze Univerſitätsviertel in die Hand zu beher die tschechoslowalische Regierung das Be- flärte, daß die Rechte Polens in Danzig auf das werbetreibende, der Angestellte und der Staufbauern über dieses einseitige Borgehen der deut- Schwerste bedroht erscheinen und erklärte, daß mann ihre Sympathien der nationalistischen Befchen Regierung ausspricht, gegen dasselbe prote- der Sejm die Pflicht habe, alle Gefeßentwürfe wegung zuwenden. Sie glauben, den Haß gegen ftiert und gleichzeitig ihrem pofitiven Standpunkt zu genehmigen, die sich auf die Steigerung die Regierung dadurch am besten und mit der sur Inftitution der internationalen Ströme der Abwehrfähigkeit des Lan größten Erfolgsaussicht ausdrücken zu können. formuliert. bes beziehen. Auch der zweite Abgeordnete aus Zu gleicher Zeit haben die großbritan. Posen, Surzinsti, erklärte, daß die polnische Dr. Schmidts Berliner Verhandlungen ha nifche und die französische Regierung in Deffentlichkeit durch die letzten Ereignisse in ben der Förderung des österreichischen FremdenBerlin im gleichen Sinne protestiert. Danzig beunruhigt sei. verkehrs durch die reichsdeutschen Stellen gegol
tommen.
Balencia.( Havas.) Anläßlich der Panames rikanischen Konferenz sandte der spanische Außenminister del Bayo an den Präsidenten der Ver einigten Staaten von Amerika ein Glückivunschtelegramm zu seiner abermaligen Wahl. In dem
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