Sosialdemokrat
ZENTRALORGAN
DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK
ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077 HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: KARL KERN, PRAG .
16. Jahrgang
Freitag, 11. Dezember 1936
Einzelpreis 70 Heller
( einschließlich 5 Heller Porto)
Abdankung vollzogen
Eine denkwürdige Parlamentssitzung Das Unterhaus billigt Baldwins Politik Worte größter Achtung für Eduard VIII .
Donnerstag nachmittags um 16.45 Uhr gab das Reutersche Büro be. kannt, daß König Eduard VIII . auf den Thron verzichtet habe. Sein Nachfol ger wird Albert, Herzog von Vork.
Das Unterhaus war vollbesetzt, als der Königlichen Hoheiten dem Herzog von York, dem SerSpeaker die Botschaft des Königs verlas, die fol- zog von Gloucester und dem Herzog von Kent. genden Wortlaut hat: Ich würdige auf das Tiefste die Gesinnung der Ap pelle, die an Mich herangetragen worden sind, eine andere Entscheidung zu fällen. Ich habe, bevor ich Meinen endgültigen Entschluß gefaßt habe, ihn auf das Gründlichste erwogen, aber ich habe meinen Entschluß gefaßt. Darüber hinaus muß jede weitere Verzögerung höchst schädlich für die Völker sein, denen Ich versucht habe, als Prince of Wales und als König zu dienen und deren Wohlstand der ständige Wunsch Meines Herzens ist. Ich nehme Abschied in der zuversichtlichen Hoffnung, daß der Kurs, den Jch für richtig halte zu befolgen, derjenige ist, der der beste für die Stabilität des Thrones, das Reich und für das Glück Meiner Völker ist. Ich empfinde auf
,, Nach langer und sorgfältiger Erwägung habe ich mich entschlossen, auf den Thron zu verzichten, den ich nach dem Tode meines Vaters bestiegen habe, und ich teile nunmehr diesen meinen endgültigen und unwiderruflichen Entschluß mit. In der Erkenntnis der Schwere dieses Schrittes kann ich nur hoffen, daß ich von meinen Völkern verstanden werde bei der Entscheidung, die ich getroffen habe, und wegen der Gründe, die mich veranlaßt haben, sie zu fassen. Ich will mich nicht über meine privaten Gefühle äußern, aber ich bitte, daß man sich daran erinnern möge, daß bie Last, die ständig auf den Schultern eines Souve räns lastet, so schwer ist, daß sie nur unter anderen Herſtänben getragen werben fann, als benen, in fuels chen mich jest befinde. glaube, ich gebracht Pflicht nicht vernachlässige, die auf mir angesichts des öffentlichen Interesses, lastet, denn ich erkläre, daß ich mir dessen bewußt bin, daß ich diese schweren Auf
Ich wünsche dringend, daß keine Verzögerung bei der Infraftsehung des von Mir unterzeichneten Staatsaltes eintritt und daß alle notwendigen Schritte sofort ergriffen werden, damit Mein rechtmäßiger Nachfolger, Mein Bruder, der Herzog von Vort, den Thron besteigen fann."
has the fine on, auring, bis( ie mit fete signées du medjen, i fie mi fet entgegen, au misen haben, baß stabinett, Bartament und
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steigung, und von der ich weiß, daß fie in vollem Um Tradition der Gesellschaft über den rebellifchen fange auf meinen Nachfolger übertragen werden wird. Geist Eduards VIII. triumphiert haben.
gaben nicht länger mehr wirksam oder mit einer Be Die Stimme Englands
friedigung für mich erfüllen kann. Ich habe daher diesen Morgen die Abdankung in folgenden Worten unterzeichnet:
London. ( Reuter.) Ministerpräsident Baldwin fagte in seiner Sundgebung, die der Verlesung der Botschaft des Königs folgte u. a.:
" Ich, Eduard VIII . von Großbritannien , Irland und den britischen Dominions, König ..Ich möchte gerne vorausschicken, daß der König, als er noch Prinz von Wales war, mir viele BeKaiser von Indien , erklärte hiermit meinen un- weise seiner Freundschaft gab, die ich hoch einschäße. widerruflichen Entschluft, auf den Thron für Es war dies nicht nur eine Freundschaft zweier Män mich und meine Nachfolger zu verzichten, und ner, sondern eine tiefe und gefühlsmäßige Freundmeinen Wunsch, daß dieser Abdankungsakt so- schaft. Gerne möchte ich auch dem Unterhause sagen, fort wirksam werden soll. Zum Zeichen hierfür baß- als wir uns am Dienstag abends im Belvedere Lebewohl sagten, wir beide das Bewußtsein habe ich eigenhändig an diesem zehnten Dezem- und das Empfinden hatten und wir sagten uns ber 1936 in Gegenwart der beigefügten Zengen unterzeichnet".
dies auch, daß diese Freundschaft durch die Diskussion in den letzten Wochen nicht unter brochen worden ist."
aweifle, ob eine einmal verlorene Achtung wieder errungen werden könnte. Dieser Gesichtspunkt bildete die Grundlage meiner Unterredungen, bei welchen ich meine gesamte Besorgnis und hierauf auch meinen Wunsch zum Ausdrud brachte, derartigen Kritiken jede Ürsache zu nehmen.
Der Entschluß zur Abdankung
Nr. 288
Thronwechsel in England
In dem größten Imperium der Neuzeit, dem englischen Weltreich, das nahezu ein Drittel der Landmasse der Erde umfaßt und dem jeder vierte Mensch dieser Welt untertan ist, tritt der König zurück, der erst im heurigen Jahre zur Regierung gelangte, wobei als äußerer Anlaß die Tatsache erscheint, daß er bei der Wahl seiner Frau einzig und allein der Stimme seines Her= zens folgt, ohne Rücksicht darauf, was die Regierungen seiner 500 Millionen Menschen zählender Länder dazu sagen.
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Die gegenwärtige hochkonservative Regierung Englands sowie eine sensationslüsterne Presse beider Erdhälften haben es verstanden, aus Die Sigung des Unterhauses bot, obwohl der Frage der Königsheirat eine Hochpolitische fich die Mitglieder des Parlaments jeder lärmen- Affäre zu machen und den Anschein zu erwecken, den Kundgebung enthielten, ein dramatisches es hänge der Fortbestand des Reiches davon ab, Bild. Die feierlichen Flosteln, mit denen Mr. ob der König Frau Simpson heirate oder nicht. Baldwin und der Speaker ihre Reden begleiteten, Man muß deswegen daran erinnern, wie die die gespannte Erwartung und tiefe Erregung der ganze Angelegenheit entstanden ist. Derjenige, der Deputierten, die aufrichtigen und menschlichen die Dinge ins Rollen gebracht hat, war Herr Worte der Botschaft des Königs und die ebenso Dr. BI un t, Bischof von Bradford , der dem Köoffenen und mannhaften Worte Baldwins form- nig Mangel an Kirchenglauben vorwarf, in dem ten sich zu einer Szene von Shakespeare 'scher er sagte, einige unter uns hegen den Wunsch, daß Größe. Das Haus war sich der historischen Bedeu- er( der König ) positivere Anzeichen dieses Ve= tung des Augenblids bewußt. Bedeutet doch, was wußtseins( nämlich jenes die Gnade Gottes zu sich heute noch gar nicht zur Gänze übersehen läßt, benötigen D. Red.) an den Tag lege". Als zweider Thronwechsel vielleicht den endgültigen ter erschien auf dem Kampfplaß der Erzbischof Verzicht der Dynastie, die Rolle des von Canterbury , der dem König drohte, er werde Königtums zu ändern, aus dem dekorativen ihm nicht das Abendmahl reichen, worauf die Tä„ King in Parliament" einen aktiven Regenten tigkeit Baldwins einsetzte, der den König zu berger entscheidung bedurfte es nicht es fann für England gute oder rascher Entscheidung in der Frage der Heirat etwa deswegen, weil Frau Simpson teine Prinzessin von Geblüt ist. An eine solche Vorschrift ist tein englischer König gebunden war doch die große Elisabeth die Tochter einer zur Köni gin erhobenen Bürgersfrau. Der König ist bei der Wahl seiner Frau nur daran gebunden, daß sie der englischen Hochkirche angehören muß. Frau Simpson ist zwar römische Katholikin, aber der Glaubenswechsel ist bei Fürstenheiraten ettvas durchaus Gewöhnliches. Was die Heirat des Kö nigs erschwert hat, ist vielmehr der Umstand, daß Frau Simpson geschieden zweimal geschieden ist und nach dem anglikanischen Kirchenrecht eine Ehe nicht ohne weiters so gelöst werden kann, daß der oder die Geschiedene eine zweite She eingehen können. Diese Schwierigkeit wurde nun von der Regierung Baldwin dazu benüßt, den König in eine Lage zu bringe, aus der er teinen Ausweg wußte als die Abdantung. Welche Motive die Regierung dazu bewogen, geht aus einem Ergebnis hervor, das sich kurz vor der rise abspielte: Der König war nämlich über eigenen Entschluß in die Notstandsge= biete von Südwales gefahren. Als dies die Regierung nicht mehr verhindern konnte, ., Nach einer Beratung mit meinen Kollegen in formierte ich den König, daß ich mit ihm rein privat Am Mittwoch, den 9. Dezember, fand unter im Belvedere - Balais sprechen möchte, wo wir auch suchte sie dem Monarchen vieles zu verbergen, immerhin sah er mehr, als die Regierung es für dem Vorsitz des Genoffen Dr. Czech eine Sigung am 20. Oktober zusammentrafen. Der Natgeber der bes Parteivorstandes statt. ..Der König hatte bei diesen unseren Unter- gut hielt, ihn sehen zu lassen. Die Regierung Krone fann ihr und seinem Herrn feinen Dienst et Genoffe Dr. Czech berichtete über di: weiſen, wenn er nicht die Wahrheit sagt, so wie sie redungen stets drei oder vier Dinge im Sinn, die er wollte keinen König, der selbständig handelte innenpolitische Situation und kam dann auf die iſt,( Beifall im Unterhaus) mag diese Wahrheit mir häufig wiederholte. Eines davon war, daß er insbesondere, wo es um die konservativen Interund die Arbeiterpartei konnte nach bevorstehenden nationalpolitif en Meit ip, daß er nicht bas mindeſte Anzeichen zeigte, aurüdtrete, dies in würdiger Weise zu tun. Zweitens den Grundsäßen der englischen Demokratie tein nun so oder so sein. Der König benahm sich die gange wünsche, wenn es notwendig werden sollte, daß er essen ging Berhandlungen und die Borarbeiten zu als ob er betroffen oder beleidigt wäre, mochte man wünsche er, daß dies mit den geringstmöglichen Stabinett bilden, weil sie eine Minderheit des fprechen, die die Partei für diese Verhandlungen ihm was immer sagen. Ich sagte dem Sönig, daß Schwierigkeiten für seine Minister und für seine getroffen hat. mich awei Dinge beunruhigen: erstens vor allem die Bölter erfolge. Ferner würde er wünschen, unter Parlaments darstellt und an Neuwahlen war Nach Abführung einer eingehenden Aus- Folgen solcher Gerüchte, wie sie die amerikanische folchen Umständen dem Throne zu entsagen, welche nicht zu denken, weil die Regierung der Aufsprache wurden die für diese Berhandlungen vor. Preffe in der öffentlichen Meinung der Dominions. möglichst wenig Schwierigkeiten für die Nachfolge lösung des Unterhauses ihre Zustimmung nicht bereiteten Borschläge vom Parteivorstand besonders in Kanada , verbreitete, wo diese Ge- feines Bruders bereiten würden, und schließlich, daß geben wollte. Dazu kommt noch, daß es sich nicht nur um einstimmig befchloffen und das rüchte eine fehr große Ausbreitung gewonnen hatten er jeglichen Gedanken an die Schaffung einer soge und bereits Wirkungen zu zeitigen begannen; awet nannten Königspartei unbedingt ablehne.( Langan Großbritannien, sondern um das gesamte Impeen ere Parteipräsidium mit der Führung der tens erinnerte ich den König daran, was ich ihm und haltender stürmischer Beifall.) rium handelt und daß es in mehreren Teilen dieVerhandlungen betraut. ses Reiches. vom nahen Jrland angefangen. feinen Brüdern in den vergangenen Jahren gesagt hatte, daß nämlich die britische Krone im Laufe der Jahrhunderte um eine große Bahl ihrer Bestrebungen gibt, die Abhängigkeit vom Mutterland praktisch aufzuheben. Nun ist die Person Rechte gebracht wurde, wiewohl es wahr ist, daß die des Königs ein startes, verfassungsrechtlich mohl Krone heute bedeutend mehr bedeus das stärkste Bindemittel, welches das Weltreich et, als je in der Geschichte.( Beifall im Unter haus.) Die Bedeutung der Unantastbarkeit ber zusammenhält und es wäre gerade jetzt weder für die halbe Milliarde Untertanen seiner Majestät des britischen Königs noch für die übrige Welt und Großbritannien gehört zum Friedensblock wünschenswert, wenn das englische Weltreich erwachs erfahren hat, eine Schwächung erlitte. Daß schüttert oder Englandz Macht, die durch die Nüstungen des Landes im letzten Jahr einen Zulität und seine Außenpolitit sicher von Vorteil, die Königstrise gelöst ist, ist für Englands Stabiob sie so gelöst werden mußte, wie es Baldwin tat, ist die Frage und die Begleitumstände, unter denen sich das historische Ereignis vollzog.
,, Die Unterzeichnung dieses Staatsaktes durch Mich wird von Meinen drei Brüdern bezeugt, ihren
Wichtige Parteiberatungen
Die Sensationsmeldungen der amerikanischen Bresse und die Nachrichten über die Scheidung von Mrs. Simpson, erklärte der Premier, hätten ihn veranlaßt, mit dem König offen zu sprechen.
Die Bedeutung der Krone
Baldwin schildert des weiteren, wie er dem König von dem vermutlichen Folgen der Scheidung von Mrs. Simpson und einer Ehe des Königs mit ber Dame eine Vorstellung au geben fuchte. Der König aber erklärte, Mrs. Simpson heiraten au wollen und zum Rüdtritt bereit zu sein. Am 25. November habe der König gefragt, ob eine morganatische Ehe in Frage komme. Baldwin habe das verneint. Das Unterhaus nimmt diese Mitteilung bei fällig auf.( Der demokratische Sinn der Briten lehnt die morganatische Ehe ab, weil sie ein KlaffenpriviTeg voraussetzt.)
Der Premier habe den König gefragt, ob er sich formal mit der Frage befassen solle. Das habe Eduard VIII. bejaht. Ueber die entscheidende Phase berichtet Baldivin:
Der König beschloß. in Fort Belvedere au bleiben, denn er wollte London nicht besuchen, da er. folange diese Angelegenheit in Schwebe war. Anfammlungen n des Wo Bolles und Kundgebungen für fich
befürchtete.
hinzu.
Weiters befchloß der Parteivorstand in An knüpfung an die abgeführte Debatte, den von einem Teil der Presse verbreiteten Meinungen, als beftünden in der Partei irgend welche tattische Dafür achte und ehre ich ihn. fügte Minister Meinungsverschiedenheiten, entgegenzutreten und festzustellen, daß die B artei in ihrem Willen bräsident Baldwin unter neuen stürmiſchem Beifall Krone ist über jeden Zweifel erhaben, denn die Krone und in ihrer Einstellung zu allen Staatsproblemen ist nicht nur das lebte Band, welches das Bri Der König erklärte mir, daß er die fait un vollkommen einig und gefchlof the Reich aufammenhält, sondern auch eine Garan- abaren aften feiner Verpflichtungen nicht länger tragen tönne. wenn er nicht fen ist und daß daher die oben angeführten tie für die britischen Länder, daß fie von ienen aahl eine Frau feiner Wahl au feiner Breffemeldungen völlig unzutreffend ind. reichen Uebeln, welche andere Länder heimgesucht stattete Genosse au b. einen Bericht, welcher Krone diefe ihre Unantastbarkeit bewahren wird. Dieser König einen so aufrichtigen und offenen CharatNeber die Gemeindewahlen er- haben, infolange werden verschont werben, als bie create babe Dieſe Strife rat früher ein, als wir erwarten konnten, und awar gerade deshalb, weil nach Abschluß ber Debatte einmütig zur Kenntnis ab, welche während der lebten drei Generationen fül as au fagen, was er und sagte, er war sich aber der fes Gefühl hängt in hohem Maße von der Achtung er besist. Der König brauchte uns nicht einmal alles bie Monarchie erstarkt ist. Diese Achtung könnte aber Gefahr bewußt, und entschloß sich. alles au verNach Erledigung der laufenden Annicht auf lange jener vernichtenden Art der Kriti meiden, was feiner Ueberzeugung nach nicht nur für gelegenheiten schloß der Parteivorsitzende ausgefeßt bleiben, ohne an ihrer Stärke bedeutend bie Beratungen. schneller einzubüßen, als sie gewachsen ist. Ich be ( Fortfehung auf Seite 2.)
genommen wurde.
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