Umfang 20 Seiten

Heute Spanien - Beilage

Preis 1-

Sosialdemokra

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077 HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: KARL KERN, PRAG.

16. Jahrgang

Freitag, 25. Dezember 1936

Nr. 300

Friede auf Erden

Das Geulen der anfaufenden Geſchofe, daß und den Menschen ein Wohlgefallen!

schmetternde Krachen einschlagender Graniten

und Fliegerbomben und das Donnergepolter ein stürzender Häuser überschreit, überbrüllt, über­tost das Geläute der Weihnachtsglocken, die auch diesmal den spanischen Christen die messianische Friedensbotschaft verkünden. So arm wie die Eltern Jesu sind die vielen tausend Mütter, die aus dem brennenden Madrid flüchten, und sie fliehen vor der Gefahr eines Massenkindermor­des, der um hundertfaches gräßlicher ist als der herodianische und scheußlicher, weil christliche" Generäle, die nicht versäumen dürften, anbetend die Geburt Christi zu feiern, ihn an Christenfin­dern verüben. Durch braune Mohammedaner, die aus Afrika geholt wurden, und durch Neuheiden aus dem Dritten Reich lassen sie christkatholische Mütter und Kinder morden. Und statt des Fries denssterns von Bethlehem leuchtet dem gequälten Bolt Spaniens das Feuer feiner in Brand ge­schossenen Städte...

Damit der Ehrgeiz und die Herrschsucht eid­brüchiger Generale befriedigt werde, der Besitz ausbeuterischer und der Großgrundbeſther unangetastet Handvoll Industrie- und Finanzkapitalisten ungeschmälert bleiben, auf daß strategische und Kolonial- Wünsche ausländischer Faschisten erfüllt und dem deutschen Kapitalis­mus Spanien wirtschaftliche Beute werde, wird dieser Krieg gegen das spanische Volk geführt. Denn aus der Militärrebellion ist längst ein Krieg geworden, den keineswegs Spanier gegen Spanier, sondern Fremde: Mauren, Fremden­legionäre, deutsche und italienische Soldaten gegen das spanische Volk führen, gegen die Ar­beiter, Bauern, Kleinbürger, Intellektuellen. .Und geführt wird dieser Krieg, begangen wird dieses Verbrechen, wie so viel Schmähliches in der Welt, unter Berufung auf die Nation". Was ber Nation dient und ihrem Wesen gemäß ist, bestimmt ja bekanntlich nicht die Masse des Vol­fes, sondern irgend ein waffenlärmender Füh­rer". Und noch trauriger, noch betrüblicher ist es, daß der Krieg der mohammedanisch- neuheid­nischen Invasionsarmee geführt werden kann un­ter Berufung auf die Religion, auf das Chrisien­tum. Und nie tann das so erschreckend zum Be­wußtsein kommen, sich als einer der grauenvollen Widersprüche unserer chaotischen Zeit offenbaren Die zu Weihnachten.

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Spielende Kinder in Madrids zerschossenen Straßen

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Eine Schweizerin, die in Madrid eine Ben­sion führte, berichtete uns, daß auch sie wie alle Gastwirte, Hotelbesizer, Pensionen. nach Ausbruch der Kämpfe, als die Milizen organi­siert wurden, zur Verpflegung von Milizionären in ihrer Pension herangezogen wurde. Wie von einer Selbstverständlichkeit erzählt sie davon, daß bie Miliz- Männer die Noten, die Boliches die Kapitalisten sich des modernen Schußschildes ges abhalten, kein Kapitaliſt wird durch sein chen kann antikapitalistische Einstellung nicht er­wisten"! bie Finger ins Weihwasser tauchten der Nation zur Verbergung ihrer profitgiergebo- Christentum menschlicher gestimmt. Den Volks- wartet werden. Wohl aber kann und wird durch und sich bekreuzten, ehe sie nach den Gewehren renen Verbrechen bedienen, sie doch auch noch der ausbeutern und den Volksknechtern ist das Chri- die sozialistische Bewegung, durch die Beseitigung langten, um an die Front, an die der Stadt so altbewährten Methode des Mißbrauches der Neli- stentum nur wertvoll- außer als persönliche des Kapitalismus, durch die Aufhebung der Un­Deforation als Mittel, die Massen der Unter­nahe Front zu gehen. Gewiß betreuzen sich nicht gion nicht entbehren mögen. alle spanischen Milizionäre, besprengen sich nicht Wer wollte leugnen, daß das Christentum drückten zu bändigen, im Gehorsam zu erhalten. Das Christentum frei werden. Erst in einer sozia­terdrückung des Menschen durch den Menschen, alle mit Weihwasser, ehe sie sich in den Kampf Großes beigetragen hat zum Werden der europäi So mußte denn in einer Zeit, da die Massen listischen Gesellschaft kann der Mensch dem Men­stürzen. So echt gläubig in ihrer großen Mehr- schen Kultur, zur Bildung unserer ethischen Vor- friegserschreckter sind denn je, das schöne, ergreisschen wirklich Bruder sein, kann das Gebot der zahl die spanischen Bauern sein dürften, un- stellungen! Und wer wollte bestreiten, daß auch fende Wort: Und Friede den Menschen auf Nächstenliebe zu wirkendem Lebensgefeß werden. ter den Arbeitern gibt es so wie unter denen qn- heute christliche Glaubenslehren in Millionen Erben!", die erhabene Weihnachtsbotschaft, die Es steht nicht im Widerspruch zum sozialistischen derer Nationen alle Nuancen vom gläubigen lebendig find, ihre Lebensgestaltung bestimmen! Ausdruck der Sehnsucht der Völler war und ist, Katholiten über den Lauen und den Gleichgül- Aber die das Leben der Völker und Staaten be- zu einer leeren Formel werden. Nicht weil die Humanismus, sondern ist in ihm eingeschlossen. tigen bis zum Ungläubigen: Aber der Bericht ſtimmende, die Menschheit emporführende ethische Herzen der Maſſen, die wie eh und je Opfer des Wir verhöhnen nicht die Friedensbotschaft. macht deutlich, daß die spanischen Fronten ganz raft ist es nicht. Deshalb nicht, weil die Kirchen Krieges werden, nicht empfänglich sind für sie, sondern wir wollen fie erfüllen! Und so düster und gar nicht nach religiösen Gesichtspunkten aus allzeit nachgiebig waren gegenüber den Mächti- sondern weil aus ihr feine wollende und wir uns die Welt heute erscheint, diese vom Kapita­gerichtet sind, daß die Mehrzahl der Voltstämpfer gen, gegenüber den Besißenden, ihnen nirgends tende Kraft spricht. Dem Kapitalismus gegenüber lismus zertlüftete und verwüstete Welt, und so feineswegs antichristlich eingestellt ist, daß die in den Arm gefallen sind. Die katholische Kirche erweist sich das Christentum als ohnmächtig, weil beklemmend es ist, sich just zu Weihnachten, da Massen nicht für oder gegen religiöse Ideale, son- hat sich nicht nur abgefunden mit dem italieni- die christlichen Kirchen nicht antikapitalistisch sind. doch ein Abglanz der Friedensidee die Herzen der dern für ihre Freiheit tämpfen! Daß sie dabei auf fchen Faschismus, sondern mit ihm Frieden ge- Und so ist zwar nicht die Kirche, aber das Chri- Verzagtesten ein wenig erhellt, sich eingestehen zu die Gegnerschaft eines großen Teiles der Prie- fchloſſen. Nirgends, wo die Kirche ſtart ist, ist die stentum in unvereinbaren Gegensatz zum Rapi- müssen, daß es eine Kriegsgefahr gibt, der sterschaft stoßen, die sich, mehr als an die Lehre Ausbeutung und Knechtung der Arbeitenden ge- talismus getreten, auch wenn das großen Mas- Anblick dieser Welt stärkt doch zugleich auch un­Christi als an den materiellen Besitz der Kirche ringer geworden, sondern schlimmer. Und dadurch sen Gläubiger noch nicht bewußt geworden ist. sere Zuversicht! Denn so scheußlich der. Faschis­

berlend, þen Giesbredern, bent tribet de huge giftentum als wahrhaft ſittliche Straft Mohammedanern, Neuheiden verbündet geringer geworden. haben, das macht keineswegs die christlichen Mili- Kein Dittator läßt sich durch seine Zugehö­zionäre zu Antichristen, es lehrt sie nur mit rigkeit zu einer christlichen Kirche von der Knech­aller Gindringlichkeit, daß Christentum und Kir he tung des Voltes, von tausend Ungerechtigkeiten nicht identisch sind und daß in einer Zeit, in der und Brutalitäten, von der Vorbereitung des Kries

ann es gibt ein Leben nad dem Gebote ber

Nächstenliebe in vom Kapitalismus teten Gesellschaft.

Das Christentum tann aber auch nicht die Kraft fein., den Kapitalismus zu überwinden. Denn es ist kirchlich gebunden und von den Kir­

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muß ist, fo grauenbolt barbarif, er ist doch

auch ein Teil die stets das Böse will und doch das Gute schafft". Denn diese höchste und letzte Blüte" des Kapitalismus, der Sajchismus, erzeugt in seinen Opfern, in den von ihm verstlavten Wölfern, wachsende Freiheilsa