Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowa ischen Republi Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh

Redaktion und Verwaltung: Prag   XII., Fochova 62- Telephon 58077- Herausgeber: Siegfried Taub  - Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag  

17. Jahrgang

Senat einmütig für Blum

Paris  . Der Senat hat Donnerstag nach breistündiger Debatte mit 283 Stimmen ein= mütig den Geschentwurf über die Erteilung einer sechsmonatigen Vollmacht für die Regierung betreffend das Verbot der Rekrutierung und Ent­fendung von Freiwilligen nach Spanien   ange=

nommen.

Vor der Abstimmung hatte Léon Blum  das Wort zu einer furzen Crflärung genommen. Er wies mit Schärfe die Stimmen italienischer und deutscher   Blätter zurück, welche die einmütige Verabschiedung dieses Gefeßentwurfes in der französischen   Kammer eine Heuchelei nannten, und ersuchte den Senat, daß er durch eine neue einmütige Annahme den Beweis erbringe, daß das ganze Parlament und die gesamte französische  Deffentlichkeit dieser Vorlage in lonaler Weise er­hebliche Bedeutung beimessen. Der Minister­präsident erklärte, daß die französische   Regierung feierlich die Verpflichtung auf sich nehme, jed­wede Rekrutierung und Entsendung von Freiwil­ligen nach Spanien   zu verbieten, und daß sie sich auch mit einer unparteiischen internationalen Kontrolle einverstanden erkläre, jedoch unter der Bedingung, daß auch die übrigen Staaten so han­deln werden wie sie.

Freitag, 22. Jänner 1937

Systemkrise in Japan  

Der Konflikt zwischen Parlament und Regierung offen zum Ausbruch gekommen

Die latente Krise des politischen Systems Japans   ist in der ersten Sitzung des Parlaments offen zum Ausbruch gekommen. Beide Parteien des Abgeordnetenhauses griffen die Regierung und einzelne Minister überaus heftig an. Der Abgeordnete Hamada erklärte, die Regierung habe die Ordnung in der Armee nicht herstellen können. Das Kabinett Hirota fei die unbelieb= teste Regierung, die Japan   je gehabt habe. Die Minister feien Puppen des Militärs. Der Kriegsminister Terauchi bezeichnete diese Worte für eine Beleidigung der Armee, worauf Ha­mada erklärte, er werde Haraliri begehen, wenn ihm aus dem Protokoll eine beleidigende Aeußerung gegen die Armee nachgewiesen werde.

Andere Redner griffen die Außenpolitik Aritas und Hirotas an und bezeichneten fie als eine Serie von Miserfolgen. Kein Minister konnte sich Gehör verschaffen. Hirota, Arita   und Baba wurden niedergeschrien und ausgepfiffen. Der Miniſterpräsident

mußte feine Rede abbrechen.

Auch das Herrenhaus zeigte sich oppofitionell, indem es die Erklärungen Hirotas mit eisi­gem Schweigen anhörte.

Die Tagung des Parlaments wurde zunächst auf zwei Tage unterbrochen. Es gibt nach Ansicht der Presse drei Auswege aus der Krife: Müdtritt der Regierung, Auflösung des Parlaments oder Abbruch der Seffion. Die Armee fordert die Auflösung der Kammer. Die Entscheidung wird natürlich beim Mikado liegen, der zweifellos den Prinzen Saioni, den ,, Genro", zu Nate ziehen wird.

Cranborne über die Anti- ČSR- Hetze Neurath   spricht anders

Zustimmung der deutschen  Diplomatie zur Eden- Rede

London.  ( Reuter.) In Beantwortung einer Unterhausanfrage erklärte der Unterstaats­sekretär im Außenministerium Cranborne: Die Regierung Großbritanniens   hat nicht umhin fönnen, einer gewiffen Zahl von Artikeln Auf­merksamkeit zu schenken, welche in der Ichten Zeit in der reichsdeutschen Preffe erschienen und An­griffe gegen ble Effechoſlowatel enthielten. Die üben berefter sebertenglische Außenminifter frase fount Eben den weiteren Ausführungen Erhaltung sutnachbarlicher Beziehungen zwischen von der Beunruhigung, welche in der deutschen   schen Standpunkt ebenfalls näher." vorgeſtern gehalten hat, um interfchlet the exwähnten Qorrefponens zufolge bem beut, diefen beiden Ländern ist naturgemäß der Wunsch Presse zu bemerken ist, günstig aufgenommen. An ausländischen Stellen hat diesen Unter­der Regierung Großbritanniens   und ich bin glück­schied in der Beurteilung der Rede Edens an den deutschen   diplomatischen Stellen, deren Sprach lich, daß mir Gelegenheit geboten wurde, dies rohr die Korrespondenz ist, und in den Blättern, hier ganz klar zu erklären. die ihre Anregungen, wie sie zu dieser oder jener Edens Nede wird so aufmerksam aufgenom- Angelegenheit schreiben sollen, direkt vom Pro­halb, weil sie das spanische Problem betrifft, hervorgerufen. men werden, wie sie es verbient, nicht nur des- paganda- Ministerium erhalten, Aufmerksamkeit sondern auch deshalb, weil sie einen Appell an taktische Gründe können dieſen Kontrast nicht er Innere Notwendigkeiten oder Deutschland   enthält. Edens Konzeption ,, Spanien   flärlich machen. Wahrscheinlich beurteilen die den Spaniern" ist die einzig richtige beiden Ministerien die Lage nicht in der gleichen Lösung, welche den Interessen Spaniens   und Weise.

als Goebbels

Berlin  . An Berliner   diplomatischen Stellen| ienen Europas   dienlich ist. In der Freiwilligen­

Die Sprache Stalins

Mostau.( Taß.) Bu bem bevorstehen den Prozeß gegen Madet und Genossen schreiben " Ifweftija": Die Genossen Troßkis hätten ihre Heimat den schlimmsten Feinden des Sozialismus ausliefern wollen. Radet sei in fich win brades heuchlerisches un b schmukiges Reptil, eine giftige trotistische Viper, die hinter einem

B

Das offiziöse Organ des deutschen   Außen amtes, die Deutsche diplomatisch- politische Nor­respondenz", schreibt u. a.:

schmeichlerischen Lächeln ihre Giftsähne verbarg. Keine Aenderung

Er, der im Laufe feines ganzen politischen Lebens gegen Lenin   gekämpft habe, sei vielmals geschla. gen worden, aber er klebte wie ein Ge=

wärm an der mächtigen Eiche des Sowjet­staates and habe im Nu jebe beliebige Färbung

angenommen, um in tiefer Illegalität die Nee

Spinngewebe auswerfen zu können.

"

Auch die Prawda" erhebt schwere Anklagen und erklärt, hinter jedem der in dem neuen Bro­zef Angeklagten ziehe sich eine Kette ungeheuer­licher Verbrechen hin.

Nur die Abtrünnigen werden justifiziert!

teit der ganzen Welt auf die Aufmerksam=|

vor Madrid

Madrid.( Havas.) Der Verteidigungs: rat meldet, daß nach den heftigen Kämpfen auf dem Engelshügel bis Donnerstag abends keine

Aenderungen an der Madrider   Front zu verzeich dischen, das über der Stadt erschien, wurde zum Kampfe gezwungen, wobei zwei dreimotorige Junkersflugzeuge abgeschossen wurden. Nepubli­kanische Flugzeuge beschoffen den Hafen von Ceuta  , wo ein Benzin- Magazin und ein Lager für Betriebsstoffe in Brand geschoffen wurden.

Gegen die Legende vom Mexiko   Gim. Tropki erklärte zu Journalis, bolschewistischen Spanien  " sten, im Zusammenhang mit dem am 28. Jänner in Moskau   beginnenden Prozeß gegen ,, weitere London  . Der Korrespondent des ,, Daily Opfer der GPU  ", daß er während der Dauer des Herald" hatte in Paris   eine Unterredung mit dem Prozesses, der anständigen und unabhängigen fpanischen Außenminister del Bayo, welcher Presse" zur Verfügung sein werde. Er erklärte, u. a. fagte: daß sein einziges Ziel heute sei, Die bolfchewiftische Gefahr in Spanien  Mostauer existiert nur in der Phantasie derjenigen, die diese Prozeß in dem Bestreben zu lenten, die Rettung Legende gefchaffen haben und einen Borwand der Angeklagten zu versuchen. Er hoffe, daß die zur Aenderung des heutigen Standes der Dinge meritanische Regierung ihm gestatten werbe, frei im Mittelmeer   und in Afrita fuchen. Das fpani­seine Meinung über die ganze Angelegenheit aus- fche Bolt hat durch die letten Wahlen bewiesen, aufprechen. Alle Mitglieder des Zentralvollzugs. daß es in Frieben und unter einem bemotra ausschusses der Sowjetunion   aus den heroischen tifchen Regime leben wolle und daß es den Beiten der Revolution mit Ausnahme Stalins". Brinzipien der Freiheit treu bleibt. Die heutige fagte Tropki weiter, werden heute als Agenten Lage ist allerdings das Ergebnis des Kriegs­der tapitalistischen Restauration bezeichnet. Wer auftandes und niemand von uns fieht diesen Zu­glaubt das?" Troßki erklärte, daß er iamtliche stand als idea: an. Wir werden dies nach unse­Beziehungen zu den Angeklagten von dem Augen- rem Siege baburch beweisen, daß wir die demo. blid an abgebrochen habe, wo sie im Jahre 1927 fratifchen Freiheiten so rasch erneuern werden, die Opposition verließen. Auch in den Kerkern der wie dies nur möglich sein wird, einschließlich der GPU  , sagte Trotti, haben diese Abtrünnigen und Freiheit der Religionsübung. die wirklichen Troplisten zwei unverföhnliche Gruppen gebildet. Es sind gerade diese Ab­trünnigen, über welche jeßt die GPU zu Ge­richt sitzt und von denen sie ein Geständnis" er­zwvingt, das ihr paßt.

Bomben In Lissabon  

Liffabon. Mittwoch nachts sind an ber­schiebenen Stellen von Lissabon   einige Bomben explodiert. Zwei Bomben explodierten fast gleich

Cinzelprets 70 Heller( einschließl. 5 Heller Porto)

Aus dem Inhalt:

Stelgende Verschuldung der Gemeinden

Henlein   und die reichs­deutsche Propaganda

Prof. Schloffer gestorben

Nr. 19

Danzigs Gleichschaltung

Die Frage des Freistaates vor dem Völkerbund

Gdynia  , Mitte Jänner.

Auf der Tagesordnung der Sibung des Völkerbundrates, die eben ihre Beratungen be= ginnt, befindet sich hiebei wieder die Danziger Frage. Es handelt sich hiebei um die Ernennung eines neuen Hohen Kommissars des Völkerbundes in Danzig   und um die Entoennahme eines We­richtes des polnischen Außenministers über das Verhältnis der Freien Stadt Danzig   zum Völker: bund. Im Danziger   Verfassungskonflikt ist man seit dem Juli des vorigen Jahres keinen Schritt weiter gekommen, im Gegenteil: das Ansehen des Völkerbundes ist in Danzig   fast auf den Nullpunkt herabgeſunten. Das der Danziger Bevölkerung

vom Völkerbund feierlich zugesicherte Recht, ihr Leben in demokratischen Formen führen zu fön­nen, wird vom nationalsozialistischen Senat in Danzig   täglich mit Füßen getreten. Die Stellung des Hohen Kommissars des Völkerbundes ist völ­lig untergraben; der bisherige Hohe Kommissar Lester wurde in der Ratssißung im September 1936 zwar in Anerkennung seiner objektiven Hal­tung in Tanzig zum stellvertretenden General­sekretär des Völkerbundes ernannt, wurde aber tatsächlich vom Völkerbundrat dem nationalso= zialistischen Danziger Senat zum Opfer gebracht. Das provokatorische Auftreten des Senatspräsi denten Greiser in der Juli- Sißung des Bölfer= bundrates hat dem nationalsozialistischen Danzi­ger Senat also vorläufig einen völligen Sieg eingebracht.

Wenn der Völkerbundrat nunmehr die Ers

diese

men foll, ſo iſt bleje glage debinars vorneh Intereffe, wenn es sich dabei nicht nur um eme wenn der Völkerbundrat sich auch dazu entscheidet, pro forma- Ernennung handeln soll, sondern dem neu zu ernennenden Hohen Kommissar die teil werden zu lassen, die er zur Wiederinkraftset­notwendigen Vollmachten und Unterstüßungen zu ung der Danziger Verfassung benötigt. Tatsächlich ist es seit dem Juli 1936 für möglich gewesen, den Hohen Kommissar aufzu= irgendeinen Danziger Staatsbürger nicht mehr ihn zum Eingreifen gegen die verschiedensten Ver­suchen oder ihm eine Bittschrift einzureichen, um fassungsbrüche des nationalsozialistischen Senats zu veranlassen. Tas Gebäude des Hohen Kom­zeitig bei der Vorstellung im Spanischen   Hause. es wagten, ihm Schriftstücke zu unterbreiten, wur­missars war von Polizei umstellt, Personen, die eine andere im Gebäude des Ministeriums für den von der politischen Polizei in wochenlange Erziehung und schließlich eine im portugiesischen Schußhaft genommen. In den nationalsozialistis bung eingestellt werden mußte. Schließlich explo- missar täglich aufs schmählichste beschimpft, ohne Radioklub, weshalb vorübergehend die Aussens schen Beitungen Danzigs   wurde der Hohe Kom­bierte eine Bombe in der Nähe der Antenne der daß er die Möglichkeit hatte, ſich dagegen zur Sendestation der Post und in der Kanzlei des Wehr zu sehen. Berſonalſekretärs des Striegsminiſters. 3im gons

zen explodierten neun Bomben.

U- Boot Im Netz

Barcelona.  ( Reuter.) Wie aus Tar­ ragona   gemeldet wird, ist ein Unterseeboot der Aufständischen in Fischerneken gefangen worden.

Lissabon  . Lotfen an der Tajo  - Mündung erklärten, daß fie 40 Einheiten einer gegen Sü­

bet dampfenden britischen   Flotille festgestellt ha­ben. Bor Madeira   antern zwei Divisionen einer franzöfifchen Eskadre.

Beginn In Genf  

Seit dem gleichen Zeitpunkt bestehen denn auch in Danzig   völlig verfassungs­widrige 3 st änd e. Sämtliche nicht­nationalsozialistischen Zeitungen sind seit dem Juli 1986 vollständig verboten. Es handelt sich um die sozialdemokratische Danziger Volks­Stimme", die katholische Danziger Volkszeitung", die deutschnationale Nationale Zeitung" und das jüdische Echo". Jede nichtnationalsozialistische Propaganda und Aufklärung, Flugblätter etc.

wird von der politischen Polizei systematisch

unterdrückt.

Die stärkste Partei der deutschen   Opposition in Tanzig, die Sozialdemokratische Partei  , wurde am 14. Oktober 1936 von der Polizei aufgelöst. Zur Begründung führte die Polizei an, daß sich Genf  . Der Völkerbundrat genehmigte Don- drei Vorstandsmitglieder der Partei im Wesize nerstag nachmittans in seiner ersten nichtöffent von Waffen befunden hätten. In allen drei Fäl­lichen Sißung unter dem Vorsiß des chinesischen len hat die Polizei die..Waffenfunde" in Abwe­Botschafters Wellington Koo   feine Tagesordnung fenheit jedes Beugen gemacht. Anschließend an die und behandelte die Vorschläge betreffend den Auflösung der Partei wurden sämtliche Arbeiter= Schuß der Ribilbevölkerung in Spanien  . Der Sportvereine, Gesangvereine, Stultur- und litera­panische Außenminister Del Vano hob hervor, rische Vereine, usw. von der Polizei aufgelöst und daß der Schuß des Personals der Konsulate und ihr Vermögen beschlagnahmt. der diplomatischen Missionen in den spanischen Städten nicht zu dem politischen Gesamtproblem gehöre, um dessen Lösung die spanische Regierung den Völkerbund ersuchte.

Zustand Plus XI. verschlimmert

Stabt des Vatikans.( Reuter.) Der Ges fundheitszustand des Papstes Pius XI  , verschlim­mert fich immer mehr und wurde Donnerstag abends als ungewöhnlich schlecht bezeichnet. Es besteht die Befürchtung, daß die erkrankten Füße von Brand befallen werden.

Ueber die zweitgrößte Oppositionspartei, das katholische Zentrum, ergießt sich in den lepten Wochen eine wilde nationalsozialistische Hehe. Man bezichtigt diese Partei der Zusammenarbeit mit den Kommunisten. Eine Reihe prominenter Bentrumsmitglieder befinden sich bereits in Suft. Mit einer polizeilichen Auflösung der Partei muß in Kürze gerechnet werden.

Die dritte Oppositionspartei, die Deutsch­nationale Voltspartei, wird besonders durch roli­zeiliche Schitanen verfolgt. Ihr Führer, der che malige Senator Dr. Blavier, befindet sich seit fast drei Monaten in Schutzhaft..